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39. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Oktober 1998 i.S. A. gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 6 Ziff. 1 EMRK. | |
Sachverhalt | |
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Die Gesundheitsdirektion setzte A. am 21. Dezember 1993 Frist zur Bezahlung eines Kostenvorschusses, unter Androhung des Nichteintretens im Unterlassungsfall. Sie begründete dies damit, A. habe die ihm in einem früheren Verfahren auferlegten Verfahrenskosten nicht bezahlt. Nachdem A. den Vorschuss nicht bezahlt hatte, trat die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich mit Verfügung vom 28. Januar 1994 auf das Begehren um Erteilung einer Methadonbewilligung nicht ein. A. erhob dagegen am 21. Februar 1994 Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Darin brachte er unter anderem vor, durch das nichtöffentliche Verfahren werde Art. 6 EMRK verletzt.
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Der Regierungsrat wies den Rekurs ab. Dagegen erhob A. Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Darin verlangte er unter anderem, die Verfahrensgarantien von Art. 6 EMRK seien «vollumfänglich anzuwenden». Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies mit Entscheid vom 27. November 1997 die Beschwerde ab.
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A. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Die Erteilung bzw. Verweigerung einer gewerbe- oder gesundheitspolizeilichen Bewilligung für eine privatwirtschaftliche Tätigkeit stellt eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 19. April 1993 i.S. Kraska, Série A 254-B, Ziff. 23 ff.; RUTH HERZOG, Art. 6 EMRK und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Diss. Bern 1995, S. 47 ff.). Es kann offen bleiben, ob das auch gilt, wenn die Bewilligung für eine spezielle Tätigkeit, wie die hier ![]() | 8 |
c) Vorliegend geht es nicht um die materiellrechtliche Frage, ob die Verweigerung der Methadonbewilligung zulässig sei. Ebenso wenig geht es um die Festlegung der Verfahrenskosten, was - sofern die Hauptsache zivilrechtlich ist - allenfalls als zivilrechtliche Streitigkeit zu beurteilen wäre (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23. September 1997 i.S. Robins, Ziff. 29). Zur Diskussion steht einzig, ob es zulässig war, auf das Gesuch des Beschwerdeführers mangels Bezahlung des Kostenvorschusses nicht einzutreten.
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d) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gilt der Zugang zu einem Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK nicht absolut; er steht vielmehr unter dem Vorbehalt, dass die einschlägigen Verfahrensvorschriften eingehalten werden. Die Staaten haben einen Ermessensspielraum in der Ausgestaltung von Verfahrensvorschriften; diese müssen jedoch ein legitimes Ziel verfolgen und dürfen das Recht auf Zugang zu einem Gericht nicht seiner Substanz berauben oder in unverhältnismässiger Weise einschränken (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 19. Februar 1998 i.S. Edificaciones March Gallego SA, Ziff. 34; vom 23. Oktober 1996 i.S. Levages Prestations Services, Ziff. 40). Sind diese Voraussetzungen eingehalten und tritt eine Behörde auf ein Gesuch oder ein Rechtsmittel nicht ein, weil die entsprechenden Verfahrensvorschriften aus einem Grund, den die Partei zu vertreten hat, nicht eingehalten sind, ist Art. 6 EMRK nicht verletzt (zit. Urteil i.S. Edificaciones March Gallego SA, Ziff. 35 ff.). Der Nichteintretensbeschluss kann ohne Verhandlung und öffentliche Beratung gefällt werden (MIEHSLER/VOGLER, IntKomm EMRK, Rz. 339 zu Art. 6; nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts vom 7. Juli 1993 i.S. P., E. 2; vom 30. November 1990 i.S. G., E. 2; vom 10. März 1987 i.S. B., E. 5).
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Es ist insbesondere mit Art. 6 EMRK vereinbar, das Eintreten auf ein Gesuch oder Rechtsmittel von der rechtzeitigen Bezahlung eines Kostenvorschusses abhängig zu machen (Entscheide der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 12. Oktober 1994 i.S. Müller, Ziff. 2; vom 6. Mai 1993 i.S. Wassmer; VILLIGER, a.a.O., S. 167). Wird der Kostenvorschuss nicht bezahlt, so braucht der daraufhin ergehende Nichteintretensentscheid nicht in einer öffentlichen Verhandlung gefällt zu werden (Entscheid der Europäischen ![]() | 11 |
e) Vorliegend steht nicht das Nichteintreten auf ein Rechtsmittel vor einem Gericht zur Diskussion, sondern das Nichteintreten auf ein Gesuch an eine Verwaltungsbehörde, welche erstinstanzlich entscheidet. Der Anspruch auf Öffentlichkeit gilt nur für das Verfahren vor Gerichten, nicht aber für das verwaltungsinterne Verfahren. Umso weniger kann ein öffentliches Verfahren verlangt werden, wenn es bloss darum geht, ob eine Verwaltungsbehörde mit Recht auf ein Gesuch nicht eingetreten ist. Denn dieser Nichteintretensentscheid schafft keine materielle Rechtskraft hinsichtlich des mit dem Gesuch Verlangten. Der Gesuchsteller kann sein Gesuch neu einreichen und einen Entscheid in der Sache erwirken, den er anschliessend vor einem Verwaltungsgericht anfechten kann, welches die Garantien von Art. 6 EMRK einhält. Die Frage, ob der Nichteintretensentscheid zulässig war, stellt demnach keine zivilrechtliche Streitigkeit dar. Anders könnte es sich höchstens verhalten, wenn entweder die Verfahrensvorschriften für den Verwaltungsentscheid so prohibitiv wären, dass im Ergebnis der zivilrechtliche Anspruch praktisch nicht mit zumutbarem Aufwand durchgesetzt werden könnte, oder wenn aus rechtlichen oder faktischen Gründen ein entsprechendes Gesuch später nicht mehr gestellt werden könnte, so dass mit dem Entscheid, das Nichteintreten sei zulässig gewesen, im Ergebnis der zivilrechtliche Anspruch auch in der Sache endgültig abgewiesen würde. Ist dies aber nicht der Fall, so wird mit dem Nichteintreten einzig eine verfahrensrechtliche Frage beantwortet, die keinerlei Auswirkungen auf das zivile Recht hat.
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f) Vorliegend wurde vom Beschwerdeführer für den Erlass einer erstinstanzlichen Verfügung ein Kostenvorschuss von Fr. 300.-- verlangt. Dieser Betrag kann nicht als unverhältnismässig betrachtet ![]() | 13 |
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