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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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32. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. A.X. und B.X. gegen Einwohnergemeinde Bern, Regierungs- statthalteramt II von Bern sowie Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Staatsrechtliche Beschwerde) |
2P.262/2004 vom 22. Juni 2005 | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 1 BV; Art. 26 Abs. 5 des bernischen Gesetzes vom 2. Februar 1964 über Bau und Unterhalt der Strassen; Reglement vom 27. Dezember 1936 über die Erhebung einer Beleuchtungsgebühr in der Gemeinde Bern. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Gegen die Erhebung dieser Beleuchtungsabgabe führten A.X. und B.X. erfolglos Beschwerde bei der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik der Stadt Bern (Entscheid vom 28. Februar 2002) sowie beim Regierungsstatthalter II von Bern (Entscheid vom 23. Dezember 2002).
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Mit Urteil vom 14. September 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern eine gegen den Entscheid des Regierungsstatthalters II gerichtete (kantonale) Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.
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Mit Eingabe vom 15. Oktober 2004 erheben A.X. und B.X. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2004 sowie der Entscheide des Regierungsstatthalters vom 23. Dezember 2002 und der Stadt Bern vom 28. Februar 2002 beantragen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde, soweit es darauf eintritt, gut und hebt das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2004 auf.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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7 | |
Auf diese Bestimmung stützt sich das vom Stadtrat (Legislative) der Einwohnergemeinde Bern erlassene Reglement vom 27. Dezember 1936 über die Erhebung einer Beleuchtungsgebühr in der Gemeinde Bern (Beleuchtungsgebührenreglement, BGR), welches (in der Fassung vom 1. November 2000) vorsieht:
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Art. 1
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1 Die Gemeinde Bern erhebt zur teilweisen Deckung der Kosten der öffentlichen Beleuchtung auf ihrem Gebiete jährlich eine besondere Beleuchtungsgebühr von den Gebäuden mit Hausplätzen, die im Gemeindegebiet liegen und von den Hofräumen, Gärten und Anlagen, die mit den Gebäuden im Register der amtlichen Werte im gleichen Schatzungsbetrage begriffen sind.
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2 Die Gebühr wird nach dem amtlichen Wert bestimmt und ist vom Grundeigentümer zu entrichten. (...)
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3 (...)
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Art. 2
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Gebührenpflichtig ist alles in Artikel 1 bezeichnete Grundeigentum, dessen gewöhnlicher oder Hauptzugang weniger als 100 m, dem Weg nach gemessen, von einer Lampe der öffentlichen Beleuchtung entfernt ist.
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Art. 3
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1 Der jährliche Voranschlag der Gemeinde bestimmt den Betrag der Gebühr in Zehnteln Promille des Schatzungswertes des gebührenpflichtigen Grundeigentums.
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2 Der durchschnittliche Gesamtbetrag der Beleuchtungsgebühr soll 50 Prozent der Kosten der öffentlichen Beleuchtung nicht übersteigen.
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3 (...)
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Die Beschwerdeführer machen mithin geltend, es fehle bei der streitigen Beleuchtungsgebühr an einem relevanten Sondervorteil für die Grundeigentümer. Die Vorbringen der Beschwerdeführer beziehen sich zwar nicht auf die individuelle Situation ihrer eigenen Grundstücke, wie dies im Rahmen einer inzidenten Normenkontrolle vorab zu erwarten wäre (oben E. 2.2). Die anlässlich einer solchen Normenkontrolle feststellbare Unanwendbarkeit einer Abgaberegelung kann sich aber auch daraus ergeben, dass die Regelung als Ganzes, d.h. schon von ihrer Konzeption her, mit einem verfassungsrechtlichen Mangel behaftet ist, welcher ihrer Anwendung im Einzelfall entgegensteht (vgl. etwa Urteil 2P.271/2004 vom 25. Januar 2005, E. 3.3).
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3.2 Ein Erlass ist willkürlich im Sinne von Art. 9 BV, wenn er sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist; er verletzt das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich die ungerechtfertigte Gleich- bzw. Ungleichbehandlung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage, ob für eine ![]() | 22 |
3.3 Bei der vorliegend streitigen Beleuchtungsgebühr, welche als wiederkehrende Abgabe zur teilweisen Deckung der Betriebskosten der öffentlichen Strassenbeleuchtung erhoben wird, handelt es sich nach unbestrittener Feststellung im angefochtenen Urteil um eine Vorzugslast, d.h. nicht um eine Steuer, sondern um eine Kausalabgabe (vgl. auch ALDO ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, 2. Aufl., Bern 1995, N. 1 und 5 zu Art. 112). Vorzugslasten (oder Beiträge) sind Kausalabgaben, die einem Bürger auferlegt werden, um den besonderen wirtschaftlichen Vorteil abzugelten, der ihm (bzw. einem bestimmten Kreis von Privaten) aus einer öffentlichen Einrichtung oder einem öffentlichen Werk erwächst (vgl. ADRIAN HUNGERBÜHLER, Grundsätze des Kausalabgabenrechts, in: ZBl 104/2003 S. 510 f.; MAX IMBODEN/ RENÉ A. RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Basel 1986, Nr. 111 B I, je mit Hinweisen). Voraussetzung für die Abgabenerhebung ist dabei ein individueller, dem einzelnen Pflichtigen zurechenbarer, konkreter Sondervorteil; fehlt es dagegen an einem solchen bzw. knüpft die Abgabepflicht bloss an die abstrakte Interessenlage des belasteten Personenkreises an, so stellt die Abgabe keine Vorzugslast, sondern eine - voraussetzungslos erhobene - sog. Kostenanlastungssteuer dar (vgl. BGE 129 I 346 E. 5.1 S. 354 f.; BGE 128 I 155 E. 2.2 S. 160; BGE 124 I 289 E. 3b S. 291 f.). Die Qualifizierung der vorliegend streitigen Beleuchtungsgebühr als Vorzugslast erscheint grundsätzlich zutreffend, zumal die Abgabe nicht von allen Grundeigentümern bzw. nicht voraussetzungslos erhoben wird, sondern gemäss ihrer Ausgestaltung im kommunalen Reglement (Art. 1 und 2 BGR) auf jene (überbauten) Grundstücke beschränkt bleibt, welche aufgrund ihrer Distanz zu Lampen der öffentlichen Strassenbeleuchtung von dieser tatsächlich profitieren und insofern in den Genuss eines individuell zurechenbaren konkreten Vorteils kommen.
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Ob die Annahme des Verwaltungsgerichts, die zur Anwendung gebrachte, an den amtlichen Wert der Grundstücke anknüpfende kommunale Abgaberegelung lasse sich übergangsrechtlich (noch bis Ende 2005) mit den Vorgaben des kantonalen Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (Art. 257 Abs. 2 sowie Art. 289 Abs. 1) vereinbaren, vor dem Willkürverbot stand hält und ob dieser Wert gegebenenfalls ein sachlich taugliches, das Äquivalenzprinzip respektierendes Kriterium für die Bemessung der streitigen Abgabe bildet, braucht bei diesem Ergebnis nicht geprüft zu werden.
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