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41. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Stadt Zürich, Elektrizitätswerk (EWZ) gegen Steuerverwaltung des Kantons Graubünden und Kantonales Steueramt Zürich sowie Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Staatsrechtliche Beschwerde) |
2P.292/2004 vom 22. Juni 2005 | |
Regeste |
Doppelbesteuerung betreffend Kantonssteuern; Besteuerung eines Barwertvorteils aus einem "Lease-and-lease-back"-Geschäft über Kraftwerkanlagen (Art. 127 Abs. 3 BV). |
Der Barwertvorteil aus einem "Lease-and-lease-back"-Geschäft über Kraft werkanlagen ist doppelbesteuerungsrechtlich nicht als Liegenschaftsertrag zu qualifizieren. Im interkantonalen Verhältnis ist der im Rahmen von Betriebsstättenliegenschaften in Form eines Barwertvorteils angefallene Ertrag deshalb in die quotenmässige Steuerausscheidung einzubeziehen (E. 5). | |
Sachverhalt | |
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Das EWZ hat im April 1998 mit einer amerikanischen Bank als Investorin und einem US-Trust als Leasinggeber ein sog. "Lease-and-lease-back"-Geschäft über die sich in Graubünden befindenden Kraftwerkanlagen Mittelbünden 1, Mittelbünden 2 sowie Bergell abgeschlossen. Mit dieser Vereinbarung wird der Nutzungswert der erwähnten Kraftwerkanlagen während 48 Jahren gegen eine Einmalzahlung an den US-Trust verleast (Hauptleasingvertrag) und gleichzeitig von diesem für eine kürzere Zeitdauer zurückgeleast (Unterleasingvertrag). Mit Ablauf der sog. Basislaufzeit des Unterleasingvertrags hat das EWZ das Recht, alle vertraglichen Ansprüche zu einem fest vereinbarten Preis zurückzuerwerben (Kaufoption). Die Differenz zwischen der gemäss Hauptleasingvertrag an das EWZ geleisteten Einmalzahlung einerseits und den gemäss Unterleasingvertrag vom EWZ (den erfüllungsübernehmenden Banken) geschuldeten Leasingraten sowie dem Kaufoptionspreis anderseits bildet den finanziellen Vorteil für das EWZ. Dieser sog. Barwertvorteil (umgerechnet Fr. 127'256'265.-) wurde dem EWZ beim Abschluss des Geschäfts überwiesen.
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Das EWZ deklarierte in der Steuererklärung 1998 für den Kanton Graubünden einen steuerbaren Gewinn von Fr. 5'476'300.- Der Ertrag aus dem zugeflossenen Barwertvorteil wurde durch Bildung einer Rückstellung in gleicher Höhe neutralisiert. Die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden veranlagte demgegenüber das ![]() | 3 |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gegen den Kanton Graubünden gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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4.1 Ein "Lease-and-lease-back"-Geschäft (auch als "Lease-in/ Lease-out"-Geschäft oder "US-Cross Border Lease-Transaktion" bezeichnet) ist eine internationale Finanzierungstransaktion, die in zunehmendem Mass von Erbringern von öffentlichen Dienstleistungen angewendet wird, um ihre Anlagen zu finanzieren (vgl. dazu: JOACHIM FRICK, Finanzleasinggeschäfte am Beispiel von Aircraft Finance-Transaktionen - Strukturen, Vorteile und Risiken, in: SZW 2000 S. 242 ff.; MICHAEL PFEIFFER, Lohnende Leasinggeschäfte - keine Zechprellerei "ohne Gegenleistung", sondern ernsthaftes Finanzierungsgeschäft, in: Solothurner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1998, Solothurn 1998, S. 413 ff.; vgl. auch THOMAS GÜNTHER/MIRKO NIEPEL, Aufbau und Risiken des kommunalen US-Lease-in/Lease-out in Deutschland, in: Deutsches Steuerrecht [DStR] 14/2002 S. 601 ff.; PATRICK BIAGOSCH/KLAUS WEINAND-HÄRER, US-Cross Border Lease-Transaktionen, in: Michael Kroll [Hrsg.], Leasing-Handbuch für die öffentliche Hand, 9. Aufl., Lichtenfels 2003, S. 104 ff.; PETER SESTER, US-Cross-Border-Leasing: Eine ![]() | 6 |
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Für den Eigenkapitalinvestor des US-Trusts liegt der wirtschaftliche Vorteil einer solchen "US-Cross Border Lease-Transaktion" in den steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten nach US-Steuerrecht (JOACHIM M. FRITZ, Die Bedeutung des wirtschaftlichen Beraters ["Arrangeurs"] bei US-Cross Border Lease-Transaktionen, in: Kroll, Leasing-Handbuch, a.a.O., S. 124 ff., insbesondere S. 128 f.; vgl. auch SESTER, a.a.O., WM 38/2003 S. 1833). Für den Eigentümer des Wirtschaftsgutes liegt der wirtschaftliche Vorteil (sog. Barwertvorteil) wie bereits erwähnt in der Differenz zwischen der unter dem Hauptmietvertrag an den Eigentümer bezahlten Mietrate und den unter dem Untermietvertrag geschuldeten Mietraten zuzüglich des Kaufoptionspreises. Die Höhe des Barwertvorteils hängt von der Art und dem Alter des Wirtschaftsguts, vom Wert der vermieteten Wirtschaftsgüter, von den langfristigen US-Zinssätzen, dem ![]() | 8 |
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Erwägung 5 | |
5.1 Unter Ertrag i.w.S. aus einer Liegenschaft ist doppelbesteuerungsrechtlich jegliches Einkommen zu verstehen, das eine Person aus einem Grundstück erzielt, über das sie aufgrund ihres Eigentums oder eines andern Rechts verfügen kann (Urteil 2P.185/1994 vom 2. Dezember 1996, publ. in: StE 1997 A 24.34 Nr. 1). Es ist unbestritten, dass vorliegend - wenn überhaupt - nicht ein Vermögensgewinn (Wertzuwachsgewinn), sondern ein Vermögensertrag in Frage steht. In den Fällen, in denen eine Liegenschaft erst dank dem Arbeitsaufwand des Eigentümers einen Ertrag abwirft, lässt sich das Ertragseinkommen nur dadurch von andern Einkünften abgrenzen, dass untersucht wird, in welchem Mass das erzielte Einkommen auf die persönlichen Bemühungen des Eigentümers zurückgeht und in welchem Mass es seine Ursache im Grundstück selber (bzw. in der durch das Eigentum ermöglichten Nutzung) hat (ASA 29 S. 198, E. 4b S. 203). Im vorliegenden Fall ist offensichtlich, dass der fragliche Barwertvorteil nur dank dem arbeits- und kostenintensiven Engagement des Eigentümers der ![]() | 10 |
5.2 Wie dargelegt, hat der Barwertvorteil verschiedene Ursachen (oben E. 4.2 a.E.). Mit Rücksicht auf einige Kriterien (z.B. Art, Alter und Wert der vermieteten Anlagen) könnte eine gewisse Komponente "Nutzungsentgelt" (aufgrund des gegenüber dem Unterleasingvertrag bedeutend länger dauernden Hauptleasingvertrags) bei formaler Betrachtungsweise allenfalls noch angenommen werden. Daneben haben aber entscheidende andere Komponenten (z.B. "Aufteilung" des Zinsvorteils, langfristige US-Zinssätze, US-Dollar-Kurs etc.) mit den Immobilien im Kanton Graubünden nichts zu tun. Wenn überhaupt, müsste der "Immobilienertrag" vom übrigen Finanzertrag ausgesondert werden. Dabei bliebe völlig ungewiss, nach welchen Kriterien diese Aussonderung vorzunehmen wäre. Eine solche Lösung würde zudem mit dem vom Bundesgericht stets beachteten Prinzip kollidieren, wonach im Interesse der Rechtssicherheit Regeln entwickelt werden sollen, die leicht und einfach zu handhaben sind und keine Zersplitterung der Steuerhoheiten bewirken (BGE 125 I 458 E. 2d S. 467 f. mit Hinweisen). Doch selbst wenn eine Aussonderung möglich wäre, könnte diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Barwertvorteil im Grunde nur die Gegenleistung des amerikanischen Vertragspartners dafür ist, dass ihm eine bestimmte steuerliche Gestaltung ermöglicht wurde (vgl. oben E. 4.2). So besehen besteht überhaupt kein Konnex mit den Immobilien mehr. Im Übrigen sind viele der für "Lease-and-lease-back"-Geschäfte (bzw. "US-Cross Border Lease-Transaktionen") in Frage kommenden langlebigen Investitionsgüter wie Flugzeuge, Schiffe, Eisenbahnrollmaterial oder ![]() | 11 |
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