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31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Leuzinger gegen Landammann Robert Marti sowie Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Glarus (Staatsrechtliche Beschwerde) |
1P.427/2006 vom 3. November 2006 | |
Regeste |
Zulässigkeit von Abänderungsanträgen anlässlich der Landsgemeinde; Art. 65 KV/GL, Art. 34 BV. | |
Sachverhalt | |
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Der vom Landrat des Kantons Glarus zuhanden der Landsgemeinde verabschiedete Antrag gemäss Traktandum § 13 war umstritten. ![]() | 2 |
Anlässlich der Landsgemeinde vom 7. Mai 2006 wurde der Bildung von Einheitsgemeinden gemäss Traktandum § 12 zugestimmt. Zur Frage der Fusion von Einheitsgemeinden nach Traktandum § 13 wurden nebst einem Rückweisungsantrag (zwecks Ausarbeitung eines Modells mit drei Gemeinden) und einem Ablehnungsantrag Abänderungsanträge gestellt, die 1) die Fusion von Näfels und Mollis, 2) die Fusion von Netstal, Glarus, Riedern und Ennenda und 3) gemäss Antrag von Kurt Reifler die Fusion zu drei Einheitsgemeinden verlangten. Mit mehreren Eventualabstimmungen und in der Schlussabstimmung beschloss die Landsgemeinde die Fusion sämtlicher Gemeinden zu drei Einheitsgemeinden.
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Der Antrag über den Ausgleich der unterschiedlichen Vermögensverhältnisse bei den sich zusammenschliessenden Gemeinden sowie die Ermächtigung an den Regierungsrat, die Ergebnisse der Beschlussfassungen der Landsgemeinde zu bereinigen und dem Landrat zu unterbreiten, blieben unbestritten und wurden abgenommen.
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Erich Leuzinger erhob Stimmrechtsbeschwerde und verlangte die Aufhebung der Landsgemeindebeschlüsse vom 7. Mai 2006 betreffend Traktandum § 13 und die Feststellung, dass der obsiegende Antrag von Kurt Reifler auf Schaffung von drei Gemeinden unzulässig war und daher nicht hätte zur Abstimmung gebracht werden dürfen.
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Nach einem Meinungsaustausch mit dem Regierungsrat des Kantons Glarus trat das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus auf die Stimmrechtsbeschwerde ein und wies sie mit Urteil vom 6. Juni 2006 ab. Es hielt zusammenfassend fest, der Antrag Reifler stehe in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Beratungsgegenstand, stelle nicht etwas gänzlich Neues dar und habe daher zur Abstimmung gebracht werden dürfen.
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Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts hat Erich Leuzinger beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde nach Art. 85 lit. a OG erhoben. Das Bundesgericht weist die Stimmrechtsbeschwerde ab.
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"Art. 65 - Verhandlungen
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1 Die Grundlage für die Verhandlungen bilden die im Memorial oder im Amtsblatt veröffentlichten Vorlagen des Landrates; andere Gegenstände dürfen nicht beraten werden.
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2 Jeder stimmberechtigte Teilnehmer hat das Recht, zu den Sachvorlagen Anträge auf Unterstützung, Abänderung, Ablehnung, Verschiebung oder Rückweisung zu stellen.
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3 Abänderungsanträge müssen zum Beratungsgegenstand in einem sachlichen Zusammenhang stehen.
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4 (...)
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5 Wer sich zu einer Sachvorlage äussern will, hat zuerst seinen Antrag zu formulieren und ihn danach kurz zu begründen."
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(...)
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4.1 Die Grundlage für die Verhandlungen der Landsgemeinde bilden die im Memorial veröffentlichten Vorlagen des Landrates; diese Vorlagen beschränken den Gegenstand für die Verhandlungen der Landsgemeinde, und andere Gegenstände dürfen nicht beraten werden (Art. 65 Abs. 1 KV/GL). Im Rahmen der derart vorgezeichneten Verhandlungsgegenstände darf jeder stimmberechtigte Teilnehmer namentlich Abänderungsanträge stellen; Abänderungsanträge müssen indes zum Beratungsgegenstand in einem sachlichen Zusammenhang stehen (Art. 65 Abs. 2 und 3 KV/GL). Dieses Antragsrecht stellt ein durch den Beratungsgegenstand beschränktes, bedingtes und für die Glarner Landsgemeinde typisches ![]() | 17 |
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Auch in materieller Hinsicht kann nicht gesagt werden, dass der Antrag von Kurt Reifler gegenüber der Vorlage des Landrates etwas gänzlich Neues verlangt hätte. Die Traktanden § 12 und 13 waren von vornherein auf eine Änderung der Gemeindestrukturen von weitreichender grundsätzlicher Bedeutung ausgerichtet. Es war ![]() | 19 |
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann auch nicht gesagt werden, dass das Modell mit drei Einheitsgemeinden vollkommen unerwartet gestellt worden ist. Wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil dargelegt hat, wurde das Dreier-Modell im Rahmen der Vorarbeiten zur Gemeindestrukturreform diskutiert und im Landrat beraten. Vorgängig der Landsgemeinde war davon in der Presse die Rede. Und im Memorial ist auf das - vom Landrat schliesslich verworfene - Dreier-Modell hingewiesen worden. Im Übrigen liegt es in der Natur einer Gemeindeversammlung oder Landsgemeinde (oben E. 4.1 a.E.), dass mit Überraschungen zu rechnen ist.
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Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer, dass die stimmberechtigten Teilnehmer nicht über hinreichende Informationen zum Modell mit drei Einheitsgemeinden verfügt hätten. In dieser Hinsicht ist einzuräumen, dass die Konsequenzen eines Zusammenschlusses zu drei Einheitsgemeinden mangels entsprechender Informationen im Memorial nicht in gleicher Weise bekannt waren wie jene des vom Landrat vorgeschlagenen Modells. Angesichts des Antragsrechts aus den Reihen der Stimmberechtigten hat dies für sich genommen nicht die Unzulässigkeit des Antrages von Kurt Reifler zur Folge. Zum einen hätte auch der Antrag auf Zusammenschluss der Gemeinden Mollis und Näfels bzw. Netstal, Glarus, Riedern und Ennenda gewichtige Abweichungen von der Vorlage des Landrates zur Folge gehabt. Zum andern bringt es das Recht auf Abänderungsanträge, soll es nicht seines Sinnes entleert werden, ![]() | 21 |
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