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30. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.X. und B.X. gegen Steueramt des Kantons Solothurn und Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_346/2007 vom 21. September 2007 | |
Regeste |
Art. 127 Abs. 3 BV; Art. 100 Abs. 5 und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs bei Doppelbesteuerungsbeschwerden. |
Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte kann gemäss Art. 100 Abs. 5 BGG mit der Beschwerdeerhebung zugewartet werden, bis im zweiten (bzw. in einem weiteren konkurrierenden) Kanton ein für die Steuerhoheit massgeblicher Entscheid getroffen worden ist; früher ergangene Entscheide anderer Kantone können mit angefochten werden (E. 2.1). Die Beschwerde ans Bundesgericht setzt gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG neu die Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs voraus (E. 2.3). Der Steuerpflichtige muss bloss in einem Kanton einen letztinstanzlichen Entscheid erwirken, gegebenenfalls im Kanton, mit dessen Besteuerung er einverstanden ist, sofern dieser als letzter entscheidet (E. 2.4). | |
Sachverhalt | |
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Am 10. Juli 2007 erhoben A.X. und B.X. beim Bundesgericht eine als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnete Rechtsschrift, womit sie eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots gemäss Art. 127 Abs. 3 BV rügten. Sie beantragten, die definitiven Veranlagungen ![]() | 2 |
Der Beschwerde waren als angefochtene Entscheide die Veranlagungen des Kantons Basel-Stadt für die Jahre 2003 (vom 30. Mai 2005) und 2005 (vom 20. April 2007) sowie des Kantons Solothurn für die Jahre 2003 (vom 11. April 2005), 2004 (vom 19. Juni 2006) und 2005 (vom 11. Juni 2007) beigelegt. Nachträglich, am 16. August 2007, wurden per Fax die Veranlagungen des Kantons Basel-Stadt per 2004 eingereicht (einerseits ein Veranlagungsprotokoll vom 27. Juli 2006 und andererseits eine Veranlagung mit definitiver Steuerausscheidung, datierend vom 16. August 2007).
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Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
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Aus den Erwägungen: | |
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Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Nach diesem Gesetz kann die Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots beim Bundesgericht nunmehr mit dem ordentlichen Rechtsmittel, der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG, gerügt werden.
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1.2 Die Beschwerdeführer erheben ausdrücklich staatsrechtliche Beschwerde. Es stellt sich vorab die Frage nach der Abgrenzung zwischen der staatsrechtlichen Beschwerde und der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. nach dem anwendbaren Recht (Bundesrechtspflegegesetz oder Bundesgerichtsgesetz). Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Amtes wegen mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 133 I 185 E. 2 S. 188 mit Hinweisen). Die - allenfalls - unzutreffende Bezeichnung eines Rechtsmittels ist ![]() | 8 |
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Gemäss Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, sofern nicht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist. Nach Art. 100 BGG ist die Beschwerde gegen einen Entscheid innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Abs. 1). Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte beginnt die Beschwerdefrist spätestens dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind, gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden kann (Abs. 5).
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Weder Art. 89 Abs. 3 OG noch Art. 100 Abs. 5 BGG entbinden den Steuerpflichtigen davon, spätestens 30 Tage nach Eröffnung eines anfechtbaren kantonalen Entscheids Beschwerde zu erheben.
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2.2.1 Da für die Anfechtung der Veranlagungen der Steuerjahre 2003 und 2004 die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung steht (E. 1.3.1 und 1.3.2) und somit Art. 86 Abs. 2 OG massgeblich ist (E. 2.1 hiervor), erweist sich diesbezüglich die Letztinstanzlichkeit nicht als Eintretensvoraussetzung. Hingegen wurde die staatsrechtliche Beschwerde am 10. Juli 2007 weit mehr als 30 Tage nach Eröffnung der entsprechenden Veranlagungen beider Kantone und damit gemäss Art. 89 Abs. 1 OG verspätet erhoben. Dass (vor Einreichung der vorliegenden Beschwerde) auch im Jahr 2007 Veranlagungsverfügungen eröffnet worden sind, ist unerheblich, betreffen diese doch ![]() | 18 |
Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist nach dem Gesagten wegen verspäteter Beschwerdeerhebung nicht einzutreten.
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Die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wegen Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots, gleich wie bei der staatsrechtlichen Beschwerde, die Letztinstanzlichkeit des angefochtenen Entscheids nicht Eintretensvoraussetzung sei, sodass auch gegen Veranlagungsverfügungen unmittelbar ans Bundesgericht gelangt werden könne. Dies trifft aus den nachfolgenden Erwägungen nicht zu.
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Die Ausnahmeregel von Art. 86 Abs. 2 OG trug primär den verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten, vor die sich der doppelt Besteuerte gestellt sieht, Rechnung. Die Lehre bedauert denn auch, dass das neue Recht keine Ausnahme mehr enthält. Abgesehen davon, dass das Verfahren verlängert und für den Steuerpflichtigen verteuert wird, wird als wenig sinnvoll erachtet, dass nunmehr zwingend innerkantonal der Instanzenzug durchlaufen werden muss, stehen sich doch in einem interkantonalen Kompetenzkonflikt regelmässig nicht nur der Steuerpflichtige einerseits und mehrere Kantone andererseits, sondern auch die betroffenen Kantone untereinander in einer parteiähnlichen Stellung gegenüber. Zudem wird von schwer ![]() | 23 |
2.4 Die Rechtsmittelregelung des Bundesgerichtsgesetzes mag den Rechtsschutz für den mehrfach Besteuerten erschweren. Immerhin ist er aber nicht verpflichtet, in jedem der betroffenen Kantone den ![]() | 24 |
Nun ist denkbar, dass der Steuerpflichtige die Steuerhoheit des zuletzt veranlagenden (oder zuletzt einen Steuerdomizilentscheid fällenden) Kantons anerkennen will. Es wird ihm in diesem Fall keine andere Wahl bleiben, als den Instanzenzug im letzten Kanton zu durchlaufen, um schliesslich vor Bundesgericht die Aufhebung der eine Doppelbesteuerung bewirkenden Veranlagungen übriger Kantone beantragen zu können. Dieser Rechtsmittelweg muss dem doppelt Besteuerten trotz der Besonderheit der Konstellation (s. dazu ALFRED MEIER/DIEGO CLAVADETSCHER, a.a.O., S. 139 f. Ziff. 5.3, insbesondere Ziff. 5.3.2.2.1) offenstehen.
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2.6 Da zum neuen Rechtsmittelweg noch keine publizierte Rechtsprechung besteht, rechtfertigt es sich, die ans Bundesgericht adressierte Beschwerde vom 20. Juli 2007 mitsamt Beilagen an das Steueramt des Kantons Solothurn weiterzuleiten, damit dieses prüft, ob es die Rechtsschrift nachträglich als Einsprache gegen die Veranlagung vom 11. Juni 2007 betreffend das Steuerjahr 2005 entgegennehmen kann (vgl. HANSJÖRG SEILER/NICOLAS VON WERDT/ANDREAS GÜNGERICH, Stämpflis Handkommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, Rz. 3 zu Art. 30 BGG, S. 108).
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