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8. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. C. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_481/2008 vom 15. Dezember 2008 | |
Regeste |
§§ 73 Abs. 1, 3 und 4, 83 StPO/ZH; Art. 9 BV; Freigabe der Kaution, Willkür. |
Die Verwendung der von einer Drittperson für den Angeschuldigten gestellten, nicht verfallenen Sicherheitsleistung zur Deckung der Verfahrenskosten ist unhaltbar (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Auf Appellation der Beurteilten sowie zwei Geschädigter hin sprach das Obergericht des Kantons Zürich X., Y. und Z. mit Urteil vom 19. Dezember 2007 von der Anklage des gewerbsmässigen Betruges (evtl. der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung) sowie der Geldwäscherei frei. Die gegen X. und Y. ergangenen Schuldsprüche wegen Vergehens gegen das UWG sowie des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes bestätigte es, und verurteilte diese zu unbedingten (X.) bzw. bedingten (Y.) Geldstrafen.
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Ferner beschlossen die kantonalen Instanzen, dass die X. mit Verfügung der Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich vom 27. Mai 2003 auferlegte Kaution von US$ 100'000.- nach Antritt der Strafe bzw. nach Bezahlung der Geldstrafe freigegeben, sogleich beschlagnahmt und zur Deckung der den Beurteilten ![]() | 3 |
C. führt als Insolvenzverwalter der D. AG, welche die Sicherheitsleistung X. als Darlehen zur Verfügung gestellt hatte, Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, es sei der angefochtene Beschluss aufzuheben und es sei die geleistete Kaution von US$ 100'000.- nach Antritt der Strafe bzw. Bezahlung der Geldstrafe durch X. an den Beschwerdeführer freizugeben. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Stellungnahme verzichtet.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
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1.1.2 Im vorliegenden Fall führt der Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter der D. AG in eigenem Namen Beschwerde. Die Prozessstandschaft als Berechtigung, fremde Interessen in eigenem ![]() | 8 |
Das Bundesgericht hat allerdings entschieden, dass über die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets nicht vorfrageweise bei Erhebung einer Klage der Konkursmasse entschieden werden kann, weshalb es dieser die Prozessführungsbefugnis abgesprochen hat (BGE 134 III 366 E. 9; vgl. auch BGE 135 III 40 E. 2). Aus diesem Entscheid lässt sich indes nichts für die hier zu beurteilende Konstellation ableiten, bei der die Freigabe und Rückzahlung einer Kaution in Frage steht, welche aus öffentlich-rechtlichen Gründen dem Berechtigten herauszugeben ist, sofern sie nicht dem Staat verfällt. Die Legitimation des Beschwerdeführers ist daher anzuerkennen, ohne dass es der vorgängigen Durchführung eines selbständigen Anerkennungsverfahrens bedürfte und in der Schweiz ein Anschlusskonkurs gemäss Art. 166 ff. IPRG (inländischer Hilfskonkurs) ![]() | 9 |
(...)
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3.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe mit Faxschreiben vom 16. August 2004 an die Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich die Aus- bzw. Rückzahlung der Kaution an die D. AG für den Fall verlangt, dass sie frei werde. Über die Anklageschrift sowie die Urteile und Beschlüsse der kantonalen Gerichte sei er in der Folge nicht informiert worden. Er macht geltend, die Sicherheitsleistung für den Angeschuldigten sei von einer Drittperson ![]() | 14 |
Erwägung 4 | |
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4.2 Nach dem Strafprozessrecht des Kantons Zürich kann die Untersuchungsbehörde dem Angeschuldigten eine Sicherheitsleistung dafür auferlegen, dass er sich jederzeit zu Prozesshandlungen sowie zum Antritt einer allfälligen Strafe oder Massnahme stellen werde (§ 73 Abs. 1 StPO/ZH; vgl. auch Art. 5 Ziff. 3 EMRK; Art. 9 Ziff. 3 UNO-Pakt II [SR 0.103.2]). Gemäss § 73 Abs. 3 StPO/ZH wird die Sicherheit als verfallen erklärt, wenn der Angeschuldigte einer ordnungsgemässen Vorladung zu einer Prozesshandlung oder zum Vollzug einer Strafe oder Massnahme ohne genügende Entschuldigung keine Folge geleistet hat. Die nicht verfallene Sicherheit wird bei rechtskräftiger Erledigung des Verfahrens, im Falle der Verurteilung des Angeschuldigten zu einer unbedingt zu vollziehenden Strafe oder zu einer Massnahme nach deren Antritt, freigegeben. Gemäss Abs. 4 der genannten Bestimmung entscheidet über Freigabe oder Verfall ![]() | 16 |
Nach § 83 StPO/ZH kann die Untersuchungsbehörde, wenn sich ein Angeschuldigter, der keine Sicherheit geleistet hat, der Untersuchung durch die Flucht entzieht oder es zur Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Strafurteils aus andern Gründen als geboten erscheint, von dessen Vermögen soviel mit Beschlag belegen, als zur Deckung der Prozesskosten, einer allfälligen Geldstrafe oder Busse, des verursachten Schadens und der Strafvollzugskosten voraussichtlich erforderlich ist.
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4.4 In dem zu beurteilenden Fall wurde, wie die Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich in ihrer Verfügung der vom 27. Mai 2003 feststellt, die zur Deckung der Verfahrenskosten herangezogene Kaution dem Beschuldigten X. von einer Drittperson, der D. AG, als Darlehen zur Verfügung gestellt. Von dieser wurde sie in der Folge direkt auf das Konto der Bezirksanwaltschaften überwiesen (vgl. E. 2). Den Strafverfolgungsbehörden war somit bekannt, dass die Sicherheit nicht von X., sondern von der D. AG geleistet wurde. Diese hat somit den Betrag nicht bloss intern dem Beschuldigten als Darlehen zur Leistung der Sicherheit gewährt, sondern ist gegenüber den Strafverfolgungsbehörden selbst als Kautionsstellerin in Erscheinung getreten. Bei dieser Sachlage gilt ![]() | 19 |
Die D. AG musste nicht damit rechnen, dass die freizugebende Kaution zur Deckung der den Beurteilten auferlegten Verfahrenskosten verwendet würde. Sie wurde von den Untersuchungsbehörden auch nicht entsprechend informiert. Eine Verrechnung ihres Rückforderungsanspruchs mit den den Beurteilten auferlegten Verfahrenskosten wäre ohnehin ausgeschlossen, da dem Staat aus dem gegen jene geführten Strafverfahren keine Forderungen gegenüber der D. AG bzw. dem Beschwerdeführer zustehen (Art. 120 Abs. 1 OR). Nichts anderes ergibt sich aus § 83 StPO/ZH, auf welchen sich die Vorinstanz beruft. Wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, erlaubt diese Bestimmung lediglich die Beschlagnahme von Vermögenswerten des Angeschuldigten, falls dieser sich der Untersuchung durch Flucht entzogen hat oder es zur Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Strafurteils aus anderen Gründen als geboten erscheint. Für die Beschlagnahme von Vermögen von Drittpersonen bietet die Bestimmung keine Grundlage. Eine analoge Anwendung von § 83 StPO/ZH auf von Dritten zur Verfügung gestellte frei gewordene Sicherheitsleistungen scheidet daher aus.
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Die Heranziehung der von der D. AG zur Verfügung gestellten Kaution zur Deckung der Kosten des Strafverfahrens ist mit sachlichen Gründen nicht haltbar und verletzt die in Art. 9 BV verankerte Garantie des Schutzes vor Willkür und der Wahrung von Treu und Glauben. Die Beschwerde erweist sich als begründet. Die Vorinstanz wird bei ihrer neuen Beurteilung der Sache infolge Gutheissung der Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft Zürich im Verfahren 6B_466/2008 die Kaution, soweit sie freizugeben sein wird, nicht zur Deckung der den Beurteilten aufzuerlegenden Verfahrenskosten heranziehen können. Damit kann offenbleiben, ob im vorliegenden Fall auch der Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt worden ist.
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