Art. 27, 35 Abs. 2 und Art. 94 Abs. 1 und 4 BV; Art. 28 und 58 ff. FMG in Verbindung mit Art. 13 ff. AEFV; Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 KG; Art. 9 f. UWG; Zuteilung und Verwaltung von ".ch"-Domain-Namen.
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Sachverhalt
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Die Stiftung SWITCH (vormals: Stiftung SWITCH - Teleinformatikdienste für Lehre und Forschung) bezweckt gemäss Handelsregistereintrag, die nötigen Grundlagen für den wirksamen Gebrauch moderner Methoden der Teleinformatik im Dienste der Lehre und Forschung in der Schweiz zu schaffen, zu fördern, anzubieten, sich an solchen zu beteiligen und sie zu erhalten. Sie nimmt seit 1987 in der Schweiz die Zuteilung und Verwaltung von Domain-Namen der Domain ".ch" wahr. Mit Verträgen vom 24. Januar 2003 und 31. Januar 2007 wurde der SWITCH diese Aufgabe vom Bundesamt für Kommunikation (im Folgenden: BAKOM) übertragen.
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Im Mai 2009 gründete die SWITCH die Tochtergesellschaft switchplus ag. Diese bezweckt gemäss Handelsregistereintrag den Verkauf und das Anbieten von Internetlösungen, wie insbesondere die Registrierung von Domain-Namen, Betrieb von E-Mail, Hosting von Webseiten und Softwarebetrieb sowie weitere Dienstleistungen rund ums Internet.
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Im Zusammenhang mit der Gründung der switchplus ag eröffnete das BAKOM gegen die SWITCH am 16. März 2010 ein Aufsichtsverfahren und verfügte am 11. April 2011 u.a. wie folgt:
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"3. SWITCH hat sicherzustellen, dass switchplus ag innert 30 Tagen seit Eröffnung dieser Verfügung von keinen werbewirksamen Leistungen von SWITCH profitiert, die anderen Wholesale-Partnerinnen nicht zur Verfügung stehen. Diese Verpflichtung bezieht sich namentlich auch auf den Webauftritt."
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Mit Beschwerde vom 27. Mai 2011 gelangte die SWITCH hiegegen - sowie gegen anderweitige, hier nicht interessierende Auflagen und Verpflichtungen - an das Bundesverwaltungsgericht.
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Mit Urteil vom 13. Februar 2012 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde in einer Einzelfrage teilweise gut. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab und verpflichtete die Beschwerdeführerin, die in Dispositivziffer 3 der vorinstanzlichen Verfügung vorgesehenen Vorkehren innert 30 Tagen ab Rechtskraft des Urteils zu treffen.
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Das Bundesgericht heisst die von der SWITCH hiegegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut und hebt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2012 insoweit auf, als es Ziff. 3 der Verfügung des BAKOM vom 11. April 2011 bestätigt hat.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2
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2.1 Gemäss Art. 28 Abs. 1 des Fernmeldegesetzes vom 30. April 1997 (FMG; SR 784.10) verwaltet das BAKOM die Adressierungselemente unter Beachtung der internationalen Normen. Es ergreift die geeigneten Massnahmen zur Gewährleistung einer genügenden Anzahl von Nummerierungselementen und Kommunikationsparametern. Es kann den Inhaberinnen und Inhabern von Basiselementen das Recht gewähren, untergeordnete Adressierungselemente zuzuteilen. Nach Abs. 2 kann das BAKOM in besonderen Fällen die Verwaltung und Zuteilung bestimmter Adressierungselemente Dritten übertragen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, namentlich die Aufsicht durch das Bundesamt. Diese Einzelheiten werden geregelt in der Verordnung vom 6. Oktober 1997 über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich (AEFV; SR 784.104). Die Art. 13 ff. AEFV regeln die Übertragung der Verwaltung von Adressierungselementen an Dritte. Gemäss Art. 14a Abs. 1 AEFV bezeichnet das BAKOM die Registerbetreiberin und schliesst mit ihr einen verwaltungsrechtlichen Vertrag ab. Darauf stützt sich der aktuell geltende verwaltungsrechtliche Vertrag vom 31. Januar 2007 (im Folgenden: Übertragungsvertrag), mit welchem das BAKOM der SWITCH die Verwaltung und Zuteilung der ".ch"-Domain-Namen übertragen hat, nachdem die SWITCH bereits vor Inkrafttreten einer einschlägigen gesetzlichen Regelung diese Aufgabe wahrgenommen hatte (UELI BURI, Domain-Namen, in: SIWR Bd. III/2, von Büren/David [Hrsg.], 2005, S. 337 ff., 344 f., 350 f.; GALLUS JOLLER, Schweiz [.ch], in: Handbuch des Domainrechts, Torsten Bettinger [Hrsg.], 2008, S. 927 ff., 935 f.).
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2.8.1 Soweit die Beschwerdeführerin gegenüber den Wholesale-Partnern eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, kann sie sich nicht auf die Wirtschaftsfreiheit berufen, sondern ist umgekehrt an die Grundrechte gebunden und darf auch ihre Tochtergesellschaft nicht gegenüber den anderen Wholesale-Partnern bevorzugen. In Bezug auf ihre unter Wettbewerbsbedingungen erbrachte Tätigkeit gilt jedoch nicht die Grundrechtsbindung, sondern ist die Beschwerdeführerin den gleichen Regeln unterstellt wie ihre Konkurrentinnen; sie kann sich insoweit wie jede andere privatwirtschaftlich tätige Person auf die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) berufen und für ihre Tätigkeit Werbung betreiben (Urteil 2C_559/2011 vom 20. Januar 2012 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen, in: sic! 6/2012 S. 399), so wie auch ihre Wholesale-Partner Werbung betreiben dürfen. Ebenso steht es ihr frei, eine Tochtergesellschaft zu gründen, welche diese Wettbewerbstätigkeiten ausübt. Dieser kommt ihrerseits die gleiche Rechtsstellung zu wie den übrigen Wholesale-Partnern. Wie diese darf sie ebenso für ihre Tätigkeit Werbung betreiben. Im Wettbewerbsbereich haben die Konkurrentinnen der Beschwerdeführerin keinen grundrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung (BGE 129 III 35 E. 5.2; ELIANE SCHLATTER, Grundrechtsgeltung beim wirtschaftlichen Staatshandeln, 2009, S. 156 f., 174 f.). Allfälligen Wettbewerbsverzerrungen, die sich daraus ergeben könnten, dass die Beschwerdeführerin daneben eine öffentliche Aufgabe erfüllt, ist mit einer Trennung der Geschäftsbereiche und wettbewerbsrechtlichen Mitteln zu begegnen (Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 KG [SR 251]; BGE 137 II 199 E. 3.1; Urteil 2C_485/2010 vom 3. Juli 2012 E. 6.3 und 9, zur Publikation vorgesehen; Art. 2 ff. UWG [SR 241]).
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2.8.2 Werbung richtet sich an die Endkunden und betrifft somit nicht das dem Gleichbehandlungsgebot unterstehende Verhältnis der Beschwerdeführerin zu ihren Wholesale-Partnern, sondern den Retail-Bereich, welcher der Wettbewerbsordnung untersteht. Es besteht daher kein Rechtsgrund, der Beschwerdeführerin zu untersagen, für die Retail-Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaft Werbung zu betreiben. Der Werbevorteil ist für die Tochtergesellschaft nicht grösser als er für die Beschwerdeführerin selber wäre, wenn diese für ihre eigene Retail-Tätigkeit Werbung betriebe; auch in diesem Fall würde der Bekanntheitsgrad, den die Beschwerdeführerin durch ihre öffentliche Tätigkeit erworben hat, für sie werbewirksam und wäre es für die Endkunden erst recht schwierig, zwischen der öffentlichen Aufgabe der Beschwerdeführerin und ihren privatwirtschaftlichen Wettbewerbsaktivitäten zu unterscheiden. Diese Schwierigkeiten sind aber durch die rechtliche Konstruktion und die damit verbundene Doppelstellung der Beschwerdeführerin bedingt und somit zwangsläufig vorhanden. Mit der Argumentation der Vorinstanzen müsste konsequenterweise auch der Beschwerdeführerin selber verboten werden, für ihre eigene Retail-Tätigkeit Werbung zu betreiben. Dadurch würde die Beschwerdeführerin im Wettbewerbsbereich aber schlechter gestellt als die übrigen Wholesale-Partner, welche im Retail-Bereich uneingeschränkt Werbung betreiben dürfen und denen es ebenfalls erlaubt ist, Tochtergesellschaften zu gründen und für diese Werbung zu betreiben. Hat die Beschwerdeführerin - anstatt die betreffenden Retail-Tätigkeiten selber auszuüben - zu diesem Zweck eine Tochtergesellschaft gegründet, so wird das Anliegen, eine für die Endkunden erkennbare Trennung der beiden Tätigkeitsfelder zu erreichen, jedenfalls nicht schlechter erreicht, sondern eher besser. Soweit die Retail-Tätigkeit nicht in der Zuteilung von Domains, sondern in weiteren Dienstleistungen besteht, unterliegt das Verhalten sowohl der Beschwerdeführerin als auch ihrer Tochtergesellschaft ohnehin nicht der Aufsicht durch das BAKOM. Einem allfälligen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung wäre durch das Wettbewerbsrecht zu begegnen, wobei sowohl die Konkurrenten als auch die Konsumentenschutzorganisationen Klage- bzw. Mitwirkungsmöglichkeiten haben (Art. 9 f. UWG; Art. 43 KG).
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