![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Klopfenstein, Junge SVP des Kantons Bern und Mitb. gegen Regierungsrat des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_221/2017 / 1C_223/2017 vom 18. April 2018 | |
Regeste |
Art. 10, Art. 48, Art. 59 Abs. 2 lit. a und Art. 109 KV/BE, Art. 5 Abs. 2, Art. 8, Art. 34 Abs. 1 und Art. 50 Abs. 1 BV; Ungültigerklärung einer kantonalen Gesetzesinitiative (Volksinitiative) im Kanton Bern wegen Verstosses gegen übergeordnetes Recht. | |
Sachverhalt | |
1 | |
"Die nachfolgend unterzeichnenden Stimmberechtigten des Kantons Bern verlangen hiermit, gestützt auf Artikel 58 der bernischen Kantonsverfassung und Artikel 140 ff. des kantonalen Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Juni 2012, das Gesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (FILAG) vom 27. November 2000 zu ändern:
| 2 |
Art. 10
| 3 |
Abs. 5 Eine Gemeinde erhält den Zuschuss nur noch zur Hälfte ausbezahlt, solange auf ihrem Gebiet eine oder mehrere Anlagen oder Einrichtungen gemäss Anhang III des Gesetzes bestehen, von denen notorisch konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, deren Abwehr nur unter Einsatz beträchtlicher Ressourcen vollumfänglich gewährleistet werden kann.
| 4 |
Art. 14
| 5 |
6 | |
Art. 35b
| 7 |
Abs. 1 Die pauschale Abgeltung an die Gemeinden Bern, Biel oder Thun gemäss Art. 15 des Gesetzes wird um drei Viertel gekürzt, solange auf dem Gebiet der jeweiligen Gemeinde eine oder mehrere Anlagen oder Einrichtungen gemäss Anhang III des Gesetzes bestehen.
| 8 |
Abs. 2 Der Zuschuss an eine Gemeinde mit soziodemographischen Lasten gemäss Art. 21a des Gesetzes wird um drei Viertel gekürzt, solange auf dem Gebiet der jeweiligen Gemeinde eine oder mehrere Anlagen oder Einrichtungen gemäss Anhang III des Gesetzes bestehen.
| 9 |
Art. 45
| 10 |
Abs. 4 Die Sonderfallregelung gemäss diesem Artikel findet keine Anwendung, soweit die Mehrbelastung einer Gemeinde durch die Anwendung von Bestimmungen bedingt ist, die an das Vorhandensein von einer oder mehreren Anlagen oder Einrichtungen gemäss Anhang III dieses Gesetzes anknüpfen.
| 11 |
Anhang III
| 12 |
Anlagen oder Einrichtungen, von denen notorisch konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, deren Abwehr nur unter Einsatz beträchtlicher Ressourcen vollumfänglich gewährleistet werden kann: 1. In der Stadt Bern: Die im Zeitpunkt des Inkrafttretens von Art. 10 Abs. 5, Art. 14 Abs. 2, Art. 35b und Art. 45 Abs. 4 des Gesetzes auf dem Grundstück Bern Gbbl. 1226, Kreis II ("Reitschule"), bestehende Nutzung bzw. allfällige nachfolgende vergleichbare Nutzungen."
| 13 |
B. Am 6. April 2016 stellte der Regierungsrat des Kantons Bern fest, dass die Initiative mit 17'535 gültigen Stimmen formell zustande gekommen ist. Mit Vortrag vom 14. Dezember 2016 beantragte der Regierungsrat dem Grossen Rat des Kantons Bern, die Volksinitiative für ungültig zu erklären. Der Regierungsrat nahm im Vortrag Bezug auf ein von der Finanzdirektion des Kantons Bern in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Professor Giovanni Biaggini (nachfolgend: Gutachten Biaggini). Die Finanzkommission des Grossen Rates schloss sich dem Antrag auf Ungültigerklärung der Initiative an. Im Gegensatz zum Gutachten Biaggini, dem Regierungsrat sowie der Finanzkommission kam Professor Etienne Grisel in einem vom Initiativkomitee sowie der Vereinigung "Pro Libertate" in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten (nachfolgend: Gutachten Grisel) zum Schluss, die Volksinitiative sei für gültig zu erklären. Mit Beschluss vom 21. März 2017 (Ziffer 3) erklärte der Grosse Rat die Volksinitiative "Keine Steuergelder für die Berner Reithalle!" für ungültig. Der Beschluss wurde am 12. April 2017 im kantonalen Amtsblatt publiziert.
| 14 |
![]() | 15 |
D. (...) Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung hat die Angelegenheit am 18. April 2018 in öffentlicher Sitzung beraten und die Beschwerden abgewiesen.
| 16 |
(Auszug)
| 17 |
Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 7 | |
18 | |
19 | |
![]() | 20 |
Die Beschwerdeführer machen geltend, die kantonale Volksinitiative "Keine Steuergelder für die Berner Reithalle!" verstosse nicht gegen übergeordnetes Recht bzw. sie lasse sich so auslegen, dass sie mit dem übergeordneten Recht vereinbar sei, womit der Grosse Rat sie mit Blick auf Art. 9 und 34 BV sowie Art. 59 Abs. 2 KV/BE nicht für ungültig habe erklären dürfen.
| 21 |
22 | |
7.3.1 Für die Beurteilung der materiellen Rechtmässigkeit einer Volksinitiative ist deren Text nach den anerkannten Interpretationsgrundsätzen auszulegen. Grundsätzlich ist vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen. Eine allfällige Begründung des Volksbegehrens darf mitberücksichtigt werden, wenn sie für das Verständnis der Initiative unerlässlich ist. Massgeblich ist bei der Auslegung des ![]() | 23 |
24 | |
Der Wortlaut der in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs eingereichten Gesetzesinitiative lässt eine Auslegung, wonach die vorgesehenen Kürzungen unter bestimmten Umständen auch andere Gemeinden als die Stadt Bern treffen könnten oder wonach für die ![]() | 25 |
26 | |
Auf dem im Initiativtext genannten Grundstück Gbbl. 1226 betreiben drei verschiedene Vereine, nämlich die Interessengemeinschaft ![]() | 27 |
Zwar wird in der auf dem Initiativbogen abgedruckten Begründung zur Initiative auf die im Umfeld der Reitschule auftretenden Sicherheitsprobleme und die damit zusammenhängenden Kosten Bezug genommen. Der Text der als ausformulierter Entwurf eingereichten Gesetzesinitiative lässt jedoch eine Auslegung, wonach die mit dem Kulturbetrieb im Zusammenhang stehenden Sicherheitsprobleme für die Anwendung der vorgesehenen Kürzungen von Leistungen aus dem Finanzausgleich mitentscheidend wären, nicht zu. Solange in der Stadt Bern am Ort der Reitschule ein Kulturbetrieb im heutigen oder in einem vergleichbaren Rahmen betrieben würde, kämen die mit der Initiative vorgesehenen Leistungskürzungen somit unabhängig davon zur Anwendung, ob im Umfeld der Reitschule Kosten verursachende Sicherheitsprobleme auftreten oder nicht.
| 28 |
7.4 Die Bundesverfassung gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts (Art. 50 Abs. 1 BV). Nach Art. 109 Abs. 1 KV/BE ist die Autonomie der Gemeinden des Kantons Bern gewährleistet, wobei der Umfang der Autonomie durch ![]() | 29 |
30 | |
Eine Gemeinde kann sich dagegen zur Wehr setzen, dass eine kantonale Behörde im Autonomiebereich ihre Prüfungsbefugnis überschreitet oder die einschlägigen Vorschriften unrichtig auslegt und anwendet. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts kann sich eine Gemeinde in Verbindung mit der Rüge der Verletzung ihrer Autonomie auf weitere Verfassungsrechte und -grundsätze berufen, namentlich auf die Rechtsgleichheit (Art. 8 BV), den Schutz vor Willkür bzw. die Wahrung von Treu und Glauben (Art. 9 BV) sowie die Grundsätze staatlichen Handelns gemäss Art. 5 BV (vgl. BGE 139 I 169 E. 6.1 S. 172 f.; BGE 131 I 91 E. 1 S. 93 und E. 3.4 S. 102 f.; BGE 116 Ia 252 E. 3b S. 255 f.; BGE 115 Ia 42 E. 3c S. 46; BGE 113 Ia 332 E. 1b S. 333 f.; BGE 96 I 234 E. 5 S. 242; Urteil 2C_604/2017 vom 10. Januar 2018 E. 1.2).
| 31 |
32 | |
Der Kanton Bern hat den kantonalen Finanzausgleich im Gesetz über den Finanz- und Lastenausgleich vom 27. November 2000 (FILAG;
| 33 |
![]() | 34 |
35 | |
Zum Zusammenwirken von Kanton und Gemeinden im Bereich der Kulturförderung äussert sich Art. 3 des kantonalen Kulturförderungsgesetzes vom 12. Juni 2012 (KKFG; BSG 423.11). Nach dieser Bestimmung ist die Kulturförderung eine gemeinsame Aufgabe des Kantons und der Gemeinden (Abs. 1). Kanton und Gemeinden arbeiten nach Massgabe des KKFG zusammen und stimmen ihre Massnahmen aufeinander ab (Abs. 2). Soweit das KKFG keine besonderen Bestimmungen enthält, entscheiden die Gemeinden selbst, wie sie ihre Aufgaben im Bereich der Kulturförderung erfüllen wollen (Abs. 3). Das KKFG verpflichtet Gemeinden zwar zu Betriebsbeiträgen an Kulturinstitutionen von regionaler Bedeutung (Art. 18 ff. KKFG). Es schränkt jedoch die Möglichkeiten der Gemeinden nicht ein, darüber hinaus selbstständig Kulturförderung zu betreiben.
| 36 |
Kulturförderung fällt somit nach geltendem kantonalem Verfassungs- und Gesetzesrecht nicht in den abschliessenden Aufgabenbereich des Kantons. Vielmehr überlässt das kantonale Recht die Kulturförderung teilweise den Gemeinden zur Regelung. Es räumt den Gemeinden namentlich im Bereich der Förderung der Kultur auf lokaler Ebene eine erhebliche Entscheidungsfreiheit ein. Der Umstand, dass es sich bei der Kulturförderung im Kanton Bern um eine gemeinsame Aufgabe des Kantons und der Gemeinden handelt, ändert nichts daran, dass den Gemeinden nach dem KKFG im Bereich der Förderung der Kultur auf lokaler Ebene eine erhebliche Entscheidungsfreiheit zukommt. Zu den in der kantonalen ![]() | 37 |
38 | |
Dem ist entgegenzuhalten, dass die mit der kantonalen Volksinitiative "Keine Steuergelder für die Berner Reithalle!" vorgeschlagenen Bestimmungen einzig die Kulturförderung der Stadt Bern in einem konkreten Fall betreffen und die Initiative den Spielraum der Gemeinden im Bereich der Kulturförderung, wie er sich aus Art. 48 KV/BE sowie dem KKFG allgemein ergibt, weder in generell-abstrakter Weise noch einzelfallbezogen rechtlich neu umschreibt. Namentlich soll Art. 3 Abs. 3 KKFG nicht geändert werden, wonach die Gemeinden - vorbehältlich besonderer Bestimmungen im KKFG - selbst bestimmen, wie sie ihre Aufgaben im Bereich der Kulturförderung erfüllen wollen. Somit käme den Gemeinden im Bereich der Kulturförderung - und kommt der Stadt Bern auch im spezifischen Einzelfall (vgl. E. 7.4.5 hiernach) - mit den mit der Initiative vorgeschlagenen Bestimmungen rechtlich genau die gleiche Entscheidungsfreiheit zu wie bisher. Insoweit unterscheidet sich die Initiative auch von den Gesetzesvorlagen, mit denen sich das Bundesgericht in den Urteilen BGE 141 I 36 sowie BGE 138 I 131 beschäftigt hat. Das erstgenannte Urteil betraf eine kantonale Schulsprachenregelung, das zweitgenannte die kantonale Volksinitiative "Sauver Lavaux". Im Unterschied zur vorliegend zu beurteilenden Gesetzesinitiative wurde in den beiden genannten Fällen die den Gemeinden in den betroffenen Bereichen (Schulunterricht bzw. Raumplanung) zukommende Autonomie rechtlich neu umschrieben und in generell-abstrakter Weise eingeschränkt, was zulässig war.
| 39 |
40 | |
Die mit der Volksinitiative vorgeschlagenen Regelungen schränken die Entscheidungsfreiheit der Stadt Bern im Bereich der Kulturförderung wie erwähnt nicht förmlich bzw. rechtlich ein, zumal sie nicht direkt die Schliessung der Reitschule oder die Einstellung der Förderung des Kulturbetriebs verlangt. Die vorgeschlagene Regelung zielt indessen darauf ab, die Stadt Bern unter finanziellen Druck zu setzen, um auf diese Weise auf ihr Verhalten im Bereich der Kulturförderung Einfluss zu nehmen. Gemäss den nicht bestrittenen Berechnungen der Finanzdirektion hätten die neuen Bestimmungen eine Schlechterstellung der Stadt Bern in der Höhe von mehr als 54 Mio. Franken pro Jahr zur Folge. Die vorgesehenen Leistungskürzungen wären somit sehr beträchtlich und der auf die Stadt Bern erzeugte Druck, den Kulturbetrieb einzustellen bzw. nicht weiter zu fördern, entsprechend gross. Die finanzielle Schlechterstellung der Stadt Bern würde so lange andauern, wie am Ort der Reitschule ein Kulturbetrieb im heutigen oder in einem vergleichbaren Rahmen betrieben würde. Dies unabhängig davon, ob im Umfeld des Kulturbetriebs tatsächlich Kosten verursachende Sicherheitsprobleme auftreten (vgl. E. 7.3.3 hiervor). Damit würde die der Stadt Bern gemäss dem kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht im Bereich der Kulturförderung zukommende Entscheidungsfreiheit in faktischer Hinsicht substanziell eingeschränkt. Darf die Stadt Bern von ihrer Autonomie, die Reitschule als Kulturstätte zu unterstützen, aber nach wie vor Gebrauch machen, so darf ihr die Ausübung dieses verfassungsmässigen Rechts nicht über Gebühr erschwert werden. Wird die Rechtsausübung zwar gestattet, aber mit derart grossen Nachteilen verbunden, dass davon vernünftigerweise nicht mehr oder nur noch unter unzumutbaren Bedingungen Gebrauch gemacht werden kann, ist mit diesen Nachteilen ein unzulässiger Abschreckungseffekt verbunden (vgl. BGE 143 I 147 E. 3.3 S. 152 f.). Eine solche Situation liegt hier vor. Die Weiterführung des Kulturbetriebs in der Reitschule wäre für die Stadt Bern mit derart grossen finanziellen Nachteilen verbunden, dass sie unter einen permanenten erheblichen Druck, wenn nicht gar einen faktischen Zwang geriete, die in ![]() | 41 |
Die mit der kantonalen Volksinitiative "Keine Steuergelder für die Berner Reithalle!" verbundene Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Stadt Bern hält auch vor dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV) nicht stand. Die drohenden finanziellen Nachteile für die Stadt Bern stehen nur in geringem Umfang in einem Zusammenhang mit den Mehrkosten für die Polizeieinsätze (maximal einige Mio. Franken pro Jahr) und der finanziellen Unterstützung (in der Höhe von insgesamt ca. 720'000 Franken pro Jahr). Sie betragen mehr als das Zehnfache der höchstzurechenbaren Beträge und sprengen jedes vernünftige Mass. Insoweit ist der mit den vorgeschlagenen Bestimmungen verbundene faktische Eingriff in die Gemeindeautonomie auch nicht vergleichbar mit der nach Art. 35a FILAG möglichen finanziellen Benachteiligung von fusionsunwilligen Gemeinden, welcher einerseits die Leistungen zum Disparitätenabbau zwischen den Gemeinden von der Kürzung ausnimmt und die mögliche Kürzung auf die Differenz zur voraussichtlichen Minderbeanspruchung begrenzt.
| 42 |
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt Bern haben sich schon verschiedentlich über die Beibehaltung der Kulturnutzung in der Reitschule ausgesprochen, letztmals anlässlich der Abstimmung über die Volksinitiative "Schliessung und Verkauf der Reithalle" am 26. September 2010. Ihre Entscheidungsfreiheit würde inskünftig wie gesagt auf unzulässige Weise eingeschränkt, wenn sie je nach dem Ergebnis ihrer Meinungsäusserung eine grösstenteils sachfremde finanzielle Sanktion im erwähnten Ausmass gewärtigen müssten.
| 43 |
7.4.6 Hinzu kommt, dass eine Einschränkung der den Gemeinden zukommenden Autonomie dem Gebot der Rechtsgleichheit im Sinne von Art. 8 BV sowie Art. 10 KV/BE genügen muss. An das Rechtsgleichheitsgebot ist auch der Gesetzgeber gebunden, wenn er auf die gemäss generell-abstrakter Regelung in einem bestimmten Bereich bestehende Entscheidungsfreiheit bezogen auf eine einzelne Gemeinde in einem konkreten Fall Einfluss nehmen will. Für eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Gemeinden ist diesfalls ![]() | 44 |
Die mit der kantonalen Volksinitiative "Keine Steuergelder für die Berner Reithalle!" vorgesehenen neuen Bestimmungen nähmen im Widerspruch zum Rechtsgleichheitsgebot einzig auf die Kulturförderung der Stadt Bern Einfluss. Andere Gemeinden - namentlich auch andere Städte - im Kanton Bern wären von den neuen Bestimmungen nämlich selbst dann nicht betroffen, wenn auf ihrem Gebiet Anlagen oder Einrichtungen bestünden, von denen Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen (vgl. E. 7.3.2 hiervor). Sodann wäre die Stadt Bern von einer Kürzung der Leistungen aus dem Finanzausgleich betroffen, die in weit überwiegendem Umfang keinen Bezug aufweist zu den mit dem Finanzausgleich zu verteilenden Steuergeldern. Das ihr vorgeworfene Verhalten, nämlich dass sie durch die Duldung der Kultureinrichtung und deren Begleiterscheinungen Einsätze der Ordnungskräfte verursache, die mit Leistungen aus dem Finanzausgleich mitfinanziert würden, sowie dass sie mit der finanziellen Unterstützung der Reitschule Ausgaben tätige, die wiederum durch den Finanzausgleich mitgetragen werden müssten, steht hinsichtlich der auf dem Spiel stehenden Beträge in keinem vernünftigen Verhältnis zu den mit der Initiative angestrebten Kürzungen (vgl. E. 7.4.5 hiervor).
| 45 |
Einer solchen grösstenteils nicht an sachlichen Kriterien anknüpfenden Ungleichbehandlung darf die Stadt Bern im Bereich der lokalen Kulturförderung, in welchem ihr das kantonale Recht nach wie vor eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt, auch mit Blick auf Art. 8 BV sowie Art. 10 KV/BE nicht unterzogen werden. Die Initiative verstösst somit auch gegen das Rechtsgleichheitsgebot.
| 46 |
7.5 Nach dem Ausgeführten verstösst die kantonale Volksinitiative "Keine Steuergelder für die Berner Reithalle!" gegen die von Art. 109 Abs. 1 KV/BE i.V.m. Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistete Gemeindeautonomie sowie gegen das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 BV sowie Art. 10 KV/BE. Dass die Initiative nur teilweise für ungültig hätte erklärt werden dürfen, wird nicht dargetan und ist nicht ersichtlich. Der Grosse Rat hat die Initiative in Anwendung von Art. 59 Abs. 2 lit. a KV/BE zu Recht für ungültig erklärt, ohne die politischen Rechte der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger bzw. Art. 34 oder Art. 9 BV zu verletzen. Eine Prüfung, ob die ![]() | 47 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |