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2. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A., B. und C. gegen Regierungsrat des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
8C_228/2018 vom 22. Januar 2019 | |
Regeste |
Art. 82 lit. b BGG; Art. 65 Abs. 1bis KVG; abstrakte Kontrolle von § 2a Abs. 1 und Abs. 2 der Prämienverbilligungsverordnung des Kantons Luzern in der für das Jahr 2017 gültig gewesenen Fassung; Einkommensgrenze für Prämienverbilligung. | |
Sachverhalt | |
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Nachdem der Kantonsrat am 12. September 2017 den definitiven Voranschlag verabschiedet hatte, änderte der Regierungsrat des Kantons Luzern die Prämienverbilligungsverordnung gleichentags u.a. in § 2a Abs. 1 und Abs. 2 insoweit, als er die Einkommensgrenze neu auf Fr. 54'000.- festsetzte. Gemäss Abs. 4 dieser Bestimmung sind bereits erfolgte Auszahlungen für das Jahr 2017 für Versicherte mit einem massgebenden Einkommen von über Fr. 54'000.- zurückzuzahlen. Die Änderung trat rückwirkend auf den 1. Januar 2017 in Kraft und wurde im Kantonsblatt Nr. 37 vom 16. September 2017 veröffentlicht.
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B. Mit einer als verwaltungsrechtliche Prüfung eines Erlasses bezeichneten Eingabe liessen A., B., D., E. und C. beim Kantonsgericht Luzern beantragen, die Änderung der Prämienverbilligungsverordnung vom 12. September 2017 sei betreffend § 2a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 aufzuheben und es sei die ursprüngliche Verordnung vom 1. Januar 2016 in Kraft zu setzen. Mit Entscheid vom 20. Februar 2018 wies das Kantonsgericht den Prüfungsantrag ab, soweit darauf einzutreten war. Namentlich verneinte es die Legitimation von D. sowie E. und trat auf den Aufhebungsantrag bezüglich § 2a Abs. 4 der Prämienverbilligungsverordnung mangels Begründung nicht ein.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (abstraktes Normenkontrollverfahren) lassen A., B. und C. beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sowie die Änderung der ![]() | 4 |
Das Gesundheits- und Sozialdepartement des Kantons Luzern (GSD) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdeführer lassen in einer weiteren Eingabe an ihren Anträgen festhalten.
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Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichtet zunächst auf eine Vernehmlassung, bringt indes auf Aufforderungen des Bundesgerichts vom 6. und 27. September 2018 hin am 25. September und 5. November 2018 Stellungnahmen bei.
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Dazu nehmen das GSD am 12. November 2018 und die Beschwerdeführer am 16. November 2018 Stellung. Das GSD äussert sich nochmals mit Eingabe vom 28. November 2018.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
1.1 Angefochten ist ein Entscheid des Kantonsgerichts Luzern im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gemäss Art. 82 lit. b BGG. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig. Die Ausnahmen gemäss Art. 83 BGG finden bei Beschwerden gegen Erlasse (abstrakte Normenkontrolle) keine Anwendung (BGE 138 I 435 E. 1.2 S. 440). Soweit das kantonale Recht, wie im vorliegenden Fall, gegen den Erlass selbst ein Rechtsmittel vorsieht, ist der kantonale Instanzenzug auszuschöpfen (Art. 87 Abs. 2 i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Anfechtungsobjekt ist dann der kantonale letztinstanzliche Entscheid (AEMISEGGER/SCHERRER REBER, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 2 zu Art. 87 BGG). Die Rechtsunterworfenen sollen jedoch unabhängig von der Ausgestaltung des kantonalen Instanzenzuges vom Bundesgericht eine Überprüfung der kantonalen Erlasse (Art. 82 lit. b BGG) auf ihre Bundesrechtmässigkeit und gegebenenfalls deren Aufhebung einfordern können. Entsprechend kann im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren gegen einen letztinstanzlichen kantonalen Normenkontrollentscheid nicht nur dessen Aufhebung, sondern auch diejenige des im vorinstanzlichen Verfahren angefochtenen kantonalen Erlasses beantragt werden (BGE 141 I 36 E. 1.2.2 S. 40 mit Hinweis; AEMISEGGER/SCHERRER REBER, a.a.O., N. 2 zu Art. 87 BGG) und richtet sich die materielle Beschwer nach den ![]() | 9 |
1.2 Legitimiert zur Erhebung der Beschwerde im abstrakten Normenkontrollverfahren ist aufgrund von Art. 89 Abs. 1 (i.V.m. Art. 87) BGG wer - sofern ein solches im kantonalen Recht vorgesehen ist - am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat, durch den angefochtenen Entscheid aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat. Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein. Virtuelles Berührtsein setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen sein wird (BGE 141 I 36 E. 1.2.3 S. 40; BGE 138 I 435 E. 1.6 S. 445; BGE 136 I 17 E. 2.1 S. 21; je mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind bei den Beschwerdeführern als im Kanton Luzern wohnhafte Väter unterstützungspflichtiger Kinder erfüllt. Wie die Vorinstanz dargelegt hat, sind die Beschwerdeführer 1 und 2 von der Änderung der Prämienverbilligungsverordnung direkt betroffen und besteht beim Beschwerdeführer 3 eine virtuelle Betroffenheit.
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1.4 Das Bundesgericht überprüft einen Erlass im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle grundsätzlich mit freier Kognition, auferlegt sich aber aus Gründen des Föderalismus, der Verhältnismässigkeit und - bei der Überprüfung kommunalen Rechts - der Gemeindeautonomie eine gewisse Zurückhaltung. Nach der Rechtsprechung ist dabei massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten ![]() | 12 |
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2.2.1 § 2 PVG listet die Aufgaben des Regierungsrates auf, zu welchen u.a. die Berechnung der Prämienverbilligung gemäss § 7 Abs. 3 PVG ![]() | 17 |
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1 Eltern oder Elternteile, unter deren Obhut Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahr leben, haben für das Jahr 2017 einen definitiven Anspruch auf die Verbilligung der anrechenbaren Prämien der Kinder um die Hälfte, sofern die persönlichen Voraussetzungen gemäss § 5 des Prämienverbilligungsgesetzes erfüllt sind und ihr massgebendes Einkommen im Sinn von § 7 Absätze 2-6 des Prämienverbilligungsgesetzes 54 000 Franken nicht übersteigt.
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3 ...
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4 Die Ausgleichskasse berechnet den definitiven Anspruch auf Prämienverbilligung für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung für das Jahr 2017. Ergeben sich gegenüber der provisorischen Berechnung des Anspruchs für das Jahr 2017 Differenzen, zahlt die Ausgleichskasse den Krankenversicherern allfällige Restbeträge aus und fordert von ihnen allfällige zuviel ausbezahlte Beträge zurück.
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Für das vorangehende Jahr 2016 hatte der Regierungsrat das in § 2a Abs. 1 und Abs. 2 der Prämienverbilligungsverordnung genannte massgebende Einkommen noch auf Fr. 75'000.- festgesetzt (§ 2a in der vom 1. Januar bis 31. Dezember 2016 in Kraft gestandenen Version der Verordnung).
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Erwägung 3 | |
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3.2 Der Bundesgesetzgeber hat sich - wie das kantonale Gericht zutreffend aufgezeigt hat - für eine föderalistische Ausgestaltung der Prämienverbilligung entschieden. So waren für die Durchführung der Prämienverbilligung von Anbeginn an die Kantone zuständig und es war ihre Sache, den Kreis der Begünstigten, die Höhe, das Verfahren und den Auszahlungsmodus für die Prämienverbilligung festzulegen (vgl. Botschaft vom 21. September 1998 betreffend den ![]() | 25 |
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Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es insbesondere auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Entstehungsgeschichte ist zwar nicht unmittelbar entscheidend, dient aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Namentlich zur Auslegung neuerer Texte, die noch auf wenig veränderte Umstände und ein kaum gewandeltes ![]() | 30 |
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Erwägung 6.2 | |
6.2.1 Was das historische Element der Entstehungsgeschichte von Art. 65 Abs. 1bis KVG anbelangt, hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt, dass der Bundesrat in seiner Botschaft vom 26. Mai 2004 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Prämienverbilligung) und zum Bundesbeschluss über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung (BBl 2004 4327 ff.) vorsah, den Bezügerkreis im KVG genauer zu definieren. Er führte aus, dass die Kantone den Begriff "bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse" sehr unterschiedlich auslegen und dass eine beträchtliche Anzahl der kantonalen Prämienverbilligungssysteme in Bezug auf das Bundesrecht als ungenügend bezeichnet werden müsste. Es sei daher unentbehrlich, ein System einzurichten, das dem Ziel des Gesetzgebers entspreche. Der Bundesrat beabsichtigte dazu die Einführung eines Sozialziels, das unterschiedlich gestaffelte Prämienverbilligungen ![]() | 33 |
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6.2.2.1 So sprach sich im Ständerat Christiane Brunner als Kommissionssprecherin für die Festsetzung der Limiten durch die Kantone aus, zeigte indes auf, dass bei einer von den Kantonen auf Fr. 90'000.- festgesetzten Limite für das mittlere Einkommen ca. 388'000 Kinder und 43'000 junge Erwachsene eine mindestens 50%ige Prämienverbilligung erhalten würden, bei einer auf Fr. 114'000.- festgesetzten Limite ca. 553'000 Kinder und 61'000 junge Erwachsene. Bezogen auf die Limite von Fr. 114'000.- hielt die Ständerätin sodann fest, dass sich die Kosten dieser zusätzlichen Prämienverbilligung in der Grössenordnung von 317 Millionen Franken bewegen würden, was genau der Grössenordnung der Erhöhung der Subventionierung entsprechen würde (AB 2004 S 888). Ständerat Urs Schwaller sprach sich ebenfalls für die Festlegung der Limite durch die Kantone aus. Er wies darauf hin, dass er als kantonaler Finanzdirektor jeweils davon ausgegangen sei, dass ein mittleres Einkommen ungefähr zwischen dem sechs- und neunfachen Betrag der einfachen Altersrente liege, das heisse in Zahlen ausgedrückt ![]() | 35 |
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6.2.2.2 Im Nationalrat wurden die genannten Zahlen - wie das kantonale Gericht zutreffend festgehalten hat - kaum diskutiert. Der Nationalrat befasste sich als Zweitrat mit der Vorlage. Nationalrat Felix Gutzwiler wies darauf hin, dass die nationalrätliche Kommission mit 19 zu 2 Stimmen dem ständerätlichen Modell folge. Der Vorschlag stärke die Kantone und verzichte auf die Definition eines expliziten Sozialziels. Die Referenzwerte für untere und mittlere Einkommen blieben in der kantonalen Kompetenz. Die in der Debatte genannten Zahlen seien illustrativ, sie seien keine Referenz für die zukünftigen Einkommensdefinitionen (AB 2005 N 119). Mehrfach wurde die Bedeutung der (zusätzlichen) Prämienverbilligung für Familien mit Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung betont (Voten Meyer, Humbel Näf, Fehr, AB 2005 N 120 ff.). Nationalrat Hansjörg Hassler legte im Wesentlichen dar, die SVP-Fraktion befürworte eine Prämienverbilligung, die sozial ausgestaltet sei. Die Prämienverbilligungssysteme in den Kantonen liessen sich kaum miteinander vergleichen, weil die Gesundheitskosten und damit auch die Prämienhöhen sehr unterschiedlich seien. Die Kantone wollten die Festlegung des Sozialziels bei sich behalten, weil sie die Prämienverbilligung konkret ausgestalten und auch vollziehen müssten. In Anbetracht der sehr unterschiedlichen Verhältnisse sei dies auch richtig so und sei den Kantonen in diesem Bereich möglichst viel Freiheit einzuräumen. Die SVP-Fraktion sei klar gegen den vollständigen Prämienerlass für Kinder, da dies dem Giesskannenprinzip entspreche. Den Kompromiss, die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung für untere und mittlere Einkommen mindestens zu 50 % zu verbilligen, würden sie nicht bekämpfen. Eine Entlastung von Familien mit Kindern erachteten sie aus familienpolitischen Gründen als richtig. Die entsprechenden Einkommenslimiten würden von den Kantonen festgelegt, was sie ebenfalls als absolut richtig erachteten (AB 2005 N 121 f.). Nationalrätin Jacqueline Fehr wies sodann darauf hin, dass das seit Jahren versprochene Sozialziel in vielen Kantonen nicht erreicht sei. Nach wie vor würden viele Kantone die Mittel für die Prämienverbilligung nicht ausschöpfen. Daran werde leider auch diese Vorlage im Grundsatz nichts ändern. Trotzdem sei sie ein wichtiger Schritt. Für die mittleren und unteren Einkommen sollen die Prämien für Kinder und Jugendliche um mindestens 50 % verbilligt werden. Das ![]() | 37 |
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6.3 Gemäss teleologischer Auslegung zielt die Prämienverbilligung im Allgemeinen, wie das kantonale Gericht dargelegt hat, darauf ab, im System des KVG mit einer Einheitsprämie pro Versicherer ohne Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten, ![]() | 39 |
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Erwägung 7 | |
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Erwägung 7.2 | |
7.2.1 Der Regierungsrat des Kantons Luzern setzte die mit Art. 65 Abs. 1bis KVG statuierte Minimalregelung - wie das kantonale Gericht ausführlich aufgezeigt hat - zunächst so um, dass die Prämien ![]() | 42 |
7.2.2 Ab 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2013 sah die regierungsrätliche Verordnung in § 2a eine Beschränkung der hälftigen Verbilligung der Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung, die bei ihren unterhaltspflichtigen Eltern wohnen, auf Familien mit einem steuerbaren Einkommen von maximal Fr. 100'000.- vor. Mit der kantonalen Volksinitiative "Für faire Prämienverbilligung" wurde im Jahr 2008 das Begehren gestellt, das Prämienverbilligungsgesetz sei dahingehend zu ändern, dass Anspruch auf Prämienverbilligung bestehe, wenn die Krankenkassenprämien 10 % des anrechenbaren Einkommens übersteigen würden. Die Initianten kritisierten eine stetige Verschlechterung seit 1999 und begründeten die Initiative im Wesentlichen damit, dass nach der geltenden Regelung im PVG der Regierungsrat die Prämienverbilligung jährlich nach Massgabe der verfügbaren Mittel festlege, was insofern falsch sei, als damit die Finanzen des Kantons ins Zentrum gestellt würden (vgl. Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 7. Juli 2009 zu den Entwürfen eines Kantonsbeschlusses über die Volksinitiative "Für faire Prämienverbilligung" und einer Änderung ![]() | 43 |
7.2.3 Mit der Botschaft an den Kantonsrat vom 18. September 2012 zum Entwurf einer Änderung des Prämienverbilligungsgesetzes (Schwelleneffekte bei der Existenzsicherung und Direktauszahlung der Prämienverbilligung; nachfolgend: B 52) unterbreitete der Regierungsrat verschiedene Vorschläge zur Änderung des Prämienverbilligungsgesetzes, die zu einer gerechteren und effizienteren Umsetzung der Prämienverbilligung beitragen sollten. So wurde, um eine bessere Annäherung an die prämienrechtliche, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erreichen, unter anderem vorgeschlagen, neu vom Nettoeinkommen gemäss letzter rechtskräftiger Steuerveranlagung als Grundlage für die Berechnung des Prämienverbilligungsanspruchs auszugehen, prämienrechtlich nicht relevante Positionen aufzurechnen sowie spezielle Abzüge ins Prämienverbilligungsgesetz aufzunehmen (B 52 S. 18 f.). Der Regierungsrat wies denn auch darauf hin, dass die in § 2a der Prämienverbilligungsverordnung ![]() | 44 |
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8.2 Im Rahmen einer Plausibilitätsüberprüfung hat das kantonale Gericht anhand der damals aktuellsten verfügbaren Tabelle der LUSTAT Statistik Luzern, "Natürliche Personen: Verteilung des Reineinkommens nach Alter, Zivilstand und Kindern", 2015, ein mittleres Reineinkommen (Median) von Verheirateten mit Kindern von Total Fr. 86'875.- festgestellt. Das Reineinkommen entspricht gemäss den vorinstanzlichen Ausführungen der Differenz zwischen den Gesamteinkünften (Einkünfte aus unselbstständiger und ![]() | 49 |
Entsprechend der beigezogenen Definition des mittleren Einkommens setzte die Vorinstanz die untere Grenze von 70 % des Medianwertes von Verheirateten mit Kindern in der Höhe von Fr. 86'875.- auf Fr. 60'812.50 und die obere Grenze von 150 % dieses Medianwertes auf Fr. 130'312.50 fest und rechnete so Einkommen von Verheirateten mit Kindern zwischen Fr. 60'812.50 und Fr. 130'312.50 dem mittleren Einkommen zu. Sie wies sodann darauf hin, dass bei der Berechnung des massgebenden Einkommens gemäss § 7 PVG vom Nettoeinkommen gemäss Steuerveranlagung auszugehen sei, wobei die in § 7 Abs. 2 lit. a-e PVG aufgeführten Positionen hinzugezählt, die in § 7 Abs. 2 in fine PVG aufgeführten Positionen, namentlich ein vom Regierungsrat auf Fr. 9'000.- festgesetzter Pauschalbetrag für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung (§ 3b Prämienverbilligungsverordnung), abzuziehen seien. Abstrahiert von allfälligen Aufrechnungen zeigte die Vorinstanz auf, dass im Jahr 2017 bei einem Kind bis zu einem massgebenden Einkommen von Fr. 63'000.- (Fr. 54'000.- + Fr. 9'000.-) Anspruch auf Prämienverbilligung bestanden habe, weshalb die vom Regierungsrat festgelegte Einkommensgrenze - wenn auch nur knapp (nämlich rund Fr. 2'000.-) - über der errechneten unteren Schwelle des mittleren Einkommens von Verheirateten mit Kindern in der Höhe von Fr. 60'812.50 gelegen habe. Bei einem weiteren Kind habe bis Fr. 72'000.- Anspruch auf die hälftige Verbilligung der anrechenbaren Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen bestanden. Dieser Vergleich zeige, dass mit der streitigen Regelung immerhin Familien im untersten Teil der mittleren Einkommen in den Genuss von Prämienverbilligung kämen.
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Aufgezeigt hat die Vorinstanz zudem, dass bei Unverheirateten mit Kindern das mittlere Reineinkommen gemäss der angeführten Statistik im Jahr 2015 Fr. 49'656.- (Median) betragen und bereits dieser Wert unter der streitigen Einkommensgrenze gelegen habe, was darauf schliessen lasse, dass bei einer Einkommensgrenze von Fr. 54'000.- mehr als die Hälfte aller Unverheirateten mit Kindern anspruchsberechtigt gewesen seien.
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8.3.2 Das kantonale Gericht hat anhand statistischer Werte für den Kanton Luzern aufgezeigt, dass das mittlere Reineinkommen (Median) von Verheirateten mit Kindern im Jahr 2015 Fr. 86'875.- betrug. Gemäss der in E. 8.1 erwähnten Definition rechnete es - wie in E. 8.2 hiervor aufgezeigt - den Bereich zwischen Fr. 60'812.50 ![]() ![]() | 55 |
8.3.3 Mit dem Begriff "mittlere Einkommen" war, wie eingehend dargelegt wurde und was nochmals zu betonen ist, nicht nur die unterste Schwelle der Bandbreite der mittleren Einkommen gemeint. Geht man mit dem kantonalen Gericht, was nicht zu beanstanden ist, von der in E. 8.1 hiervor aufgezeigten Definition LUSTAT Statistik Luzern aus, wonach als Haushalte der unteren Mitte jene mit einem Äquivalenzerwerbseinkommen zwischen 70 % und 100 % des Medians und als Haushalte der oberen Mitte jene mit einem Äquivalenzerwerbseinkommen zwischen 100 % und 150 % des Medians bezeichnet wurden, ergibt sich für die Haushalte von Verheirateten mit Kindern der unteren Mitte ein Einkommensspektrum von Fr. 60'812.50 bis Fr. 86'875.-, für jene der oberen Mitte ein solches von Fr. 86'875.- bis Fr. 130'312.50. Wie die Beschwerdeführer aufzeigen, entsprechen die von der Vorinstanz erwähnten Fr. 63'000.- für Verheiratete mit einem Kind nur gerade 72,5 % des Medians und liegen mithin selbst bei den Haushalten in der unteren Mitte, welche zumindest im Fokus des Bundesgesetzgebers standen, ganz knapp über der Schwelle von den unteren Einkommen von Verheirateten mit Kindern zu denjenigen der unteren Mitte. Es kommt demzufolge nur ein verschwindend kleiner Teil des vorinstanzlich festgelegten Spektrums des mittleren Einkommens in den Genuss von Prämienverbilligung für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung gemäss Art. 65 Abs. 1bis KVG. Das entspricht aber, wie einlässlich aufgezeigt wurde, nicht Sinn und Geist von Art. 65 Abs. 1bis KVG, mit welchem gerade auch für mittlere Einkommen bei Kindern und Jugendlichen in Ausbildung eine echte Entlastung geschaffen werden wollte. Dass sich auch der Regierungsrat des Kantons Luzern der Problematik betreffend Prämienverbilligung für mittlere Einkommen durchaus bewusst war, zeigen verschiedene seiner in E. 7.2 hiervor wiedergegebenen Äusserungen in den Botschaften an den Kantonsrat zur Einführung einer Einkommensgrenze ![]() | 56 |
8.3.4 Zur Verdeutlichung ist diesbezüglich mit dem BAG nochmals darauf hinzuweisen, dass der gemäss Art. 66 Abs. 2 KVG den Kantonen für die Prämienverbilligung gewährte Bundesbeitrag von 7,5 % der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung - wie in E. 6.4 hiervor erwähnt - einem Viertel dieser Kosten für 30 % der Bevölkerung entsprechen soll. Wie das GSD in seiner Vernehmlassung vom 12. November 2018 zutreffend festhält, handelt es sich bei diesen 30 % nicht um einen anspruchsbegründenden Wert, sondern lediglich, aber eben immerhin, um einen politischen Zielwert. Der Kantonsanteil über alle Kantone ist - wie das BAG aufgezeigt hat - von rund 50 % im Jahr 2010 auf 41,7 % im Jahr 2017 gesunken, wobei der Kanton Luzern seinen Anteil von 43,5 % im Jahr 2010 auf 23,9 % im Jahr 2017 gesenkt hat (vgl. Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2017, BAG, T 4.17 Prämienverbilligung OKP: Kantonsanteil in Prozent seit 1996). Der Bundesrat hat zu dieser Entwicklung in seinem Bericht vom 28. September 2018 "Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen" in Erfüllung der Motion 13.3363 festgehalten, eine Fortsetzung der in den letzten Jahren zu beobachtenden laufenden Abnahme des Anteils der Kantone an den Gesamtkosten für die Prämienverbilligung wäre vor dem Hintergrund der NFA-Vereinbarung eines etwa je ![]() | 57 |
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8.4 Zusammenfassend widerspricht die vom Regierungsrat des Kantons Luzern per 1. Januar 2017 auf Fr. 54'000.- reduzierte Einkommensgrenze Sinn und Geist des Bundesrechts, namentlich von Art. 65 Abs. 1bis KVG. Sie unterläuft den mit dieser Bestimmung angestrebten Zweck und hält somit vor Bundesrecht nicht stand. § 2a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 der Prämienverbilligungsverordnung sind daher als bundesrechtswidrig aufzuheben.
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