BGE 147 I 183 | |||
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13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Vischer und Mitb. gegen Ness und Mitb. sowie Grosser Rat des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_105/2019 vom 16. September 2020 | |
Regeste |
Art. 34 und Art. 35 Abs. 2 und 3 BV; § 48 Abs. 2 lit. a der Verfassung vom 23. März 2005 des Kantons Basel-Stadt; Vereinbarkeit der kantonalen Volksinitiative "Grundrechte für Primaten" mit übergeordnetem Recht. | |
Sachverhalt | |
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"Diese Verfassung gewährleistet überdies:
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a. ...
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b. ...
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c. (neu) Das Recht von nichtmenschlichen Primaten auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit."
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Auf dem Bogen zur Sammlung von Unterschriften wurde die Initiative wie folgt begründet:
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"Wir Menschen gehören der Ordnung der Primaten an und sind nahe verwandt mit über dreihundert weiteren Primatenspezies (sog. nichtmenschlichen Primaten). Nichtmenschliche Primaten sind hochintelligent, können mit Menschen in Zeichensprache kommunizieren, sind leidensfähig, empfinden Empathie für andere und können sich sowohl an vergangene Ereignisse erinnern als auch in die Zukunft blicken.
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Die heutige Tierschutzgesetzgebung und -praxis in der Schweiz tragen den Interessen von (nichtmenschlichen) Primaten, nicht zu leiden und nicht getötet zu werden, kaum Rechnung: Diese fundamentalen Interessen der Primaten sind im Kerngehalt nicht geschützt und müssen häufig selbst unwichtigen menschlichen Interessen weichen.
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Gleiche Interessen sollten gleichermassen berücksichtigt und geschützt werden, unabhängig von der Artzugehörigkeit eines Individuums.
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Das Leben und die körperliche und geistige Unversehrtheit von Primaten können nur mittels Grundrechten effizient gesichert werden.
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Im Kanton Basel-Stadt werden derzeit mehrere hundert Primaten gehalten, die des Schutzes durch Grundrechte bedürfen.
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Die Grundrechte auf Leben und Unversehrtheit stellen die biomedizinische Forschung als solche keineswegs in Frage, und sofern die geforderten Grundrechte nicht verletzt werden, dürfen Primaten auch weiterhin in der Forschung eingesetzt werden. Auch eine grundrechtskonforme Zoohaltung von Primaten wäre möglich.
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Die Kantone können zusätzliche Grundrechte schaffen, die weiter gehen als die Grundrechte in der Bundesverfassung. Unsere Initiative ist somit auch bundesrechtskonform. Sie betrifft nicht den Bereich des Tierschutzes im engen Sinn des Bundesrechts, sondern den Bereich der Grundrechte."
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Am 16. September 2017 stellte die Staatskanzlei des Kantons Basel-Stadt fest, dass die Initiative mit 3'080 gültigen Unterschriften zustande gekommen sei. Mit Bericht vom 12. Dezember 2017 beantragte der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt dem Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt, die Initiative sei für ungültig zu erklären. Der Grosse Rat erklärte die Initiative am 10. Januar 2018 für ungültig.
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B. Gegen den Beschluss des Grossen Rats erhoben Deborah Ness, Micha Eichmann und Meret Rehmann gemeinsam Beschwerde an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt. Mit Urteil vom 15. Januar 2019 hiess das Appellationsgericht als Verfassungsgericht die Beschwerde gut. Es erklärte die kantonale Volksinitiative "Grundrechte für Primaten" für zulässig und überwies die Sache zur Berichterstattung an den Regierungsrat.
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C. Gegen das Urteil des Appellationsgerichts haben Heiner Vischer, Salome Hofer, Remo Gallachi, David Jenny, Claudio Reto Miozzari und Joël Thüring gemeinsam Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Ungültigerklärung der Initiative "Grundrechte für Primaten" durch den Grossen Rat zu bestätigen. (...)
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D. Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung hat die Angelegenheit am 16. September 2020 in öffentlicher Sitzung beraten und entschieden.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
5. Eine Volksinitiative ist im Kanton Basel-Stadt gemäss § 48 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 23. März 2005 (KV/BS; SR 131.222.1; vgl. auch § 14 des Gesetzes vom 16. Januar 1991 betreffend Initiative und Referendum [IRG/BS; SG 131.100]) ganz oder teilweise ungültig, wenn sie gegen übergeordnetes Recht verstösst (lit. a), undurchführbar ist (lit. b) oder die Einheit der Materie nicht wahrt (lit. c). Im Gegensatz zur Vorinstanz sind die Beschwerdeführer wie der Grosse Rat der Ansicht, die Initiative verstosse gegen übergeordnetes Recht, weshalb sie entsprechend dem Beschluss des Grossen Rats vom 10. Januar 2018 für ungültig erklärt werden müsse. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 34 BV und sinngemäss von § 48 Abs. 2 lit. a KV/BS.
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Erwägung 6 | |
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Werden kantonale Volksinitiativen nach kantonalem Recht vorgängig auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft, untersucht das Bundesgericht im nachfolgend umschriebenen Rahmen auf Beschwerde hin frei und ohne besondere Zurückhaltung, ob eine solche Volksinitiative mit Bundesrecht vereinbar ist. Hierzu ist das Bundesgericht nach Art. 95 BGG i.V.m. Art. 29a und Art. 189 Abs. 1 BV verpflichtet. Etwas anderes gilt, wenn das kantonale bzw. kommunale Recht ausdrücklich vorsieht, dass eine Initiative nur dann für ungültig erklärt werden darf, wenn der Widerspruch zum übergeordneten Recht offensichtlich ist (vgl. BGE 143 I 361 E. 3 S. 364 f. mit Hinweisen). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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6.2 Für die Beurteilung der materiellen Rechtmässigkeit einer Volksinitiative ist deren Text nach den anerkannten Interpretationsgrundsätzen auszulegen. Grundsätzlich ist vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen. Eine allfällige Begründung des Volksbegehrens darf mitberücksichtigt werden, wenn sie für das Verständnis der Initiative unerlässlich ist. Massgeblich ist bei der Auslegung des Initiativtextes, wie er von den Stimmberechtigten und späteren Adressaten vernünftigerweise verstanden werden muss. Von verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten ist jene zu wählen, die einerseits dem Sinn und Zweck der Initiative am besten entspricht und zu einem vernünftigen Ergebnis führt und welche anderseits mit dem übergeordneten Recht vereinbar erscheint. Kann der Initiative ein Sinn beigemessen werden, der sie nicht klarerweise als unzulässig erscheinen lässt, ist sie nach dem Günstigkeitsprinzip bzw. dem Grundsatz "in dubio pro populo" als gültig zu erklären und der Volksabstimmung zu unterstellen. Andererseits kann der eindeutige Wortsinn nicht durch eine mit dem übergeordneten Recht konforme Interpretation beiseitege schoben werden (zum Ganzen: vgl. BGE 144 I 193 E. 7.3.1 S. 197 f. mit Hinweisen).
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Erwägung 7 | |
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Die Vorinstanz kam im angefochtenen Urteil zum Schluss, es stehe dem Kanton Basel-Stadt von Bundesrechts wegen grundsätzlich zu, nichtmenschlichen Primaten als Abwehrrecht gegenüber dem Staat wirkende Grundrechte, nämlich das Recht auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit, einzuräumen (zustimmend GLASER/ LEHNER, Entscheidbesprechung, AJP 2019 S. 724 ff.). Die Vorinstanz machte im angefochtenen Urteil deutlich, dass solche tierschützerisch motivierten kantonalen Rechte nur den Kanton selber, nicht jedoch die anderen Rechtsunterworfenen binden könnten und begründete dies damit, dass das Tierschutzrecht des Bundes in Bezug auf Personen des Privatrechts umfassend und abschliessend sei (vgl. Art. 80 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 ff. und Art. 17 ff. des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 [TSchG; SR 455]), was die Kantone jedoch nicht daran hindere, für das Handeln ihrer eigenen Organe den Tierschutz weiter auszubauen.
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Präzisierend führte die Vorinstanz aus, die von der kantonalen Volksinitiative geforderten Grundrechte von nichtmenschlichen Primaten wären anwendbar gegenüber den Organen des Kantons und seiner Gemeinden sowie den öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons, wie etwa den öffentlichen Spitälern und wohl auch der Universität. Nicht anwendbar wären sie hingegen gegenüber natürlichen und juristischen Personen des privaten Rechts, wie etwa der privaten Forschung oder dem als privatrechtliche Aktiengesellschaft organisierten Basler Zoologischen Garten. Ebenfalls nicht unter den Anwendungsbereich der von der Initiative geforderten Grundrechte fielen nach der Auffassung der Vorinstanz auf dem Gebiet des Kantons Basel-Stadt tätige Bundesbetriebe. Die Vorinstanz schloss im angefochtenen Urteil wiederum unter Hinweis auf das Tierschutzrecht des Bundes auch aus, dass die von der Initiative geforderten Grundrechte eine gewisse indirekte Drittwirkung auf Privatpersonen haben könnten (kritisch zum letzten Punkt GLASER/LEHNER, a.a.O., S. 729 f., die Raum für eine gewisse Drittwirkung der von der Initiative geforderten Grundrechte sehen, zumal sich die vom Initiativtext ausgehenden Konflikte mit dem Bundeszivilrecht bzw. mit dem Tierschutzrecht des Bundes nicht im von der Vorinstanz erörterten Ausmass aufdrängen würden).
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Die Vorinstanz stellte weiter fest, es sei offensichtlich, dass die Initiative "Grundrechte für Primaten" nach den Vorstellungen der Initianten auf eine Verschärfung des Tierschutzes auch im Umgang von Privatpersonen mit nichtmenschlichen Primaten abziele. Der Anwendungsbereich der mit der Initiative geforderten Bestimmungen sei deutlich kleiner als angenommen, da diese nur kantonseigene Organe binden könnten. Innerhalb des zulässigen Anwendungsbereichs erweise sich das Anliegen des verstärkten Schutzes von nichtmenschlichen Primaten jedoch als umsetzbar. Unter analoger Anwendung der Grundsätze für die Teilungültigerklärung einer Initiative folgerte die Vorinstanz, aufgrund der verbliebenen Umsetzbarkeit des Hauptziels der Initiative und ihrer Impulswirkung sei davon auszugehen, dass sie auch mit ihrem beschränkten Geltungsbereich weiterhin vom Willen der Unterzeichnenden getragen sei.
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7.2 Die Ausführungen und Schlussfolgerungen der Vorinstanz, wonach es dem Kanton Basel-Stadt von Bundesrechts wegen grundsätzlich möglich sei, nichtmenschlichen Primaten als Abwehrrecht gegenüber dem Staat wirkende und nur den Staat selber bindende Rechte einzuräumen, nämlich das Recht auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit, werden von den Beschwerdeführern nicht substanziiert bestritten. Sie machen jedoch geltend, die Initiative "Grundrechte für Primaten" habe eine andere Stossrichtung bzw. sie verlange weit mehr. Die Initianten wollten nämlich nicht nur Abwehrrechte gegenüber dem Staat normieren, sondern darüber hinaus den Schutz von nichtmenschlichen Primaten allgemein verbessern und im Vergleich zum geltenden Tierschutzrecht des Bundes auch den Umgang von Privatpersonen mit diesen Tieren strengeren Regeln unterwerfen. Dies ergebe sich insbesondere aus der auf dem Unterschriftenbogen abgedruckten Begründung. Der Anwendungsbereich der mit der Initiative verlangten Normen sei deutlich kleiner als ursprünglich angenommen und die durch den Initiativtext bzw. die auf dem Unterschriftenbogen abgedruckte Begründung geweckten Erwartungen könnten nicht erfüllt werden. Das was von den Anliegen der Initiative übrig bleibe, sei im Lichte des hochgesteckten Ziels ein sinnentleertes Rumpfgebilde mit im Wesentlichen symbolischer Bedeutung.
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Erwägung 8 | |
8.1 Die Initiative "Grundrechte für Primaten" gewährleistet in ihrem Wortlaut nichtmenschlichen Primaten ein Recht auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Aus der Formulierung der mit der Initiative verlangten Bestimmung und ihrer systematischen Einordnung in § 11 (Grundrechtsgarantien) der kantonalen Verfassung wird klar, dass damit ein Grundrecht verankert werden soll. Die Kantone dürfen über die Mindeststandards, welche die in der Bundesverfassung und der EMRK garantierten Grundrechte gewähren, hinausgehen und entweder neue Grundrechte schaffen oder den Schutzbereich bestehender Grundrechte erweitern. Kantonale Grundrechtsgarantien haben eine eigenständige Bedeutung, soweit sie über die entsprechenden Rechte der Bundesverfassung oder der EMRK hinausgehen oder ein Recht gewährleisten, das die Bundesverfassung nicht garantiert (vgl. BGE 121 I 267 E. 3a S. 269, BGE 121 I 196 E. 2d S. 200 mit Hinweisen).
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8.2 Im Verfahren vor Bundesgericht unbestritten ist, dass nichtmenschliche Primaten mit der Annahme der umstrittenen Initiative nicht zu Rechtssubjekten des Privatrechts (vgl. Art. 11 und Art. 53 ZGB) erhoben würden (vgl. dazu auch SASKIA STUCKI, Grundrechte für Tiere, 2016, S. 177 mit Hinweisen). Mit der Initiative "Grundrechte für Primaten" verlangt wird sodann nicht die von einem Teil der Lehre für problematisch eingestufte Anwendung von bestehenden, für Menschen geltenden Grundrechten auf bestimmte Tiere (vgl. dazu die Hinweise bei STUCKI, a.a.O., S. 349 ff.), sondern die Einführung von speziellen, nur für nichtmenschliche Primaten geltenden Rechten. Die Gewährleistung solcher spezieller Rechte im öffentlich-rechtlichen Bereich für bestimmte Tiere durch einen Kanton würde zwar ungewohnt erscheinen, da die bestehenden Grundrechte der Bundesverfassung und der EMRK anthropologisch ausgerichtet sind (vgl. aber immerhin Art. 120 Abs. 2 BV zur Würde der Kreatur im Bereich der Gentechnologie). Sie widerspricht jedoch an sich nicht übergeordnetem Recht, zumal damit nicht auf Menschen zugeschnittene Grundrechte mit einer langen Tradition auf Tiere ausgeweitet werden sollen und die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Rechten für Tiere und menschlichen Grundrechten nicht in Frage gestellt wird (gleicher Ansicht GLASER/LEHNER, a.a.O., S. 727).
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Der grundsätzlich verbindliche Wortlaut der Initiative "Grundrechte für Primaten" muss von den Stimmberechtigten und den potentiellen Adressaten vernünftigerweise so verstanden werden, dass mit ihr - wie dies bei kantonalen Grundrechten üblich ist - im Sinne eines Abwehrrechts gegen den Staat primär die kantonalen und kommunalen Organe verpflichtet werden. Unter Berücksichtigung des der Rechtsordnung zugrunde liegenden Verständnisses von Grundrechten kann der Text der Initiative "Grundrechte für Primaten" nicht so verstanden werden, dass die Bestimmung zum Schutz nichtmenschlicher Primaten entgegen der primären Funktion von Grundrechten auch für Privatpersonen unmittelbar bindend wäre. Wie die Vorinstanz mit überzeugender Argumentation festgestellt hat und von den Beschwerdeführern nicht substanziiert bestritten wird, steht die Einführung eines im erwähnten Sinne verstandenen speziellen Abwehrrechts gegen den Staat für nichtmenschliche Primaten auf körperliche und geistige Unversehrtheit nicht im Widerspruch zu übergeordnetem Recht. Dass nichtmenschliche Primaten, die mit der umstrittenen Bestimmung geschützt werden sollen, nicht im Sinne von Art. 11 ZGB rechtsfähig sind, und dass sie keine privatrechtlichen Rechtssubjekte sind, ändert daran nichts. Dem Initiativtext kann somit ein Sinn beigemessen werden, der die Initiative als gültig erscheinen lässt (vgl. auch BGE 125 I 227 E. 5 ff.).
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Erwägung 9 | |
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Im zitierten Entscheid hat das Bundesgericht ausgeführt, obwohl der Wille der Initianten nicht allein für die Interpretation eines Volksbegehrens massgeblich sei, müsse das durch Auslegung ermittelte Verständnis des Volksbegehrens doch mit der grundsätzlichen Stossrichtung der Initiative vereinbar bleiben. Im Rahmen des Beizugs der Begründung einer Initiative für deren Auslegung sei der Wille der Initianten also zumindest insoweit mitzuberücksichtigen, als dieser den äussersten Rahmen für die Interpretation ihres Volksbegehrens darstelle bzw. für das Verständnis bilde, von dem die Unterzeichner der Initiative vernünftigerweise ausgehen durften (BGE 139 I 292 E. 7.2). Die starke Fokussierung auf den Willen der Initiantinnen und Initianten in BGE 139 I 292 wurde in der Lehre teilweise kritisch kommentiert (RAMONA PEDRETTI, Die Vereinbarkeit von kantonalen Volksinitiativen mit übergeordnetem Recht, ZBl 118/2017 S. 316 ff.; CORSIN BISAZ, Direktdemokratische Instrumente als "Anträge aus dem Volk an das Volk", 2020, S. 264 ff; derselbe, Entscheidbesprechung, AJP 2014 S. 248 ff.; zurückhaltend kritisch auch PIERRE TSCHANNEN, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts in den Jahren 2013 und 2014, ZBJV 150/2014 S. 830 f.; zustimmend hingegen PATRIZIA ATTINGER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu kantonalen Volksinitiativen, 2016, S. 65 und 182).
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9.3 Auch wenn die auf dem Unterschriftenbogen abgedruckte Begründung zur Initiative "Grundrechte für Primaten" teilweise fragwürdig und irreführend ist, rechtfertigt es sich im Unterschied zur in BGE 139 I 292 beurteilten Initiative unter den gegebenen Umständen nicht, bei der Prüfung der Vereinbarkeit der Initiative mit übergeordnetem Recht von den gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts geltenden Grundsätzen der Auslegung von Initiativen abzuweichen, wonach grundsätzlich vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen ist (vgl. E. 6.2 hiervor).
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Die Vorbehalte bezüglich der Begründung auf dem Unterschriftenbogen betreffen nicht die Stossrichtung des Anliegens, sondern die Grösse des Anwendungsbereichs der geforderten Bestimmung. Die Stossrichtung der Initiative ergibt sich aus dem Initiativtext selber. Es ist sodann davon auszugehen, dass die Initiantinnen und Initianten bzw. die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Initiative jedenfalls auch die kantonalen Organe sowie die Gemeinden zu einem gegenüber dem geltenden Tierschutzrecht des Bundes verstärkten Schutz nichtmenschlicher Primaten verpflichten wollen. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Kanton und die Gemeinden derzeit offenbar keine nichtmenschlichen Primaten halten, zumal nicht ausgeschlossen ist, dass sich dies dereinst ändern könnte. Welche Anliegen die Initiantinnen und Initianten bzw. die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Initiative sonst noch verfolgen, ist im Detail nicht einfach zu eruieren, aber unter den vorliegend gegebenen Umständen auch nicht relevant.
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Dass die mit der Initiative verlangte Bestimmung juristische und natürliche Personen des Privatrechts im Unterschied zu dem, was die Begründung der Initiantinnen und Initianten impliziert, nicht bzw. jedenfalls nicht unmittelbar binden würde, kann den Stimmberechtigten im Vorfeld einer Volksabstimmung von der für die Information der Stimmberechtigten zuständigen Behörde einfach vermittelt werden. Den Stimmberechtigten ist zuzutrauen, entsprechende behördliche Informationen in ihren Entscheid für eine Zustimmung oder Ablehnung des Initiativbegehrens einfliessen zu lassen, die Begründung der Initiantinnen und Initianten kritisch zu hinterfragen und zwischen dem massgeblichen Initiativtext einerseits und der Begründung der Initiantinnen und Initianten andererseits zu unterscheiden.
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