BGE 147 I 225 | |||
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17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Einwohnergemeinde Münchenstein und A. gegen Kanton Basel-Landschaft (Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_245/2019 vom 19. November 2020 | |
Regeste |
Art. 5 RPG, Art. 8 Abs. 1, Art. 9 und Art. 49 Abs. 1 BV; abstrakte Kontrolle des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft über die Abgeltung von Planungsmehrwerten. |
Für den gemäss Art. 5 Abs. 1quinquies lit. b RPG von der Abgabe ausgenommenen Betrag (Freibetrag oder Freigrenze) gilt ein Richtwert von Fr. 30'000.-. Erheblich darüber hinausgehende Beträge bedürfen der besonderen Rechtfertigung. Eine solche ist der Kanton Basel-Landschaft in Bezug auf die von ihm vorgesehene Freigrenze von Fr. 50'000.- schuldig geblieben (E. 5). | |
Sachverhalt | |
A. Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft erliess am 27. September 2018 das Gesetz über die Abgeltung von Planungsmehrwerten (SGS 404; im Folgenden: GAP). Das Gesetz wurde in der Volksabstimmung vom 10. Februar 2019 angenommen und vom Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft auf den 1. Mai 2019 in Kraft gesetzt. Soweit vorliegend von Interesse, hat es folgenden Wortlaut (ohne Fussnoten):
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§ 1 Zweck
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1Die Mehrwertabgabe gleicht erhebliche Vorteile angemessen aus, die durch Planungen entstehen.
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2 [...]
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3 Im Aussenverhältnis gegenüber der Grundeigentümerschaft entschädigungspflichtige Gemeinden können beim Kanton einen Rückerstattungsantrag stellen, sofern die entschädigungspflichtige Planung zur Reduktion überdimensionierter Bauzonen erfolgen musste.
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§ 2 Abgabepflicht
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1 Auf die neue Zuweisung von Boden zu einer Bauzone wird eine Abgabe von 20 % des Bodenmehrwerts erhoben.
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2 Die Gemeinden sind nicht berechtigt, weitergehende Mehrwertabgaben zu erheben.
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3 Die Gemeinden können bei Quartierplanungen und Ausnahmeüberbauungen nach einheitlichem Plan mit der betroffenen Grundeigentümerschaft in einem verwaltungsrechtlichen Vertrag einen Infrastrukturbeitrag in Form von Geld-, Sach- oder Dienstleistungen vereinbaren, der mit dem Bauvorhaben in Zusammenhang steht.
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4 [...]
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§ 3 Ermittlung der Mehrwertabgabe
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[...]
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§ 4 Verfügung der Mehrwertabgabe
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1 Die aufgrund des Bodenmehrwerts individuell pro Parzelle zu berechnende Mehrwertabgabe wird erhoben, sobald eine mehrwertrealisierende Veräusserung oder eine Baurechtsbegründung erfolgt oder eine Baubewilligung rechtskräftig wird, mit welcher die Nutzung auf der Parzelle erhöht wird.
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2 Beträgt der Mehrwert weniger als CHF 50'000.-, wird keine Abgabe erhoben. Sind von der Planungsmassnahme mehrere Grundstücke derselben Grundeigentümerschaft betroffen, so kann diese die Freigrenze nur einmal beanspruchen.
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3 Die Mehrwertabgabe wird von der Standortgemeinde der Parzelle veranlagt und gegenüber der Grundeigentümerschaft verfügt, welche mehr wertrealisierend:
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a. die Parzelle veräussert oder tauscht, oder
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b. daran ein Baurecht begründet, oder
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4 Die Veranlagungsverfügung des Gemeinderats für die Mehrwertabgabe kann innert 30 Tagen ab Zustellung beim Steuer- und Enteignungsgericht, Abteilung Enteignungsgericht, nach den Regeln von § 96a des Gesetzes vom 19. Juni 1950 über die Enteignung angefochten werden.
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5 Die Mehrwertabgabeforderungen entstehen im Zeitpunkt der mehrwertrealisierenden Veräusserung der Parzelle oder einer Baurechtsbegründung daran oder im Zeitpunkt der Rechtskraft der Baubewilligung und sind innert 30 Tagen ab Zustellung der Veranlagungsverfügung zur Zahlung fällig. Nicht als Mehrwertabgabepflicht auslösende Veräusserung gelten die Tatbestände gemäss § 73 Abs. 1 des Gesetzes vom 7. Februar 1974 über die Staats- und Gemeindesteuern, in denen die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben wird.
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§ 5 Verteilung und Verwendung der Erträge
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1 Die Mehrwertabgabe steht zu 75 % dem Kanton und zu 25 % der Standortgemeinde des Bodens zu.
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2 [...]
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3 Die Erträge des Kantons werden primär gemäss § 1 Abs. 3 eingesetztund subsidiär für Massnahmen zur Wohnbau- und Eigentumsförderung gemäss § 106a der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 oder für weitere Massnahmen der Raumplanung.
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4-6 [...]
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 6. Mai 2019 beantragen die Einwohnergemeinde Münchenstein und A., § 2 Abs. 2 und 3, § 4 und 5 Abs. 3 GAP seien aufzuheben. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
3.1 Die Beschwerdeführer machen geltend, Mehrwertabgaben, die durch andere planerische Massnahmen als Einzonungen entstünden, würden durch das kantonale Recht nicht berücksichtigt. Dies widerspreche Art. 5 Abs. 1 RPG (SR 700) und § 116 Abs. 4 der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft vom 17. Mai 1984 (KV/BL; SR 131.222.2). Daran ändere auch die in § 2 Abs. 3 GAP vorgesehene Möglichkeit des Abschlusses verwaltungsrechtlicher Verträge nichts. Zum einen ergebe sich aus der Systematik von § 2 GAP, dass diese Bestimmung einzig für Einzonungen gelte. Zum andern verlange Art. 5 Abs. 1 RPG, dass der Mehrwertausgleich in jedem Fall auch hoheitlich durch einen einseitigen Rechtsakt angeordnet werden könne. Es dürfe deshalb nicht einzig der Weg der freiwilligen Vereinbarung vorgesehen werden, dem zudem die Gefahr ungleicher und willkürlicher Lösungen innewohne.
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Bundesrechtswidrig sei auch der in § 4 Abs. 2 GAP vorgesehene Freibetrag von Fr. 50'000.-. Art. 5 Abs. 1quinquies lit. b RPG knüpfe die Zulässigkeit des Absehens von der Erhebung der Abgabe an die Voraussetzung, dass der voraussichtliche Abgabeertrag in einem ungünstigen Verhältnis zum Erhebungsaufwand stehe. Dies könne etwa bei einem Aufwand von Fr. 3'000.- und einem Ertrag von Fr. 5'000.- der Fall sein. Bei einer Freigrenze von Fr. 50'000.- und einem Abgabesatz von 20 % würde jedoch von der Erhebung von Fr. 10'000.- abgesehen. Bei einem Steuerertrag in der gleichen Höhe würde auch niemand von einem ungünstigen Verhältnis sprechen und darauf verzichten. Der Kanton lege nirgends dar, von welchem Erhebungsaufwand er ausgehe bzw. was die Gründe für einen derart hohen Freibetrag seien.
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Schliesslich berufen sich die Beschwerdeführer auf die Gemeindeautonomie und verweisen dazu auf die § 44, 45 und 47a KV/BL. Bei der Raumplanung handle es sich um eine der Kernaufgaben der Gemeinden. Das Verbot, weitergehende Mehrwertabgaben zu erheben, widerspreche der in § 47a Abs. 2 KV/BL gewährleisteten "grösstmöglichen Regelungs- und Vollzugsfreiheit".
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3.2 Der Kanton bringt dagegen vor, § 2 Abs. 1 GAP entspreche dem bundesrechtlich vorgeschriebenen Minimum. Aus den Gesetzgebungsmaterialien zu Art. 5 RPG gehe hervor, dass es die Absicht des Bundesparlaments gewesen sei, den Kantonen nur für den Mehrwertausgleich bei Neueinzonungen zwingende Vorgaben zu machen, ihnen aber im Bereich der Auf- und Umzonungen Gestaltungsfreiheit einzuräumen. In der Literatur sei diesbezüglich auf die Befürchtung hingewiesen worden, dass die Erhebung von Abgaben auf Um- und Aufzonungen dem Ziel der Verdichtung zuwiderlaufen könnte. Darüber hinaus sei unzutreffend, dass § 2 Abs. 2 GAP den Gemeinden bei Auf- und Umzonungen eine Mehrwertabschöpfung verbiete. Ihnen sei erlaubt, bei Um- und Aufzonungen, die zu erheblichen Vorteilen führen, mit der Grundeigentümerschaft im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Vertrags einen Infrastrukturbeitrag zu vereinbaren, wenn der Mehrwert im Rahmen einer Quartierplanung (§ 37 ff. des Raumplanungs- und Baugesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 8. Januar 1998 [RBG; SGS 400]) oder einer Ausnahmeüberbauung (§ 50 RBG) nach einheitlichem Plan realisiert werde. Dass dieser Beitrag deshalb freiwillig sei, treffe nicht zu, denn ohne die Zustimmung des Gemeinwesens komme es nicht zu einer Quartierplanung. Eine Analyse der Genehmigung kommunaler Zonenplanänderungen zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 24. Mai 2019 habe gezeigt, dass Auf- und Umzonungen, die zu erheblichen Planungsvorteilen für die Grundeigentümer geführt hätten, zumindest in aller Regel auf dem Weg der Quartierplanung erfolgt seien. Dies entspreche § 15 Abs. 3 RBG, wonach eine verdichtete Bauweise insbesondere durch Quartierpläne und Ausnahmeüberbauungen nach einheitlichem Plan sicherzustellen sei. Im Übrigen würden die Gemeinden für die aufgrund der Verdichtung notwendigen zusätzlichen Erschliessungsaufwendungen (Strasse, Wasser, Abwasser etc.) Vorteilsbeiträge erheben.
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Bei den in § 4 Abs. 2 GAP vorgesehenen Fr. 50'000.- handle es sich nicht um einen Freibetrag, sondern eine Freigrenze. In einem den Kanton Tessin betreffenden Urteil habe das Bundesgericht zwar eine Grenze von Fr. 100'000.- als unzulässig betrachtet, jedoch auch explizit festgehalten, die im ursprünglichen Gesetzesentwurf der Tessiner Regierung vorgesehene Freigrenze von Fr. 50'000.- könne als adäquat angesehen werden ( BGE 143 II 568 E. 7.7 S. 582 f.). Aus dem Schreiben des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) vom 10. April 2019 gehe hervor, dass der Bundesrat die basellandschaftliche Regelung der Mehrwertabschöpfung als bundesrechtskonform erachte. Bei einer kleinen Einzonungsfläche von z.B. 0,1 ha und einem realistischen Planungsmehrwert von Fr. 1'500'000.- erscheine eine Freigrenze von Fr. 50'000.- als absolut verhältnismässig.
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Hinsichtlich der Gemeindeautonomie sei zu beachten, dass diese gemäss § 45 Abs. 1 KV/BL nur im Rahmen von Verfassung und Gesetz gelte. Mit dem Verbot in § 2 Abs. 2 GAP, weitergehende Mehrwertabgaben zu erheben, habe der Gesetzgeber deshalb den Regelungsspielraum der Gemeinden in verfassungskonformer Weise definiert. Einen Gesetzesvorbehalt enthalte auch § 116 KV/BL, denn danach würden erhebliche Vor- und Nachteile, die durch Planung entstehen, "im Rahmen des Gesetzes" angemessen ausgeglichen. Die Beschwerdeführer blendeten dies aus. Eine Zuständigkeit der Gemeinden werde mit dieser Bestimmung zudem nicht begründet.
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3.3 Das ARE weist darauf hin, dass über die Mindestvorgaben in Art. 5 Abs. 1bis-1sexies RPG hinaus das kantonale Recht gestützt auf Art. 5 Abs. 1 RPG ganz allgemein einen angemessenen Ausgleich für erhebliche Vor- und Nachteile regle, die durch Planungen im Sinne des Raumplanungsgesetzes entstünden. Bei der Ausgestaltung von Ausgleichsvorschriften, die über die bundesrechtlichen Mindestvorgaben hinausgingen, verfügten die Kantone über einen grossen Spielraum. Der Bundesrat auferlege die in Art. 38a Abs. 5 RPG vorgesehene Sanktion nur jenen Kantonen, bei denen die Gesetzgebung erheblich von Art. 5 RPG abweiche, wobei der Fokus der Prüfung auf die Abs. 1bis-1sexies gelegt werde. Es weise in seinen Prüfungsberichten darauf hin, dass der Entscheid des Bundesrats, einen Kanton nicht zu sanktionieren, nicht als Bescheinigung der Rechtmässigkeit sämtlicher Ausführungsbestimmungen zu Art. 5 RPG verstanden werden dürfe. Dies ergebe sich auch aus der Kompetenzverteilung zwischen dem Bundesrat und den Gerichten.
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In der Sache sei es problematisch, wenn das kantonale Recht den Gemeinden ein Verbot auferlege, Mehrwertabgaben zu erheben, die über die Mindestabgabe von 20 % auf Einzonungen gemäss Art. 5 Abs. 1bis RPG hinausgehen. So gebe es insbesondere im Bereich der Umzonungen Situationen, in denen erhebliche Vorteile entstünden, die im Sinne von Art. 5 Abs. 1 RPG angemessen ausgeglichen werden müssten - dies auch vor dem Hintergrund, dass eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen regelmässig mit erheblichen Kosten für das Gemeinwesen verbunden sei. Das Bundesrecht gebiete seiner Ansicht nach deshalb den Kantonen, den Gemeinden einen entsprechenden Spielraum zu belassen. Immerhin schienen die Gemeinden im Kanton Basel-Landschaft gestützt auf § 2 Abs. 3 GAP in einem wichtigen Bereich eine gewisse Flexibilität zu behalten.
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In seinem Prüfungsbericht vom 2. April 2019 habe es darauf hingewiesen, mit einer Freigrenze von über Fr. 30'000.- steige das Risiko, dass letztlich ein Gericht diese als bundesrechtswidrig einschätzen könnte. Es selbst halte eine Freigrenze von Fr. 50'000.- für einen Grenzfall und verzichte darauf, sich festzulegen.
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3.4 Die Beschwerdeführer bringen in ihrer Replik vor, dass der Quartierplan und das Bauen nach einheitlichem Plan nicht die einzigen Wege für eine Mehrnutzung seien. Die vorgesehene Beschränkung in § 2 Abs. 3 GAP schaffe somit Rechtsungleichheit innerhalb einer Gemeinde. Sie weisen zudem darauf hin, dass zurzeit einzelne Gemeinden ihre Zonenpläne änderten und die Ausnützungsziffern erhöhten.
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Erwägung 4 | |
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Abs. 1 und Abs. 1bis von Art. 5 RPG stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander, da Abs. 1bis zwar als Konkretisierung von Abs. 1 formuliert ist, jedoch einzig bei Neueinzonungen einen Mehrwertausgleich zwingend gebietet, während Abs. 1 sich insbesondere auch auf jene erheblichen Planungsvorteile erstreckt, die aus Auf- und Umzonungen entstehen können. Mit Blick hierauf geht BEAT STALDER davon aus, Abs. 1bis gehe Abs. 1 als neues und spezielles Recht vor (BEAT STALDER, Der Ausgleich von Planungsvorteilen: Aufbruch zu neuen Ufern, in: Schweizerische Baurechtstagung, 2015, S. 78). Diese Auffassung trägt der Entstehungsgeschichte der Gesetzesnovelle insofern Rechnung, als aus den parlamentarischen Beratungen zu Abs. 1bis hervorgeht, dass die Beschränkung auf Neueinzonungen das Ergebnis eines politischen Kompromisses war, wonach die Abschöpfung von Planungsvorteilen bei Um- oder Aufzonungen ins Ermessen der Kantone gestellt werden sollte (Voten Nationalräte Fässler und Grunder, Nationalrätin Badran, Bundesrätin Leuthard, AB 2012 N 126-128, 130). Gleichzeitig übersieht sie jedoch zweierlei. Zum einen verlöre Abs. 1 bei einer derartigen Auslegung im Bereich der Planungsvorteile jegliche Bedeutung, was gegen die Anwendung des Spezialitätsgrundsatzes spricht (vgl. zu diesem Auslegungsgrundsatz ERNST A. KRAMER, Juristische Methodenlehre, 6. Aufl. 2019, S. 125 ff.). Zum andern darf nicht vernachlässigt werden, dass Abs. 1 während den parlamentarischen Beratungen ausdrücklich zur Disposition gestellt wurde (AB 2011 N 1582 und Votum Nationalrat Parmelin, AB 2011 N 1587). Der Bundesgesetzgeber sah jedoch davon ab, die Bestimmung aufzuheben. Daraus folgt, dass der allgemeine Gesetzgebungsauftrag in Abs. 1 neben der ihn konkretisierenden Mindestvorschrift von Abs. 1bis seinen Charakter als bindendes Recht behält (vgl. BGE 143 II 568 E. 4.4 S. 572; so auch die herrschende Lehre: HEINZ AEMISEGGER, Der Mehrwertausgleich gemäss Art. 5 Abs. 1-Abs. 1sexies RPG, AJP 2016 S. 634; LUKAS BÜHLMANN, Mehrwertausgleich: Empfehlungen für die kantonale Ausführungsgesetzgebung, Inforaum 2015, Heft 3, S. 4; PETER HÄNNI, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 6. Aufl. 2016, S. 253; ETIENNE POLTIER, in: Praxiskommentar RPG: Nutzungsplanung, 2016, N. 24 zu Art. 5 RPG; ENRICO RIVA, in: Praxiskommentar RPG: Nutzungsplanung, 2016, N. 12 zu Art. 5 RPG). Wie bereits vor der Gesetzesrevision vom 15. Juni 2012 verlangt Art. 5 Abs. 1 RPG von den Kantonen, mit gesetzlichen Regelungen für einen angemessenen Ausgleich erheblicher Planungsvor- und -nachteile zu sorgen, die den lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen, wobei den Kantonen insoweit ein grosser Spielraum zur Verfügung steht (Urteile 1C_549/2016 vom 15. Januar 2018 E. 4.5.2; 1C_216/2019 vom 21. November 2019 E. 4.3; vgl. auch BGE 113 Ib 212 E. 2a S. 215; je mit Hinweisen).
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Fast deckungsgleich mit Art. 5 Abs. 1 RPG sieht die von den Beschwerdeführern ebenfalls angerufene Bestimmung von § 116 Abs. 4 KV/BL vor, dass erhebliche Vor- und Nachteile, die durch Planung entstehen, angemessen ausgeglichen werden. Gemäss der kantonalen Verfassungsnorm soll dies allerdings nur "im Rahmen des Gesetzes" geschehen. Ihr kommt somit neben Art. 5 Abs. 1 RPG keine selbständige Bedeutung zu.
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4.3 In BGE 142 I 177 hatte sich das Bundesgericht - ebenfalls gestützt auf eine Beschwerde der Gemeinde Münchenstein - mit der Frage zu befassen, ob eine Gemeinde im Kanton Basel-Landschaft Mehrwertabgaben erheben darf, wenn der Kanton selbst den Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 RPG nicht nachkommt. Es erwog, die Norm nehme den Kanton in die Pflicht, ohne zu bestimmen, auf welcher Ebene der Gesetzgebungsauftrag zu erfüllen sei. Entscheidend sei aus Sicht des Bundesrechts, dass eine Mehrwertabgabe eingeführt sowie ein angemessener Ausgleich für erhebliche Planungsvor- und nachteile geregelt werde, nicht aber, ob das auf Kantons- oder Gemeindeebene geschehe. Somit erschiene kaum bundesrechtskonform, § 116 Abs. 4 KV/BL so auszulegen, dass es den Gemeinden bei Nichterfüllung des Gesetzgebungsauftrags durch den kantonalen Gesetzgeber verwehrt wäre, dem Bundesauftrag selber nachzukommen. Weil die kantonalen Behörden der beschwerdeführenden Gemeinde diese Kompetenz abgesprochen hatten, stellte das Bundesgericht im Ergebnis eine Verletzung der Gemeindeautonomie fest, wobei es die in der Kantonsverfassung vorgesehene Kompetenzverteilung und in diesem Rahmen den Umstand berücksichtigte, dass es sich bei der Ortsplanung um eine Aufgabe von lokaler Bedeutung handelt. Von Bedeutung war insofern vor allem § 44 Abs. 2 KV/BL. Nach dieser Bestimmung erfüllen die Einwohnergemeinden die Aufgaben von lokaler Bedeutung, soweit diese nicht in die Zuständigkeit anderer Organisationen fallen, und die ihnen vom Kanton übertragenen Obliegenheiten (zum Ganzen: BGE 142 I 177 E. 4 S. 183 ff.).
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4.5 Die Beschwerdeführer kritisieren, wie erwähnt, § 2 GAP erfülle diesen Gesetzgebungsauftrag nur unzureichend, wobei sie davon ausgehen, dass die in Abs. 3 vorgesehene Möglichkeit, einen Mehrwertausgleich auf dem Weg des Abschlusses verwaltungsrechtlicher Verträge zu erzielen, einzig Neueinzonungen betreffe. Für letztere Auffassung scheint zwar die absolute Formulierung von § 2 Abs. 2 GAP zu sprechen, wonach es den Gemeinden verboten ist, Mehrwertabgaben zu erheben, die über diejenigen für Neueinzonungen gemäss Abs. 1 hinausgehen. Allerdings steht dem nicht entgegen, im Sinne der Ausführungen des Kantons für Abs. 3 einen weiteren Anwendungsbereich anzunehmen, der auch Um- und Aufzonungen erfasst. Abs. 3 präsentiert sich bei diesem Verständnis als eine teilweise Lockerung des erwähnten Verbots zugunsten der Gemeinden, was weder dem Wortlaut noch der Systematik der Norm zuwiderläuft. Die Auslegung durch den Kanton lässt sich somit auf sachliche Argumente stützen. Ob sie darauf hinausläuft, dass die in Abs. 3 vorgesehenen Infrastrukturbeiträge mehr als 20 % des Bodenmehrwerts erreichen dürfen, kann offenbleiben. Mit Blick auf die Frage der Bundesrechtskonformität ist entscheidend, dass den Gemeinden somit die Möglichkeit eingeräumt wird, einen Mehrwertausgleich bei Um- und Aufzonungen vorzusehen. Ob damit den Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 RPG Genüge getan ist, ist im Folgenden zu untersuchen. Die Beschwerdeführer bringen insofern vor, dass die Beschränkung des Mehrwertausgleichs auf freiwillige Vereinbarungen die Gefahr ungleicher und willkürlicher Lösungen mit sich bringe.
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Willkür in der Rechtssetzung liegt vor, wenn der Erlass sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder sinn- und zwecklos ist. Ein Erlass verstösst gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit in der Rechtssetzung (Art. 8 Abs. 1 BV), wenn er hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen unterlässt, die sich auf Grund der Verhältnisse aufdrängen. Dem kantonalen und kommunalen Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze ein weiter Gestaltungsspielraum, den das Bundesgericht nicht durch eigene Gestaltungsvorstellungen schmälert (zum Ganzen: BGE 145 I 73 E. 5.1 S. 85; BGE 138 I 265 E. 4.1 S. 267; BGE 136 II 120 E. 3.3.2 S. 127 f.; je mit Hinweisen).
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Während das Rechtsgleichheitsgebot bei Planungsmassnahmen nur eine abgeschwächte Bedeutung hat und es genügt, dass sich diese auf sachliche, vertretbare Gründe stützen können und dementsprechend nicht willkürlich sind (vgl. BGE 142 I 162 E. 3.7.2 S. 170 mit Hinweisen), ist dies bei Art. 5 RPG nicht der Fall. Dem Rechtsgleichheitsgebot kommt bei der Umsetzung dieser Bestimmung ein eigenständiger, über das Willkürverbot hinausreichender Gehalt zu. Der Mehrwertausgleich als raumplanungsrechtliches Instrument stützt sich sogar direkt auf Gleichheitsüberlegungen, indem er für eine gewisse Symmetrie bei der Behandlung erheblicher planerischer Vor- und Nachteile sorgt ( BGE 143 II 568 E. 4.4 S. 572; BGE 142 I 177 E. 4.3.1 S. 186; je mit Hinweisen). Wenn eine Gemeinde nur für gewisse Auf- und Umzonungen eine Ausgleichspflicht vorsieht, muss sie deshalb vernünftige, sachliche Gründe für die getroffenen Unterscheidungen vorbringen können (MICHAEL PFLÜGER, Die Mehrwertabgabe nach Art. 142 ff. des revidierten Baugesetzes: Streiflichter auf eine Baustelle, Bernische Verwaltungsrechtsprechung [BVR] 2017, S. 281).
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4.8 Zu prüfen ist allerdings, ob der Anwendungsbereich, den § 2 Abs. 3 GAP für derartige öffentlich-rechtliche Verträge vorsieht, mit dem Rechtsgleichheitsgebot vereinbar ist. Der Kanton stellt zu Recht nicht in Abrede, dass bei Auf- und Umzonungen erhebliche Vorteile entstehen können. Er ist jedoch der Auffassung, dass es in diesen Fällen meistens übergreifende Vereinbarungen brauche und die komplexen Probleme mit einer blossen Geldleistung an das Gemeinwesen meistens nicht gelöst werden könnten. Auch bezeichnet er es als eine Erfahrungstatsache, dass substanzielle Verdichtungen im Rahmen von Auf- und Umzonungen im Kantonsgebiet praktisch nur auf dem Weg von Quartierplanungen zustande kämen. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ist allerdings nicht nachvollziehbar, weshalb in den übrigen Fällen, in denen durch Auf- und Umzonungen erhebliche Planungsvorteile entstehen, kein Mehrwertausgleich möglich sein sollte. Die Beschwerdeführer machen in dieser Hinsicht zu Recht geltend, dass die vorgesehene Beschränkung eine Rechtsungleichheit zur Folge hat, für die ein sachlicher Grund nicht erkennbar ist. Ein solcher Grund liegt auch nicht darin, dass vertragliche Vereinbarungen bei komplexen planerischen Problemen die geeignetere Handlungsform darstellen können als Verfügungen, wie der Kanton argumentiert. Indem die Regelung von § 2 GAP in Fällen, wo dies gerade nicht zutrifft, eine Mehrwertabgabe ausschliesst, verletzt sie das Rechtsgleichheitsgebot.
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Erwägung 5 | |
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5.2 Gemäss Art. 5 Abs. 1quinquies lit. b RPG kann das kantonale Recht von der Erhebung der Abgabe absehen, wenn der voraussichtliche Abgabeertrag in einem ungünstigen Verhältnis zum Erhebungsaufwand steht. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme zu Art. 5 Abs. 1bis RPG. In der ersten Lesung des Gesetzes hatte der Ständerat noch einen Zusatz verabschiedet, wonach das kantonale Recht sicherstellt, dass Einzonungsmehrwerte von über Fr. 30'000.-von der Abgabe erfasst werden (AB 2010 S 889 und 897). Der zweiten Lesung durch den Ständerat lag dagegen ein Kommissionsantrag zu Grunde, der von einer derartigen betragsmässigen Konkretisierung absah (AB 2011 S 1175 f.). In den parlamentarischen Beratungen gab diese Änderung zu keinen Diskussionen Anlass.
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5.4 Die Kantone haben von der ihnen mit Art. 5 Abs. 1quinquies lit. b RPG eingeräumten Möglichkeit vorab durch das Festlegen einer Freigrenze oder eines Freibetrags Gebrauch gemacht. Das System der Freigrenze hat einen Schwelleneffekt zur Folge, da bis zu einem gewissen Mehrwert keine, darüber jedoch die volle Mehrwertabgabe geschuldet ist. Beim System des Freibetrags wird dagegen ein von der Abgabe befreiter Betrag definiert, der in jedem Fall zum Tragen kommt. Da er jedem Grundeigentümer zugute kommt, trägt er deren Gleichbehandlung besser Rechnung (s. BGE 143 II 568 E. 9.1 S. 586 f.). Auf der anderen Seite können bei diesem System im Einzelfall Abgaben in sehr geringer Höhe und damit ein ungünstiges Verhältnis zwischen Abgabeertrag und Erhebungsaufwand resultieren, was dem Zweck von Art. 5 Abs. 1quinquies lit. b RPG zu widerläuft. Dessen ungeachtet hat das Bundesgericht im Grundsatz festgehalten, auch dieses System scheine mit dem Bundesrecht vereinbar (a.a.O., E. 7.4 S. 581). Wie es sich damit im Einzelnen verhält, braucht vorliegend nicht weiter erörtert zu werden. Aus dem Wortlaut von § 4 Abs. 2 GAP geht klar hervor, dass sich der Kanton Basel-Landschaft - gleich wie die ganz überwiegende Mehrheit der übrigen Kantone - für das System der Freigrenze entschieden hat (vgl. die von EspaceSuisse erstellte Übersicht zum Mehrwertausgleich in den Schweizer Kantonen unter www.espacesuisse.ch/de/raumplanung/handlungsfelder-der-innenentwicklung/mehrwertausgleich [besucht am 28. Oktober 2020]).
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5.6 Ist nach dem Ausgeführten für die Zulässigkeit der Freigrenze von einem Richtwert von Fr. 30'000.-auszugehen und lässt sich die Freigrenze mit dem Rechtsgleichheitsgebot umso eher vereinbaren, je tiefer der gewählte Wert ist, bedürfen erheblich über den Richtwert hinausgehende Werte einer besonderen Rechtfertigung. Trotz der betreffenden Kritik der Beschwerdeführer legt der Kanton Basel-Landschaft jedoch nicht dar, von welchem Erhebungsaufwand er ausgeht bzw. weshalb ein ungünstiges Verhältnis zwischen dem voraussichtlichen Abgabeertrag und dem Erhebungsaufwand eine Freigrenze von Fr. 50'000.-rechtfertigen soll. Das von ihm in dieser Hinsicht angeführte Beispiel, wonach bei einer kleinen Einzonungsfläche von z.B. 0,1 ha und einem realistischen Planungsmehrwert von Fr. 1'500'000.-eine Freigrenze von Fr. 50'000.-als absolut verhältnismässig erscheine, ist dazu jedenfalls nicht geeignet. Dem Sinn und Zweck von Art. 5 Abs. 1quinquies lit. b RPG, der nach dem Ausgeführten gerade nicht darin liegt, den von einem Planungsmehrwert profitierenden Grundeigentümern einen "Rabatt" zu gewähren, ist damit nicht Rechnung getragen worden.
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