BGE 147 I 407 | |||
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31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Obergericht des Kantons Zug, Justizverwaltungsabteilung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
1C_307/2020 vom 16. Juni 2021 | |
Regeste |
Art. 30 Abs. 3 BV; Art. 54 Abs. 4 ZPO; Justizöffentlichkeit; Zugang zu Urteilen nach Abschluss eines Verfahrens. |
Der in Art. 54 Abs. 4 ZPO statuierte Ausschluss der Öffentlichkeit von familienrechtlichen Verfahren bezieht sich lediglich auf den ersten Satz von Abs. 1 dieser Bestimmung, nicht aber auf die Verpflichtung, die Entscheide der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (E. 7.2). |
Erfordert der Einsichtsanspruch die Anonymisierung einer grossen Zahl von Urteilen, steht er unter dem Vorbehalt, dass diese Arbeit für die Gerichtsbehörde nicht einen übermässigen Aufwand darstellt (E. 6.4 und 8.1). Der Einsichtsanspruch darf nicht durch eine unangemessene Kostenregelung unterlaufen werden (E. 8.2). | |
Sachverhalt | |
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Der Präsident des Obergerichts kontaktierte in der Folge A. und wies diesen namentlich auf den grossen Aufwand hin, der mit dem Gesuch verbunden wäre. Daraufhin kam es in dieser Angelegenheit zu einem Briefwechsel, und am 25. Mai 2020 verlangte A. vom Obergericht den Erlass eines anfechtbaren Entscheids über sein Begehren. Mit Beschluss vom selben Tag wies das Obergericht das Gesuch von A. ab.
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B. Mit Eingabe vom 2. Juni 2020 erhebt A. beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt, die Vorinstanz zu verpflichten, ihm sämtliche seit dem 1. Januar 2015 ergangenen materiellen Urteile der Vorinstanz betreffend "Umzugsbegehren nach Art. 301a ZGB, Obhut Zuteilung an den Vater, Ehescheidungen mit Ersatzforderungen, Ehescheidungen mit Kinderbelangen, Abänderung von Scheidungsurteilen und Abänderung von Eheschutzurteilen" zuzustellen. Sodann stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und beantragt, sieben namentlich aufgeführte Richterinnen und Richter des Obergerichts hätten sich dazu zu äussern, ob ihrer Meinung nach Urteile in Ehesachen öffentlich zugänglich sein sollten.
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(...)
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Das Bundesgericht hat in der vorliegenden Angelegenheit am 16. Juni 2021 eine öffentliche Beratung durchgeführt.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt, und weist die Sache an die Vorinstanz zur Fortsetzung des Verfahrens und neuem Entscheid zurück.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
6. Näher zu prüfen ist dagegen die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit nach Art. 30 Abs. 3 BV. Weitergehende Ansprüche kann der Beschwerdeführer aus der von ihm ebenfalls angerufenen Informationsfreiheit nach Art. 16 Abs. 3 BV nicht herleiten. Das dort garantierte Recht auf freie Informationsbeschaffung ist auf allgemein zugängliche Quellen beschränkt. Darunter fallen nach der ausdrücklichen Bestimmung von Art. 30 Abs. 3 BV Gerichtsverhandlungen und Urteilsverkündung. Diese Norm konkretisiert insofern die Informationsfreiheit für den Bereich gerichtlicher Verfahren ( BGE 146 I 30 E. 2.2; BGE 137 I 16 E. 2.2) und ist dementsprechend von der im Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ; SR 152.3) bzw. in den entsprechenden kantonalen Erlassen geregelten Öffentlichkeit der Verwaltung abzugrenzen (vgl. auch Art. 2 und 3 BGÖ). Im Zusammenhang mit Art. 30 Abs. 3 BV ist jedoch die Tragweite von Art. 54 Abs. 4 ZPO zu prüfen, auf den sich der Beschwerdeführer ebenfalls beruft. Einen Verstoss gegen die EMRK oder gegen den UNO-Pakt II (SR 0.103.2) macht er dagegen nicht geltend. Sodann berufen sich weder die Vorinstanz noch der Beschwerdeführer auf spezifische Normen des kantonalen Rechts. Über dessen Gesuch ist mithin einzig gestützt auf die genannten bundesrechtlichen Bestimmungen zu entscheiden.
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6.2 Öffentliche Urteilsverkündung bedeutet zunächst, dass am Schluss eines gerichtlichen Verfahrens das Urteil in Anwesenheit der Parteien sowie von Publikum und Medienvertreterinnen und -vertretern verkündet wird. Darüber hinaus dienen weitere Formen der Bekanntmachung dem Verkündungsgebot, wie etwa öffentliche Auflage, Publikation in amtlichen Sammlungen oder Bekanntgabe über das Internet sowie die nachträgliche Gewährung der Einsicht auf Gesuch hin (vgl. GEROLD STEINMANN in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 62 zu Art. 30 BV). Sie sind im Einzelnen anhand von Sinn und Zweck des Verkündungsgebots daraufhin zu beurteilen, ob sie die verfassungsrechtlich gebotene Kenntnisnahme gerichtlicher Urteile erlauben ( BGE 139 I 129 E. 3.3; Urteile 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016 E. 3.5.1; 1C_394/2018 vom 7. Juni 2019 E. 4). Diese weiteren Formen der Bekanntgabe von Urteilen sind gegenüber der Urteilsverkündung im Gerichtssaal nicht subsidiär, sondern gehören angesichts der Zweckausrichtung gleichwertig zur öffentlichen Verkündung. Die einzelnen Formen können miteinander kombiniert werden und sind in ihrer Gesamtheit am Verkündungs- und Transparenzgebot zu messen (Urteil 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016 E. 3.6, auszugsweise publiziert in ZBl 117/2016 S. 601 ff. [mit zustimmender Besprechung von GEROLD STEINMANN], in RDAF 2017 I S. 287 ff. [mit Bemerkung von ALFIO RUSSO] und in Medialex 2016 S. 99 ff. [mit Besprechung von DOMINIQUE STREBEL]). Die Publikationspraxis der Behörden in den verschiedenen Kantonen unterscheidet sich erheblich (Urteil 1C_394/2018 vom 7. Juni 2019 E. 4.3 mit Hinweis auf HÜRLIMANN/KETTIGER, Zugänglichkeit zu Urteilen kantonaler Gerichte: Ergebnisse einer Befragung, Justice-Justiz-Giustizia 2018/2).
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6.4.1 Im Urteil BGE 139 I 129 hat das Bundesgericht einem Medienschaffenden das Recht auf Kenntnisnahme eines Urteils der ehemaligen Asylrekurskommission zugesprochen. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Prozessparteien des damaligen Verfahrens war dem Journalisten das betreffende Urteil nur in anonymisierter Form offenzulegen. Nach Auffassung des Bundesgerichts ergab sich das schutzwürdige Informationsinteresse ohne Weiteres aus der Kontrollfunktion der Medien. Allein schon die mit der Justizöffentlichkeit verbundene Möglichkeit der Kontrolle der Justiz vermöge, auch ohne weitere Begründung, ein hinreichendes Einsichtsinteresse zu begründen ( BGE 139 I 129 E. 3; vgl. auch BGE 137 I 16 E. 2.2).
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Im Urteil 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016 hielt das Bundesgericht fest, dass sich der Anspruch auf Kenntnis von Urteilen nach deren Verkündung nicht auf (schon) rechtskräftige Urteile beschränkt und gewährte der gesuchstellenden Journalistin Einsicht in zwei Urteile des Kantonsgerichts Graubünden. Es hielt ausserdem fest, den Geheimhaltungsinteressen der Prozessbeteiligten könne durch Anonymisierung Rechnung getragen werden und der mit der Anonymisierung verbundene Aufwand stelle keinen sachlichen Grund für eine generelle Verweigerung der Einsicht dar.
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In einem Fall aus dem Jahr 2018 ersuchte ein Journalist um die Herausgabe eines rechtskräftigen Urteils des Kreisgerichts St. Gallen, in welchem es um eine von ihm namentlich bezeichnete Person ging (Urteil 1B_510/2017 vom 11. Juli 2018). Das Bundesgericht hielt dazu fest, die vom vor 4 ½ Jahren ergangenen Urteil betroffene Person habe kein "Recht auf Vergessen", und das Interesse von Verfahrensbeteiligten an der Geheimhaltung des Urteils habe vor der Justizöffentlichkeit zurückzutreten. Eine Herausgabe des nicht anonymisierten Urteils liesse sich umso mehr rechtfertigen, als der Gesuchsteller an den strengen Berufskodex für Medienschaffende und den Persönlichkeitsschutz gebunden sei.
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Sodann hatte das Bundesgericht in den Urteilen 1C_394/2018 vom 7. Juni 2019 und 1C_225/2019 vom 27. Juni 2019 die Gesuche einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts zu behandeln, die im Rahmen ihrer Mandate gestützt auf den Grundsatz der Justizöffentlichkeit Einsicht in eine sehr grosse Zahl von Strafurteilen des erstinstanzlichen Strafgerichts bzw. der Genfer Cour de Justice nehmen wollten; im ersten Fall ging es um gegen 1'200 Urteile, im zweiten um deren 733. Diese Beschwerden wurden gutgeheissen. Gemäss Bundesgericht gebieten die im Bundes- und im kantonalen Recht verankerten Prinzipien der Justizöffentlichkeit und die Informationsfreiheit, dass alle Gerichtsurteile der Öffentlichkeit zuallermindest zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Bundesgericht führte weiter aus, gestützt auf das kantonale Recht hätten zudem alle Gerichtsurteile veröffentlicht werden müssen, was aber bisher nicht geschehen war. Die Gesuchstellenden benötigten die Einsicht jedoch rasch und eine Anonymisierung der grossen Zahl von Entscheiden war innert nützlicher Frist nicht möglich. Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Prozessbeteiligten hat das Bundesgericht deshalb das anwaltliche Einsichtsrecht mit einer Verpflichtung zur Vertraulichkeit verknüpft und zudem eine inhaltliche Präzisierung der Gesuche verlangt. Es stellte ausserdem fest, dass die Schwierigkeiten, die mit der Anonymisierung einer sehr grossen Zahl von Entscheiden verbunden sind, nichts am Anspruch auf Einsicht in Gerichtsurteile ändere (Urteile 1C_394/2018 vom 7. Juni 2019 E. 6; 1C_225/2019 vom 27. Juni 2019 E. 5; vgl. dazu die Bemerkungen von STÉPHANE GRODECKI, RDAF 2019 I S. 738 f.).
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Schliesslich rief das Bundesgericht im Urteil 1C_616/2018 vom 11. September 2019 in Erinnerung, dass der Anspruch auf Einsicht in Urteile nach der Urteilsverkündung nicht uneingeschränkt ist. Die Einsicht in ein Strafurteil setze eine Interessenabwägung voraus, bei welcher einerseits die Einsichtsinteressen und andererseits die Schwere des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte berücksichtigt werden müssten. In jenem Fall wog der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte besonders schwer und die Einsichtsinteressen weniger schwer, womit die Einsicht in das 10 Jahre zurückliegende Strafurteil nicht gewährt wurde.
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Der Anspruch auf Einsicht in Urteile nach der Urteilsverkündung ist sodann nicht absolut und kann insbesondere zum Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV) der Prozessbeteiligten eingeschränkt werden. Die Einschränkung des Anspruchs erfolgt in Übereinstimmung mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip. So kann dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten in aller Regel durch Anonymisierung Rechnung getragen werden. Allenfalls rechtfertigt sich auch eine Teilschwärzung des interessierenden Urteils. Wo die Privatsphäre der Betroffenen weder durch eine Anonymisierung noch durch eine teilweise Schwärzung genügend geschützt werden kann - etwa weil Einsicht in Urteile verlangt wird, die Personen betreffen, welche den Gesuchstellenden bekannt sind -, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen den Einsichtsinteressen und dem Schutz der Persönlichkeit. Dabei gilt es einerseits zu beachten, dass einigen spezifischen Einsichtsinteressen - wie z.B. jenen von Medienschaffenden, Forscherinnen und Forschern, sowie jenen der Anwaltschaft - grundsätzlich ein erhöhtes Gewicht zukommt. Andererseits nimmt die Wichtigkeit des Persönlichkeitsschutzes der Verfahrensbeteiligten - insbesondere in Strafrechtsangelegenheiten - mit zunehmender zeitlicher Distanz zu einem Verfahren zu.
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Erwägung 7 | |
7.1 Die Zivilprozessordnung regelt die Öffentlichkeit des Verfahrens in streitigen Zivilsachen ausdrücklich. Gemäss Art. 54 Abs. 1 ZPO (erster Satz) sind Verhandlungen und eine allfällige mündliche Eröffnung des Urteils grundsätzlich öffentlich; die Entscheide sind der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (zweiter Satz). Allerdings kann die Öffentlichkeit gemäss Abs. 3 ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, wenn es das öffentliche Interesse oder das schutzwürdige Interesse einer beteiligten Person erfordert. Abs. 4 derselben Bestimmung legt schliesslich fest, dass die familienrechtlichen Verfahren nicht öffentlich sind. Art. 54 Abs. 4 ZPO stellt eine formellgesetzliche Grundlage für den Ausschluss der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung dar (vgl. Art. 30 Abs. 3 BV, zweiter Satz). Die Urteile, die der Beschwerdeführer einzusehen wünscht, fallen unter den Anwendungsbereich von Art. 54 Abs. 4 ZPO (dazu eingehend SUTTER-SOMM/SEILER in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 3. Aufl. 2016, N. 22 f. zu Art. 54 ZPO).
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Dies lässt sich dem Wortlaut von Art. 54 Abs. 4 ZPO nicht entnehmen. Die Lehre, die sich zu dieser Frage äussert, ist denn auch weit überwiegend der Auffassung, der dort statuierte Ausschluss der Öffentlichkeit beziehe sich lediglich auf den ersten Satz von Abs. 1 dieser Bestimmung, nicht aber auf die Verpflichtung, die Entscheide der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nicht öffentlich sind in familienrechtlichen Streitigkeiten nach dieser Auffassung nur die Verhandlungen und die allfällige mündliche Eröffnung des Urteils (so KIENER/KÄLIN/WYTTENBACH, Grundrechte, 3. Aufl. 2018, S. 241 Rz. 22; FRANCESO TREZZINI, in: Commentario pratico al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], Trezzini und andere [Hrsg.], 2017, N. 32 zu Art. 54 ZPO; CHRISTOPH HURNI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 34 zu Art. 54 ZPO; SUTTER-SOMM/SEILER, a.a.O., N. 20 zu Art. 54; enger, nur für die Verhandlungen: JACQUES DUBEY, Droits fondamentaux, Bd. II, 2018, Rz. 4303; in diesem Sinne auch JACQUES HALDY, in: Commentaire romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2019, N. 11 zu Art. 54 ZPO; HOFMANN/LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2. Aufl. 2015, S. 43; TARKAN GÖKSU, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 20 f. zu Art. 54 ZPO). Der in Art. 54 Abs. 4 ZPO statuierte, ausnahmslose Ausschluss des Publikums von den Verhandlungen und der Urteilseröffnung wird in der Lehre zum Teil kritisiert (KARLEN/HÄNNI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 25 zu Art. 30 BV; STEINMANN, a.a.O., N. 57 zu Art. 30 BV; HURNI, a.a.O., N. 33 zu Art. 54 ZPO).
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Der Auffassung der Lehre, wonach der Ausschluss der Öffentlichkeit in familienrechtlichen Angelegenheiten nach Art. 54 Abs. 4 ZPO nichts ändert an der Entscheidöffentlichkeit nach dem zweiten Satz von Art. 54 Abs. 1 ZPO, ist beizupflichten. Die gegenläufige Haltung der Vorinstanz steht im Widerspruch zum Gebot der Gerichtsöffentlichkeit nach Art. 30 Abs. 3 BV und der grossen Bedeutung, die das Bundesgericht diesem Grundsatz als Instrument der Kontrolle über die Gerichtstätigkeit beimisst. Eine verfassungskonforme Auslegung verbietet daher eine über den Wortlaut von Art. 54 Abs. 4 ZPO hinausgehende Anwendung dieser Ausnahme vom Öffentlichkeitsgrundsatz. Wie in der Lehre zu Recht ausgeführt wird, liegt eine gewisse Publizität in familienrechtlichen Belangen ausserdem auch im Interesse der Rechtsfortbildung und der Information der Anwaltschaft (SUTTER-SOMM/SEILER, a.a.O., N. 20 zu Art. 54 ZPO; ebenso HURNI, a.a.O., N. 30 und 33 zu Art. 54 ZPO), dies in besonderem Masse auch deshalb, weil die Öffentlichkeit in diesem Rechtsgebiet von Verhandlungen und Urteilseröffnung gerade ausgeschlossen ist.
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Gerichtsurteile sind somit grundsätzlich auch in familienrechtlichen Verfahren der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich zu machen. Dies entspricht im Übrigen der langjährigen Praxis des Bundesgerichts, das alle seine End- und Teilentscheide in diesem Rechtsgebiet ebenfalls (in anonymisierter) Form der interessierten Öffentlichkeit via Internet zugänglich macht (vgl. Art. 27 BGG und Art. 57 des Reglements vom 20. November 2006 für das Bundesgericht [SR 173.110.131]; vgl. dazu PAUL TSCHÜMPERLIN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 6 ff. zu Art. 27 BGG).
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7.3 Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist es also nicht zulässig, dem Beschwerdeführer den nachgesuchten Zugang zu familienrechtlichen Urteilen des Zuger Obergerichts mit einem blossen Verweis auf Art. 54 Abs. 4 ZPO zu verweigern. Das gleiche gilt auch für die von der Vorinstanz angerufene allgemeine Regel von Abs. 3, wonach die Öffentlichkeit (in nicht familienrechtlichen Verfahren nach Abs. 4) ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann, wenn es das öffentliche Interesse oder das schutzwürdige Interesse einer beteiligten Person erfordert. Anliegen des Persönlichkeitsschutzes, denen in familienrechtlichen Verfahren hohes Gewicht beizumessen ist, kann durch Anonymisierung in der Regel genügt werden. Dies ergibt sich ohne weiteres bereits aus der oben erwähnten Publikationspraxis des Bundesgerichts (vgl. oben E. 7.2).
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Der Einwand der Vorinstanz, wonach im kleinen Kanton Zug die Identität der Beteiligten dennoch häufig ermittelt werden könnte, mag zwar zutreffen. Sofern die Person, die Einsicht in ein Urteil nimmt, mit den Einzelheiten des Falles nicht vertraut ist, erfordert eine solche Personalisierung aber einen beträchtlichen Aufwand, jedenfalls wenn die Anonymisierung sorgfältig durchgeführt wurde. Diese Möglichkeit stellt keinen zureichenden Grund für einen Verzicht auf die Veröffentlichung dar. Andernfalls wäre eine transparente Rechtsprechung unmöglich ( BGE 133 I 106 E. 8.3; Urteile 2C_506/2020 vom 6. August 2020 E. 7.2; 8C_598/2019 vom 21. Januar 2020 E. 6). Gemäss TSCHÜMPERLIN (a.a.O., N. 17 zu Art. 27 BGG) ist der Zweck der Anonymisierung bereits gewahrt, wenn Zufallsfunde vermieden werden.
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Im vorliegenden Fall erscheint ein übermässiger Aufwand der Vorinstanz aufgrund ihrer unbestimmten Angaben im Übrigen auch nicht naheliegend. Das Obergericht macht nicht nur zur Zahl der betroffenen Urteile keine konkreten Angaben; es äussert sich auch kaum zum Aufwand, der mit der inhaltlichen Behandlung des Gesuchs des Beschwerdeführers mutmasslich verbunden wäre. Schliesslich überzeugt es nicht, wenn das Obergericht ausführt, es sei nicht in der Lage, die interessierenden Urteile mittels der elektronischen Geschäftskontrolle herauszufiltern. Vor diesem Hintergrund kann die Befürchtung, die Behandlung des Gesuchs würde "zu einer länger andauernden und wesentlichen Beeinträchtigung des gerichtlichen Geschäftsgangs führen", nicht geteilt werden. Hierzu ist ausserdem zu bemerken, dass die Urteile des Obergerichts bisher offenbar nicht systematisch publiziert wurden. Diese Praxis ist zulässig und ermöglicht es, beträchtliche Ressourcen einzusparen; sie hat aber zur Folge, dass das Obergericht bei Vorliegen eines konkreten Einsichtsgesuchs einen gewissen Zusatzaufwand in Kauf zu nehmen hat.
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Die Beschwerde erweist sich daher als begründet. Die Sache ist an die Vorinstanz zur Gewährung der Einsicht in die nachgesuchten Urteile (in anonymisierter Form) zurückzuweisen.
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Entgegen dem, was der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, ergibt sich jedenfalls aus dem Bundesrecht kein Anspruch auf Zustelung der von ihm gewünschten Urteile. Vielmehr ist es ihm zuzumuten, auf der Kanzlei des Obergerichts darin Einsicht zu nehmen. Dort wird es ihm zu ermöglichen sein, Kopien der (anonymisierten) Urteile zu erstellen, sofern er dies wünscht (vgl. Urteile 2C_133/2012 vom 18. Juni 2012 E. 5.3.2; 1C_252/2008 vom 4. September 2008 E. 2.1 mit Hinweisen).
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Im Übrigen darf für die Einsicht in Urteile zwar eine Gebühr erhoben werden, wenn die Bearbeitung des Gesuchs einen nicht geringen Aufwand erfordert. Diese darf jedoch nicht übermässig ausfallen; andernfalls könnte die Zielsetzung der Justizöffentlichkeit, für Transparenz der Rechtsprechung zu sorgen und die Grundlage für das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit zu schaffen, durch eine unangemessene Kostenregelung unterlaufen werden. Dabei empfiehlt es sich, die gesuchstellende Person über die Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung und die zu erwartende Höhe der Gebühr zu informieren, wenn diese einen namhaften Betrag ausmachen könnte; die gesuchstellende Person hat so die Möglichkeit, ihr Begehren allenfalls anzupassen oder zu präzisieren.
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