BGE 80 II 194 | |||
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32. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. November 1954 i.S. Müller gegen Kobler. | |
Regeste |
Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Auflösung der Ehe durch den Tod; Berechnung des Vorschlags (Art. 214 ZGB). | |
Sachverhalt | |
Im Erbteilungsstreite zwischen Müller, dem Witwer, und Kobler, dem Sohne der im Jahre 1944 gestorbenen Erblasserin stellte das Kantonsgericht St. Gallen bei der Bewertung des am Todestag der Erblasserin vorhanden gewesenen ehelichen Vermögens, die es zwecks Ermittlung des zum Nachlass gehörenden Anteils am Vorschlag durchführte, Fr. 5001.20 für Rückstellungen auf Kundenguthaben unter die Passiven ein. Das Bundesgericht bestätigt diese Entscheidung.
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Erwägungen: | |
Der Beklagte macht mit seiner Anschlussberufung in erster Linie geltend, die Vorinstanz habe bei der Bewertung des ehelichen Vermögens unter die Passiven zu Unrecht einen Posten von Fr. 5001.20 für Rückstellungen auf Kundenguthaben aufgenommen. Eine solche Rückstellung wäre nach seiner Ansicht nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Teilung sofort nach dem Tode der Erblasserin vorgenommen worden und die Einbringlichkeit der fraglichen Forderungen deshalb noch ganz ungewiss gewesen wäre. Im vorliegenden Falle, wo die Teilung erst viel später erfolgte, lasse sich dagegen - so führt der Beklagte aus - auf Grund der Buchhaltung genau feststellen, welche beanstandeten Forderungen tatsächlich voll, welche teilweise und welche gar nicht eingebracht werden konnten. Auch die Inkassospesen seien feststellbar. Da die Behörde somit bei den Forderungen (im Gegensatz zum Fahrzeugpark) nicht auf eine Schätzung angewiesen sei, sei sie verpflichtet, die realen Werte bei der Nachlassteilung zu berücksichtigen. Dies hätte auch dann gegolten, wenn eine seinerzeit als vollwertig betrachtete Forderung sich in der Folge als uneinbringlich erwiesen hätte. Für einen besondern Passivposten "Rückstellungen" sei nach Abwicklung des ganzen Inkassos kein Platz mehr. Mit ihrer gegenteiligen Annahme habe die Vorinstanz den Nachlass zu seinem Nachteil mit hypothetischen, in Wirklichkeit gar nicht bestehenden Passiven belastet. Damit habe sie Art. 214, 457 und 462 ZGB verletzt.
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Dem Beklagten wäre im Ergebnis Recht zu geben, wenn die Kundenguthaben, für welche Rückstellungen gemacht wurden, selbst Gegenstand der Erbteilung wären. Dies trifft hier aber nicht zu. Die Guthaben gehören nicht zum Nachlass, sondern stehen dem Witwer zu. Der Beklagte ist als Erbe nur mittelbar daran interessiert, insofern nämlich, als sie die Höhe des Vorschlags beeinflussen, von dem ein Drittel zum Nachlass gehört, an dem er beteiligt ist. Bei diesem Vorschlagsdrittel handelt es sich um eine Forderung der Erbengemeinschaft an den überlebenden Ehemann der Erblasserin. Die Höhe dieser Forderung bestimmt sich ausschliesslich nach dem Vermögensstand am Todestag der Erblasserin. Auf später eintretende Ereignisse darf bei der Berechnung dieser Forderung nicht Rücksicht genommen werden, weil eben die Ehe, die eine Beteiligung der Ehefrau bzw. ihrer Erben am Vorschlag rechtfertigt, durch den Tod aufgelöst wird. Demgemäss sind die Guthaben des Ehemanns zur Ermittlung des Vorschlagsanteils mit dem Werte einzustellen, der ihnen nach den Tatsachen zukam, die am Todestag bekannt waren oder doch bekannt sein konnten. Für Guthaben, die damals mit Grund als zweifelhaft erachtet werden konnten, ist daher, falls sie mit ihrem Nominalbetrag unter die Aktiven aufgenommen werden, auf der Passivenseite eine entsprechende Rückstellung einzusetzen. Die Höhe der Rückstellung hat sich einzig und allein nach den Verhältnissen am Todestag zu richten, nicht nach dem Ergebnis nachher erfolgter Inkassobemühungen, das von Umständen abhängen kann, die beim Tode der Erblasserin nicht voraussehbar waren. Eine Forderung, die am Todestag als nicht oder nur teilweise einbringlich angesehen werden musste, war damals, was sich insbesondere bei ihrer Veräusserung gezeigt hätte, nicht vollwertig, auch wenn sie später voll bezahlt wurde, und darf daher nicht einfach mit ihrem Nennwert zu dem am Todestag vorhandenen Vermögen gerechnet werden. Umgekehrt muss eine Forderung, die nach den Verhältnissen an jenem Tage als gut erschien, ohne Einschlag in Rechnung gestellt werden, auch wenn der Ehemann damit später zu Verlust kam. Ereignisse, die bei einer unmittelbar nach dem Todestag vorgenommenen Berechnung des Vorschlags notwendigerweise ausser Betracht geblieben wären, dürfen auch später nicht berücksichtigt werden. Die gegenteilige Ansicht des Beklagten beruht auf einer Verkennung des wesentlichen Unterschieds zwischen der Teilung des Vorschlags, bei der es sich um die Berechnung eines Anspruchs aus einem durch den Tod aufgelösten Rechtsverhältnis handelt, und der Erbteilung, die eine Auseinandersetzung zwischen Gesamtberechtigten bedeutet.
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Ob die grundsätzlich zulässigen Rückstellungen (die nicht Schuld-, sondern Wertberichtigungsposten darstellen) in Ansehung der Verhältnisse am Todestag richtig bemessen worden seien, ist im wesentlichen eine Tat- und Ermessensfrage, die das Bundesgericht nicht überprüfen kann. Dass die Vorinstanz mit der Nichtanordnung der von ihm beantragten Oberexpertise Bundesrecht verletzt habe, behauptet der Beklagte mit Recht nicht. Er hat vielmehr heute auf die Durchführung einer Oberexpertise ausdrücklich verzichtet.
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