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38. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Juli 1954 i. S. Waren-Giro-Genossenschaft gegen Konkursmasse der "Neue Weinkellereien A.-G." | |
Regeste |
Faustpfandbestellung (Art. 884 ZGB) durch Schlüsselübergabe. Ungültig, wenn dem Verpfänder ein zweiter Schlüssel zu freiem Gebrauche belassen wird (Erw. 1). | |
Sachverhalt | |
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A.- Die seit dem 19. April 1950 im Konkurs befindliche Neue Weinkellereien A.-G. in Zug unterhielt seit dem Frühjahr 1949 Geschäftsbeziehungen mit der Waren Giro-Genossenschaft in Zürich (Klägerin). Sie lieferte der Klägerin und ihren Girodienstmitgliedern Wein. Die Klägerin gewährte ihr mehrmals Darlehen, so am 28. Juli 1949 Fr. 18'000.--, am 17. November 1949 Fr. 50'000.-- und am 13. Februar 1950 Fr. 20'000.--. Als sie um ein weiteres Darlehen angegangen wurde, verlangte sie besondere Sicherheiten. In Ziff. 4 eines Zusatzvertrages vom 22. März 1950 wurde zu ihren Gunsten ein Pfandrecht an dem im Hause zur Münz in Zug befindlichen Weinlager der Schuldnerin ausbedungen. Zur Pfandbestellung übergab ihr X, der Hauptaktionär, einzige Verwaltungsrat und ![]() | 2 |
B.- Im Konkurs der Schuldnerin meldete die Klägerin eine pfandgesicherte Darlehensforderung von Fr. 68'407.20 an. Das Konkursamt anerkannte diese Forderung in vollem Umfange, wies aber die Pfandansprache ab, weil das Fahrnispfand am Weinlager nicht gültig bestellt worden sei. Die Klägerin erhob Kollokationsklage auf Anerkennung des Pfandrechtes und entsprechende Kollokation. In beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, hält sie mit vorliegender Berufung an der Pfandansprache fest.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Mit den Vorinstanzen ist davon auszugehen, dass der Verpfändung des Weinlagers an die Klägerin kein gültig begründetes Pfandrecht des Verkäufers Alfred Stotzer entgegenstand. Dieser hatte der Schuldnerin eine ![]() | 4 |
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"Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen."
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"Rechte aus früherem Besitze" stehen nach Art. 934 ZGB demjenigen zu, dem die Sache gestohlen wurde oder verloren ging oder sonst wider seinen Willen abhanden kam. Wer die Sache dagegen freiwillig in den Besitz eines Andern kommen liess, sie ihm also "anvertraute", muss, wenn der Andere die Sache veruntreut, also unbefugterweise darüber verfügt, den Rechtserwerb eines gutgläubigen Dritten gelten lassen (Art. 933 ZGB, dem die spezielle Regel des Art. 884 Abs. 2 ZGB für den Fall der Verpfändung entspricht). Hievon ausgehend, prüft das ![]() | 7 |
Nun ist aber der Betrachtungsweise des erstinstanzlichen Urteils zu folgen, wonach die Bank die Pfandsache dem Verpfänder, also der Schuldnerin, nicht "anvertraut" hatte, sondern den Pfandbesitz unfreiwillig verlor. Gewiss hat X ihr die Schlüssel nicht gestohlen, sondern sie jeweilen bei ihr abgeholt. Er erhielt sie aber nur wenige Male und nur zu bestimmtem Zweck und auf ganz kurze Zeit. So geschah es etwa zum Aufheizen des Lagers oder zur Entnahme eines Musters oder einer bestimmten Anzahl Fiaschi Chianti. Dabei musste er jedesmal eine Quittung über den Empfang der Schlüssel ausstellen, worin der Zweck des Zutrittes zum Lager angegeben und die Verpflichtung festgelegt war, die Schlüssel bis zum folgenden Tag oder "heute" oder "bis heute Abend" zurückzubringen. Nun ist der Lehre beizustimmen, die den Zutritt des Verpfänders zur Pfandsache nicht schlechthin verpönt. Wird er ihm vom Pfandgläubiger nur vorübergehend, zu einem bestimmten, namentlich einem der Erhaltung der Pfandsache (und damit des Wertbestandes des Pfandrechtes) dienenden Zweck ermöglicht, so wäre es widersinnig, diesen Besorgungen die Wirkung einer Gefährdung des Pfandrechtes beizulegen. Dem Verpfänder wird hiebei die Pfandsache nicht zu einem dinglichen oder persönlichen Recht "anvertraut"; er erhält keinen eigentlichen Besitz, sondern wird jeweilen nur Besitzdiener des Pfandgläubigers.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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