BGE 80 II 302 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
50. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Juli 1954 i. S. Eggmann gegen Walser. | |
Regeste |
Eigenhändiges Testament (Art. 505 ZGB). |
Eine eindeutige Unterschrift mit den Namens-Initialen genügt (Erw. 2). |
Lässt sich auf ein nicht gesondert datiertes neues Vermächtnis ein an anderer Stelle des Testamentes angebrachtes zweites Datum beziehen? Beweislast des Vermächtnisnehmers (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Der am 28. September 1948 verstorbene Traugott Walser hatte am 31. August 1933 ein eigenhändiges Testament errichtet. Auf der letzten Seite folgt ein Nachtrag vom gleichen Tag mit der Einsetzung eines Willensvollstreckers. Der Erblasser war damals verwitwet und hatte keine Nachkommen. Im Jahre 1937 wurde die Klägerin als seine aussereheliche Tochter geboren, die er anerkannte und deren Mutter er später heiratete. Am Testament nahm er mehrere Änderungen vor. Auf der letzten Seite schob er vor die Einsetzung des Willensvollstreckers folgenden materiellen Nachtrag ein: "Den Rest an meine gesetzlichen Erben", mit der Unterschrift "T. Walser". Im Anschluss daran findet sich die Datierung "Lenzerheide 26.II.1938" mit nochmaliger Unterschrift "T. Walser". Auf der ersten Seite der Urkunde war ursprünglich unter Ziff. 1 Frau Marie Eggmann mit 9 Vermächtnissen lit. a bis i bedacht worden. Sie starb im Jahre 1935. Ihr Name ist in der Urkunde durchgestrichen und darunter der Name des Beklagten, ihres Sohnes, geschrieben. Sämtliche der Frau Eggmann ausgesetzten Vermächtnisse sind durchgestrichen, diejenigen zu lit. c und g aber durch Unterpunktieren mit dem Beisatz "gültig" wiederhergestellt und durch den Namenszug "T. W." bekräftigt. Bei lit. i ist anstelle des Sachvermächtnisses ein Geldvermächtnis eingesetzt. Dabei findet sich der anfängliche Betrag von Fr. 20'000.-- auf Fr. 10'000.-- ermässigt. Das Geldvermächtnis ist mit der Unterschrift "T. Walser" versehen. Der Beginn der Testamentsurkunde lautet, so wie sie nun vorliegt, wie folgt:
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"Testament.
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"Ich vermache hiemit von meinem Vermögen wie folgt:
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.......
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T. Walser."
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B.- Mit Urteil vom 26. Oktober 1953 hat das Obergericht von Appenzell A. Rh. erkannt:
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"Die Klage wird in dem Sinne geschützt, dass das im Testament von Traugott Walser sel. vom 31. August 1933 bezw. 26. Februar 1938 erwähnte Testat zu Gunsten von Frau Marie Eggmann, auf den Beklagten Kurt Eggmann übertragen, ungültig erklärt wird, und es wird festgestellt, dass dem Beklagten kein Anspruch aus Vermächtnis gegenüber der Klägerin zusteht."
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Das eventuelle Herabsetzungsbegehren war vor Obergericht zurückgezogen worden.
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C.- Mit vorliegender Berufung hält der Beklagte daran fest, dass das Testament auch in Bezug auf seine Person als gültig zu erklären sei, und dass die Klägerin ihm die in Ziff. 1 lit. c und i vorgesehenen Vermächtnisse auszurichten, also den Diamantring zu Eigentum zu übergeben und einen Betrag von Fr. 10'000.-- zu zahlen habe.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Hier hat man es nun mit den Vermächtnissen in Ziff. 1 zu tun, die gestrichen, teilweise wiederhergestellt und teilweise durch andere Verfügungen ersetzt worden sind. Namentlich ist als Vermächtnisnehmer an Stelle der verstorbenen Frau Eggmann der Beklagte bezeichnet. Unbestritten ist, dass alle diese Änderungen von der Hand des Erblassers herrühren, und dass sie nach Abschluss des Testamentes in seiner ursprünglichen Fassung vom 31. August 1933, nämlich erst nach dem im Jahre 1935 eingetretenen Tode der Frau Eggmann, angebracht worden sind. Sachlich hat man es dabei mit neuen Vermächtnissen zu tun. Auch soweit der ursprüngliche Text durch Unterpunktieren wiederhergestellt ist, handelt es sich um neue Verfügungen. Denn einmal waren die der Frau Eggmann ausgesetzten Vermächtnisse mit deren Tode von Rechts wegen dahingefallen (Art. 543 Abs. 2 ZGB), weshalb der dann auch noch erfolgten Streichung keine Bedeutung zukam; und sodann ist die Bezeichnung eines neuen Vermächtnisnehmers in der Person des Beklagten eine neue Verfügung. Diese Vermächtnisse, wie sie sich aus der geänderten Ziff. 1 für den Beklagten ergeben, unterlagen nun wie das ursprüngliche Testament den Formerfordernissen des Art. 505 ZGB. Sie waren also auch ihrerseits zu datieren und zu unterzeichnen. Allerdings wird in der Literatur erwogen, ob die Datierung und Unterzeichnung eines Testamentes auch spätere Zusätze und Korrekturen, ja sogar die Einsetzung eines neuen Erben, zu "decken" vermöge (vgl. TUOR, Erbrecht, 2. Auflage, N. 12 zu Art. 505 ZGB). Das ist jedoch zu verneinen. Von bloss erläuternden Zusätzen abgesehen, sind spätere Verfügungen, auch wenn sie in eine fertige Testamentsurkunde eingeschaltet werden, in gesetzlicher Form zu errichten, somit vom Erblasser örtlich und zeitlich zu fixieren sowie zu unterzeichnen.
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Bei lit. i findet sich die volle Unterschrift vor, jedoch nur einmal; obwohl zuerst der Betrag von Fr. 20'000.-- stand, der dann durchgestrichen und durch Fr. 10'000.-- ersetzt wurde. Dass der Erblasser erst diesen geänderten Betrag unterschriftlich bekräftigt habe, wie das angefochtene Urteil es annimmt (ohne es festzustellen), ist unwahrscheinlich. Hat doch der Erblasser, wie sich aus andern Stellen der Urkunde ergibt, jede Änderung, ausser blossen Streichungen, jeweilen mit seiner Unterschrift versehen. Das dürfte bei lit. i auch schon geschehen sein, als er den anfänglichen Betrag von Fr. 20'000.-- hinsetzte (es wäre denn, er hätte ihn dann sogleich gestrichen und auf Fr. 10'000.-- ermässigt). Erfolgte die Ermässigung erst später, ohne auch ihrerseits unterzeichnet zu werden, so kam sie nicht gültig zustande. Dies hat freilich keine Bedeutung, wenn es nun einfach beim anfänglichen Betrag von Fr. 20'000.-- blieb; denn dies steht der Einforderung von bloss Fr. 10'000.-- nicht entgegen. Anders wäre es, wenn die Streichung des Betrages von Fr. 20'000.--, auch wenn der ermässigte Betrag dem Beklagten nicht gültig zugewendet wurde, rechtswirksam zu bleiben hätte als sog. Teilvernichtung der Testamentsurkunde. Wie es sich mit der nachträglichen Streichung einzelner Stellen eines Testamentes verhält, ist hier indessen so wenig wie in BGE 78 II 351 Erw. 5 zu prüfen. Denn jedenfalls ermangeln die streitigen Vermächtnisse einer gehörigen Datierung und sind aus diesem Grunde ungültig.
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Das angefochtene Urteil nimmt an, dieses zweite Datum des 26. Februar 1938 sei beigesetzt worden, als der Erblasser den soeben erwähnten, unmittelbar darüber stehenden Nachtrag beifügte. Die andern an der Urkunde vorgenommenen Änderungen, namentlich bei Ziff. 1, seien zu unbekannten und zwar zu verschiedenen Zeiten erfolgt, wie sich aus der Verwendung verschiedener Tinte ergebe. Danach ist der Zeitpunkt der Errichtung der streitigen Vermächtnisse ungewiss - ein Ergebnis, das aufrechtlich einwandfreier und daher für das Bundesgericht verbindlicher Beweiswürdigung beruht (Art. 63 Abs. 2 OG). Eine nähere Abklärung durch Schriftexpertise herbeizuführen hat keine Partei verlangt. Diese Ungewissheit muss sich zum Nachteil des Beklagten auswirken; denn er ist für das Zustandekommen der Vermächtnisse, aus denen er Ansprüche erhebt, beweispflichtig (Art. 8 ZGB), somit auch für die Wahrung der gesetzlichen Form (KUHN, Die Beweislast, S. 84; ROSENBERG, Die Beweislast, 3. Auflage, S. 115 mit Anmerkung 7).
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Nun brauchen die streitigen Vermächtnisse allerdings nicht unbedingt gerade am selben Tage niedergeschrieben worden zu sein, um am 26. Februar 1938 datiert werden zu können. Auch bei früherer Niederschrift könnte sich diese Datierung unter Umständen auf sie beziehen. Es ist möglich, dass der Erblasser die streitigen Vermächtnisse schon früher, vielleicht kurz nach dem Tode der Frau Eggmann niedergeschrieben (und jeweilen unterzeichnet, wenn auch nicht datiert) hat, und dass er dann mit der Datierung vom 26. Februar 1938 alles, was er bis dahin an der Urkunde geändert hatte, zu bekräftigen gedachte. Immerhin würde sich bei einem solchen Sachverhalte die Frage erheben, ob ein undatiert gebliebenes Testament auch noch Monate oder sogar Jahre nachher durch Datierung gültig beendigt werden könne. Das folgt jedenfalls nicht ohne weiteres daraus, dass es bei einer sich über mehrere Tage hin erstreckenden Testamentserrichtung nur einer (abschliessenden) Datierung und Unterschrift bedarf (BGE 75 II 345/6 Erw. 3). Wie dem aber auch sei, ist im vorliegenden Falle der Zeitpunkt der Niederschrift der Änderungen bei Ziff. 1, auf die sich der Beklagte stützt, gänzlich ungewiss; sie kann irgendwann zwischen dem Tode der Frau Eggmann (1935) und dem Tode des Erblassers (1948), also auch erst nach dem 26. Februar 1938, geschehen sein.
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Eine sich als Einheit darstellende Testamentsurkunde ist gewiss als ein obgleich vom Erblasser selbst ausgestellter, dennoch normalerweise (unter Vorbehalt von Gegenbeweisen) genügender Ausweis für ihre eigene Richtigkeit anzusehen. Gerade das vom Erblasser hingesetzte Datum ist als richtig zu vermuten (BGE 75 II 345 Erw. 2; vgl. auch Entscheidungen des deutschen Reichsgerichts in Zivilsachen 12 S. 315, 64 S. 423, 76 S. 94; SCHÖNKE, Zivilprozessrecht 1953 S. 195 betreffend "tatsächliche Vermutungen" und "Beweis des ersten Anscheins" auf Grund der Lebenserfahrung). Allein diese einheitliche Fassung der Urkunde wird eben durch nachträgliche Änderung einzelner Stellen durchbrochen. Solche Änderungen können, sofern sie nicht notwendig miteinander dem Inhalte nach zusammenhängen, sehr wohl jede für sich zu irgendeinem Zeitpunkt kraft jeweiligen besondern Willensentschlusses vorgenommen worden sein. Findet sich in der Urkunde, einem Nachtrag folgend, ein zweites Datum vor, so lässt sich aus der Lebenserfahrung keine Vermutung dafür aufstellen, dass der Erblasser damit mehr als den betreffenden Nachtrag datieren wollte, und dass (von der subjektiven Seite des Gegenstandes des Bekräftigungswillens abgesehen) die Urkunde damals noch andere Zusätze und Änderungen enthielt, wie sie jetzt darin stehen. Die inhaltlich voneinander unabhängigen Änderungen insgesamt bilden eben nicht wie die ursprüngliche, ordentlich abgefasste und sich damit als Einheit darstellende Urkunde unter einander wiederum gewissermassen eine zweite in sich geschlossene Urkunde. Um die nach vorinstanzlicher Feststellung zu verschiedenen Zeiten erfolgten Änderungen in erkennbarer Weise ordnungsgemäss zu datieren, hätte es nahe gelegen, jede einzelne mit Datum zu versehen, statt bloss zu unterzeichnen. Sollten am 26. Februar 1938 wirklich auch in den voraus gehenden Teilen der Urkunde bereits Änderungen gestanden haben, und wollte der Erblasser nun die ganze Urkunde in der damaligen Gestalt mit einem einzigen Datum versehen, so konnte er, um dies deutlich zu machen, bei der Datierung anmerken, sie geschehe zur Bekräftigung der bei näher bezeichneten Ziffern und Buchstaben angebrachten Änderungen und Zusätze (wobei noch besonders auf die zweite Änderung bei Ziff. 1 lit. i hätte hingewiesen werden können, falls sie damals bereits vorgelegen haben sollte). So, wie das Datum ohne jede Erläuterung hingesetzt wurde, lässt es sich nicht mit etwelcher Sicherheit auf andere materiellen Änderungen als die gerade darüber stehende beziehen, und es bleibt ungewiss, welche Gestalt die Urkunde damals im übrigen aufwies. Wahrscheinlich ist nur, dass der Erblasser, als er die Datierung vom 26. Februar 1938 vornahm, die Urkunde durchsah und die zu Gunsten der verstorbenen Frau Eggmann ausgesetzten inzwischen weggefallenen Vermächtnisse der Ordnung halber durchstrich. Ob er aber schon damals den Beklagten als neuen Vermächtnisnehmer einsetzte (oder dies bereits getan hatte), und welche der drei Vermächtnisse laut den abgeänderten lit. c, g und i er ihm allenfalls bei dieser Gelegenheit aussetzte (oder bereits ausgesetzt hatte), steht dahin. Er kann es vorderhand bei der Streichung der alten Vermächtnisse haben bewenden lassen oder zwar den Namen des Beklagten eingesetzt, die Bestimmung der ihm zu vermachenden Gegenstände aber auf einen spätern Zeitpunkt aufgespart und das Testament in dieser Hinsicht irgendwann, allenfalls erst zwischen dem 26. Februar 1938 und seinem Hinschied, ergänzt haben - ohne neue Datierung und daher nicht in gültiger Weise. Bleibt darüber (trotz den Annahmen der Klägerin selbst auf S. 3 der Berufungsbeantwortung, worin jedoch keine Anerkennung einer Tatsache liegt) eine erhebliche Ungewissheit bestehen, so kann auch eine freie, der Beweisnot des Beklagten Rechnung tragende Art der Beweiswürdigung dessen Standpunkt nicht schützen. Sonst würde der nicht beweispflichtigen Klägerin ohne genügenden Grund ein ebenso schwer zu erbringender Beweis des Gegenteils zugemutet, was im Ergebnis auf eine Umkehrung der Beweislast hinausliefe.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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