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57. Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. November 1954 i. S. Wwe Carocari gegen Carocari und Konsorten. | |
Regeste |
1. Wann ist eine Prorogation auf das Bundesgericht im Sinne von Art. 41 lit. c Abs. 2 OG auch beim Fehlen eines Gerichtsstandes in der Schweiz wirksam? Art. 2 Abs. 2 BZP (Erw. 1). |
3. Was kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein? Art. 25 BZP (Erw. 3). |
4. 'Rechtliches Interesse an sofortiger Feststellung' (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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'1. Die Parteien vereinbaren, die Frage, ob auf die zur Ermittlung des Nachlasses von Herrn Lorenzo Carocari, verstorben am 30. Januar 1953 in Basel, vorzunehmende güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches oder des Codice civile italiano anwendbar sind, dem Bundesgericht als einzige Instanz gemäss OG Art. 41 c zur Entscheidung zu unterbreiten.
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2. Die Parteien sind übereingekommen, dass die ordentlichen und ausserordentlichen Kosten des Verfahrens dem Nachlass des Herrn Lorenzo Carocari sel. belastet werden sollen.'
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C.- Gestützt auf diese Vereinbarung reichte die Witwe beim Bundesgericht die vorliegende Klage ein mit den Rechtsbegehren:
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'1. Es sei festzustellen, dass auf die zur Ermittlung des Nachlasses von Herrn Lorenzo Carocari ... vorzunehmende güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches anwendbar sind.
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2. Es sei der Klägerin demgemäss aus dem ehelichen Vermögen der Betrag von Fr. 87'110.85 als Vorschlagsanteil vorweg zuzusprechen.'
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Demgegenüber stellten die Beklagten das Rechtsbe gehren:
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'Es sei festzustellen, dass für die zur Ermittlung des Nachlasses ... vorzunehmende güterrechtliche Auseinandersetzung die Bestimmungen des schweizerischen Zivilgesetzbuches nicht, sondern diejenigen des italienischen Rechtes zur Anwendung gelangen, und dass demnach der Klägerin kein Vorschlagsanteil zusteht.'
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Die Beklagten wollen nur die Frage des anzuwendenden ehelichen Güterrechtes durch das Bundesgericht entscheiden lassen. Sie widersetzen sich einer Beurteilung des von der Klägerin (in eventuellem Sinne, laut der Klagebegründung) erhobenen Leistungsbegehrens, das in der Prorogationsvereinbarung nicht enthalten sei. Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung seien die Beklagten nicht von ihrem Standpunkt abgewichen, dass allfällige Streitigkeiten ![]() | 10 |
'das Bundesgericht habe unter Feststellung, dass auch die güterrechtlichen Verhältnisse der Beurteilung durch die italienischen Gerichte unterstehen, auf den vorliegenden Streitfall materiell nicht einzutreten.'
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Indessen fallen nur die Rechtsbegehren in Betracht, für welche die Prorogation erfolgt ist. Für andere Begehren ist die Zuständigkeit des Bundesgerichtes als einziger ![]() | 13 |
3. Bei dieser Sachlage erhebt sich die Frage, ob überhaupt Rechtsbegehren im wahren Sinne des Wortes vorliegen. Eine gerichtliche Entscheidung muss (abgesehen von der sog. freiwilligen oder nichtstreitigen Gerichtsbarkeit) im Ausspruch der Rechtsfolge bestehen, die sich nach dem Gesetze als Rechtswirkung eines Tatbestandes ergibt (vgl. STEIN, Grundriss des Zivilprozessrechts und des Konkursrechts, § 63 II). Insbesondere kann eine gerichtliche Feststellung nach Art. 25 BZP (entsprechend dem Inhalt anderer Gesetze sowie gemäss der herrschenden Lehre) nur das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses betreffen (ähnlich § 92 der zürcherischen und Art. 174 der bernischen ZPO; vgl. auch § 256 der deutschen ZPO). Der Begriff des Rechtsverhältnisses wird etwa umschrieben als 'ein durch die Herrschaft der Rechtsnormen über einen konkreten Tatbestand als Rechtsfolge dieses Tatbestandes entstandenes rechtliches Verhältnis einer Person zu einer andern Person oder zu einem Sachgut' (so STEIN/JONAS, Die ZPO für das Deutsche Reich, 14. Auflage I S. 699) oder 'die aus einem konkreten Tatbestand entstandene ![]() | 14 |
4. Die (von Anwälten verfasste) Prorogationsvereinbarung kann, zumal angesichts der Stellungnahme der Beklagten, nicht wohl ausdehnend dahin ausgelegt werden, es werde ein eigentliches, d.h. materiellrechtliches Feststellungsurteil darüber verlangt, ob der Witwe aus Güterrecht ein Vorschlagsanteil zustehe. Liesse sich indessen die Prorogation auch so auslegen, so würde es an den besondern Voraussetzungen einer Feststellungsklage mangeln, die Art. 25 BZP dahin formuliert, dass der Kläger ein rechtliches Interesse an sofortiger Feststellung haben müsse. Es besteht kein schutzwürdiges Interesse, die Frage nach einer Vorschlagsbeteiligung, zudem nur grundsätzlich, ohne ziffermässige Bestimmung, vorweg entscheiden zu lassen. Nichts würde die Parteien hindern, sogleich die ganze güterrechtliche Auseinandersetzung zu gerichtlichem ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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