BGE 81 II 145 | |||
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25. Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Juni 1955 i. S. Bruderer gegen Hemmi & Baur. | |
Regeste |
Dienstvertrag, Gewinnanteil des Angestellten (Art. 330 OR). |
2. Massgebende Abrechnungsperiode (Erw. 1c). |
3. Begriff des Privat- und Geschäftsvermögens des Einzelkaufmanns; Berechnung des Gewinnanteils des Angestellten (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
A.- Bruderer trat am 1. Juli 1948 als Geschäftsführer in den Dienst des am 16. Juli 1948 verstorbenen Hans Hemmi, dessen Kaffee- und Teeimportgeschäft am 4. Februar 1950 von der Kollektivgesellschaft Hemmi & Baur mit Aktiven und Passiven übernommen wurde. Nach Auflösung des Dienstverhältnisses auf den 30. April 1950 erhob Bruderer gestützt auf eine mit Hans Hemmi getroffene Vereinbarung Anspruch auf einen Viertel des während seiner Anstellung erzielten Geschäftsgewinnes. Das Handelsgericht Zürich schützte diesen Standpunkt und verpflichtete die Beklagte mit Urteil vom 10. Oktober 1950, über das in der Zeit vom 1. Juli 1948 - 30. April 1950 erzielte Geschäftsergebnis Rechnung abzulegen und einen Viertel des ermittelten Reingewinnes nebst 5% Verzugszins seit 1. Mai 1950 dem Kläger auszuzahlen.
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B.- Da der Kläger die ihm vorgelegte, den Zeitraum vom 1. Juli 1948 bis 30. April 1950 umfassende Bilanz samt Gewinn- und Verlustrechnung, aus der ein Reinverlust resultierte, nicht anerkannte, belangte er die Beklagte auf Bezahlung eines Gewinnanteils von Fr. 20'000.-- nebst Verzugszins, den er in der Folge auf Fr. 15'000.-- reduzierte.
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Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
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C.- Das Handelsgericht Zürich schützte mit Urteil vom 30. April 1954 die Klage im Betrage von Fr. 10'581.70 nebst Zins und wies sie im Mehrbetrage ab.
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D.- Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung an das Bundesgericht ein. Der Kläger hält an seinem Klagebegehren fest. Die Beklagte beantragt gänzliche Abweisung der Klage. Beide verlangen eventuell Rückweisung an die Vorinstanz zur Ergänzung des Tatbestandes.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) In erster Linie wird geltend gemacht, diese Aufteilung verletze den Grundsatz der res iudicata; denn im Urteil der Vorinstanz vom 10. Oktober 1950 sei rechtskräftig festgestellt worden, dass über die Zeit vom 1. Juli 1948 bis 30. April 1950 Rechnung abzulegen sei und dass der Kläger Anspruch auf einen Viertel des während dieser Periode erzielten Reingewinns besitze.
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Richtig ist, dass die Einrede der abgeurteilten Sache zum Teil bundesrechtlicher Natur ist. Allein sie ist, falls überhaupt ein bundesrechtlicher Anspruch in Frage steht, vom Bundesgericht nur dann im Berufungsverfahren zu überprüfen, wenn sie vom kantonalen Richter geschützt wurde. Dann ist zu untersuchen, ob die vom Bundesrecht beherrschte Frage der Identität der Ansprüche und der Parteien zu Recht bejaht wurde, um zu verhindern, dass ein bundesrechtlicher Anspruch nicht geltend gemacht werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann jedoch Bundesrecht im Sinne von Art. 43 Abs. 1 OG nicht verletzt sein, wenn eine kantonale Instanz einen bundesrechtlichen Anspruch, der bereits Gegenstand eines rechtskräftigen kantonalen Urteils war, in einem Verfahren zwischen den gleichen Parteien neuerdings beurteilt; es besteht daher bei Verwerfung der Einrede kein Anlass zum Eingreifen im Berufungsverfahren (BGE 75 II 290f.,BGE 76 II 116Erw. 3,BGE 78 II 401ff.). Da vorliegend die Vorinstanz die Einrede der abgeurteilten Sache verworfen hat, ist somit auf die Rüge nicht einzutreten.
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b) Der Einwand der Beklagten, die Vorinstanz sei über die Anträge des Klägers hinausgegangen, berührt eine Frage des kantonalen Prozessrechts, dessen Anwendung das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüfen kann (BGE 64 II 385f.,BGE 71 II 206Erw. 2). Das gleiche gilt hinsichtlich der weitern Behauptung, der Kläger habe die Aufteilung in zwei Rechnungsperioden erst anlässlich der Hauptverhandlung gefordert; denn das kantonale Prozessrecht bestimmt ausschliesslich, bis zu welchem Zeitpunkt neue Begehren und Anträge zulässig sind.
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c) Sodann wird eingewendet, die Art und Weise der Unterteilung in Rechnungsperioden sei auch gesetzwidrig, weil die angerufenen Indizien für einen dahingehenden Parteiwillen nicht schlüssig seien und im Zweifelsfalle das Geschäftsjahr des Arbeitgebers als massgebliche Abrechnungsperiode betrachtet werden müsse.
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Die Vorinstanz ist zutreffend (in Übereinstimmung mit der von OSER/SCHÖNENBERGER in N 11 zu Art. 330 OR vertretenen Auffassung) davon ausgegangen, dass die Art der Berechnung des Reingewinns vorab vom Parteiwillen abhänge. Sie hat diesen auf Grund von Indizien ermittelt und als bewiesen angenommen, dass die Gewinnbeteiligung des Klägers auf Grund des Anstellungsjahres vorgenommen werden wollte. Zu dieser Feststellung gelangte die Vorinstanz auf dem Wege der Beweiswürdigung, welche vom Bundesgericht nicht überprüft werden kann (BGE 61 II 40). Auf die an der Indizienwürdigung geübte Kritik der Beklagten kann daher nicht eingetreten werden.
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Demnach erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet.
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a) In erster Linie wird eingewendet, das in der Eingangsbilanz vom 1. Juli 1948 unter den Aktiven aufgeführte Darlehen von Fr. 6499.--, das Hemmi einem angeblichen Krebsforscher für eine zu gründende Firma Vitamed AG gewährt hatte und dessen Uneinbringlichkeit schon vor dem 16. Juli 1948 festgestanden habe, hätte nicht in der Geschäftsbuchhaltung aufgeführt und insbesondere nicht erst nach Anstellung des gewinnbeteiligten Klägers abgeschrieben werden dürfen.
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Hans Hemmi war Inhaber der damaligen Einzelfirma und haftete mit seinem Geschäfts- und Privatvermögen. Da das Geschäftsvermögen einer Einzelfirma der eigenen Rechtsfähigkeit entbehrt, begründet hier die allfällige Ausscheidung vom Privatvermögen kein Sondergut, und Verschiebungen innerhalb beider Vermögen kommt keine rechtliche Bedeutung zu. Der Inhaber einer Einzelfirma ist deshalb in der freien rechtlichen Verfügung über sein Vermögen in keiner Weise gebunden. Insofern kann der Kläger nicht einwenden, beim Darlehen an die Vitamed AG handle es sich um einen geschäftsfremden Posten, der in die Geschäftsbilanz überhaupt nicht hätte aufgenommen werden dürfen.
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Indessen ist weiter zu prüfen, in welchem Zeitpunkt das Darlehen als Verlust abzuschreiben war; denn der gewinnbeteiligte Angestellte braucht eine Schmälerung seines Anspruches durch Verluste aus früheren Rechnungsperioden nicht hinzunehmen. Den Berichten der "Neutra Treuhand AG" ist zu entnehmen, dass das Darlehen in zwei Malen, nämlich am 17. April 1948 und im Mai 1948, gegeben wurde. Dass es schon am 1. Juli 1948, als der Kläger in das Geschäft eintrat, als verloren betrachtet werden musste, kann mangels schlüssiger Anhaltspunkte nicht angenommen werden. Aus den Berichten der "Neutra" ergibt sich vielmehr, dass Ende 1948 lediglich Ungewissheit über die Einbringlichkeit des Darlehens bestand und dass es erst Ende 1949 als endgültig verloren betrachtet wurde, weil der eine der beiden Empfänger landesabwesend war und gegen den andern Verlustscheine aus dem Jahre 1949 vorlagen. Somit handelt es sich um einen erst während der Anstellungszeit des Klägers entstandenen Verlust. Es fragt sich einzig, ob es kaufmännisch begründet war, die vollständige Abschreibung schon zu Lasten der am 30. Juni 1949 zu Ende gehenden Abrechnungsperiode vorzunehmen. Die Vorinstanz hat diese Frage gestützt auf das Expertengutachten bejaht. An diese Feststellung tatsächlicher Natur ist das Bundesgericht gebunden. Eine Verletzung von Bundesrecht ist somit nicht gegeben.
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b) Im weitern wird beanstandet, dass die in der Eingangsbilanz vom 1. Juli 1948 als Aktivum aufgeführte Beteiligung an der "Cavit AG" im Betrage von Fr. 5499.-- erst in der folgenden Abrechnungsperiode abgeschrieben wurde. Nach dem Bericht der Schweiz. Revisionsgesellschaft AG vom 16. Januar 1950 hätte schon bei der Aufstellung der Bilanz vom 30. Juni 1948 mit dem gänzlichen Verlust dieser Beteiligung gerechnet und dieses Aktivum vorsichtigerweise per 30. Juni 1948 gänzlich abgeschrieben werden müssen.
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Die Vorinstanz wies den Einwand des Klägers mit der Begründung ab, es sei nicht zu prüfen, ob der Posten schon früher hätte abgeschrieben werden sollen, denn die Bewertung einer Beteiligung liege im freien Ermessen des Geschäftsinhabers, und der gewinnbeteiligte Angestellte habe den bei seinem Antritt bereits bestehenden Buchwert anzunehmen; von der Beklagten könne nicht verlangt werden, dass sie ihre frühere Bilanz wegen der nachträglichen Einschätzung des Guthabens durch die Revisionsgesellschaft abändere.
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Allein es handelt sich auch hier nicht um die Frage der Abänderung der Bilanz; muss der gewinnberechtigte Angestellte diese in anderer Beziehung vielleicht hinnehmen, so trifft das gleiche mit Bezug auf die Berechnung des Gewinnanteils nicht zu, sobald es sich um Verluste handelt, welche den Gewinn der Abrechnungsperiode nicht schmälern dürfen.
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Die Richtigkeit des von der Revisionsgesellschaft vertretenen Standpunktes ist von der Vorinstanz in keiner Weise bestritten worden. Er ist nicht etwa einer besonders vorsichtigen Bewertung zuzuschreiben, sondern beruht, wie aus dem Bericht hervorgeht, auf der Anwendung kaufmännischer, allgemein gültiger betriebswirtschaftlicher Grundsätze. Die Bewertung des Postens erfolgte unter dem Gesichtspunkt der am 30. Juni 1948 abgeschlossenen Rechnungsperiode. Der Einwand der Beklagten, die Beteiligung habe per 1. Juli 1948 nicht genügend überblickt werden können, sodass deren Aktivierung kaufmännisch vertretbar gewesen sei, schlägt deshalb nicht durch. Steht aber fest, dass der Posten vor dem Eintritt des Klägers in das Geschäft völlig verloren war und im Rahmen des kaufmännisch gebotenen und zulässigen Ermessens nicht mehr in der Bilanz vom 30. Juni 1948 aktiviert werden durfte, so war es unzulässig, den Verlust der nachfolgenden Abrechnungsperiode zu belasten und dadurch den Gewinnanspruch des Klägers um Fr. 1374.25 zu schmälern. Die Berufung ist daher in diesem Punkt begründet.
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c) Der Kläger beharrt sodann darauf, dass er an den in der Rechnungsperiode vom 1. Juli 1948 bis 30. Juni 1949 aus dem Verkauf von Säcken gelösten Fr. 1146.90 gewinnberechtigt sein.
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Die Vorinstanz ist indessen auf dem Wege der Beweiswürdigung zur Feststellung gelangt, dass diese Einnahmen in die während der fraglichen Abrechnungsperiode bestandene Pensionskasse geflossen seien. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich. Buchhaltungsmässig stand daher dem Erlös eine Belastung in gleicher Höhe gegenüber. Ob die Vorinstanz sich bei ihren Annahmen und Würdigungen der Willkür schuldig gemacht habe, wie der Kläger behauptet, kann im Berufungsverfahren nicht geprüft werden.
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d) Schliesslich wird die Belastung der am 30. Juni 1949 abgeschlossenen Rechnungsperiode mit Gratifikationen zugunsten von Erben des Hans Hemmi in der Höhe von Fr. 6500.-- als unzulässig angefochten.
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Nach Auffassung der Vorinstanz handelte es sich bei diesen Gratifikationen um zusätzliche Entgelte für langjährige, der Firma geleistete Dienste, was auch für die an Frau E. Hemmi-Müri ausbezahlte Gratifikation zutreffe. Diese Feststellung tatsächlicher Natur ist für das Bundesgericht verbindlich. Das gleiche gilt auch hinsichtlich der weitern Feststellung des Handelsgerichts, dass diese Aufwendungen den Rahmen des kaufmännisch gebotenen und zulässigen Ermessens nicht überschreiten. Demgegenüber kann der Kläger nicht mehr vorbringen, die Belastungen stellten verdeckte Gewinnbezüge dar.
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Damit ist jedoch die Frage nicht entschieden, ob der Kläger eine Belastung der massgebenden Rechnungsperiode mit Gratifikationen, die für langjährige, d.h. frühere Dienste ausgerichtet wurden, hinnehmen muss. Es ist davon auszugehen, dass unter dem Gewinn, an dem der Angestellte beteiligt ist, ohne andere Abrede der in einem bestimmten Zeitraum durch den eigentlichen Betrieb erzielte Geschäftsgewinn zu verstehen ist und nicht der bilanzmässige Vermögensgewinn (DÜRINGER/HACHENBURG, Anm. 13 zu § 40 HGB, S. 431). Daraus folgt, dass bei der Berechnung des Gewinnanteils eines Angestellten auch nur solche Betriebsspesen vom Gewinn in Abzug gebracht werden dürfen, die während der entsprechenden Rechnungsperiode entstanden sind. Es hiesse die Natur der Gewinnbeteiligung des Angestellten, die eine Form des Zeitlohnes ist (TITZE in Ehrenberg's Handbuch Bd. II S. 611), verkennen und entspräche nicht dem anerkannten Grundsatz, dass Verluste aus vorhergehenden Jahren den Gewinnanspruch des Angestellten nicht verkürzen dürfen, wollte man die nachträgliche Berücksichtigung früher entstandener Betriebsspesen zulassen. Um solche handelt es sich aber bei den in Frage stehenden Gratifikationen. Anders verhielte es sich, wenn ein Geschäft regelmässig derartige nachträgliche Entgelte ausrichtet. Das wird aber im vorliegenden Fall nirgends behauptet. Die Berufung ist somit begründet und der Gewinnanteil des Klägers um Fr. 1625.-- zu erhöhen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1. Die Berufung der Beklagten wird abgewiesen.
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