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55. Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. Mai 1956 i.S. Immobilien A.-G. gegen Ulrich. | |
Regeste |
Verletzung kantonaler Bauvorschriften (Grenzabstand von Gebäuden). Schadenersatz. Art. 674, 679, 685 ZGB, 42 OR. | |
Sachverhalt | |
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beim Haus beim Haus
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Nr. 3 Nr. 4
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von der Fassadenmauer aus gemessen 3,07 m 1,99 m
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von der Kante der Dachrinne aus ge-
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messen 2,23 m 1,15 m
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vom Vorsprung der Freitreppe aus ge-
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messen 1,47 m 0,74 m
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B.- Wegen Nichteinhaltung des in § 143 des schwyzerischen EG zum ZGB vorgeschriebenen Grenzabstandes von 1,50 m verlangt der Kläger Schadenersatz. Er erhielt in erster Instanz Fr. 1050.--, in zweiter Instanz Fr. 10'050.-- nebst Zins zugesprochen.
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C.- Gegen das obergerichtliche Urteil vom 22. November 1955 hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage.
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D.- Der Kläger beantragt, die Berufung sei, soweit auf sie eingetreten werden könne, abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Auf diesen Teil der Berufung ist somit nicht einzutreten.
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"Gebäude dürfen ohne Zustimmung des Nachbars auf neuen Baustellen nur in einer Entfernung von wenigstens 1,50 Meter von der nachbarlichen Grenze aufgeführt werden. Diese Bestimmung gilt für jeden einzelnen Teil des Gebäudes.
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Vorbehalten bleiben Bauten an öffentlichen Strassen mit zusammenhängenden Häuserreihen."
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Der gesetzliche Grenzabstand gilt nach der Praxis der schwyzerischen Behörden nicht nur für die Umfassungsmauern, sondern auch für Dachvorsprünge (SJZ 26 S. 217 Nr. 160) und nach dem angefochtenen Entscheid auch für Freitreppen. Diese Anwendung des in Art. 686 ZGB vorbehaltenen kantonalen Rechtes ist für das Bundesgericht verbindlich. Somit hat die Beklagte den vorgeschriebenen Grenzabstand in der Tat nicht eingehalten, indem bei beiden Neubauten die Freitreppe und beim Haus Nr. 4 ausserdem der Dachvorsprung in die Sperrzone hineinragt.
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4. Ob und welcher Schaden entstanden sei, ist grundsätzlich Tatfrage (BGE 47 II 192,BGE 56 II 126). Dagegen hat das Bundesgericht zu prüfen, ob der behauptete Schaden rechtlich genügend substanziert und bei der Schadensberechnung von richtigen Grundsätzen ausgegangen worden sei. Dementsprechend ist es auch eine Frage der Rechtsanwendung, ob der Richter bei ziffermässig nicht nachweisbarem ![]() | 19 |
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Das angefochtene Urteil begründet diese Mehrforderung wie folgt:
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"... Wohl sind die Kosten für eine Baute, die nicht ausgeführt werden kann, kein Schaden im Rechtssinne, sondern eine Einsparung an künftigem Aufwand. Dieser Aufwand ist nun aber kein unproduktiver, d.h. es entspricht ihm kein Gegenwert, der sich nicht vermögensvermehrend auswirkt. Vielmehr ist ein solcher Aufwand als Anlageaufwand und zwar als produktiver zu betrachten. Produktiv deshalb, weil der Kläger aus Miethäusern, die er auf seinen Parzellen baut, eine Rendite herausschlagen kann, die unzweifelhaft viel grösser ist, als z.B. bei einer landwirtschaftlichen Verpachtung. Anderseits ist dieser Aufwand das Mittel dazu, um ![]() | 23 |
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz übersieht, dass der Ersatz des Wertes eines Landstreifens, wie ihn das erstinstanzliche Urteil dem Kläger bei Annahme einer Breite von sogar 76 cm zugesprochen hatte, auch den Wert des über dem Streifen liegenden, d.h. des zugehörigen Baukubus deckt. Der Preis für Bauland bestimmt sich ja im Hinblick auf die mögliche Überbauung, und der Experte ist ausdrücklich vom Baulandpreis "wie bei einer Expropriation" ausgegangen und hat den Preis pro m2 noch etwas über dem Durchschnittspreis auf Fr. 35.- festgesetzt (S. 10 des Gutachtens). Es kann daher nicht in Frage kommen, dem Kläger ausser dem, wie angenommen wird, wegen des Näherbaues der Beklagten unüberbaut bleibenden Landstreifen noch einen Baukubus zu ersetzen, und es ist vollends abwegig, dem (leeren) Baukubus einen Wert beizumessen, der dem Betrag der auf ihn entfallenden Baukosten entsprechen würde.
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Der vom Obergericht ferner herangezogene Gesichtspunkt eines Entganges von Kapitalanlagemöglichkeit ist gleichfalls zu verwerfen. Ersatz für lucrum cessans, d.h. für Gewinnentgang, ist nach allgemeiner Lehre nur geschuldet, soweit es sich um einen üblichen oder sonstwie sicher in Aussicht stehenden Gewinn handelt (vgl. v. TUHR, OR I § 13 Ziff. 10, BECKER, N. 9 zu Art. 41 und N. 31 und 34 ff. zu Art. 97 OR). Es kann dahingestellt bleiben, ob eine so indirekte Auswirkung eines Näherbaues wie der Verlust ![]() | 25 |
Grundsätzlich wäre dagegen ein Ersatz für Entwertung des Restgrundstückes in Frage gekommen. Eine solche Entwertung ist aber nicht erwiesen und angesichts der Ausdehnung des Grundstückes des Klägers nicht anzunehmen.
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7. Wenn der Kläger gemäss dem insofern endgültig gewordenen erstinstanzlichen Urteil den Preis eines Landstreifens von 76 cm Breite mit Fr. 1050.-- ersetzt erhält, wird er für die Folgen des unerlaubten Näherbaues der Beklagten reichlich entschädigt. Rückt er mit einem künftigen Miethausbau wirklich um soviel über den gesetzlichen Grenzabstand von 1,50 m hinaus von der Westgrenze weg, so gibt dazu gewiss nicht die um 76 cm zu weit vorspringende ![]() | 27 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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