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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Jana Schmid, A. Tschentscher | |||
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58. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Oktober 1956 i.S. Romann gegen Volkart und Sutz. | |
Regeste |
Art. 62, 64 OR. |
b) Zuwendung im Hinblick auf die zwischen dem Empfänger und der Tochter des Zuwendenden versprochene Ehe (Erw. 7). Da der Grund der Zuwendung noch nicht verwirklicht war, musste der Empfänger mit der Rückerstattung rechnen (Erw. 8). |
c) Bemessung des zurückzuerstattenden Betrages; der gutgläubige Empfänger der Zuwendung darf nach der Rückerstattung nicht schlechter dastehen, als wenn die Zuwendung unterblieben wäre (Erw. 9). | |
Sachverhalt | |
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Romann, der bisher zusammen mit seinen Eltern im Hause seines Vaters in Dielsdorf eine Metzgerei geführt hatte, liess auf der neu erworbenen Liegenschaft bedeutende Umbauarbeiten vornehmen, bewog seine Eltern, Geschäft und Grundbesitz in Dielsdorf zu verkaufen, zog im Mai 1950 mit ihnen in Rümlang ein und übernahm hier den Betrieb des Geschäftes.
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Am 29. März 1951 starb Jean Volkart. Er wurde von seinen Kindern Margrit Volkart, Hans Volkart und Elisabeth Sutz beerbt.
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Am 18. Juni 1951 löste Romann sein Verlöbnis mit Margrit Volkart auf.
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B.- Am 7. Juli 1952 klagten die Erben des Jean Volkart beim Bezirksgericht Dielsdorf gegen Eugen Romann mit den Begehren, er sei zu verpflichten, ihnen Fr. 70 000.-- nebst 5% Zins ab 1. März 1949 zu bezahlen, eventuell ihnen die Liegenschaft gegen Rückerstattung von Fr. 90 000.-- und gegen Erstattung des vom Beklagten geschaffenen Mehrwertes zu übertragen. Sie machten geltend, im Verkauf der Liegenschaft zu bewusst stark untersetztem Preise liege eine unentgeltliche Zuwendung im Hinblick darauf, dass der Empfänger die Tochter des ![]() | 5 |
Der Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen.
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Das Bezirksgericht hiess sie dahin teilweise gut, dass es ihn verurteilte, den Klägern Fr. 28'500.-- nebst 5% Zins seit 9. Februar 1949 zu bezahlen.
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Das Obergericht des Kantons Zürich, an das beide Parteien appellierten und vor dem sie an ihren Anträgen festhielten, änderte am 30. September 1955 das Urteil dahin ab, dass es den Klägern Fr. 35'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951 zusprach. Es ging davon aus, Jean Volkart habe dem Beklagten Liegenschaft und Mobiliar um Fr. 65 750.-- unter dem Verkehrswert verkauft. Zurückzuerstatten sei aber nur der Unterschied zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Preise, den die Parteien vernünftigerweise verabredet hätten, wenn der Verkäufer nicht, wie es beiden Teilen bewusst sein musste, eine unentgeltliche Zuwendung hätte vornehmen wollen. Dieser Unterschied hange nicht nur von objektiven Umständen ab. In einem billigen Kaufpreis liege nicht ohne weiteres eine unentgeltliche Zuwendung, da es durchaus natürlich sei, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohne eine solche billiger überlasse als einem Fremden, ohne damit geradezu eine Schenkung machen zu wollen. Auch hätte der Beklagte, dem eine Metzgerei in Dielsdorf zur Verfügung gestanden habe, kaum die Liegenschaft in Rümlang erworben, wenn er dafür soviel hätte bezahlen müssen wie irgend ein Dritter. Der Beklagte könne nicht auf einem Umwege gezwungen werden, einen Kaufpreis zu bezahlen, den er niemals angeboten hätte. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Beklagte im Vertrauen auf die Endgültigkeit des Erwerbs grosszügiger umgebaut habe, als wenn er den vollen Verkehrswert hätte bezahlen müssen.
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C.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung erklärt mit den Anträgen, es sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuer Entscheidung an die kantonale Instanz zurückzuweisen.
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Die Kläger haben die Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Fr. 56'000.-- nebst 5% Zins seit 9. Oktober 1951.
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D.- Die Kläger beantragten Abweisung der Berufung, der Beklagte Abweisung der Anschlussberufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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5. Nicht jeder Vertrag, in dem Leistung und Gegenleistung nicht gleichviel wert sind, ist ein gemischter. Die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien ![]() | 15 |
Die Tatsache, dass Volkart dem Beklagten für die Kaufgegenstände einen objektiv um Fr. 65'750.-- zu niedrigen Preis verlangt hat, macht daher für sich allein das Geschäft nicht zu einem gemischten. Anderseits wird ein solches nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte behauptet, er habe keine unentgeltliche Zuwendung erhalten wollen, sondern nur deshalb einen so geringen Preis bezahlt, weil er die Liegenschaft auf Abbruch gekauft habe. Nicht was der Beklagte tatsächlich gewollt hat, ist massgebend, sondern auf den Inhalt der übereinstimmenden Willensäusserungen, die den Vertrag zustande bringen (Art. 1 OR), kommt es an.
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Die Umstände aber geben dem Vertrage den Sinn eines gemischten Geschäftes. Der vereinbarte Preis liegt so erheblich unter dem Verkehrswert, dass der Beklagte nicht annehmen durfte, Volkart sehe in ihm einen blossen Freundschaftspreis, wie er unter eng verbundenen Personen etwa vereinbart wird. Er lässt sich auch nicht mit einem blossen Entgegenkommen des Verkäufers im Hinblick auf den vom Käufer geplanten Umbau erklären.
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Dieser Grund hat sich nicht verwirklicht, womit insoweit die Voraussetzung der Rückerstattung gemäss Art. 62 OR erfüllt ist. Eines Vorbehaltes der Rückforderung für den Fall der Auflösung der Verlobung bedurfte es nicht; der Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung ergibt sich aus dem Gesetz. Dass Volkart keinen dahingehenden Vorbehalt in den Vertrag aufnahm, bedeutet daher nicht Verzicht; die gegenteilige Auffassung des Beklagten hält nicht stand.
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Ebensowenig lässt die Rückerstattungspflicht sich mit der Überlegung bestreiten, die Zuwendung hange mit dem nicht verwirklichten Grund nicht ursächlich zusammen, weil das, was Vater Volkart gewollt habe, nicht durch ihn, sondern durch den Beklagten selbst, nämlich durch den mit eigenen Mitteln erstellten Umbau erreicht worden sei. Grund der Zuwendung war die Heirat, nichts anderes, und da die Ehe nicht zustande kam, hängt die Bereicherung mit der Nichtverwirklichung des Zuwendungsgrundes ursächlich zusammen.
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8. Das Obergericht erachtet die Einwendung des ![]() | 23 |
Diese Auffassung ist zutreffend. Der Beklagte vermag sie nicht mit der Begründung zu widerlegen, der Vertrag, dessetwegen Volkart leistete, nämlich die Verlobung, sei ja im Augenblick der Zuwendung schon abgeschlossen gewesen. Die unentgeltliche Zuwendung erfolgte nicht wegen der Verlobung und in der Erwartung, dass sie bestehen bleibe, sondern im Hinblick auf die künftige Heirat. Das war ein zwar versprochenes, aber dennoch unsicheres Ereignis, was auch immer zur Ursache seines Nichteintrittes geworden sein und wer immer sie gesetzt haben mag. Daher kommt auf den weiteren Einwand des Beklagten, er habe nicht damit rechnen müssen, dass seine Braut wichtige Gründe zur Aufhebung der Verlobung schaffen werde, nichts an. Da die Trauung nicht stattgefunden hatte, als der Beklagte die Zuwendung erhielt, musste er damit rechnen, dass es möglicherweise nicht zur Heirat komme und die Zuwendung zurückerstattet werden müsse.
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Im vorliegenden Falle ist zu berücksichtigen, dass schon ![]() | 26 |
Ferner ist durchaus natürlich, dass ein Verkäufer einem zukünftigen Schwiegersohn, auch ohne ihm eine unentgeltliche Zuwendung machen zu wollen, eine Sache billiger überlässt als einem Fremden. Auch diese Erfahrungstatsache verbietet hier, den ganzen Unterschied zwischen Verkehrswert der Kaufsache und dem vereinbarten Preis als unentgeltlich zugewendet zu behandeln.
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Endlich kommt dazu, dass der Beklagte die erworbenen Gebäude weitgehend umbauen wollte, was auch dem Verkäufer ![]() | 28 |
b) Bei der Bemessung des herauszugebenden Betrages ist ferner darauf Bedacht zu nehmen, dass der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung nach der Rückerstattung nicht schlechter dasteht, als wenn die Zuwendung nicht stattgefunden hätte. Das heisst, wer im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Zuwendung eine sein übriges Vermögen mindernde Verfügung trifft oder eine Massnahme zur Wahrung seiner Vermögensinteressen unterlässt, soll sich dafür, auch wenn den andern kein Verschulden trifft, an der empfangenen Zuwendung schadlos halten können (BGE 73 II 108f.).
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Dass der Beklagte beim Empfang der unentgeltlichen Zuwendung guten Glaubens war, die versprochene Ehe komme zustande und er dürfe die Zuwendung behalten, ist nicht bestritten. Auch ist davon auszugehen, dass er im Vertrauen auf ihre Endgültigkeit grosszügiger umgebaut hat, als wenn er den Verkehrswert hätte bezahlen müssen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass billiger Bodenerwerb oder der Kauf eines zum Umbau bestimmten Hauses zu einem unter seinem Werte stehenden Preis den Käufer leicht zu Bauauslagen bewegt, die er sonst unterliesse und denen keine entsprechende Wertvermehrung gegenübersteht. Gerade dies behaupten die Kläger vom Beklagten, wenn sie ausführen, er habe im alten Teil des ![]() | 30 |
Welches Ausmass sie erreichte, steht nicht fest, doch erübrigt es sich, hierüber Beweis anzuordnen. Der vom Beklagten zu leistende Betrag müsste ohnehin nach Ermessen bestimmt werden, weil zahlenmässige Anhaltspunkte dafür, in welchem Umfang der Unterschied zwischen Preis und Verkehrswert als unentgeltliche Zuwendung zu gelten hat, fehlen, und weil schliesslich auch "Gesichtspunkte der Billigkeit, die das Gebiet der ungerechtfertigten Bereicherung in ausgeprägtem Masse beherrscht" (BGE 73 II 108), in die Waagschale geworfen werden müssen.
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c) Unter Berücksichtigung aller erwähnten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass das Vertrauen auf die Endgültigkeit des billigen Erwerbes der Liegenschaft den Beklagten zu unnützen Bauauslagen verleitet hat, ist das Hauptbegehren der Klage nur im Umfang von Fr. 20'000.-- gutzuheissen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.- Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten.
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