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3. Urteil der II. Zivilabteilung vom 31. Januar 1957 i.S. Comminot gegen Kanton Graubünden. | |
Regeste |
Haftung des Kantons für fehlerhafte Grundbuchführung. Art. 955 Abs. 1 ZGB. |
2. Das Vorkaufsrecht ist nur dann im Grundbuch vorzumerken (Art. 959 ZGB), wenn dies ebenfalls schriftlich vereinbart wurde (Erw. 2). |
3. Wirkung und Ausübung des nicht vorgemerkten Vorkaufsrechtes. Der Grundbuchführer hat es auf Begehren des Verkäufers auch nach Anmeldung des Kaufvertrages noch zu berücksichtigen, solange der Verkäufer als Eigentümer im Hauptbuch eingetragen ist. Die grundbuchlichen Anmeldungen (Art. 963 Abs. 1 ZGB) können, solange sie nicht im Hauptbuch vollzogen sind, zurückgezogen werden (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 23. Dezember 1948 kaufte der Kläger dieses Grundstück Nr. 1563 von Weber; doch musste er es mit einschneidenden Bau- und Gewerbebeschränkungen belasten, was seinen Plänen zuwiderlief.
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C.- Im Jahre 1955 nahm der -Kläger nähere Einsicht in die Grundbuchbelege. Er kam dabei zur Überzeugung, der Grundbuchführer habe den Kaufvertrag vom 4. Juli 1947 seinerzeit zu Unrecht nicht eingetragen, und machte den Kanton Graubünden für die mit dem spätern Erwerb verbundenen Nachteile haftbar. Die auf Art. 955 Abs. 1 ZGB gestützte Klage geht auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 325'000.--.
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D.- Die kantonalen Gerichte haben die Klage, ohne den Schaden festzustellen, aus grundsätzlichen Erwägungen abgewiesen, das Kantonsgericht von Graubünden mit Urteil vom 22. Oktober 1956 anhangsweise auch wegen Verjährung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Die das Vorkaufsrecht betreffende Vertragsbestimmung lautet dahin, dieses Recht werde "auf die Dauer von 10 Jahren" und "zu den Bedingungen der Konkurrenzofferte" eingeräumt. Dem Berechtigten war damit freilich bloss ein persönlicher Anspruch zuerkannt. Eine Vormerkung war nicht vereinbart, und sie verstand sich, entgegen der Ansicht des Grundbuchführers von Chur, nicht von selbst. Sie verleiht dem Vorkaufsrecht verstärkte Wirkung (Art. 959 ZGB; GUHL in der Festgabe für das Bundesgericht, S. 141/2), die nur bei dahingehender - gleichfalls schriftlicher - Vereinbarung gerechtfertigt ist (vgl. OSTERTAG, N. 17 zu Art. 959 ZGB; HAAR, N. 12 zu Art. 681/82 ZGB). Dem Kläger ist also darin beizustimmen, dass der Kaufvertrag von 1938, der nur das Vorkaufsrecht als solches vorsah, keine Grundlage zu einer Vormerkung dieses Rechtes bot, dass somit die Vormerkung im Jahre 1938 aus gutem Grund unterblieb, und dass sie im Jahre 1947, im Anschluss an den sich als Vorkaufsfall darbietenden Verkauf der Parzelle Nr. 1563 an den Kläger, ebenfalls nicht hätte erfolgen sollen. Somit ist von einem gewöhnlichen Vorkaufsrecht auszugehen, dem nur die persönlichen Wirkungen zukamen, wie sie den Inhalt eines ![]() | 7 |
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Gewiss hätte der Grundbuchführer, wäre es bei der blossen Anmeldung des Kaufvertrages des Stiffier mit dem Kläger geblieben, diesen Vertrag eintragen sollen. In diesem Falle hätte er gar keine Veranlassung gehabt, einem Vorkaufsrecht nachzufragen, das vor mehreren Jahren in einem Kaufvertrag um ein anderes Grundstück vereinbart worden war. Nun wies aber der Verkäufer der Parzelle Nr. 1563 noch am Tage des Kaufsabschlusses den Grundbuchführer auf jenes Vorkaufsrecht hin, in der deutlichen Absicht, es zu berücksichtigen. Da der Kaufvertrag mit dem Kläger noch nicht im Hauptbuch eingetragen, der Verkäufer also noch verfügungsberechtigt war (Art. 972 ZGB), hatte der Grundbuchführer dem Vorkaufsrecht, wie es der Verkäufer wünschte, Rechnung zu tragen. Dabei ist gleichgültig, ob der Kaufvertrag bereits angemeldet worden war. Denn grundbuchliche Anmeldungen können, solange sie nicht durch Eintragung im Hauptbuche vollzogen sind, jederzeit zurückgezogen werden (vgl. HOMBERGER, N. 8, und OSTERTAG, Nr. 46 zu Art. 963 ZGB). Somit sind auch Erklärungen des verfügungsberechtigten Eigentümers zu beachten, die darauf gerichtet sind, die vorerst bedingungslose Anmeldung mit Hinweis auf ein Vorkaufsrecht an eine aufschiebende Bedingung zu knüpfen. Angesichts der dahingehenden Intervention des Verkäufers zugunsten des Vorkaufsberechtigten durch die erwähnte nachträgliche Vorsprache vom 4. Juli 1947 auf dem ![]() | 9 |
Ein Grund, weshalb die Ausübung des Vorkaufsrechtes hätte als ungültig erscheinen müssen, ist nicht ersichtlich. Auch beim nicht vorgemerkten Vorkaufsrecht (als was dasjenige des Hans Weber nach dem Gesagten zu betrachten ist) muss dem Berechtigten eine Frist zur Rechtsausübung gewährt werden. Freilich ist hiefür Art. 681 Abs. 3 ZGB nicht anwendbar, wie denn die Vorschriften von Art. 681 und 683 ZGB nur für vorgemerkte Rechte gelten und teilweise überhaupt nur die Vormerkung als solche, nicht auch das persönliche Recht betreffen (vgl.BGE 53 II 395hinsichtlich der in Art. 681 Abs. 3 und in Art. 683 Abs. 2 ZGB vorgesehenen Maximaldauer von zehn Jahren). Indessen ergibt sich einerseits eine Pflicht des Verkäufers zur Benachrichtigung des Vorkaufsberechtigten, entsprechend Art. 681 Abs. 2 ZGB, ohne weiteres nach Treu und Glauben (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 30 zu Art. 216 OR), und anderseits hat er ihm eine angemessene Frist anzusetzen, wie es hier geschehen ist.
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Wenn der Kläger erst einige Tage nach Kaufsabschluss von dem Vorkaufsrecht und von der dem Grundbuchamt gemeldeten Absicht des Verkäufers, es zu berücksichtigen, erfuhr, mochte ihm dieses Verhalten als Verletzung des Kaufvertrages erscheinen. Ob er aus diesem Gesichtspunkt, oder allenfalls wegen culpa in contrahendo, den Verkäufer hätte auf Schadenersatz belangen können, steht hier jedoch nicht zur Entscheidung. Da Stiffier es unterlassen hatte, den Kläger vor dem Kaufsabschluss über das Vorkaufsrecht des Weber aufzuklären und den Kauf an eine entsprechende Bedingung zu knüpfen, bestand für ihn ein Dilemma zwischen Kaufvertrag und Vorkaufsrecht (vgl. GöSCHKE, Das Vorkaufsrecht, in der Zeitschrift des bern. Juristenvereins 88 S. 141/2). Bei dieser Sachlage hatte er die Wahl, das Vorkaufsrecht zu berücksichtigen, auf die ![]() | 11 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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