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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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22. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1957 i.S. Albisser und Mitbeteiligte gegen Schwegler und Obergericht Luzern. | |
Regeste |
Besitzesschutz (Art. 926 ff. ZGB). |
2. Das kantonale Recht darf den Besitzesschutz nicht an strengere als die vom Bundesrecht aufgestellten Voraussetzungen knüpfen. Für eine Grunddienstbarkeit (Wegrecht) kann der Besitzesschutz (Art. 919 Abs. 2 ZGB) auch dann angerufen werden, wenn der Eigentümer des in Anspruch genommenen Landes ein allgemeines amtliches Verbot der Störung seines Eigenbesitzes erwirkt hat (Erw. 3 Anfang und lit. a). |
3. Wer den Besitzesschutz für eine Grunddienstbarkeit in Anspruch nimmt (Art. 919 Abs. 2 ZGB), hat deren rechtlichen Bestand glaubhaft zu machen (Erw. 3, b). | |
Sachverhalt | |
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B.- Seine Nachbarn Albisser, Brechbühl und Isenschmid (sowie Koch, der aber am Beschwerdeverfahren nicht mehr beteiligt ist) verlangten unverzüglich die Aufhebung des Verbotes hinsichtlich der Wegbenützung mit Motorfahrzeugen. Sie machten geltend, das streitige Wegstück sei seit jeher ihre Zufahrtstrasse. Für deren Pflege und Unterhalt hätten sie schon etliche Arbeit geleistet, namentlich beim Ausbau der Strasse im Winter 1952/53. Diese sei zum Befahren mit Automobilen geeignet, und heutzutage sei die Benützung solcher Fahrzeuge auch für Bauern unentbehrlich.
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Der Beklagte widersetzte sich der Klage. Er verneinte jegliches Durchfahrtsrecht der Kläger und erklärte, er habe zwar nichts dagegen einzuwenden, dass sie das Strässchen "in vernünftigem Masse" mit Pferdefuhrwerken und andern Fahrzeugen benützen, die eine ähnliche Belastung mit sich bringen; dagegen könne er die Benützung mit Lastwagen auch "precario modo" nicht gestatten.
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C.- Der Amtsgerichtspräsident von Entlebuch wies die Verbotsaufhebungsklage ab, weil die Kläger nicht in der Lage seien, urkundliche Fahrwegrechte nachzuweisen. Im gleichen Sinn entschied als zweite Instanz die Justizkommission des luzernischen Obergerichtes. Deren Entscheid vom 27. Dezember 1956 gelangte zum Ergebnis, es ![]() | 4 |
D.- Gegen diesen Entscheid haben die Kläger Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, mit der sie die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechtes rügen (Art. 68 Abs. 1 lit. a OG). Sie machen geltend, ihre Klage hätte als reine Besitzesschutzklage nach Art. 926 ff. ZGB, ohne Prüfung des Rechtsbestandes, beurteilt werden sollen. Statt dessen habe das Obergericht auf Grund einer kantonalen Prozessnorm (§ 350 Abs. 2 der luzernischen ZPO) die Glaubhaftmachung einer materiellen Berechtigung verlangt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Eine Zivilsache liegt zweifellos vor, da die Kläger den Besitzesschutz für eine Dienstbarkeit in Anspruch genommen haben. Und zwar hat die Justizkommission des Obergerichts als letzte kantonale Instanz geurteilt. Endlich ist nicht etwa ein Endentscheid ergangen, der bei genügendem Streitwert der Berufung unterläge, sondern ein blosser Zwischenentscheid im summarischen Verfahren (vgl. BGE 81 II 85), wie denn die Kläger auf den ordentlichen Prozessweg verwiesen worden sind.
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2. Die Verweisung in das ordentliche Verfahren bedeutet an und für sich keinen Einbruch in das Bundesrecht. Dieses schreibt für Besitzesschutzklagen nach ![]() | 8 |
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a) Neben dem bundesrechtlichen Besitzesschutz durch Selbsthilfe (Art. 926 ZGB) oder Klage (Art. 927 und 928 ZGB) gibt es einen administrativen und polizeilichen Besitzesschutz nach kantonalem Recht, wie ihn hier der Grundeigentümer durch Erwirkung eines amtlichen Verbotes ![]() ![]() | 10 |
b) Darüber, ob die Beschwerdeführer am streitigen Wege Besitz kraft einer Grunddienstbarkeit haben (Art. 919 Abs. 2 ZGB), konnte die Vorinstanz nun aber nur nach Prüfung des Bestandes und Umfanges des behaupteten Dienstbarkeitsrechtes entscheiden. Die Benützung eines Weges durch einen Nachbar, mag sie auch seit längerer Zeit und oft vorgekommen sein, darf nicht ohne weiteres als Ausübung eines Rechtes, zumal eines dinglichen, gelten. Kann sie doch unerlaubt sein oder aus blosser Gefälligkeit, auf Zusehen hin, ohne Einräumung eines Rechtes gestattet oder geduldet worden sein. Eine Grunddienstbarkeit kann nur ausüben, wem eine solche zusteht. Zur Errichtung bedarf es nach Art. 731 ZGB der Eintragung in das Grundbuch (oder, nach luzernischem Recht, der sog. Vormerkung am Hypothekarprotokoll; § 131 Ziff. 1 lit. b des EG zum ZGB). Deshalb wird als erste Voraussetzung eines auf Grunddienstbarkeit gestützten Besitzesschutzes der Grundbucheintrag bezeichnet (vgl. HOMBERGER, N. 22 zu Art. 919 ZGB). Nun ist den Beschwerdeführern allerdings darin beizustimmen, dass altrechtliche Grunddienstbarkeiten auch ohne Emtragung bis auf weiteres in Kraft bleiben (Art. 21 SchlT des ZGB). Wenn sie sich aber auf diese Rechtsgrundlage berufen wollten, hatten sie den rechtlichen Bestand der Grunddienstbarkeit nach den dafür geltenden Normen des kantonalen Rechtes glaubhaft zu machen. Davon geht der angefochtene Entscheid zutreffend aus und hält sich damit, wie dargetan, im Rahmen der bundesrechtlichen Voraussetzungen des Besitzesschutzes. Somit kann ihm nicht die Anwendung kantonalen statt eidgenössischen Rechts vorgehalten werden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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