BGE 83 II 284 | |||
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42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. September 1957 i.S. Wohnbau A.-G. gegen Pensionskasse Schweiz. Elektrizitätswerke. | |
Regeste |
Aktienrecht, Art. 628, 636 OR. |
Sachübernahmegründung, Begriff und Voraussetzungen (Erw. 3). |
Folgen der Nichtbeachtung der Vorschriften über die Sachübernahmegründung (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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Die Pensionskasse Schweiz. Elektrizitätswerke (PKE) gewährte in den Jahren 1947/48 einem Bauunternehmer Baukredite für die Errichtung von vier Wohnhäusern in Zug. Da der Unternehmer während der Bauausführung in Konkurs geriet, liess die PKE die Häuser auf eigene Rechnung fertigstellen und ersteigerte sie auf der konkursamtlichen Steigerung im Juni 1950.
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E. Gasser, Inhaber eines Verwaltungsbüros, Baumeister Weber und Ing. Nardi beschlossen im Frühjahr 1951, die "Wohnbau A.-G." zu gründen zum Zwecke des An- und Verkaufs von Wohnhäusern. In erster Linie sollte die geplante A.-G. die oben erwähnten Wohnhäuser der PKE erwerben, von deren Verkäuflichkeit die Gründer durch persönliche und geschäftliche Beziehungen mit dem Geschäftsführer der PKE, Egger, erfahren hatten. Als Kaufpreis wurde der Betrag von Fr. 175'000.-- pro Haus in Aussicht genommen. Egger versprach den Gründern ein Darlehen der PKE für die Aufbringung des Aktienkapitals.
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Am 6. Juni 1951, unmittelbar vor der konstituierenden Generalversammlung der Wohnbau A.-G., wurde zwischen der PKE und den drei Gründern ein Vertrag abgeschlossen, wonach die letzteren von der PKE ein Darlehen von Fr. 100'000.-- erhielten, das als Gründungskapital der Wohnbau A.-G. zu verwenden war. Die damit zu liberierenden Aktien sollten bis zur Ablösung des Darlehens bei der Darlehensgeberin treuhänderisch hinterlegt werden. Der Darlehensbetrag war bereits vor dem 6. Juni 1951 durch die PKE bei der Kantonalbank Zug als der kantonalen Depositenstelle gemäss Art. 633 OR einbezahlt worden.
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An der konstituierenden Generalversammlung genehmigten die Gründer die Statuten, in denen das Grundkapital der Gesellschaft auf Fr. 100'000.--, eingeteilt in 100 volleinbezahlte Inhaberaktien, festgesetzt wurde. Die Statuten enthielten keinen Hinweis darauf, dass Liegenschaften in die Gesellschaft eingebracht würden oder dass die Gesellschaft solche übernehme. Die Gründer bestätigten, sämtliche Aktien übernommen zu haben, und auf Grund einer Bescheinigung der Kantonalbank Zug wurde die vollständige Einzahlung des Aktienkapitals festgestellt.
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Die Wohnbau A.-G. wurde am 21. Juni 1951 im Handelsregister eingetragen. Ihre sämtlichen Aktien gingen gemäss den im Darlehensvertrag mit den Gründern getroffenen Vereinbarungen in den Gewahrsam der PKE über.
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Am 20. Juni 1951, also am Tag vor der Eintragung im Handelsregister, kaufte die Wohnbau A.-G. von der PKE die oben erwähnten Liegenschaften. Der Preis von je Fr. 175'000.-- wurde durch Errichtung von Schuldbriefen für je Fr. 150'000.-- und durch Barzahlung von Fr. 25'000.-- getilgt. Die Mittel für diese Barzahlungen wurden von der PKE zur Verfügung gestellt.
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Am 17. August 1951 überwies die Wohnbau A.-G. der PKE Fr. 100'000.--.
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In der Folge stiessen die Gründer der Wohnbau A.-G.
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Der von der Generalversammlung der neuen Aktionäre bestellte Verwaltungsrat erhob gegen die PKE Klage auf Nichtigerklärung der Liegenschaftskaufverträge vom 20. Juni 1951, weil nicht eine Bargründung, sondern eine verschleierte Sacheinlagegründung oder mindestens eine Sachübernahmegründung vorgelegen habe, bei der die Vorschriften von Art. 628 OR nicht beachtet worden seien.
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Das Obergericht des Kantons Zug schützte dieses Rechtsbegehren.
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Das Bundesgericht bestätigt den angefochtenen Entscheid.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Bei der Gründung der Wohnbau A.-G. handelte es sich entgegen dem Hauptstandpunkt der Klägerin nicht um eine Sacheinlagegründung im Sinne von Art. 628 OR. Die drei Gründeraktionäre, die das volle Aktienkapital von Fr. 100'000.-- zeichneten, leisteten ihre Einlagen nicht durch Sachwerte, sondern in Geld, das sie als Darlehen von der PKE erhielten. Die Behauptung der Klägerin, der Darlehensvertrag sei simuliert gewesen, findet in den Akten keine Stütze. Insbesondere kann nichts daraus abgeleitet werden, dass die PKE das Darlehen nicht zuerst an die drei Darlehensnehmer aushändigte, sondern es der Einfachheit halber und vernünftigerweise direkt an die Zuger Kantonalbank als gesetzliche Einzahlungsstelle gemäss Art. 633 Abs. 3 OR einzahlte. Diese Einzahlung war auch im Gegensatz zu den von der Klägerin herangezogenen Fällen BGE 59 II 436 ff. und BGE 64 II 279 f. nicht bloss vorgetäuscht und beruhte nicht auf einem blossen Buchungsmanöver, sondern das Geld wurde tatsächlich überwiesen. Die Ernstlichkeit des Darlehensgeschäftes wird auch dadurch bestätigt, dass die Darrlehenssumme tatsächlich verzinst wurde. Ferner wurde das Darlehen allmählich abbezahlt aus dem Erlös, der durch die an Zahlungsstatt erfolgte Abgabe von Aktien an Handwerker anderer Bauten erzielt wurde. Anders als in dem von der Klägerin weiter angerufenen Falle BGE 76 II 315 f. wurde das Gründungskapital auch nicht etwa nur pro forma, d.h. nur für den Gründungsakt, zur Verfügung gestellt mit der Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung nach Veröffentlichung der Gesellschaftsgründung. Die A.-G. erhielt vielmehr die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Gründungskapital und verwendete dieses zum Ankauf der streitigen Liegenschaften. Auch bei der am 17. August 1951 erfolgten Überweisung von Fr. 100'000.-- durch die Wohnbau A.-G. an die PKE handelte es sich entgegen der Darstellung der Klägerin nicht um eine Rückzahlung des Gründungskapitals, sondern um die Rückvergütung eines von der PKE am 20. Juni 1951 geleisteten Vorschusses zur Zahlung des von der Klägerin geschuldeten Kaufpreisrestes von 4 x Fr. 25'000.--; denn da die Gesellschaft erst am 21. Juni 1951 im Handelsregister eingetragen wurde, konnte sie bei den am 20. Juni erfolgten Kaufsabschlüssen über das bei der Depositenstelle liegende Gründungskapital noch nicht verfügen (Art. 633 Abs. 3 OR) und benötigte daher einen Vorschuss in der genannten Höhe, um die Liegenschaften erwerben zu können.
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Unter diesen Umständen kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine verschleierte Einlagegründung angenommen werden, bei der die drei Gründer lediglich als Strohmänner der als wirkliche Gründer zu betrachtenden Liegenschaftsverkäufer aufgetreten wären.
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3. Dagegen stellten die Liegenschaftskäufe vom 20. Juni 1951 Sachübernahmen im Sinne von Art. 628 Abs. 2 OR dar, wie die Klägerin eventuell geltend macht und auch die Beklagte anerkennt. Diese hätten zu ihrer Gültigkeit der in Art. 628 Abs. 2 OR vorgeschriebenen Angaben in den Statuten und überdies der besonderen Beschlussfassung gemäss Art. 636 OR bedurft. Beides ist unterblieben. Der als Urkundsperson mit der Gründung beauftragte Anwalt hat als Zeuge zur Erklärung dieser Unterlassung vorgebracht, die in Frage stehenden Liegenschaftskäufe hätten in den Statuten nicht erwähnt werden müssen, weil noch keine Verpflichtung zur Übernahme der Häuser gegeben gewesen sei.
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a) In der Literatur wird in der Tat die Auffassung vertreten, eine Sachübernahme im Sinne von Art. 628 Abs. 2 OR liege nur vor, wo die Übernahme vor der Eintragung der A.-G. ins Handelsregister fest und verbindlich vereinbart wurde (so LEHNER, SJZ 44 [1948] S. 133 ff., 152 ff.; A. WIELAND, SJZ 45 [1949] S. 33 ff., 51 ff.). Im Gegensatz hiezu geht die herrschende Meinung dahin, eine Sachübernahme sei auch dort anzunehmen, wo noch keine verbindlichen, namentlich keine formverbindlichen Abkommen vorliegen, wohl aber "einigermassen feste Absichten für die nächste Zukunft und eine fast sichere Aussicht auf Verwirklichung derselben besteht" (so SIEGWART, Art. 628 OR N. 55; WEHRLI, Die Sachübernahmegründung, S. 72 ff.; FUNK, Kommentar zu Art. 628 OR; v. STEIGER, Das Recht der A.-G., 2. Aufl. S. 77 f.; FURLER, SJZ 45 [1949] S. 133; SCHUCANY, Art. 753 OR N. 6.).
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b) Selbst wenn man sich der zuerst genannten engeren Umschreibung des Begriffs der Sachübernahme anschliessen wollte, wäre im vorliegenden Fall eine solche anzunehmen; denn hier erfolgte die feste und verbindliche Übernahmeverpflichtung, nämlich der Abschluss der öffentlich beurkundeten Kaufverträge, wohl nach der konstituierenden Generalversammlung vom 6. Juni 1951, aber vor der Eintragung der A.-G. im Handelsregister, durch den erst das Gründungsstadium beendigt wurde und die Gesellschaft die Rechtspersönlichkeit erlangte. Eine dergestalt zwischen Gründungsversammlung und Handelsregistereintrag erfolgte Übernahme von Vermögenswerten wird auch von den Vertretern der engeren Auffassung als Sachübernahme im Sinne des Gesetzes angesehen, die eine Statutenergänzung und die Einberufung einer neuen Generalversammlung nötig mache (LEHNER, a.a.O. S. 155 Ziff. 9).
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c) Aber auch abgesehen hievon wäre dem weiter gefassten, strengeren Begriff der Sachübernahme der Vorzug zu geben, da dies allein dem Schutzzweck von Art. 628 Abs. 2 und 636 OR zu genügen vermag. Denn sonst wäre es für die Beteiligten ein Leichtes, die gesetzlichen Schutzbestimmungen dadurch zu umgehen, dass sie eine geplante Übernahme von Sachwerten bis in alle Einzelheiten vorbereiten, den verbindlichen Abschluss aber bis nach erfolgter Eintragung der Gesellschaft hinausschieben; damit wäre der vom Gesetz angestrebte Schutzzweck vereitelt. Dabei versteht sich von selbst, dass nicht jede geringfügige Anschaffung von Möbeln, Bureaumaterial und dergl. für die künftige A.-G. eine Sachübernahme im Sinne des Gesetzes darstellt. Es muss sich um Geschäfte von grösserer wirtschaftlicher Bedeutung handeln, durch welche das Grundkapital der A.-G. geschwächt wird und die deswegen geeignet sind, auf den Kaufsentschluss späterer Aktienerwerber oder die Kreditgewährung allfälliger Gläubiger einen Einfluss auszuüben (SIEGWART, Art. 628 OR N. 56; WEHRLI, a.a.O. S. 86 ff.).
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Diese strengere Auffassung entspricht den Tendenzen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung über Gesellschaftsgründung und Gründerverantwortlichkeit. So wurde in BGE 59 II 446 der Fall des Abschlusses eines Kaufvertrages erst nach der Eintragung der A.-G. im Handelsregister ausdrücklich vorbehalten. In dem (nicht veröffentlichten) Entscheid vom 12. Februar 1944 in der Handelsregistersache der Société Anonyme "Au Foyer Standard" hat das Bundesgericht sodann eindeutig erklärt, eine Sachübernahme gemäss Art. 628 Abs. 2 OR liege auch dort vor, wo der Erwerb eines Warenlagers durch die Gesellschaft vor der Gründung ins Auge gefasst und unmittelbar nachher in die Tat umgesetzt werde.
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Dieser Entscheid stützte sich offensichtlich auf die Vorschrift von Art. 81 Abs. 2 HRV, wonach der Registerführer zu prüfen hat, ob die Gesellschaft von Aktionären oder Dritten Vermögenswerte übernimmt oder unmittelbar nach der Gründung oder Kapitalerhöhung übernehmen soll. Da nach dem oben Gesagten die weiter gefasste Umschreibung des Begriffs der Sachübernahme zutreffend ist, kann diese Bestimmung entgegen der Ansicht von LEHNER, a.a.O. S. 157 f., und A. WIELAND, a.a.O. S. 52 nicht als gesetzwidrig bezeichnet werden. Sie ist gegenteils eher zu eng formuliert; denn es kommt nicht nur eine Übernahme von Sachwerten in Betracht, die unmittelbar nach der Gründung oder Kapitalerhöhung erfolgt, sondern auch eine erst für später vorgesehene, sofern sie nur zum Voraus geplant und ihre Ausführung z.B. mit Rücksicht auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrates als einigermassen sicher anzusehen ist (vgl. hiezu auch BGE 59 II S. 447 Mitte).
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4. Die Folge der Nichtbeachtung der Vorschrift von Art. 628 Abs. 2 OR und Art. 636 OR bei der Gründung der Wohnbau A.-G. ist die Nichtigkeit der Übernahme, d.h. des Erwerbes der vier Wohnhäuser durch die Klägerin. Das ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift und ist denn auch die einhellige Auffassung von Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. BGE 64 II 282, BGE 79 II 177; SIEGWART, Art. 628 OR N. 20, 34, 52, insbes. 54 und 58; SCHUCANY, OR Art. 753 N. 6; FUNK, OR Art. 628 N. 3; F. v. STEIGER, Recht der A.-G., 2. Aufl., S. 82 f.; LEHNER, a.a.O. S. 156). Die Nichtigkeit ist absolut, und der ungültige Übernahmevertrag kann daher nicht gültig werden durch Zeitablauf, Erfüllung oder einfache Genehmigung durch die Gesellschaft (BGE 64 II 282). Heilbar ist der Mangel durch Statutenänderung gemäss Art. 628 und 636 OR und durch Handelsregistereintrag. Weil einfache Genehmigung durch die Gesellschaft den Mangel nicht zu beheben vermag, ist es entgegen der Meinung der Beklagten ohne rechtliche Bedeutung, dass die Generalversammlung der Klägerin vom 13. Januar 1953 den ersten Geschäftsbericht, Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung genehmigte und den Verwaltungsrat entlastete. ....
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