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45. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. September 1957 i.S. Koh-i-noor Bleistiftfabrik L. & C. Hardtmuth, Nationalunternehmen gegen Fabrique de Crayons Koh-i-noor L. & C. Hardtmuth S.à r.l. und Koh-i-noor Bleistiftfabrik L. & C. Hardtmuth. | |
Regeste |
1. Schutz der Fabrik- oder Handelsmarke, internationales Recht. |
b) Ob die schweizerischen Schutzrechte an einer Marke von einem im Ausland Niedergelassenen auch geltend gemacht werden können, wenn er das Geschäft, für dessen Erzeugnisse die Marke bestimmt war, nicht oder nur teilweise erwirbt oder behält, beurteilt sich nach schweizerischem Recht (Erw. 3 lit. a). |
c) Art. 6 und 9 MMA bewirken nicht, dass die schweizerischen Schutzrechte an der beim internationalen Büro hinterlegtenMarke untergehen, wenn dem ausländischen Hinterleger die Rechte im Ursprungsland enteignet werden (Erw. 5). |
d) Art. 9 MMA. Die ungerechtfertigte Übertragung im internationalen Register verleiht dem Eingetragenen keine Rechte an der Marke (Erw. 6). |
e) e) Art. 5 und 9 MMA verbieten dem Verbandsland nicht, eine im internationalen Register vermerkte ungerechtfertigte Übertragung für sein Gebiet als ungültig zu erklären. Wie ist registermässig vorzugehen, wenn das geschieht? (Erw. 8). |
2. Schutz der Fabrik- oder Handelsmarke, schweizerisches Recht. |
a) Art. 11 Abs. 1 MSchG. Geht die Marke unter, wenn dem Inhaber Teile seines Geschäftes ohne die Marke enteignet werden? (Erw. 3 lit. b-d). |
b) Art. 9 Abs. 1 MSchG. Gebrauch der Marke durch einen Lizenznehmer steht dem Gebrauch durch den Inhaber der Marke gleich. Wann ist die Unterlassung des Gebrauchs hinreichend gerechtfertigt? (Erw. 4). .. |
c) Art. 16 MSchG, Art. 2 ZGB. Die ungerechtfertigte Übertragung im Register und der Gebrauch der Marke durch den Eingetragenen verleihen diesem keine Rechte an der Marke. Handelt der Verletzte, der vom Eingetragenen Erzeugnisse bezogen hat, rechtsmissbräuchlich, wenn er sich dem weiteren Gebrauch der Marke durch ihn widersetzt? (Erw. 6). |
3. Schutz der Firma, internationales Recht. |
Art. 13 Abs. 2 des Handelsvertrages zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakei vom 24. November 1953 und Art. 8 PVÜ berechtigen den in der Tschechoslowakei Niedergelassenen nicht, seine Firma in der Schweiz auch dann zu gebrauchen, wenn sie vorgehende Rechte anderer verletzt (Erw. 7). | |
Sachverhalt | |
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Durch Dekret Nr. 100 des Präsidenten der Tschechoslowakei vom 24. Oktober 1945 wurden mit Wirkung ab 27. Oktober 1945, dem Tage der Veröffentlichung des Dekretes, gewisse Industriebetriebe verstaatlicht. Der Handelsminister stellte daher am 27. Dezember 1945 fest, dass das Unternehmen der Koh-i-noor Bleistiftfabrik ![]() | 2 |
Das Nationalunternehmen veranlasste in der Folge, dass 21 Fabrikmarken, die beim internationalen Büro in Bern als Eigentum der in Budweis niedergelassenen offenen Handelsgesellschaft eingetragen waren, am 10. Februar 1947 auf seinen Namen übergeschrieben wurden. Einige davon sind seither erneuert worden. Die 21 Marken tragen gegenwärtig die Nummern 168'327, 174'908, 174'909, 182'681, 190'455, 190'457, 103'358, 104'176, 105'969, 108'516, 108'518, 108'519, 110'588, 135'676, 135'858, 136'446, 139'560, 140'088, 145'247, 146'751. Ferner liess das Nationalunternehmen sich am 3. Juli 1947 beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum als neuen Eigentümer der von der Budweiser Gesellschaft hinterlegten schweizerischen Marke Nr. 108'471 eintragen.
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Zur Zeit der Verstaatlichung des Unternehmens bestand die offene Handelsgesellschaft aus sieben Gesellschaftern. Sie verliessen die Tschechoslowakei, und die Mehrheit der leitenden Angestellten folgte ihnen. Am 3. April 1950 beschlossen alle Gesellschafter, den Sitz der Gesellschaft von Budweis nach Paris zu verlegen und sie, unter Beibehaltung des bisherigen Zweckes, in eine Gesellschaft ![]() | 4 |
Die Fabrique de Crayons Koh-i-noor L. & C. Hardtmuth S.à r.l. liess am 5. Juni 1951 die Marken Koh-i-noor, Mephisto, Elephant, Hardtmuth und die Bildmarke Elephant unter Nr. 138'909 bis 138'913 in das schweizerische Register eintragen. Diese Warenzeichen stimmen alle mit den auf das tschechoslowakische Nationalunternehmen übertragenen Marken überein oder sind ihnen ähnlich.
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Die Koh-i-noor Bleistiftfabrik L. & C. Hardtmuth in Wien, die früher die der Budweiser Gesellschaft zustehenden Marken auf Grund einer Lizenz gebraucht hatte, wurde nun von der Fabrique de Crayons Koh-i-noor L. & C. Hardtmuth S.à r.l. ermächtigt, sie auf eigenen Namen ![]() | 6 |
B.- Am 21. Mai 1952 reichten die Pariser und die Wiener Firma gegen das Budweiser Nationalunternehmen beim Handelsgericht des Kantons Bern Klage ein. Die berichtigten Klagebegehren lauteten:
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"1. Es sei der Beklagten gerichtlich zu verbieten, zur Kennzeichnung ihrer Produkte oder sonstwie im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnungen Koh-i-noor, Hardtmuth, Mephisto, Elephant oder das Bild eines Elephanten zu verwenden, unter Androhung der gesetzlichen Folgen im Widerhandlungsfalle.
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2. Es sei der Beklagten gerichtlich zu untersagen, in ihren geschäftlichen Beziehungen mit der Schweiz als Firmenname, auf Drucksachen, Reklamen oder sonstwie im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnungen Koh-i-noor oder L. & C. Hardtmuth zu benützen.
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3. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die internationalen Marken Nr. 168'327, 174'908, 174'909, 182'681, 190'455, 190'457, 103'358, 104'176, 105'969, 108'516, 108'518, 108'519, 110'588, 135'676, 135'858, 136'446, 139'560, 140'088, 145'247 und 146'751, soweit sie die Schweiz betreffen, der Klägerin 1 zustehen, und es sei diese zu ermächtigen, im Sinne einer Übertragung dieser Zeichen entsprechende Neueintragungen im schweizerischen Markenregister auf ihren Namen vorzunehmen und gleichzeitig die erwähnten internationalen Marken für das Gebiet der Schweiz löschen zu lassen. Eventuell: Die in Ziff. 3 genannten internationalen Marken seien für das Gebiet der Schweiz als ungültig zu erklären und zu löschen.
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4. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die schweizerische Marke Nr. 108'471 der Klägerin 1 zustehe, und das Zeichen sei im schweizerischen Markenregister auf die Klägerin 1 zu übertragen. Eventuell: Die schweizerische Marke Nr. 108'471 der Beklagten sei als ungültig zu erklären."
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Die Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen.
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Mit Urteil vom 29. März 1957 hiess das Handelsgericht die Klagebegehren 1 und 2 sowie die Hauptbegehren 3 und 4 gut.
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C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt, das Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Handelsgericht zurückzuweisen.
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Die Klägerinnen beantragen Abweisung der Berufung.
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a) Soweit es um das Recht an der schweizerischen Marke Nr. 108'471 geht, scheitert der Einwand der Beklagten ohne weiteres an den Überlegungen, aus denen in BGE 82 I 197 ff. entschieden worden ist, ein fremder Staat könne das Recht an einer in der Schweiz hinterlegten Fabrik- oder Handelsmarke nicht enteignen. Die Beklagte hält diesem Entscheid lediglich entgegen, das Bundesgericht habe Art. 6 lit. D der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVÜ) in der Londoner Fassung von 1934 (BS 11 991) herangezogen, wonach nationale Marken vom Tage ihrer Eintragung an als unabhängig von der Marke im Ursprungsland gelten, dabei aber übersehen, dass die Tschechoslowakei die Londoner Fassung nicht ratifiziert habe, sondern auf die Haager Fassung von 1925 (BS 11 977) verpflichtet geblieben sei, welche die erwähnte Norm nicht enthalte. Dieser Einwand geht jedoch fehl. Der in BGE 82 I 197 ff. veröffentlichte Entscheid ist mit eingehenden Ausführungen dahin begründet worden, die tschechoslowakischen Enteignungserlasse dürften auf Vermögen, das in der Schweiz liege, nicht angewendet werden, da sie ausländisches öffentliches Recht ![]() ![]() | 17 |
b) Die gleiche Auffassung liegt Art. 4 Abs. 1 der Madrider Übereinkunft betreffend die internationale Eintragung der ![]() ![]() | 18 |
Es kommt auch nichts darauf an, dass Ungültigerklärungen, Löschungen, Verzichtsleistungen, Übertragungen und andere an der Markeneintragung vorgenommene Änderungen dem internationalen Büro durch die Behörde des Ursprungslandes angezeigt werden (Art. 9 MMA). Dieses Vorgehen dient lediglich der Vereinfachung des Verfahrens, wie ja das internationale Büro auch schon bei der Hinterlegung der Marke durch Vermittlung der Behörde des Ursprungslandes angegangen wird (Art. 1 MMA). Dass das Recht an der international eingetragenen Marke ein einheitliches Recht sei, das im Ursprungslande liege, kann daraus nicht geschlossen werden.
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Das ergibt sich auch nicht aus Art. 6 MMA, wonach der durch die Eintragung beim internationalen Büro erwirkte Schutz dahinfällt, wenn die Marke im Ursprungslande nicht mehr geschützt ist. Damit zieht die Madrider Übereinkunft lediglich die Folgerung aus dem auch in der Pariser Übereinkunft anerkannten Grundsatz, dass die Verbandsländer nur Marken schützen müssen, die im Ursprungsland "regelrecht eingetragen" sind (Art. 6 Abs. 1 PVÜ Haager Fassung, Art. 6 lit. A PVÜ Londoner Fassung). Die Verbandsländer brauchen nicht zu schützen, was im Ursprungslande nicht oder nicht mehr geschützt ist. Diese Abhängigkeit vom Markenschutz des Ursprungslandes steht der Auffassung nicht im Wege, dass der Schutz, den die Marke in jedem anderen Verbandsland geniesst, ein selbständiges, in jedem Lande liegendes Recht ist, das vom Ursprungslande nicht enteignet werden kann, wenn das andere Land dazu nicht Hand bietet. Für Marken, die beim internationalen Büro eingetragen sind, gilt das so gut wie für Marken, die im nationalen Register stehen. Nichts hindert anderseits ein Land, auf Grund ![]() | 20 |
Endlich vermag die Beklagte ihre Auffassung, wonach eine international eingetragene Marke im Ursprungslande liege und von diesem mit Wirkung für alle Verbandsländer enteignet werden könne, auch nicht mit der Bemerkung zu stützen, mit Bezug auf diese Marken sei "überdies am Erfordernis der Bindung der Marke an den Gewerbebetrieb des Berechtigten festzuhalten". Weder die Pariser noch die Madrider Verbandsübereinkunft enthält eine Bestimmung, die eine Marke, sei sie auch im internationalen Register eingetragen, an den Gewerbebetrieb binden würde. Wo eine solche Bindung besteht, beruht sie auf den Gesetzen des einzelnen Landes. Nach schweizerischem Recht bedeutet sie lediglich, dass die Marke nur mit dem Geschäfte übertragen werden kann, dessen Erzeugnisse sie zur Unterscheidung dient (Art. 11 Abs. 1 MSchG), nicht auch, dass die Übertragung (Enteignung) des Geschäftes oder gewisser Teile davon notwendigerweise den Übergang der Marke zur Folge habe oder die Befugnis zur Enteignung des Geschäftes das Recht zur Enteignung der Marke in sich schliesse (BGE 82 I 202). Ein international eingetragenes Zeichen steht in dieser Beziehung nicht anders da als eine Marke, die ihren Schutz in der Schweiz durch Hinterlegung beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum erlangt hat.
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Die Rechte an den im Klagebegehren 3 aufgezählten, beim internationalen Büro eingetragenen Marken konnten daher der Budweiser offenen Handelsgesellschaft durch die tschechoslowakischen Enteignungserlasse für das Gebiet der Schweiz so wenig entzogen werden wie die schweizerische Marke Nr. 108'471.
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Die Beklagte macht mit Recht nicht geltend, dass diese Fragen nach schweizerischem Recht hätten entschieden werden müssen. Die Anwendung ausländischen Rechts aber ist vom Bundesgericht nicht zu überprüfen (Art. 43 Abs. 1, 55 Abs. 1 lit. c OG). Somit steht verbindlich fest, dass die Erstklägerin die Trägerin der streitigen Markenrechte ist, möge sie mit der früheren offenen Handelsgesellschaft identisch sein oder möge sie die Stellung einer Rechtsnachfolgerin haben. Die Beklagte hält denn auch ihren im kantonalen Verfahren erhobenen Einwand, die offene Handelsgesellschaft sei infolge der tschechoslowakischen Enteignungserlasse untergegangen und die Gesellschafter hätten daher nicht ihren Sitz verlegen und sie umwandeln können, nicht mehr aufrecht.
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a) Zu Unrecht will sie diese Frage nach tschechoslowakischem ![]() | 26 |
b) Nach schweizerischem Recht kann eine Marke nur mit dem Geschäft übertragen werden, dessen Erzeugnissen sie zur Unterscheidung dient (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 MSchG). Aus dieser Bestimmung folgt, dass die Marke untergeht, wenn ihr Inhaber das Geschäft veräussert, ohne sie dessen Erwerber zu übertragen, oder wenn ihm das Geschäft ohne die Marke enteignet wird. Zum Fortbestand der Marke ist jedoch nicht nötig, dass ihr Erwerber das Geschäft in seinem ganzen Umfange miterwerbe, bezw. dass der Inhaber der Marke es in seinem ganzen Umfange behalte. Das Bundesgericht hat bereits entschieden, jedenfalls in Fällen der Übertragung der Marke an eine mit dem Veräusserer wirtschaftlich eng verbundene Firma genüge es, wenn der Veräusserer dem Erwerber die Unterlagen mitübertrage, deren er bedarf, um ein Erzeugnis mit jenen Eigenschaften herzustellen oder herstellen zu lassen, die der Marke ihren Ruf verschafft haben (BGE 75 I 348). Entsprechendes muss gelten, wenn der Inhaber der Marke Teile seines Geschäftes veräussert oder ihm solche entzogen werden. Behält er die Unterlagen, um trotzdem seinen Erzeugnissen weiterhin die wesentlichen Eigenschaften zu verleihen, die sie bisher hatten, so bleibt ihm die Marke ![]() | 27 |
c) Die Tatsache, dass der offenen Handelsgesellschaft durch Verstaatlichung ihrer in der Tschechoslowakei liegenden Vermögenswerte wesentliche Teile ihres Unternehmens verloren gegangen sind, hatte demnach nicht ohne weiteres den Untergang ihrer Marken im Gebiete der Schweiz zur Folge. Die Erstklägerin verfügt über das gesamte ausserhalb der Tschechoslowakei liegende Vermögen des Unternehmens und nimmt auch in den Beziehungen zu den dem Koh-i-noor-Konzern angehörenden Firmen und Betrieben die Stellung der ehemals in Budweis niedergelassenen Gesellschaft ein. Dazu kommt, dass sie nach der verbindlichen Feststellung des Handelsgerichts über die Rezepte und Mischbücher verfügt und das Geheimverfahren zur Herstellung der Bleistiftminen kennt, dass sie sich ferner aus den gleichen Gesellschaftern zusammensetzt, die den Budweiser Betrieb besessen haben, und dass eine grössere Zahl von Direktoren und leitenden technischen Angestellten aus diesem Betrieb zu ihr übergetreten sind. Sie verfügt damit über die nötigen Unterlagen, um ihren Erzeugnissen die wesentlichen Eigenschaften zu geben, die sie schon vor der Enteignung der Budweiser Fabrik hatten und die den Ruf ihrer Marken begründeten. Diese Unterlagen bestehen nicht lediglich in einem "distribution good will", wie die Beklagte geltend macht. Namentlich der Besitz der Rezepte und Mischbücher, die weiterhin von fachkundigen leitenden Personen des früheren Unternehmens angewendet werden, erlaubt der Erstklägerin, die Erzeugnisse in der alten Qualität herzustellen. Dabei ist unerheblich, ![]() | 28 |
Was über die den Klägerinnen verbliebenen bzw. auf sie übergegangenen Teile des Gesamtunternehmens festgestellt ist, genügt den Anforderungen, die Art. 11 Abs. 1 MSchG ![]() | 29 |
d) Die Beklagte macht geltend, das Publikum würde getäuscht, wenn die Klägerinnen die streitigen Warenzeichen gebrauchen dürften, denn der schweizerische Käufer stelle sich unwillkürlich vor, die Marke Koh-i-noor kennzeichne das Erzeugnis eines verstaatlichten tschechoslowakischen Unternehmens.
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Damit unterschiebt die Beklagte dem Käufer eine Vorstellung, die der Rechtslage widerspricht. Da der tschechoslowakische Staat die streitigen Markenrechte für das Gebiet der Schweiz nicht enteignen konnte, wird der Käufer sich nicht vorstellen, die auf dem schweizerischen Markt angebotenen Erzeugnisse, die diese Marken tragen, stammten dennoch weiterhin aus der Tschechoslowakei. Die Marken enthalten keinerlei Hinweise oder Andeutungen geographischer Natur, welche die Gedanken des Lesers oder Betrachters auf das Gebiet dieses Staates zu lenken vermöchten; insbesondere tut das auch die aus dem Indischen stammende Bezeichnung Koh-i-noor (Berg des Lichtes) nicht, die dem Namen eines britischen Kronjuwels entspricht. Der schweizerische Käufer wird gegenteils denken, die mit den streitigen Marken versehenen Erzeugnisse würden nach überlieferten Rezepten und Methoden weiterhin in den Betrieben des Koh-i-noor-Konzerns in Westeuropa hergestellt, wo der Konzern schon früher Fuss gefasst hatte. Von einer Täuschung des Publikums ![]() | 31 |
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Dass die in Budweis niedergelassene offene Handelsgesellschaft bis zur Verstaatlichung ihres dortigen Betriebes die Marken noch selber gebrauchte, ist unbestritten. Sodann steht fest, dass die Zweitklägerin am 14. Juni 1948 Waren in die Schweiz lieferte, die mit den Marken versehen waren. Unerheblich ist, dass diese Erzeugnisse von ihr nicht selber angefertigt worden waren, sondern aus alten Beständen der Budweiser Gesellschaft stammten; in der Einfuhr in die Schweiz lag nichtsdestoweniger ein Gebrauch der Marken. Er erfolgte auf Grund einer Lizenz, welche die in Budweis niedergelassene offene Handelsgesellschaft der Zweitklägerin erteilt hatte. Da diese mit jener wirtschaftlich eng verbunden war, stand der Lizenz rechtlich nichts im Wege und muss der Gebrauch durch die Lizenznehmerin als Gebrauch durch die Inhaberin der Marken gelten (BGE 61 II 59 ff.). Der Gebrauch vom 14. Juni 1948 durch die Zweitklägerin kommt somit auch der Erstklägerin zugute, die entweder mit der damaligen Inhaberin der Marken identisch oder ihre Rechtsnachfolgerin ist. Auf Art. 6bis MSchG, den das Handelsgericht herbeigezogen hat, dessen Voraussetzungen die Beklagte jedoch bestreitet, kommt dabei nichts an. Des weitern hat die Zweitklägerin nachgewiesen, dass sie nach Aufnahme ihrer eigenen Fabrikation am 15. März 1951 weiterhin ![]() | 33 |
Selbst wenn der Gebrauch während mehr als drei Jahren unterblieben wäre, könnten übrigens der Erstklägerin die Markenrechte auf Grund dieser Bestimmung nicht abgesprochen werden. Die Unterlassung wäre durch die Schwierigkeiten, die der Erstklägerin infolge der Enteignung des Budweiser Betriebes erwachsen sind, hinreichend gerechtfertigt. Ja es verstösst geradezu gegen Treu und Glauben, dass die Beklagte als Bestandteil des tschechoslowakischen Staates, der diese Schwierigkeiten herbeigeführt hat, aus dem vorübergehenden Nichtgebrauch der Marken Rechte abzuleiten versucht.
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Diesen Überlegungen folgen, hiesse, den tschechoslowakischen Enteignungserlassen Wirkungen auch für das Gebiet der Schweiz zuerkennen. Das ist, wie bereits ausgeführt, nicht zulässig. Vom Standpunkt der Schweiz aus ![]() | 36 |
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Die Frage des originären Erwerbs würde sich indessen ![]() | 38 |
An dieser Rechtslage ändern auch die Behauptungen nichts, die Klägerinnen und die dem Konzern angehörenden Firmen in England und Amerika hätten den Bestand der Beklagten immer anerkannt und zum Teil selber von ihr Ware bezogen, die Firma in Bloomsbury habe im Jahre 1947 zugegeben, für den Bezug von Minen auf die Beklagte angewiesen zu sein, und im gleichen Jahre der Papyria A. G. in Zürich empfohlen, sich von der Beklagten beliefern zu lassen; die Firma in New York habe anfangs 1946 von der Beklagten Offerten verlangt und in den Jahren 1947 und 1949 bei ihr Bestellungen gemacht und die vor dem Kriege gegründete Auffanggesellschaft Koh-i-noor Anova A. G. in Zürich habe den schweizerischen Markt der Beklagten zugeteilt. Alle diese Vorgänge erklären sich zwangslos aus den tatsächlichen Verhältnissen, die durch die Enteignung des Budweiser Betriebes und die Schwierigkeit der Gründung neuer Fabrikationsstätten des Konzerns entstanden waren. Ein Verzicht auf die ausserhalb der Tschechoslowakei liegenden Markenrechte lag darin nicht, noch hält die Auffassung der Beklagten stand, die Klägerinnen ![]() | 39 |
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Diese Auffassung hält nicht stand. Die Beklagte wird von der Schweiz, wie in Art. 13 Abs. 2 des erwähnten Handelsvertrages vereinbart, als juristische Person auch auf schweizerischem Gebiete durchaus anerkannt. Unter welchem Namen sie hier auftreten darf, sagt diese Bestimmung jedoch nicht. Insbesondere lässt sich dieser Norm nicht entnehmen, dass die juristischen Personen des tschechoslowakischen Rechts, was den Gebrauch der Firma betrifft, sich den schweizerischen Gesetzen im Gebiete der Schweiz nicht zu fügen haben, wie das auch alle ![]() | 41 |
Darf die Beklagte somit im Gebiete der Schweiz durch Gebrauch der Firma oder sonstwie die vorgehenden Rechte anderer nicht verletzen, wie auch eine in der Schweiz niedergelassene juristische Person es nicht tun darf, so hat das Handelsgericht das Klagebegehren 2 mit Recht geschützt. Die Bezeichnungen "Koh-i-noor" und "L. & C. Hardtmuth" in der Firma der Beklagten, in ihrer Reklame usw. verletzen die Rechte, welche die offene Handelsgesellschaft und somit auch die Erstklägerin an verschiedenen beim internationalen Büro hinterlegten Marken und an der schweizerischen Marke Nr. 108'471 erlangt hat, noch ehe die Beklagte gegründet worden und in der Schweiz aufgetreten ist. Es gibt zu Täuschungen ![]() | 42 |
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Die Beklagte irrt sich. Die Markenrechte der Erstklägerin sind mit der Verstaatlichung des Budweiser Betriebes nicht untergegangen. Die registermässige Übertragung auf die Beklagte vom 10. Februar 1947 sodann hat nicht positive Rechtskraft. Nichts hindert die schweizerischen Behörden, ihr für das Gebiet der Schweiz jede Wirkung abzusprechen und weiterhin die Erstklägerin als Berechtigte zu betrachten. Zu Unrecht stützt die Beklagte ihre gegenteilige Auffassung auf Art. 5 MMA. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Behörden eines Verbandslandes einer beim internationalen Büro eingetragenen Marke den Schutz verweigern können, nachdem ihnen die Eintragung mitgeteilt worden ist, und es ordnet das Verfahren, ![]() ![]() | 44 |
Registermässig aber kann die Schweiz die nur für ihr Gebiet wirkende gerichtliche Feststellung, wonach die im internationalen Register eingetragenen streitigen Marken der Erstklägerin zustehen, nicht anders zum Ausdruck bringen, als dass sie die Erstklägerin als Inhaberin dieser Marken in das schweizerische Register einträgt, und zwar insoweit formell als Rechtsnachfolgerin der im internationalen Register vermerkten Beklagten. Ausserdem sind alle Amtshandlungen vorzunehmen, die nötig sind, damit die Beklagte als weiterhin im internationalen Register vermerkte Berechtigte den Schutz dieser Marken in der Schweiz nicht mehr geniesst. Die Rechte der Beklagten an den im internationalen Register eingetragenen Marken sind also in der Schweiz zu löschen, und das internationale Büro ist davon in Kenntnis zu setzen. Mit Recht hat das Handelsgericht die Erstklägerin ermächtigt, beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum um dieses Vorgehen nachzusuchen. Die Eintragung der Erstklägerin in das schweizerische Register setzt nicht voraus, dass diese Firma zuerst im französischen Register als Berechtigte eingetragen werde. Das folgt aus Art. 7 Abs. 2 MSchG in Verbindung mit der vom Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum in den Mitteilungen der Schweizer Gruppe für gewerblichen Rechtsschutz 1954 S. 149 f. veröffentlichten Liste der Gegenseitigkeitserklärungen zwischen der Schweiz und verschiedenen Ländern, unter anderem Frankreich.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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