![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
25. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. April 1958 i.S. Frank A.-G. gegen Chemodrog A.-G. | |
Regeste |
Prokura. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Die Frank A.-G. ist eine Speditionsfirma mit Sitz in Basel und einer Filiale in Chiasso. Prokurist in Chiasso war Giuseppe Engeler; er war bis zum 12. April 1948 einzelzeichnungsberechtigt.
| 2 |
Anfangs Februar 1948 erfuhr die Chemodrog A.-G. durch ihren Angestellten Oertly, dass sich Gelegenheit biete, in Verbindung mit einer Firma Italsuisse in Mailand Zuckerimporte nach Italien mit hohem Gewinn durchzuführen; es sei vorgesehen, die Geschäfte über die Frank A.-G. in Chiasso als Treuhänderin abzuwickeln. Die Chemodrog A.-G. erklärte sich zu einer Beteiligung bereit.
| 3 |
Am 17. Februar 1948 erhielt sie von der Frank A.-G. ein durch den Prokuristen Engeler unterzeichnetes Schreiben folgenden Wortlauts:
| 4 |
"Die Italsuisse in Mailand gibt uns den Auftrag, für sie und Ihre Firma treuhänderische Funktionen bei Lebensmittelimporten und Verkäufen auszuüben. Wir kommen diesem Gesuche gerne nach und spezifizieren unsere Aufgabe wie folgt:
| 5 |
Die Italsuisse hat Lizenzen in Italien zum Kauf und Verkauf von Kuba-Zucker für die Industrie und die ENAL. Wir übernehmen den Kauf und den Verkauf der einzuführenden Quantitäten Kuba-Zucker, der entweder in Italien oder Chiasso vorrätig ist. Zu diesem Zwecke geben Sie uns in Depot:
| 6 |
Fr. 75 000.-- (fünfundsiebzigtausend Franken)
| 7 |
Wir kaufen damit Kuba-Zucker zu Welthandels-Tagespreisen, geben denselben an die entsprechenden italienischen Kunden - halbstaatliche Organisationen - gegen bar weiter.
| 8 |
Wir übernehmen die absolute Garantie für die Bezahlung der ![]() | 9 |
Am 19. Februar 1948 liess Max Regli in Durchführung der getroffenen Vereinbarungen der Filiale Chiasso der Frank A.-G. Fr. 75'000.-- überweisen.
| 10 |
Bis im Februar 1950 wurden der Chemodrog A.-G. aus Geschäften, die gemäss der oben erwähnten Vereinbarung abgewickelt wurden, insgesamt Fr. 54'000.-- an Gewinnanteilen ausbezahlt.
| 11 |
Schon am 1. August 1949 hatte Regli von der Frank A.-G. die Rückzahlung des Kapitals von Fr. 75'000.-- verlangt, jedoch ohne Erfolg.
| 12 |
In der Folge stellte sich heraus, dass bei den in Frage stehenden Zuckerimporten italienische Zollvorschriften verletzt worden waren; es waren durch Vortäuschung von Liebesgabensendungen die hohen italienischen Einfuhrzölle umgangen worden. Gegen Engeler und zahlreiche weitere Angeschuldigte wurde deswegen in Italien ein Strafverfahren wegen Schmuggels durchgeführt.
| 13 |
B.- Mit Klage vom 24. März 1955 belangte die Chemodrog A.-G. die Frank A.-G. auf die Rückzahlung der Fr. 75'000.-- nebst 5% Zins seit 1. September 1949.
| 14 |
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie bestritt ihre Passivlegitimation, weil Engeler beim Abschluss des Geschäftes seine Befugnisse überschritten habe, was für Regli erkennbar gewesen sei. Zudem sei das Geschäft wegen Widerrechtlichkeit und Verstosses gegen die guten Sitten nichtig, da es unter Vortäuschung von Liebesgabensendungen auf Schmuggel aufgebaut gewesen sei, was auch Regli gewusst habe.
| 15 |
16 | |
D.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Beklagte erneut Abweisung der Klage; sie hält an der Einrede der mangelnden Passivlegitimation und der Nichtigkeit des Geschäftes fest.
| 17 |
Die Klägerin beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
| 18 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
19 | |
a) Bei der Entscheidung darüber, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt sei, ist davon auszugehen, dass im Handelsregister als Geschäftszweck der Filiale Chiasso der Beklagten eingetragen ist: "... l'esercizio di trasporti di ogni genere, navigazzione e noleggio e in generale di tutti gli affari di spedizione e di magazzinaggio ![]() | 20 |
Es ist nun nicht streitig, dass dieser Speditionsbetrieb im vorliegenden Fall den äusseren Anlass für die Betrauung der Beklagten mit der in Frage stehenden Geschäftsbesorgung darstellte. Ein solcher rein äusserlicher Zusammenhang vermöchte jedoch an sich nicht auszureichen, um ein Handeln des Prokuristen im Rahmen seiner Vollmacht anzunehmen. Erforderlich ist vielmehr ein Zusammenhang mit dem Geschäftszweck des Unternehmens der Beklagten in dem Sinne, dass sich sagen lässt, die Übernahme eines derartigen Geschäftes durch eine Speditionsfirma erscheine objektiv betrachtet als möglich, als nicht geradezu ausgeschlossen. Dabei darf immerhin berücksichtigt werden, dass es sich um ein Geschäft handelte, das der Beklagten umfangreiche Speditionsaufträge einbrachte; in einem solchen Falle wird jede Speditionsfirma eher geneigt sein, auch ein für sie nicht alltägliches und ausserhalb des eigentlichen Geschäftsbereichs liegendes Geschäft einzugehen. Die entscheidende Frage geht deshalb dahin, ob die hier durch den Prokuristen übernommene Geschäftsbesorgung vom Geschäftszweck nicht derart weit ablag, dass trotz der damit verbundenen Speditionsaufträge deren Übernahme durch eine Speditionsfirma objektiv betrachtet als ausgeschlossen erscheinen musste.
| 21 |
b) Die Art der hier in Frage stehenden Geschäftsbesorgung ergibt sich aus dem Schreiben vom 17. Februar 1948, mit welchem der Prokurist Engeler namens der Beklagten der Klägerin die Übernahme des ihr durch die Firma Italsuisse erteilten Auftrags bestätigt hat. Es ist dort die Rede von "treuhänderischen Funktionen bei Lebensmittelimporten und Verkäufen". Die Betreuung fremder Interessen, die damit von der Beklagten übernommen wurde, ging recht weit. Es hatte offenbar die Meinung, dass die Beklagte als indirekte Stellvertreterin die Käufe und Verkäufe ![]() | 22 |
c) Angesichts dieses Sachverhaltes kann nicht gesagt werden, die Übernahme der in Frage stehenden Geschäftsbesorgung durch die Beklagte erscheine bei objektiver Betrachtung als durch den Geschäftszweck ausgeschlossen. Diese Annahme drängt sich umsomehr auf, als auch schon mit dem gewöhnlichen Speditionsgeschäft meistens Nebenleistungen versch iedenster Art verbunden sind, wie der Abschluss von Versicherungen, die Verzollung der Ware, die Veranlassung von Expertisen, vor allem aber auch die Einziehung des Fakturabetrages (vgl. OCHSE, Der Speditionsvertrag im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1933, S. 67 ff., sowie die auf S. 136 ff. abgedruckten Allgemeinen Bedingungen des Schweiz. Spediteurverbandes, vom ![]() | 23 |
d) Ist somit eine Vollmachtsüberschreitung durch Engeler zu verneinen und demzufolge die Beklagte als zur Sache passiv legitimiert zu betrachten, so erübrigt sich eine Prüfung des von der Klägerin in der Berufungsantwort eingenommenen Standpunktes, dass die Beklagte auch im gegenteiligen Falle zur Rückgabe der auf ihr Konto einbezahlten Fr. 75'000.-- verpflichtet wäre.
| 24 |
25 | |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 26 |
27 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |