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33. Urteil der H. Zivilabteilung vom 22. Mai 1958 i.S. Z. gegen Z. | |
Regeste |
Rückzug des in oberer kantonaler Instanz zugesprochenen Ehescheidungs- oder -trennungsbegehrens: |
2. Auch wenn das kantonale Scheidungs- oder Trennungsurteil auf gemeinsamen Begehren beider Parteien beruht, tritt es nicht sofort in Rechtskraft, sondern erst nach schriftlicher Mitteilung gemäss Art. 51 lit. d OG und nach Ablauf der Berufungs- und Anschlussberufungsfrist nach Art. 54 Abs. 2 OG. |
3. Gibt das kantonale Prozessrecht (Gesetz und Gerichtsgebrauch) dem kantonalen Gericht keine Befugnis, sein Urteil als durch nachträglichen Klagerückzug dahingefallen zu erklären, so kann der Rückzug binnen nützlicher Frist beim kantonalen Gericht zu Handen des Bundesgerichts oder direkt bei diesem erfolgen. | |
Sachverhalt | |
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"1. Die Parteien stellen ein gemeinsames Scheidungsbegehren gestützt auf Art. 142 ZGB.
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2. Der Kläger verpflichtet sich, die Liegenschaft ... der Beklagten zu übertragen.
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3. Die Beklagte übernimmt die Bezahlung der heute noch ausstehenden Rechnungen für die Erstellung der Schwemmkanalisation im Maximalbetrag von Fr. 1200.--.
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4. ... bis 9. ..." (Hausrat, Wohnungsräumung, Entschädigungsrente, Prozesskosten).
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"1. Die Ehe der Parteien wird auf Grund von Art. 142 ZGB geschieden.
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2. Der Kläger ist verpflichtet, die Liegenschaft ... der Beklagten zu Eigentum zu übertragen.
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3. Im übrigen wird die Vereinbarung der Parteien ... genehmigt.
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4. ... bis 6. ..." (Prozesskosten und Mitteilung).
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C.- Das Urteil wurde den Parteien am 14. April 1958 zugestellt. Am 3. Mai reichte der Kläger beim Obergericht zu Handen des Bundesgerichts eine "Berufung" ein, mit dem Antrag,
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"es sei in Gutheissung der Berufung Dispositiv Ziffer 1 des angefochtenen Entscheides aufzuheben und vom Rückzug der Klage Vormerk zu nehmen."
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Die Begründung geht dahin: "Mit der Beklagten habe ich mich ausgesöhnt, und wir haben vereinbart, die eheliche Gemeinschaft fortzuführen. Demzufolge ziehe ich die Scheidungsklage zurück."
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Am Fusse der Berufungsschrift findet sich folgende mit dem Namenszug der Beklagten versehene Erklärung vor:
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"Zum Zeichen des Einverständnisses mit dem Klagerückzug unterzeichnet die Beklagte ebenfalls diese Eingabe."
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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3. Es ist anerkannt, dass der Rückzug einer Scheidungsklage, solange die Scheidungsfrage noch rechtshängig ist, in jeder Instanz zulässig ist. Selbst ein Ehegatte, der in oberer kantonaler Instanz mit einem solchen Begehren obgesiegt hat, kann den Klagerückzug noch in der bundesgerichtlichen Instanz erklären. Fraglich ist indessen, ob er selbst auch beim Fehlen einer Beschwernis in der Lage ist, die Angelegenheit beim Bundesgericht hängig zu machen, nur eben zum Zweck des Klagerückzuges. Das wurde in BGE 43 II 454ff. verneint, und es wurde ausgeführt, dem rückzugswilligen Kläger bleibe nichts anderes übrig, als die durch das obergerichtliche Urteil einzig beschwerte Gegenpartei ihrerseits zur Einlegung einer rechtzeitigen Berufung im Scheidungspunkte zu veranlassen, um hierauf seine Scheidungsklage noch zurückziehen zu können. Diese Bedingung des Rückzuges war in einem spätern Fall erfüllt (BGE 51 II 81/82). Auch in BGE 82 II 81 ff. liess sich die Berücksichtigung des nachträglichen Rückzuges einer in der obern kantonalen Instanz gutgeheissenen Scheidungsklage damit rechtfertigen, dass eine zulässige Berufung im Scheidungspunkt seitens der andern, mit ihrem eigenen Scheidungs- (Widerklage-)begehren vor Obergericht unterlegenen Partei vorlag. Einleitend wurde indessen die Frage aufgeworfen, ob der Klagerückzug nicht ohnehin zulässig wäre, d.h. "ob ein Scheidungskläger, der mit seinem Begehren vor dem obern kantonalen Gericht im Scheidungspunkt oder sogar vollständig (auch hinsichtlich der Nebenfolgen der Scheidung) obgesiegt hat, während der Frist für die Berufung an das Bundesgericht seine ![]() ![]() | 19 |
"Tout jugement ou arrêt prononçant le divorce ou la séparation de corps sera réputé nul et non avenu si les deux parties ont, dans le délai fixé pour l'opposition, l'appel ou le recours au Tribunal fédéral, ..., déclaré renoncer au divorce ou à la séparation de corps. Cette déclaration, qui est irrévocable en ce qui concerne le jugement ou l'arrêt rendu, doit être faite par écrit et déposée auprès du greffier de la juridiction chargée de communiquer le jugement ou l'arrêt en vue de transcription."
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Dass in ähnlichem Sinne auch der vorliegende beidseitige Rückzug der Scheidungsklagen nach zürcherischem Prozessrecht (Gesetz oder Gerichtsgebrauch) hätte entgegengenommen werden müssen, ist nicht dargetan. Das Obergericht hat die bei ihm eingereichte "Berufung", die sich in den beidseitigen Rückzugserklärungen und dem darauf gestützten Antrag auf Aufhebung des kantonalen Urteils erschöpft, ohne dahingehende Bemerkung an das Bundesgericht geleitet. Nach Art. 56 OG war es zu keinem andern Vorgehen verpflichtet. Die Zulässigkeit eines Rückzuges der Scheidungsklage bis zum Eintritt der Rechtskraft des obergerichtlichen Scheidungsurteils, also bis zum Ablauf der Berufungs- und einer allfälligen Anschlussberufungsfrist (Art. 54 Abs. 2 OG), ist aber um der Aufrechterhaltung der Ehe willen als Grundsatz des materiellen Bundesrechts anzuerkennen und unabhängig von der Gestaltung des kantonalen Prozessrechts zur Geltung zu bringen. Damit dies in allen Fällen geschehen kann, ist dem Kläger (oder Widerkläger), der sein in oberer kantonaler Instanz zugesprochenes Scheidungs- oder Trennungsbegehren zurückziehen will, zu gestatten, entsprechend den für die Einreichung der Berufung geltenden Vorschriften eine dahingehende Erklärung beim kantonalen Gericht zu Handen des Bundesgerichts (Art. 54 Abs. 1 OG) oder direkt bei diesem (Art. 32 Abs. 3 OG am Ende) abzugeben. Das Bundesgericht ![]() | 21 |
4. Mit dem Scheidungsdispositiv 1, worauf allein die Eingabe der Parteien Bezug nimmt, fallen notwendigerweise auch die Dispositive 2 und 3 des obergerichtlichen Urteils dahin; denn ausserhalb der Scheidung können sie keinen selbständigen Bestand haben. Insbesondere ist Disp. 2 nur die Wiederholung eines (wohl bloss zur grundbuchlichen Vollstreckung) aus der Scheidungskonvention herausgehobenen Bestandteils derselben. Zur Klarlegung der Verhältnisse ist daher ausdrücklich der Hinfall dieser ![]() | 22 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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