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44. Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Juli 1958 i.S. H. gegen L. | |
Regeste |
Genugtuung wegen Ehestörung (Art. 28 ZGB, Art. 49 OR). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 22. August 1955 leitete L. gegen H. Klage ein mit dem Begehren, der Beklagte sei zu verpflichten, ihm als Schadenersatz und Genugtuung Fr. 10'000.-- zu bezahlen, weil er, wie unterdessen in einem mit dem Scheidungsprozess des Beklagten zusammenhängenden Strafverfahren an den Tag gekommen sei, mit seiner Frau unter Ausnützung seiner Stellung als Millionär und Arbeitgeber ein ehebrecherisches Verhältnis angeknüpft und ihm auf diese Weise Frau und Familie, die sein Glück gewesen seien, weggenommen habe. Der Beklagte, der heute mit der geschiedenen Frau des Klägers verheiratet ist, machte demgegenüber geltend, nicht er, sondern das eigene Verhalten des Klägers, der gewalttätig sei und seine Frau nicht verstanden habe, sei am Zerwürfnis zwischen den Eheleuten L. schuld und habe Frau L. veranlasst, sich ihm (dem Beklagten) zuzuwenden.
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Nach Durchführung eines Beweisverfahrens sprach das untere kantonale Gericht dem Kläger mit Urteil vom 21. November 1957 als Genugtuung Fr. 3000.-- zu und wies die Klage im Mehrbetrag ab. Das obere kantonale Gericht, vor dem der Beklagte Abweisung der Klage, der Kläger mit Anschlussberufung Zusprechung von Fr. 6000.-- als Schadenersatz und Genugtuung verlangte, hat mit Urteil vom 24. März 1958 den Beklagten zur Zablung einer Genugtuungssumme von Fr. 6000.-- verpflichtet.
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C.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht erneuert der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage. Der Kläger schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils. Das Bundesgericht schützt die Berufung und weist die Klage ab.
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1. Wie das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung angenommen und in einem neuern Entscheid unter Widerlegung von gegen diese Auffassung erhobenen Einwänden bestätigt hat, verletzt ein Dritter, der mit einem Ehegatten ehewidrige Beziehungen unterhält und so die Ehe stört, den andern Ehegatten in seinen persönlichen Verhältnissen und kann dieser in einem solchen Falle gemäss Art. 49 OR, wenn die besondere Schwere der Verletzung und des Verschuldens es rechtfertigt, vom Dritten die Leistung einer Genugtuung verlangen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Ehe geschieden worden sei oder nicht (BGE 43 II 323 Erw. 5; Urteile der I. Zivilabteilung vom 28. März 1927 i.S. Sch. gegen G., vom 14. Januar 1936 i.S. B. gegen Sch., vom 27. März 1945 i.S. J. gegen St.; BGE 78 II 291 Erw. 2 und 297 Erw. 6). Die in BGE 35 II 576 erwähnte Gefahr der missbräuchlichen Erhebung solcher Ansprüche ist kein genügender Grund, dem beleidigten Ehegatten diesen Anspruch grundsätzlich abzuerkennen, und es lässt sich auch nicht allgemein sagen, eine Verurteilung der Drittperson sei sinnlos, weil sie praktisch doch nicht diese, sondern den am ehewidrigen Verhältnis beteiligten Ehegatten treffe, wie GUHL dies bei Besprechung des Entscheides BGE 78 II 289ff. über die Klage einer Ehefrau gegen die Geliebte des Mannes geltend gemacht hat (ZBJV 1954 S. 243). Ebensowenig kann man die Genugtuungsklage gegen den Dritten mit der Begründung als unzulässig erklären, "der Hauptschuldige, Ehemann oder Ehefrau, dürfe doch nicht in die Rolle eines tertius gaudens gedrängt werden" (GUHL a.a.O.). Abgesehen davon, dass kein Grundsatz des Zivilrechts den Geschädigten hindert, von zwei Schädigern allein den weniger schuldigen zu belangen (BGE 78 II 299), ist dieses Argument auch schon deswegen nicht stichhaltig, weil der untreue Ehegatte im Vergleich zum Dritten nicht notwendig der Hauptschuldige zu sein braucht, wenn auch ![]() | 5 |
2. Im vorliegenden Fall ist festgestellt, dass der Beklagte mit der Frau des Klägers seit Januar 1955 geschlechtliche Beziehungen unterhielt und diese nicht aufgab, als er erfuhr, dass der Kläger seine Frau vor dem ![]() ![]() | 6 |
Auf jeden Fall aber fehlt es an einem besonders schweren Verschulden des Beklagten. Die Vorinstanz nimmt zwar an, zweifellos habe der Beklagte Frau L. verführt und nicht diese ihn; denn er habe seine Möglichkeiten ausgenützt und seine Mittel spielen lassen. Konkrete Feststellungen hierüber fehlen jedoch. Man weiss nichts darüber, wie die ehebrecherischen Beziehungen zwischen der Frau des Klägers und dem Beklagten entstanden sind. Als der Beklagte Frau L. zu gemeinsamen Reisen und Ausflügen einlud, bestanden diese Beziehungen bereits. Es ist sehr wohl möglich, dass Frau L., die sich schon ca. 1953 gegenüber einer Drittperson über ihren Ehemann beklagt hatte, und der Beklagte, der mit seiner Frau auch nicht im besten Einvernehmen lebte, mit der Zeit aneinander Gefallen fanden und dass ihre zunächst rein geschäftlichen Beziehungen immer enger wurden und sich schliesslich zu einem intimen Verhältnis entwickelten, ohne dass es dazu besonderer Bemühungen des Beklagten bedurft hätte. Auch wenn man aber noch annehmen will, der Beklagte habe diese Entwicklung aktiv gefördert, so machte ihm die von der Vorinstanz festgestellte Sehnsucht der Frau L. nach einem höhern Lebensstandard die Erreichung seiner Ziele zweifellos leicht und musste er sich angesichts ihrer Einstellung zum Kläger nicht sagen, dass er in eine ungetrübte Ehe eindringe. Wenn damit sein Verhalten auch keineswegs entschuldigt wird, so kann ihm unter den gegebenen Umständen doch kein besonders schweres Verschulden vorgeworfen werden (vgl. das Urteil vom 27. März 1945 i.S. J. gegen St., wo das Vorliegen eines solchen Verschuldens aus ähnlichen Gründen verneint wurde). Dabei bleibt es auch, wenn man mitberücksichtigt, dass er sich durch den Widerstand des Klägers von der Fortsetzung seines Verhältnisses mit Frau L. nicht abhalten liess, sondern den Kläger sogar noch einzuschüchtern suchte. Dass ![]() | 7 |
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