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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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82. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Oktober 1958 i.S. Erbengemeinschaft Inderbitzin gegen M. und P. Inderbitzin. | |
Regeste |
Notweg, Art. 694 ZGB. | |
Sachverhalt | |
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Die beklagte Erbengemeinschaft erklärte sich bereit, die Zufahrt im bisherigen Rahmen weiterhin freiwillig zu gestatten, widersetzte sich jedoch der Errichtung einer dauernden Grunddienstbarkeit.
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B.- Der Gemeinderat von Schwyz hat dem Gesuch der Schwestern entsprochen, und der Regierungsrat des ![]() | 3 |
C.- Mit der vorliegenden Berufung halten die Beklagten am Antrag auf Abweisung des Notwegrechtsbegehrens fest. Eventuell beantragen sie Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Abklärung des Streitwertes; für den Fall, dass dieser für die Berufung nicht genügte, ist gleichzeitig eine staatsrechtliche Beschwerde eingereicht worden.
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Materiell machen die Beklagten, wie schon im kantonalen Verfahren, geltend, es bestehe für die Klägerinnen keine ihren Anspruch rechtfertigende Notlage. Ihr Haus liege ![]() | 5 |
D.- Die Klägerinnen beantragen Nichteintreten auf die Berufung mangels des nötigen Streitwertes, eventuell Abweisung derselben. Sie halten daran fest, Auto und Garage seien für die Bewirtschaftung ihrer Grundstücke notwendig, eine Verlegung der Garage sei unzumutbar und anderseits die verlangte Belastung für das Nachbargrundstück unschädlich. Die Verweigerung des Fahrwegrechts stelle daher eine gegen Treu und Glauben verstossende Schikane dar.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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3. In faktisch-technischer Hinsicht entbehren die Klägerinnen zur Zeit einer genügenden Zufahrt zu ihrem als Garage benutzten Hausteil nicht, und auch künftig soll sie ihnen, falls nur im bisherigen Rahmen beansprucht, nach den Erklärungen der Beklagten offen stehen. Dagegen lehnen diese die Begründung sowohl eines dinglichen als ![]() | 8 |
Nun setzt aber der Notweganspruch gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB voraus, dass das Grundstück als solches und als ganzes keinen genügenden Weg auf die öffentliche Strasse habe. Hat es diesen aber, so kann nicht verlangt werden, dass darüber hinaus irgend ein bestimmter Teil des Grundstückes bzw. namentlich der auf ihm stehenden Gebäude auf Kosten des Nachbars zugänglich gemacht werde. Die Liegenschaft der Klägerinnen hat eine Zu- und Abfahrt zur Dorfstrasse, da sie mit der Südfront des Wohn- und Geschäftshauses direkt an und auf gleichem Niveau mit dieser liegt und ausserdem auf der Westseite über den gemeinsamen Vorplatz bis vor die Haustüre mit jedem Fahrzeug zugänglich ist. Die Klägerinnen verlangen einen weitern Zugang, der ihnen die Einfahrt in die im hintern Teil des Hauses liegende Remise ermöglicht. Ein Begehren solcher Art ist nur begründet, wenn die rationelle Bewohnung und Bewirtschaftung der Liegenschaft mit den vorhandenen Zufahrten nicht möglich ist und den zusätzlichen Notweg erfordert. Dies ist z.B. der Fall, wenn wesentliche Teile eines Bauerngutes oder eines Fabrikbetriebes ohne eine besondere, nur durch Notweg mögliche Zufahrt nicht genützt werden können, wenn also der schon vorhandene Weg für die Nutzung des Gesamtgrundstückes nicht genügt ![]() | 9 |
Die Vorinstanz hat diese entscheidende Frage damit zu beantworten versucht, dass sie einfach erklärt, für eine Mehrzweckliegenschaft, wie sie hier in Frage stehe, sei eine Garage heutzutage durchaus notwendig. Dies geht im vorliegenden Falle zu weit. Es müsste festgestellt sein, dass in concreto für die Bewirtschaftung des Grundstückes ein Auto und die Möglichkeit, dieses auf dem eigenen Boden und zwar in einem bestimmten, bereits vorhandenen Lokal einzustellen, notwendig sind. Dies ist hier nicht dargetan. Mit dem von den Klägerinnen an Dritte verpachteten Konsumladen an der Strassenfront haben Auto und Garage offenbar nichts zu tun, jedenfalls ist etwas anderes weder bewiesen noch - zulässigerweise - behauptet worden; es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine allfällige Erschwerung des Auf- und Abladens eines Autos vor dem Laden, zufolge Einbeziehung des schmalen Bodenstreifens vor demselben in die Strasse, durch die Zufahrt in die Garage im Hinterhause sollte kompensiert werden können. Für die wirtschaftliche Nutzung der Wohnräume, wozu auch das Bewohnen durch die Eigentümerinnen gehört, ist das Privatauto derselben gewiss angenehm, aber nicht unbedingt notwendig. Die Zufuhr von Brennmaterial, Lebensmitteln, die Zufahrt eines Taxis, eines Möbelwagens, eines Krankenautos usw. ist über den gemeinsamen Vorplatz bis vor die Haustür möglich. Das Interesse der Klägerinnen am verlangten Notweg besteht somit nur darin, dass es für sie eine Bequemlichkeit und eine finanzielle Erleichterung ist, wenn sie ihr privates, für die Grundstücksbewirtschaftung nicht erforderliches Auto in der unter dem eigenen Dache befindlichen, aber nur über den Hof des Nachbars zugänglichen Remise versorgen können. Dass sie aus Erwerbsgründen ein Auto halten müssen, dass der fragliche Raum nicht auch anderswie nützlich zu verwenden wäre, dass etwa Ladenpächter, Mieter oder Gäste ![]() | 10 |
Dass die ablehnende Haltung der Beklagten rechtmissbräuchlich wäre, trifft nicht zu. Wohl erscheint es als recht und billig, dass die Klägerinnen die bisherige Benützung der Hofecke zur Ein- und Ausfahrt, mit der sie offenbar die Beklagten - angesichts der Grösse des Hofes - in keiner Weise beeinträchtigen, weiterhin im gleichen Rahmen ausüben können, was ihnen die Beklagten in der Berufungsschrift neuerdings auf Zusehen hin zugesichert haben. Ein dingliches Fahrwegrecht im Sinne von Art. 694 ZGB aber wäre ein erheblicher, dauernder Eingriff in das Grundeigentum der Beklagten; es könnte baulichen oder betrieblichen Veränderungen, die sie oder spätere Rechtsnachfolger als notwendig erachten würden, entgegenstehen und würde damit die Liegenschaft entwerten. Ein solcher Eingriff ist ihnen - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt von Recht und Billigkeit - nicht zuzumuten, wenn, nach dem Gesagten, dieser Notweg für die Klägerinnen weder ein wirtschaftliches noch ein anderes dringendes Bedürfnis ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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