BGE 85 II 38 | |||
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8. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Februar 1959 i.S. Wyss gegen Dahinden und Dahinden & Co. | |
Regeste |
Lizenzvertrag. Einfluss nachträglich festgestellter Nichtigkeit des Patentes auf die Lizenzzahlungspflicht (Erw. 6 a, b). |
Gesichtspunkte für die Bemessung der vom Lizenznehmer zu leistenden Vergütung bei grundsätzlicher Bejahung der Lizenzzahlungspflicht (Erw. 7). | |
6. Der Kläger macht geltend, dass er trotz der Nichtigkeit seiner dem Lizenzvertrag zu Grunde liegenden Patente Anspruch auf Lizenzgebühren erheben könne. | |
a) Nach der Rechtsprechung und einhelliger Lehrmeinung kann der Anspruch des Lizenzgebers auf Leistung von Lizenzgebühren unter bestimmten Voraussetzungen trotz Nichtigkeit des Lizenzpatentes mindestens teilweise bestehen bleiben, vgl. BGE 75 II 166 f., insbes. die Hinweise S. 174, dazu jetzt auch DÜRR, Schweiz. Patentgesetz, 1956, S. 88, Art. 34 Anm. I g, REIMER, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 2. Aufl. 1958, S. 367 ff., Anm. 27 zu § 9 und dortige deutsche Rechtsprechung, ferner Entscheid des BGH vom 12. April 1957 in Neue Juristische Wochenschrift, Bd. 10 II S. 1317 f.
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Die Vorinstanz hat die Möglichkeit eines solchen Anspruchs nicht verkannt, verneint ihn aber für den vorliegenden Fall aus zwei Gründen: Einmal, weil der Lizenzvertrag bei Kenntnis der Nichtigkeit der Patente vom Beklagten Dahinden nicht abgeschlossen worden wäre, und sodann, weil die nichtigen Patente von den Beklagten bei der Herstellung ihres Handmixapparates gar nicht benützt würden. Keiner dieser beiden Umstände genügt aber, um einen Anspruch des Klägers auf Lizenzgebühren im vornherein zu verneinen.
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b) Die Feststellung der Vorinstanz, wonach der Lizenznehmer den Vertrag bei Kenntnis der Patentnichtigkeit nicht abgeschlossen hätte, ist als Feststellung des innern Willens einer Partei für das Bundesgericht verbindlich.
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Der Kläger bezeichnet die genannte Annahme zwar als "aktenwidrig", weil sich in den Akten keine Belege oder Anhaltspunkte dafür vorfänden. Die Rüge der Aktenwidrigkeit ist jedoch dem geltenden OG nicht mehr bekannt. Ein offensichtliches Versehen der Vorinstanz im Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. d OG, das dem Bundesgericht allein ein Eingreifen erlauben würde, liegt nicht vor. Die Feststellung der Vorinstanz steht vielmehr im Einklang mit dem klaren Wortlaut des Lizenzvertrages, in welchem der Patentschutz des Lizenzgegenstandes wiederholt vorausgesetzt wird.
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In BGE 42 II 414 ff., auf den sich die Vorinstanz beruft, wurde nun allerdings ausgesprochen, wenn eine Erfindung unter Zusage ihrer Patentfähigkeit zur Ausnützung in Lizenz überlassen werde, so bestehe bei Nichtigkeit des Patentes kein Anspruch auf Zahlung der (fälligen) Lizenzgebühren, weil der Lizenzgeber die ihm vertraglich obliegende Leistung der Einräumung von Lizenzrechten an vollgültigen Patenten nicht erfüllt habe. Das vertraglich Geschuldete hätte nicht in der Bewirkung eines bloss tatsächlichen, sondern eines rechtlich gesicherten Zustandes gelegen. Immerhin stellte das Bundesgericht schon damals auch auf die Umstände des Falles ab und behielt anderweitige Gründe - allerdings nur im Hinblick auf einen möglicherweise abweichenden Vertragswillen - vor (S. 415 Erw. 4 am Ende).
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In Erkenntnis dessen, dass das, was bei Annahme der Patentgültigkeit auf Grund des Lizenzvertrages geschehen ist, trotz nachträglich zu Tage getretener Patentnichtigkeit nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann, und weil eine gesunde Rechtsprechung die wirklichen Vorgänge des Lebens auf die Dauer nicht übersehen darf, gelangte das Bundesgericht dann aber zu der in BGE 75 II 166 ff. niedergelegten Stellungnahme. Mit dieser hätte sich die Vorinstanz zumindest auseinandersetzen sollen, wenn sie von ihr abweichen wollte. Danach kann in solchen Fällen die vom Bundesgericht angenommene Nichtigkeit des Lizenzvertrages nicht uneingeschränkt durchgeführt werden. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Scheinexistenz des nichtig erklärten Patentes tatsächlich gewisse Wirkungen entfaltet hat, welche nachträglich nicht mehr vollständig aus der Welt geschafft werden können, weil der Lizenznehmer tatsächlich genau die gleiche Vorzugsstellung genossen hat, solange das Patent unangefochten geblieben ist, wie sie ihm ein rechtsgültiges Patent verschafft hätte.
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Diese Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen des Scheinpatents entspricht einem Gebote der Billigkeit (BGE 75 II 171; ERNST REIMER in GRUR 1949, Bd. 51, S. 421 Anm. Spalte 2). Dass sie in Fällen Platz zu greifen hat, wo die Parteien an die Möglichkeit der Patentnichtigkeit dachten oder sie gar in Kauf nahmen (BGE 42 II 415 Erw. 4 am Ende, angefochtenes Urteil S. 22), liegt nahe. Das Urteil BGE 75 II 166 ff. beschlägt jedoch weitergehend auch den Fall, wo die Frage der Gültigkeit des Patentes in der massgebenden Zeit gar nicht zur Diskussion stand und diese von keiner Seite angezweifelt wurde, also die Parteien während der Vertragsunterhandlungen und der Dauer des nichtigen oder anfechtbaren Lizenzvertrages in keiner Weise an die Patentnichtigkeit dachten. Die Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen des nachträglich nichtig erklärten Patentes muss aber - und dahin ist BGE 75 II 166 heute zu ergänzen - auch erfolgen, wenn die Parteien des Lizenzvertrages die Patentgültigkeit zu seiner Voraussetzung gemacht haben. Ist es doch in erster Linie die (falsche) Überzeugung von der Gültigkeit des Patentes, welche den Lizenznehmer zur Ausnützung führen und ihm - in der Regel - entsprechende Vorteile bringen wird, anderseits den Lizenzgeber von der eigenen Weiterverfolgung seiner (vermeintlich erfinderischen) Idee abhält. Es besteht kein stichhaltiger Grund, den Fall, bei dem die Parteien des Lizenzvertrages die Patentgültigkeit erkennbar voraussetzen, grundsätzlich verschieden zu behandeln. Denn der Grund dafür, dass bereits fällige Lizenzgebühren trotz Ungültigkeit des Lizenzvertrages geschuldet bleiben können, liegt nicht in der Vorstellung, welche die Parteien sich über die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Lizenzpatentes machten; die Aufrechterhaltung der Zahlungspflicht beruht vielmehr darauf, dass der Lizenznehmer unbehelligt von den nicht im Genuss einer Lizenz befindlichen Konkurrenten den vermeintlich patentierten Gegenstand herstellen und vertreiben konnte (TETZNER, PatG 2. Aufl. 1951 § 9 Anm. 24, S. 319). Dass dabei Patentgültigkeit vorausgesetzt wurde, bildet geradezu die Regel (vgl. den Entscheid des BGH vom 12. April 1957 in Neue Juristische Wochenschrift 1957, Bd. 10 II S. 1317 f.). Der Anspruch des Klägers auf Lizenzgebühren kann daher mit der im angefochtenen Urteil in erster Linie gegebenen Begründung nicht von vornherein abgelehnt werden.
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c) Die Vorinstanz hat den Anspruch des Klägers aus dem weiteren Grunde verneint, dass der von den Beklagten hergestellte Handmixapparat die in den klägerischen Patenten beanspruchten Merkmale gar nicht benütze. Auch die Benutzung oder Nichtbenutzung der Lizenzpatente ist jedoch für sich allein nicht unbedingt entscheidend. Der Anspruch auf Lizenzgebühren trotz Wegfall des Lizenzvertrages wird nicht bloss wegen der vom Lizenznehmer auf Grund des Scheinpatentes genossenen Vorteile gewährt, sondern auch, weil der Lizenzgeber während der Dauer des tatsächlichen Vertragszustandes seinerseits der Ausbeutung des Scheinpatentes verlustig ging; er war auch daran gehindert, das Patent selber auszuwerten (BGE 75 II 172). Zwischen Lizenzerteilung und Unmöglichkeit der eigenen Auswertung durch den Lizenzgeber besteht eine Wechselwirkung (SCHUHMACHER, in GRUR 1949 Bd. 51 S. 307 f.). So darf insbesondere bei Einräumung einer ausschliesslichen Lizenz, wie vorliegend, nicht unbeachtet bleiben, dass auch der Lizenzgeber nicht in der Lage war, die Vorteile des Scheinpatentes irgendwie auszunutzen oder die ihm zu Grunde liegende Idee weiter zu verfolgen. Daher ist es für die Beurteilung des Klagebegehrens grundsätzlich gleichgültig, ob der Lizenznehmer das Patent während der Zeit seiner faktischen Wirkung ausgenutzt hat oder nicht (DÜRR, PatG Art. 34 Abs. 1, lit. g, S. 88).
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Abgesehen hievon besteht beim ausschliesslichen Lizenzvertrag als Regel die Benutzungspflicht (TETZNER, PatG § 9 Anm. 20, S. 318). Sie ist besonders anzunehmen, wenn die Parteien, wie vorliegend, die Vergütung in Stückgebühren bestimmt haben (REIMER, § 9 Anm. 55, S. 396 f.; KRAUSSE/KATLUHN/LINDENMAIER, PatG, 4. Aufl. 1958, § 9 N. 44). Zudem enthält der streitige Lizenzvertrag mit dem in Ziff. 17 vorgesehenen Austausch von Verbesserungen einen gesellschaftsähnlichen Einschlag. Vor allem aber verpflichtete sich der Lizenznehmer in Ziff. 10, "unmittelbar nach Abschluss des Vertrages Werbung und Fabrikation nach besten Kräften vorzubereiten". Unter diesen Umständen führt auch die genaue Analyse, wie sie der österreichische oberste Gerichtshof hinsichtlich der Ausübungspflicht für jeden Einzelfall fordert (vgl. REIMER, § 9 N. 55 am Ende), zu keinem verschiedenen Ergebnis. Die Beklagten sind ihrer Pflicht nicht schon enthoben, weil sie die Lizenz nicht ausnützten. Namentlich können sie sich zu ihrer Befreiung dann nicht auf die fehlende Benutzung des Scheinpatents berufen, wenn sie durch die Nichtbenutzung eine Vertragspflicht verletzten.
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Bei der Erfüllung vertraglicher Pflichten ist nach Treu und Glauben zu handeln (Art. 2 Abs. 1 ZGB). Es verstiess gegen diesen Grundsatz, dass die Beklagten zwar die Fabrikation von Handmixapparaten aufnahmen, dabei aber von der Auswertung der Lizenzpatente völlig absahen, während beide Parteien des Lizenzvertrages auf die Patentfähigkeit bauten. Ein solcher Verstoss läge aber auch vor, wenn bloss der Kläger von den Beklagten im Glauben belassen wurde, dass diese die Lizenzpatente ausnützten. Im einen wie im andern Falle handelten die Beklagten auch schuldhaft und sind dem Kläger darum grundsätzlich haftbar.
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7. Die Haftung der Beklagten ist somit dem Grundsatze nach zu bejahen. Das bedeutet indessen noch nicht, dass die Klage auch nur teilweise heute schon geschützt werden könnte. Vielmehr bleiben die Rechtsfolgen und ihr Umfang, sowie allfällige besondere Einwendungen der Beklagten, zu prüfen.
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a) Die Rechtsfolgen beständen zunächst in der Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Lizenzgebühren, jedoch höchstens für die Dauer, während welcher die Scheinpatente tatsächlich uneingeschränkt genutzt werden konnten und diese Nutzung den Beklagten zuzumuten war (BGE 75 II 175 lit. e; Urteil des BGH in Neue Juristische Wochenschrift 1957, Bd. 10 II S. 1317).
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Nun haben die Parteien in Ziff. 11 des Lizenzvertrages jedoch die Leistung von Stückgebühren (Fr. 1.70 pro verkauften Apparat) vereinbart. Der Lizenznehmer fabrizierte indessen überhaupt nicht nach den Lizenzpatenten. Da aber von der Benutzungspflicht des Lizenznehmers auszugehen ist, so ergibt sich als natürrliche Folge, dass auch Lizenzsgebühren bezahlt werden müssen. Würde man für Stücklizenzen den Anspruch auf Zahlung im Falle der Nichtbenutzung der Lizenz ausschliessen, weil sich die Zahlungspflicht nach der Zahl der verkauften Stücke richte, so würde die hauptsächliche direkte Rechtsfolge der Benutzungspflicht bedeutungslos. Das entspricht nicht dem Grundsatz der Billigkeit, was offensichtlich wird, wenn man an den Fall denkt, wo der Lizensnehmer die Benutzung schuldhaft versäumte. Daher darf, trotzdem ein blosses Scheinpatent vorlag, der Anspruch des Klägers auch bei Vereinbarung von Stückgebühren nicht von vorneherein verneint werden, wie das die Vorinstanz getan hat. Dagegen ist von ihr noch zu untersuchen, ob - entgegen der allgemeinen Rechtslage - besondere Umstände vorliegend die Benutzungspflicht als unzumutbar erscheinen liessen, bzw. ob aus Erwägungen der Billigkeit Vergütungen an den Lizenzgeber zumutbar erscheinen.
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b) Bleibt nach Prüfung der vorbehandelten Frage Raum für Vergütungen an den Lizenzgeber, so muss der Umfang seiner Ansprüche bestimmt werden. Hiebei ist die Stellung des Lizenznehmers für die Vergangenheit nach dem Masse der wirtschaftlichen Vorteile zu beurteilen, die ihm die Lizenz bis zur Vernichtung des Patents zu verschaffen imstande war (TETZNER, § 9 N. 24). Das bedeutet, dass ein gewerblich überhaupt nicht verwertbares Patent für die Gewährung von Schadenersatz ausser Betracht fällt (REIMER S. 369 Abs. 4).
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c) Im übrigen bleiben auch hinsichtlich des Umfanges allfälliger Ansprüche die Grundsätze der Billigkeit massgeblich. Insbesondere ist zu beachten, dass der Lizenzgeber vom Vertrag zurückgetreten ist und der Lizenznehmer diesen Rücktritt (merkwürdigerweise erst zwei Jahre später) angenommen hat. Bei diesen Vorkommnissen und in der Zwischenzeit wahrten sich beide Parteien ihre Ansprüche. Welche Sachlage aber in dieser Zwischenzeit bestand, ist aus dem angefochtenen Urteil nicht ersichtlich. Keinesfalls können Vergütungen für eine längere Dauer beansprucht werden, als bis zur tatsächlichen Beendigung der Vertragsbeziehung. Erwägungen der Billigkeit fordern auch, dass die Verpflichtung des Lizenznehmers nicht länger dauert als bis zum hervortretenden Fehlen der Patentfähigkeit des Lizenzgegenstandes (so der Entscheid des BGH in Neue Jur. Wochenschr. 10 II S. 1318). Die Verpflichtungen des Lizenznehmers fallen also weg, sobald die Vernichtbarkeit des Patentes ernstlich in Betracht gezogen werden muss (TETZNER, § 9 N. 24 am Ende). Vorliegend kann das Bundesgericht diesen Zeitpunkt nicht selber feststellen, weil es den kantonalen Tatbestand "bloss in nebensächlichen Punkten" vervollständigen darf (Art. 64 Abs. 2 OG). Immerhin hat der Anwalt der Beklagten dem Kläger bereits am 10. Dezember 1954 geschrieben, es beständen erhebliche Zweifel, ob das Gegenstand des Vertrages bildende Patent rechtsbeständig sei und Rechtsschutz gewähre. Wie die Verhältnisse damals lagen, ist vom kantonalen Richter abzuklären. Aus dem Ergebnis dieser Abklärung wird sich das weitere Schicksal des noch streitigen Teils der Klage, eventuell im Zusammenhang mit der Entscheidung weiterer Punkte, ergeben; (es sei z.B. an den Fall gedacht, wo es um eine verhältnismässig kurze Dauer der Scheinexistenz des Patentes geht und die Ausnutzung den Lizenznehmern noch nicht zugemutet werden konnte). ....
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