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15. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1959 i.S. G. gegen B. | |
Regeste |
Berufung an das Bundesgericht. Feststellungsklage. |
Auslegung der Scheidungskonvention. | |
Sachverhalt | |
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"Art. 3.
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Der Ehemann verpflichtet sich für die Dauer des Scheidungsprozesses und nach erfolgter Scheidung der Ehefrau für sich und für die Kinder folgende monatlichen Unterhaltsbeiträge zu bezahlen:
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a) für die Ehefrau selber Fr. 200.-- per Monat lebenslänglich oder bis zu einer allfälligen Wiederverheiratung,
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b) für jedes der Kinder bis zu dessen vollendetem 12. Lebensjahr je Fr. 200. - pro Monat und von da an bis zu dessen vollendetem 20. Lebensjahr je Fr. 300.-- pro Monat.
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Für das ganze Jahr 1932 ist die Unterhaltspflicht des Ehemannes für Frau und Kinder abgelöst durch eine Pauschalzahlung von Fr. 7200.--.
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Der Ehemann verpflichtet sich, in dem Zeitpunkt, wo er seine Eltern beerbt, zur Sicherheit für seine Unterhaltsverpflichtungen ![]() | 7 |
Art. 4.
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Der Ehemann anerkennt, seiner Frau den Betrag von Fr. 125'000.-- ohne Zins schuldig zu sein; dieser Betrag ist jedoch erst beim Ableben des Ehemannes fällig. Diese Forderung der Ehefrau erlischt, wenn sie vor dem Ehemann sterben sollte oder sich vor seinem Tode wieder verheiraten sollte.
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Art. 6.
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Der Ehemann anerkennt, dass das gesamte Mobiliar und die gesamte Haushaltung Eigentum der Ehefrau ist.
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Art. 8.
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Die Parteien anerkennen, dass ihnen gegenseitig keine Ansprüche zustehen als die in dieser Vereinbarung niedergelegten Ansprüche.
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..."
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B.- Am 8. Februar 1940 schloss Fritz B. eine neue Ehe. Am 2. März 1957 starb er. Als gesetzliche Erben hinterliess er seine Witwe und seine beiden Kinder aus erster Ehe.
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C.- Da die (auf Grund von Art. 639 ZGB als Solidarschuldnerin in Anspruch genommene) Witwe sich weigerte, der geschiedenen Frau die in der Scheidungskonvention vorgesehenen Unterhaltsbeiträge von monatlich Fr. 200.-- weiter zu bezahlen, klagte diese gegen jene am 7. Dezember 1957/5. Mai 1958 auf Feststellung, dass die Beklagte zu dieser Leistung verpflichtet sei, eventuell auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der seit dem Tode Fritz B's verfallenen Beiträge. Ausserdem verlangte sie die Hinterlegung eines Fr. 200.-- pro Monat abwerfenden Kapitals. Am 10. September 1958 hat das Obergericht des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, die Klage abgewiesen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Ob mit Bezug auf die Beiträge, die bei Übergang der Beitragspflicht auf die Erben Fritz B.s seit dessen Tod bereits verfallen wären, ein Feststellungsbegehren statthaft sei, liess die Vorinstanz dahingestellt, weil sie zum Schlusse kam, die Klage sei ohnehin abzuweisen. In der Tat braucht die Frage, ob der Anspruch auf diese Beiträge mit einer Feststellungsklage oder nur mit der (eventuell erhobenen) Leistungsklage geltend gemacht werden könne, nicht entschieden zu werden, wenn ein solcher Anspruch überhaupt nicht besteht.
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a) Art. 3 der Vereinbarung bezeichnet die periodischen Zahlungen, die der Ehemann nach der Scheidung an die Klägerin ausrichten sollte, als Unterhaltsbeiträge. Er setzt diese Zahlungen zugleich mit den der Klägerin während der Prozessdauer zukommenden Leistungen und mit den Leistungen für die Kinder fest, die ihren Rechtsgrund alle nur in der Unterhaltspflicht des Ehemanns (und Vaters) haben konnten, und bemisst die vor und die nach der Scheidung zu leistenden Zahlungen auf den gleichen Betrag. Diese Momente sprechen dafür, dass die Leistungen, die der Klägerin für die Zeit nach der Scheidung versprochen wurden, ihr einen Ersatz für den Anspruch auf den ehelichen Unterhalt bieten sollten, den sie mit der Scheidung einbüsste. Die Unterhaltspflicht des Ehemanns geht aber, wenn die Ehe bis zu seinem Tod bestehen bleibt, nicht auf seine Erben über, sondern hört mit diesem Zeitpunkt auf. Daher erscheint es zum mindesten als das Normale, dass auch eine als Ersatz für den ehelichen Unterhaltsanspruch ausgesetzte Rente mit dem Tode des Pflichtigen aufhört.
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b) Für die Annahme, dass die streitige Rente der Klägerin nicht nur aus dem eben erwähnten Grunde, sondern auch noch aus andern Titeln gewährt worden sei, liegt nichts vor. Insbesondere bestehen (anders als im Falle ![]() | 22 |
Nach der Auffassung des Scheidungsgerichtes trug der Ehemann (dem hauptsächlich Müssiggang und mangelhafte Sorge für die Familie vorgeworfen wurden) freilich "das erheblich überwiegende Verschulden" an der Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses (weshalb ihm eine Wartefrist von einem Jahr auferlegt wurde). Tatsachen, aus denen sich ergeben hätte, dass die Klägerin wegen schwerer Verletzung der persönlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 151 Abs. 2 ZGB auf eine Genugtuung Anspruch gehabt habe, sind jedoch weder im Scheidungsverfahren noch im vorliegenden Prozess geltend gemacht worden.
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Ebensowenig sind Tatsachen vorgebracht worden, die einen Anspruch aus Güterrecht hätten begründen können. Namentlich fehlen nähere Angaben darüber, in welchem Umfang die Klägerin zur Bestreitung des Unterhalts der Familie ihr Vermögen habe anzehren müssen, so dass nicht angenommen werden kann, die allenfalls davon herrührende Ersatzforderung habe den Betrag von Fr. 7200.-- überschritten, den sie laut Art. 3 Abs. 2 der Vereinbarung zur "Ablösung" der Unterhaltspflicht des Ehemanns für das Jahr 1932 erhalten hatte. Die Rente ganz oder teilweise als Abfindung für güterrechtliche Ansprüche anzusehen, verbietet sich im übrigen um so eher, als eine bei Wiederverheiratung erlöschende Rente sich zur Abgeltung solcher Ansprüche keineswegs geeignet hätte.
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Der einzige Titel, unter dem die Klägerin, vom Verlust des ehelichen Unterhaltsanspruchs abgesehen, bei der Scheidung einen finanziellen Anspruch gegen den Ehemann stellen konnte, war nach den vorliegenden Akten der Verlust der Erbanwartschaft gegenüber dem Ehemann, der von seinen Eltern ein bedeutendes Erbe zu erwarten hatte.
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Aus diesen Gründen darf unbedenklich angenommen werden, mit der Rente sei entsprechend der dafür verwendeten Bezeichnung nur bezweckt worden, die Klägerin für den Verlust des Unterhaltsanspruchs zu entschädigen, was gegen die passive Vererblichkeit der Rente spricht. Überlebte die Klägerin ihren geschiedenen Ehemann und hatte sie sich bis zu seinem Tode nicht wieder verheiratet, so sollte nach dem Sinne, welcher der Vereinbarung vernünftigerweise beizulegen ist, der Anspruch auf die Kapitalzahlung von Fr. 125'000.-- den Anspruch auf die monatliche Rente von Fr. 200.-- ersetzen, wie bei Fortdauer der Ehe bis zum Tode des Mannes der Erbanspruch an die Stelle des Unterhaltsanspruchs getreten wäre.
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c) Die Tatsache, dass die Rentenverpflichtung gegenüber der Ehefrau in Art. 3 a der Vereinbarung als "lebenslänglich" bezeichnet wurde, vermag eine andere Auslegung nicht zu rechtfertigen. Zwar muss dieser Ausdruck nach dem Zusammenhang wohl in erster Linie auf das Leben der Ehefrau bezogen werden, weil mit der unmittelbar anschliesenden Wendung "oder bis zu einer allfälligen Wiederverheiratung" nur eine Wiederverheiratung der Ehefrau gemeint sein kann. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass der Rentenanspruch wie der Unterhaltsanspruch, für dessen Verlust die Klägerin dadurch entschädigt wurde, sich nur gegen den Ehemann persönlich richten und bei dessen Tod durch den Anspruch auf die Kapitalzahlung von Fr. 125'000.-- abgelöst werden sollte. Angesichts dieser Begrenzung der Rentenpflicht, die sich nach dem Gesagten schlüssig aus der Bezeichnung der Rente und dem Zweck der verschiedenen in der Vereinbarung vorgesehenen Leistungen ergibt, kann die Bestimmung, dass der Ehemann "für die Ehefrau ... lebenslänglich oder bis zu einer allfälligen Wiederverheiratung" Fr. 200.-- pro Monat ![]() | 28 |
d) Die Vertragsbestimmungen über die Sicherstellungspflicht des Ehemanns (Art. 3 Abs. 3) vermögen die Auffassung der Klägerin nicht zu stützen. In diesem Punkte genügt ein Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz.
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Die Auslegung der Scheidungsvereinbarung führt also zum Ergebnis, dass die streitige Rente mit dem Tode des Fritz B. erloschen ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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