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32. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. März 1959 i.S. Rüede gegen Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft. | |
Regeste |
Durch gesetzliches Vorzugspfandrecht gesicherte Darlehen der Schweizerischen Hotel-Treuhand-Gesellschaft (SHTG) an Hoteleigentümer. Kollokationsstreit über den Umfang des Pfandrechts. Art. 74 ff. HSchG von 1944, Art. 65 ff. HSchG von 1955. |
2. Ob die Darlehensgewährung durch den Verwaltungsrat der SHTG den Verhältnissen angemessen war, haben die Gerichte nicht nachzuprüfen (Erw. 2). |
3. Wann liegt ein Darlehen im Sinne der Hotelschutzgesetzgebung vor? (Erw. 3). |
4. Die Weiterführung des Darlehensverhältnisses mit einem neuen Hoteleigentümer steht im Ermessen der SHTG (Erw. 4). |
5. Die SHTG kann während der Tilgungsfrist die Abzahlungspflicht einstellen und einzelne Abzahlungen stunden, ohne das gesetzliche Pfandrecht vor Ablauf jener Frist einzubüssen. Art. 821 Abs. 2 ZGB ist auf Hoteldarlehen nicht entsprechend anwendbar (Erw. 5). |
6. Für Zinsen besteht das gesetzliche Pfandrecht der SHTG in dem durch Art. 818 ZGB gezogenen Rahmen (Erw. 6). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die Hotelliegenschaft ging im Jahre 1956 infolge Verkaufes auf den Sohn der bisherigen Eigentümerin, Emil Hafner-Bürki, über, der die Darlehensverpflichtungen der Verkäuferin gegenüber der SHTG übernahm.
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C.- In dem über Emil Hafner-Bürki eröffneten Konkurse wurden die beiden Darlehen des SHTG, dasjenige von Fr. 10'000.-- infolge einer Abzahlung auf Fr. 8500.-- ![]() | 3 |
Während diese Forderungen als solche unangefochten blieben, focht ein anderer Konkursgläubiger, Emil Rüede, die zu Gunsten der SHTG erfolgte Pfandrechtskollokation gerichtlich an mit den Anträgen, das von der Beklagten beanspruchte gesetzliche Pfandrecht für eine Forderung von Fr. 8714.40 sei als nur für Fr. 5333.10 und dasjenige für Fr. 14'353.10 als nur für Fr. 8400.-- zu Recht bestehend anzuerkennen (also nicht für Teilbeträge von Fr. 3381.30 und Fr. 5953.10, zusammen Fr. 9334.40). Er machte vor allem geltend, das hier noch anwendbare Hotelschutzgesetz von 1944 schreibe die jährliche Amortisation der gemäss Art. 74 gewährten Vorschüsse zwingend vor. Da im vorliegenden Falle nur eine einzige Amortisation auf dem einen Darlehen geleistet worden sei, habe man es gar nicht mit Vorschüssen im Sinne der erwähnten Bestimmung zu tun. Erachte man gleichwohl ein gesetzliches Pfandrecht als zu Recht bestehend, so sei es für diejenigen Amortisationsraten untergegangen, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung verfallen und nicht einkassiert, sondern in gesetzwidriger Weise gestundet worden seien. Der Kläger begnüge sich damit, das gesetzliche Pfandrecht in diesem Umfang aberkennen zu lassen. Für Zinsbeträge bestehe schlechthin kein gesetzliches Pfandrecht.
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Die Beklagte brachte demgegenüber vor, die beiden Darlehen seien am 4. April 1949 ordnungsgemäss von ihrem Verwaltungsrate als Vorschüsse gegen gesetzliches Pfandrecht bewilligt worden. Die Amortisationen hätten mit einer Ausnahme vom Verwaltungsrat infolge schlechten Geschäftsganges des Hotels immer wieder sistiert werden müssen. Nach den gesetzlichen Vorschriften blieben die Vorzugspfandrechte der SHTG innerhalb der fünfzehnjährigen Frist bis zur völligen Rückzahlung des Darlehens in vollem Umfange bestehen. Die Gläubigerin sei berechtigt, ![]() | 5 |
D.- Das Bezirksgericht Rheinfelden schützte die Klage. Es nahm an, die Darlehen und das gesetzliche Pfandrecht seien zwar "zweifellos" rechtsgültig zustande gekommen; die Beklagte habe jedoch ihr Pfandrecht für die rückständigen Amortisationen dadurch verwirkt, dass sie, statt diese einzufordern, "den Dingen einfach den Lauf gelassen" habe.
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E.- Auf Beschwerde der Beklagten wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 9. Mai 1958 die Klage ab, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Der Zivilrichter sei zur Prüfung der Gesetzmässigkeit und Angemessenheit der Verfügungen der SHTG nicht befugt, denn es handle sich dabei um die Ausübung öffentlichrechtlicher Befugnisse. Dies gelte auch für die Sistierung der fälligen Amortisationen. Anders verhalte es sich hinsichtlich der Frage, ob das durch die Gewährung der Darlehen begründete gesetzliche Pfandrecht ganz oder teilweise untergegangen sei. Darüber habe der Richter zu entscheiden. Indessen sei im vorliegenden Falle vom Kläger nicht dargetan, "auf jeden Fall nicht bewiesen" worden, dass Frau Witwe Hafner die beiden Darlehen bestimmungswidrig verwendet habe. Es erübrige sich daher zu prüfen, ob das Pfandrecht infolge solcher Verwendung und daher zu Unrecht unterbliebener Kündigung der Darlehen untergegangen sei. Dadurch, dass die Beklagte im Jahre 1956 beim Verkauf des Hotels an den heutigen Konkursiten der Übernahme der Schuld durch diesen zugestimmt habe, sei das Pfandrecht nicht berührt worden; die Handänderung habe die Notlage des Hotels nicht verschlimmert. Was die Amortisationen betreffe, so habe es im Ermessen der Beklagten gelegen, sie innerhalb der in Art. 75 des Hotelschutzgesetzes von 1944 festgesetzten Höchstfrist von 15 Jahren zu sistieren, wenn sie es für angezeigt hielt. Wenn Art. 75 jährliche Rückzahlungen vorsehe, so habe ![]() | 7 |
F.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Kläger binne gesetzlicher Frist eingelegte Berufung an das Bundesgericht. Er erneuert die Begehren der Klage, während die Beklagte auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils anträgt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Der Vorinstanz ist darin beizustimmen, dass der Richter nicht zu überprüfen hat, ob die Gewährung eines Darlehens, für das die SHTG das gesetzliche Grundpfandrecht in Anspruch nimmt, den Verhältnissen angemessen war. Wohl ist der auf Grund des Hotelschutzgesetzes zwischen der SHTG und dem Hoteleigentümer geschlossene ![]() | 10 |
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a) Die soeben erwähnten Bestimmungen beziehen sich auf Darlehen, die die SHTG dem Eigentümer eines Hotels zu bestimmtem Zwecke "gestützt auf einen Beschluss des Verwaltungsrates" (d.h. "ihres Verwaltungsrates", wie das neue Gesetz deutlicher sagt) gewährt. Geht man davon aus, das Gesetz habe damit im wesentlichen einfach zum Ausdruck bringen wollen, die SHTG könne solche Darlehen mit Vorzugspfandrecht aus eigener Machtvollkommenheit gewähren, ohne dass die Nachlassbehörde angerufen zu werden brauche (vgl. die Erläuterungen von C. JAEGER zur Hotelschutzverordnung des Bundesrates vom 22. Oktober 1940, Bemerkung 1 zu Art. 51), so ist fraglich, ob es unbedingt eines Verwaltungsratsbeschlusses bedürfe oder eine Delegation dieser Befugnis an die Direktion zulässig sei. Indessen deutet der vorbehaltlose Wortlaut auf eine dem Verwaltungsrat ausschliesslich zu eigener Ausübung zugewiesene Befugnis hin, die richtigerweise vor dem Abschluss ![]() | 12 |
b) Im weitern sieht der Kläger eine Verletzung von Art. 8 ZGB darin, dass die Vorinstanz keinen Beweis über die zweckgemässe Verwendung der Darlehen erhoben habe. Zu Unrecht. Die Beklagte hatte nur zu beweisen, dass die Darlehen zu einem der in Art. 74 des alten Gesetzes aufgeführten Zwecke bestimmt waren, was anerkanntermassen zutraf, nicht auch, dass sie gemäss diesen Zwecken ![]() | 13 |
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Abzulehnen ist eine analoge Anwendung von Art. 821 Abs. 2 ZGB, wie sie der Kläger (mit Hinweis auf JAEGER, N. 1 zu Art. 52 der Hotelschutzverordnung vom 22. Oktober 1940) für gerechtfertigt hält. Die dort vorgesehene Pfandrechtsbefristung auf drei Jahre seit Eintritt der Fälligkeit der Forderung selbst und der einzelnen Annuitäten gilt für ein besonderes Rechtsverhältnis und beruht auf besondern Voraussetzungen, was ausschliesst, sie auf Hotelschutzdarlehen der SHTG zu übertragen. Art. 821 ZGB bezieht sich auf das Vorzugspfandrecht des Art. 820 ZGB, das nicht als gesetzliches ohne Eintragung in das Grundbuch besteht, sondern auf Antrag eines an der Bodenverbesserung beteiligten ländlichen Grundeigentümers für seinen Kostenanteil zur Sicherung seines Gläubigers einzutragen ist. Ausserdem gilt Art. 821 Abs. 2 ZGB nur bei den nach Abs. 1 daselbst ohne staatliche Subvention durchgeführten Bodenverbesserungen. Auf ganz anderer Grundlage beruht das ohne Eintragung in das Grundbuch bestehende gesetzliche Vorzugspfandrecht der SHTG für die aus Bundesmitteln gewährten, somit einer staatlichen Subvention gleichzuachtenden Darlehen. Hätte der Gesetzgeber das Pfandrecht für solche Darlehen noch in anderer Weise als durch Aufstellung der 15-jährigen Frist in Art. 74 Abs. 2 des alten und in Art. 65 Abs. 2 des neuen Hotelschutsgesetzes befristen wollen, so hätte es hiefür einer ergänzenden Vorschrift bedurft. Die Heranziehung von Art. 821 Abs. 2 ZGB liegt nicht im Sinne der Hotelschutzgesetzgebung, sondern wäre ein unzulässiger Einbruch in die von dieser getroffene Ordnung.
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6. Eventuell bestreitet der Kläger noch die Geltung des Vorzugspfandrechts für die Zinsen. Mit Recht hat jedoch die Vorinstanz in dieser Beziehung auf Art. 818 ZGB ![]() | 18 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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