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62. Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Oktober 1959 i.S. Zürcher gegen Zürcher. | |
Regeste |
Erbteilung. |
2. Ersatz von Auslagen für Rechnung des Erblassers; Beweislast (Art. 8 ZGB). |
3. Teilungsart (Art. 610 ff. ZGB). Mit Ausnahme der Sonderfälle von Art. 620 und eventuell Art. 613 Abs. 3 ZGB ist die behördliche Zuweisung von Erbschaftssachen an bestimmte (von der Behörde bezeichnete) Erben nicht zulässig. Eine Sache, die durch körperliche Teilung eine wesentliche Werteinbusse erlitte und nicht in eines der nach Art. 611 ZGB zu bildenden, durch Losziehung zu verteilenden Lose aufgenommen werden kann, ist mangels abweichender Vereinbarung der Erben zu verkaufen (Art. 612 Abs. 2 ZGB). Die Versteigerung (Art. 612 Abs. 3 ZGB) kann auch von einem Erben verlangt werden, dessen Erbteil nach dem Ergebnis einer Schätzung der Erbschaftsaktiven durch seine Vorempfänge oder seine Schulden an den Nachlass aufgewogen wird. | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Kantonsgericht Zug erkannte am 26. November 1958, die Liegenschaft Guthirtstrasse 11, deren Versteigerung der Kläger August Zürcher verlangt hatte, werde den Beklagten 1 und 2, d.h. der Witwe und dem Sohne Josef, unter Überbindung der Hypotheken "zu Miteigentum im Verhältnis von einem Drittel (Beklagte 1) und zwei Dritteln (Beklagter 2) zugesprochen". Das Sparguthaben des Erblassers im Betrage von Fr. 836.-- und die Forderung des Nachlasses an den Kläger im Betrage von Fr. 25.- sprach es im gleichen Verhältnis ebenfalls den Beklagten 1 und 2 zu. Dem Beklagten 3, Ernst Zürcher, räumte es gegenüber den Beklagten 1 und 2 einen Ausgleichungsanspruch von Fr. 4890.-- ein. Die Schuld des Nachlasses gegenüber Albert Sollberger überband es den Beklagten 1 und 2 zur Bezahlung. Diese Entscheidung beruht u.a. auf der Annahme, der Verkehrswert der Liegenschaft betrage Fr. 62'160.--; die Behauptung des Klägers, dass er zu Lebzeiten des Erblassers für diesen Rechnungen im Betrage von Fr. 1273.25 bezahlt habe, sei unbewiesen ![]() | 2 |
C.- Gegen dieses Urteil appellierte der Kläger an das Obergericht des Kantons Zug. Er beantragte, dem Beklagten Josef Zürcher sei kein Lidlohn zuzusprechen; seine eigene Forderung an den Nachlass von Fr. 1273.25 sei zu schützen; es sei gerichtlich anzuordnen, dass die Liegenschaft Guthirtstrasse 11 zu versteigern sei. Das Obergericht hat mit Urteil vom 5. Mai 1959 das kantonsgerichtliche Urteil bestätigt.
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D.- Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger die vor Obergericht gestellten Begehren. Die Beklagten schliessen auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Den kantonalen Gerichten ist darin beizustimmen, dass Art. 633 ZGB unter Umständen auch dann angewendet werden kann, wenn mündige Kinder ihren Eltern in gemeinsamem Haushalt ihre Arbeit oder ihre Einkünfte ![]() | 6 |
So verhält es sich im vorliegenden Falle mit den Zuschüssen Josef Zürchers von jährlich etwa Fr. 200.-- oder monatlich etwa Fr. 15.- bis 20.- und mit seinen Arbeitsleistungen. Josef Zürcher, der in der fraglichen Zeit monatlich Fr. 450.-- bis Fr. 500.-- verdiente, als Kostgeld aber nur Fr. 200.-- abzugeben hatte, konnte bei seinen Eltern wesentlich billiger leben als anderswo. Dies gilt um so eher, als er wohl von seinen Eltern, wie in solchen Verhältnissen üblich, über Kost und Logis hinaus noch weitere Leistungen erhielt, die er, wenn er unter fremden Leuten gelebt hätte, besonders hätte bezahlen müssen (z.B. Besorgung der Wäsche). Unter diesen Umständen können die erwähnten, relativ bescheidenen Zuschüsse Josef Zürchers und seine Arbeitsleistungen nach Feierabend nicht als Zuwendungen im Sinne von Art. 633 ZGB angesehen werden, die ihm Anspruch auf eine billige Ausgleichung bei der Erbteilung gäben.
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Anders verhält es sich dagegen mit der Versicherungssumme von Fr. 1000.--. Hier handelt es sich um eine aus den Einkünften Josef Zürchers herrührende einmalige Zuwendung in erheblichem Betrage, von der angenommen werden darf, dass sie ohne die bestehende Hausgemeinschaft nicht erfolgt wäre, und die im Gegensatz zu den bereits behandelten Zuschüssen und Arbeitsleistungen nicht als zusätzliches Entgelt für die Leistungen anzusprechen ist, welche Josef Zürcher von seinen Eltern empfangen hat. Für diesen Betrag ist ihm daher ein Ausgleichungsanspruch ![]() | 8 |
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Die Vorinstanz irrt jedoch mit der Annahme, Art. 611 ZGB gebe die Möglichkeit, für zwei oder mehrere Erben, die ihre Erbansprüche "zusammenlegen", entgegen dem Willen der übrigen Erben ein "gemeinsames Los" zu bilden ![]() | 11 |
Aus dem von beiden Vorinstanzen angerufenen Urteil i.S. Schuler (BGE 78 II 408 ff.) folgt nichts Abweichendes. Dort wurde vor allem untersucht, welche Bedeutung der Vorschrift von Art. 612 Abs. 2 ZGB zukomme, wonach eine Sache, über deren Teilung oder Zuweisung die Erben sich nicht einigen können, zu verkaufen und der Erlös zu teilen ist. Wenn dabei u.a. gesagt wurde, diese Vorschrift gelte nur für Sachen, die sich nicht in einem Los unterbringen lassen, so war damit nach dem Zusammenhang klarerweise ein mangels anderslautender Vereinbarung der Losziehung unterliegendes "Einzellos" im Sinne von Art. 611 ZGB gemeint. In den nicht veröffentlichten Erwägungen des Urteils i.S. Schuler ist denn auch ausdrücklich von der Verlosung unter den Erben die Rede (S. 18, 26).
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Eine Befugnis der Behörde, einzelne Sachen bestimmten Erben zuzuweisen, lässt sich auch nicht aus Art. 612 Abs. 1 ZGB ableiten, wonach eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden soll. Diese Bestimmung bedeutet nur, dass derartige Sachen (unter ![]() | 13 |
Im vorliegenden Fall ist klar, dass die Liegenschaft Guthirtstrasse 11, die bei weitem das grösste Erbschaftsaktivum darstellt und deren körperliche Teilung nicht in Frage kommt, nicht einem "Einzellos" im Sinne von ![]() | 14 |
Hiegegen lässt sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht einwenden, die in den Klageantwortbegehren zum Ausdruck gekommene Verständigung der Beklagten über die Zuweisung der Liegenschaft an die Beklagten Frau Witwe Zürcher und Josef Zürcher sei ohne Zustimmung des Klägers gültig, weil dieser vom Nachlass nichts mehr zugute habe. Dieses Argument ist schon deswegen nicht stichhaltig, weil sich der vom Kantonsgericht errechnete Saldo zu Ungunsten des Klägers von Fr. 25. - infolge der Herabsetzung des Lidlohnanspruches des Beklagten Josef Zürcher um Fr. 3000.--, die allen vier Erben gleichmässig zugute kommt, in einen Saldo zu Gunsten des Klägers von Fr. 725.-- verwandelt, auch wenn man den Verkehrswert der Liegenschaft mit den Vorinstanzen nur auf Fr. 62'160.-- beziffert, welcher Betrag nach der Meinung des Klägers bei einer Versteigerung überboten würde. Der von der Vorinstanz angestellten Überlegung wäre aber auch dann nicht beizupflichten, wenn der Kläger nach dem Ergebnis der Schätzung der Erbschaftsaktiven aus dem Nachlass nichts mehr zu fordern hätte, weil der auf Grund dieser Schätzung ermittelte Erbteil durch seine Vorempfänge oder seine Schulden an den Nachlass aufgewogen würde. Kann ein Erbschaftsgegenstand, wie dies für die streitige Liegenschaft zutrifft, ohne wesentliche Werteinbusse nicht körperlich geteilt werden und lässt er sich auch nicht in eines der nach Art. 611 ZGB zu bildenden, durch ![]() | 15 |
Den Beklagten bleibt es selbstverständlich unbenommen, die Liegenschaft gemeinsam zu ersteigern.
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4. Die Herabsetzung des Lidlohnanspruchs des Beklagten Josef Zürcher und die Anordnung der Versteigerung der Liegenschaft machen es notwendig, die im Dispositiv des kantonsgerichtlichen Urteils niedergelegten, von der Vorinstanz bestätigten Anordnungen über die Teilung der Erbschaft von Josef Zürcher-Fassbind aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird das Verfahren zweckmässigerweise einstellen, bis (mangels einer Einigung der Parteien) die zuständige Behörde gemäss Art. 612 Abs. 3 ZGB über die Art der Versteigerung entschieden hat und dieser Verkauf ![]() | 17 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben, der Lidlohnanspruch des Beklagten Josef Zürcher auf Fr. 1000.-- herabgesetzt, die Versteigerung der Liegenschaft angeordnet und die Sache im übrigen zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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