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15. Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. März 1960 i. S. Marti gegen Konkursmasse der Emet AG | |
Regeste |
1. Art. 181 OR erklärt nicht eine durch Sondernormen ausgeschlossene Schuldübernahme als zulässig. | |
Sachverhalt | |
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Obwohl die Gründer nur 40% des Nennwertes der Aktien einzahlten, gab die Gesellschaft die Titel aus. Am 12. Juli 1955 teilte Marti der Gesellschaft mit, er habe ![]() | 2 |
In den Jahren 1956 und 1957 versuchte die Gesellschaft, Angela Waeyenborghs zur Einzahlung des noch nicht beglichenen Teils des Grundkapitals zu bewegen, hatte aber keinen Erfolg. Am 3. September 1957 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Angela Waeyenborghs kam der Aufforderung der Konkursverwaltung, die 50 Inhaberaktien abzuliefern, am 18. September 1957 auf erste Aufforderung hin nach. Sie stellte sich auf den Standpunkt, sie sei nicht Aktionärin, sondern die Titel seien ihr von ihrem Bräutigam Pfister nur verpfändet und in Nutzniessung gegeben worden.
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B.- Am 16. Juni 1958 klagte die Konkursmasse der Emet AG beim Amtsgericht Luzern-Stadt gegen Marti mit dem Begehren, er habe ihr zur Deckung des nicht einbezahlten Nennbetrages von 48 Aktien Fr. 28'800.-- nebst 5% Zins seit 30. Oktober 1957 zu zahlen.
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C.- Der Beklagte hat die Berufung erklärt. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin stellt den Antrag, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Wenn die Ausführungen des Beklagten dahin zu verstehen sind, Angela Waeyenborghs habe durch die Übernahme der Aktien die Aktiven und Passiven des von der Emet AG betriebenen Geschäftes erworben, so ist ihm entgegenzuhalten, dass sie nicht alle Titel übernommen hat und dass selbst der Erwerb aller ihr höchstens Eigentum an den Papieren verschafft hätte, nicht auch die Vermögenswerte und Schulden der Gesellschaft auf sie hätte übergehen lassen (BGE 85 II 114). Das ist so klar, dass der Beklagte selber den Standpunkt einnimmt, die angebliche Geschäftsübernahme ![]() | 9 |
Sollte der Beklagte dagegen sagen wollen, die 48 Aktien als solche seien ein aus Aktiven und Passiven bestehendes Vermögen, so würde er verkennen, dass die Normen des Aktienrechtes über die Voraussetzungen, unter denen Inhaberaktien ausgegeben werden dürfen und vom Zeichner auf einen anderen übertragen werden können, dem Art. 181 OR vorgehen. Die aktienrechtliche Ordnung, insbesondere Art. 683 OR, dient dem Schutze der Gesellschaft, ihrer Gläubiger und der Aktionäre und gilt daher selbst dann, wenn die Papiere zu einem Vermögen gehören oder einzige Bestandteile eines Vermögens sind. Art. 181 will nicht eine durch Sonderbestimmungen ausgeschlossene Schuldübernahme zulässig erklären, sondern nur die Form erleichtern, die eine an sich erlaubte Schuldübernahme sonst nach Art. 176 f. erfordern würde.
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Der Fall der Veräusserung einer nicht voll einbezahlten Inhaberaktie ist den gesetzgebenden Behörden nicht entgangen. Er war schon in Art. 636 aoR geordnet. Nach dieser Norm durften auf den Inhaber lautende Aktien nur nach Einzahlung der Hälfte des Nennwertes ausgegeben werden und blieb der Zeichner bis zur Einzahlung dieser ![]() | 12 |
3. Da die von der Emet AG ausgegebenen Inhaberaktien gemäss Art. 683 Abs. 2 OR nichtig sind, gelten die Rechte der Aktionäre als nicht verbrieft. Die Fragen, ob sie unabhängig vom Papier übertragen werden konnten (vgl. BGE 48 II 402 f., BGE 83 II 454 f.) und, wenn ja, ob die Übertragung der Form der Abtretung von Forderungen bedurfte oder, wie der Beklagte geltend macht, formlos möglich war, stellen sich jedoch nicht. Aus der angeblich formlos möglichen Übertragung nicht gültig verbriefter Aktienrechte schliesst der Beklagte zu Unrecht, dass auch die Verpflichtung des Aktionärs zur Einzahlung des gezeichneten Betrages übertragen werden könne, weil sonst die Möglichkeit der Veräusserung der Rechte sinnlos wäre. Abgesehen davon, dass die Abtretung von Rechten auch dann einen Sinn haben kann, wenn sie den Abtretenden seiner Pflichten nicht enthebt, übersieht der Beklagte, dass die Abtretung von Rechten und die Übertragung von Verpflichtungen zwei verschiedene Vorgänge sind, die je einer eigenen Regelung unterstehen. An der Abtretung von Rechten braucht der, gegen den sie sich richten, gewöhnlich nicht mitzuwirken (Art. 164 Abs. 1, ![]() | 13 |
4. Indem das Gesetz die Ausgabe nicht voll einbezahlter Inhaberaktien verbietet und diese, wenn sie trotzdem vor der Volleinzahlung ausgegeben werden, als nichtig erklärt, will es der Gesellschaft, ihren Gläubigern und ihren Aktionären Gewähr bieten, dass das Grundkapital voll einbezahlt werde. Wer es gezeichnet hat, ist Schuldner des gezeichneten Betrages, bis er einbezahlt ist. Diese Ordnung ist zwingend. Es widerspräche den Interessen der Gesellschaftsgläubiger und der Mitaktionäre, wenn die Gesellschaft einen Zeichner seiner Verpflichtung entheben und einen andern an seiner Stelle als Schuldner annehmen könnte. Dem die Gesellschaft beherrschenden Mehrheitsaktionär oder einzigen Aktionär wäre dadurch ermöglicht, sich in Voraussicht ihres finanziellen Zusammenbruchs seiner Verpflichtung zur Einzahlung des gezeichneten Betrages zu entschlagen und einen zahlungsunfähigen Dritten als Schuldner annehmen zu lassen. Der Zweck, dem Art. 683 OR dient, wäre dadurch vereitelt. Ist der Schuldnerwechsel in Verbindung mit der Übertragung der Inhaberaktie unmöglich, weil diese nichtig ist, so kann ihn das Gesetz auch nicht unabhängig vom Bestand gültiger Aktien gestatten wollen. In dem in BGE 48 II 395 ff. veröffentlichten Falle erachtete das Bundesgericht freilich die Entlassung des Zeichners in Verbindung mit der Übertragung seiner unverbrieften Mitgliedschaftsrechte ![]() | 14 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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