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30. Urteil der II. Zivilabteilung von 22. Juni 1961 i.S. G. gegen F. | |
Regeste |
Ehescheidung. Begriff der Schuldlosigkeit nach Art. 151/52 ZGB. | |
Sachverhalt | |
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Der Beklagte widersetzte sich der Scheidung. Er bezeichnete die Darstellung der Klägerin über sein Verhalten als übertrieben und machte seinerseits geltend, die Klägerin habe noch im April 1950 mit S. zusammen in Lausanne übernachtet. Die Klägerin gab dies zu, erklärte jedoch, es sei dabei nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen.
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In der Folge einigten sich die Parteien dahin, die eheliche Gemeinschaft fortsetzen zu wollen. Demgemäss zog die Ehefrau am 31. März 1954 die Scheidungsklage zurück.
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Da sich die Verhältnisse in der Ehe nicht besserten, erwirkte die Ehefrau 1956 die Bewilligung zum Getrenntleben, konnte jedoch mangels einer andern Wohngelegenheit davon nicht Gebrauch machen. Gestützt auf eine neue derartige Verfügung vom Frühjahr 1958 hielt sich die Klägerin mit den Kindern bis Januar 1959 in N. bei einem gewissen L. auf, dem sie den Haushalt besorgte und drei Kinder betreute, wofür sie als Entgelt Kost und Wohnung für sich und ihre beiden jüngern Kinder erhielt. Im Mai 1959 kehrte sie auf Wunsch des Mannes zu diesem zurück.
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Am 15. Oktober 1959 reichte Frau G. erneut Scheidungsklage ein. Sie machte geltend, die Ehe sei infolge der Trunksucht und des durch dieses Laster bedingten ehewidrigen Verhaltens des Beklagten unheilbar zerrüttet.
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Dieser verlangte ebenfalls die Scheidung gemäss Art. 142 ZGB. Beide Parteien beanspruchten die beiden Kinder.
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B.- Das Bezirksgericht sprach die Scheidung - wie aus den Motiven hervorgeht in Gutheissung der Klage ![]() | 7 |
C.- Auf Berufung des Beklagten hat das Obergericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom 8. November 1960 die Entschädigungsrente in Ansehung des frühern ehebrecherischen Verhältnisses der Klägerin auf Fr. 100.-- im Monat herabgesetzt.
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D.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt der Beklagte gänzliche Abweisung der Rentenforderung der Klägerin.
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Diese trägt auf Bestätigung des Urteils an.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht, nämlich Art. 151 ZGB, dadurch verletzt, dass sie die Klägerin als schuldlos im Sinne dieser Bestimmung erachtet habe. Auf diese Qualifikation und damit auf eine Entschädigung aus Art. 151 habe die Klägerin keinen Anspruch, weil sie sich des Ehebruchs schuldig gemacht habe.
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Beide Vorinstanzen haben - gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtes (BGE 71 II 52, BGE 79 II 134, BGE 85 II 11) - das frühere Verhältnis der Klägerin mit S. nicht zum Anlass genommen, ihr jegliche Forderung aus Art. 151 Abs. 1 ZGB abzusprechen, und dies mit Recht. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beklagte durch seine Trunksucht und sonstiges pflichtwidriges Verhalten die Zerrüttung der Ehe und damit die Scheidung allein verursacht, während die Verfehlung der Klägerin von 1947/48 weder für die bereits damals zufolge des Verhaltens des Mannes vollendete, noch für die heute vorliegende Zerrüttung der Ehe ![]() | 12 |
Als die Klägerin im Jahre 1953 wegen der Trunksucht, Grobheit und Lieblosigkeit des Beklagten, und nicht etwa wegen ihres damals schon mehrere Jahre zurückliegenden Verhältnisses mit S., die Scheidung verlangte, widersetzte sich der Beklagte in voller Kenntnis dieser Verfehlung der Frau dem Scheidungsbegehren und veranlasste die Klägerin zum Klagerückzug. Damit haben die Parteien einander alles frühere Unrecht verziehen und sind gleichsam an den Anfang ihrer Ehe zurückgekehrt. Beide durften in guten Treuen erwarten, dass bei Bewährung des einen Ehepartners der andere ihm das Vergangene nicht mehr ![]() | 13 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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