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40. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. September 1962 i.S. Merkur Liegenschaften AG Frauenfeld gegen Merkur Immobilien AG | |
Regeste |
Art. 951 Abs.2'956 Abs.2OR. | |
Sachverhalt | |
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Am 18. Juli 1955 liess sich die "Merkur-Immobilien AG Frauenfeld" mit Sitz in Frauenfeld in das Handelsregister eintragen. Sie bezweckt "die Erstellung von Mehrfamilienhäusern und Hochbauten sowie deren Vermietung, Verwaltung und Verkauf".
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Am 23. Juli 1955 und am 9. Februar 1959 beanstandete die Merkur Immobilien AG die Firma der andern Gesellschaft. Beide Male wendete die Merkur-Immobilien AG Frauenfeld ein, ihre geschäftliche Tätigkeit beschränke sich auf die Erstellung eines einzigen Hauses. Die Merkur Immobilien AG liess sich dadurch beschwichtigen und erklärte jeweilen, sie dulde vorläufig die Weiterführung der unveränderten Firma, wenn diese in den Briefköpfen ungekürzt verwendet werde. In einem Schreiben vom 5. März 1959 fügte sie bei, sie werde auf die Angelegenheit zurückkommen, wenn der von der Merkur-Immobilien AG Frauenfeld geplante Neubau in Frauenfeld vollendet sein werde.
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Da die Merkur-Immobilien AG Frauenfeld im Jahre 1960 eine weitere Liegenschaft zu überbauen begann, forderte ![]() | 4 |
B.- Nach einem weiteren erfolglosen Vermittlungsvorstand klagte die Merkur Immobilien AG im September 1961 gegen die Merkur Liegenschaften AG Frauenfeld mit dem Begehren, es sei der Beklagten zu verbieten, diese Firma zu führen.
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Die Klägerin unterlag vor dem Bezirksgericht Frauenfeld, zog jedoch die Sache an das Obergericht des Kantons Thurgau weiter. Dieses hiess am 10. Mai 1962 die Klage gut.
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C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Diese Klage setzt nur den Nachweis des unbefugten Gebrauchs der Firma voraus. Dass dieser zu Verwechslungen geführt habe, braucht nicht dargetan zu werden. Es genügt, wenn die Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zweier Firmen die Möglichkeit von Verwechslungen in die Nähe rückt (BGE 74 II 237, BGE 80 II 145, BGE 82 II 154, BGE 88 II 35) oder auch nur die Vermutung aufkommen lassen kann, die beiden Geschäftsinhaber ständen zueinander in rechtlichen ![]() | 10 |
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, beurteilt sich nach der Aufmerksamkeit, die in jenen Kreisen üblich ist, mit denen die beiden Inhaber geschäftlich zu verkehren pflegen (BGE 59 II 158,BGE 73 II 113,BGE 74 II 237f.,BGE 77 II 324, BGE 82 II 154). Wenn diese Kreise ganz oder teilweise die gleichen sind, müssen die beiden Firmen sich deutlicher voneinander unterscheiden, als wenn die beiden Geschäftsinhaber, sei es in sachlicher, sei es in örtlicher Hinsicht, einander nicht ins Gehege kommen. Wer die Firma wählt, hat besonders darauf zu achten, dass sie nicht mit den Firmen jener Unternehmer verwechselt werden kann, die am gleichen Orte geschäftlich tätig werden und deren Geschäftsbereich sich ganz oder teilweise mit dem eigenen deckt (BGE 63 II 25,BGE 73 II 115,BGE 76 II 87f., BGE 82 II 154, BGE 88 II 36).
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Zu berücksichtigen ist auch, welche Freiheit ein Geschäftsinhaber bei der Wahl seiner Firma hat. Aktiengesellschaften können unter Wahrung der allgemeinen Grundsätze der Firmenbildung ihre Firma frei wählen (Art. 950 Abs. 1 OR). Nichts hindert sie, die Wahl so zu treffen, dass sich ihr Name von den bereits eingetragenen Firmen deutlich unterscheidet. Daher sind die Anforderungen an die Unterscheidungskraft der Firma einer Aktiengesellschaft hoch (BGE 63 II 24,BGE 72 II 185, BGE 82 II 154).
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2. Im vorliegenden Falle ist Nachsicht nicht am Platze. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft und daher in der Wahl ihrer Firma frei. Ihre ganze geschäftliche Tätigkeit fällt ihrer Art nach auch in den statutarischen Geschäftsbereich der Klägerin. Der Einwand, sie habe noch keine Liegenschaftsgeschäfte ausserhalb der Stadt Frauenfeld getätigt und werde das auch in Zukunft nicht tun, hilft nicht. Ihr im Handelsregister bekanntgegebener Zweck kann irgendwo verfolgt werden. Auf die Zusicherung der Beklagten ist umsoweniger abzustellen, als sie anfangs wiederholt versprach, sie werde nur ein einziges Haus bauen, während sie, wie im Prozesse zugegeben, nun schon ein Hochhaus und einen Wohnblock erstellt hat ![]() | 13 |
3. Das Wort "Merkur" und die Abkürzung "AG" kommen sowohl in der Firma der Beklagten als auch in jener der Klägerin vor. Ferner stimmt das Wort "Liegenschaften" wenn auch nicht dem Schriftbilde und dem Klange, so doch dem Sinne nach vollständig mit "Immobilien" ![]() | 14 |
Einen eigenen Weg ist die Beklagte nur dadurch gegangen, dass sie den Ort ihres Sitzes in die Firma aufgenommen hat, wogegen eine Ortsangabe in der Firma der Klägerin fehlt. Die unterscheidende Kraft des Wortes "Frauenfeld" ist jedoch gering. Die Ortsbezeichnung in einer Firma wird oft nicht als deren Bestandteil, sondern als blosse Angabe des Geschäftssitzes empfunden und daher im Geschäftsverkehr meistens als überflüssig weggelassen, zumal man ohnehin dazu neigt, lange Firmen abzukürzen, besonders im mündlichen und im telephonischen Verkehr. Die Beklagte selber verwendete noch im Juni 1961 sogar in ihren Briefköpfen das Wort "Frauenfeld" nicht als Bestandteil ![]() | 15 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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