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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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22. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Juni 1963 i.S. Lohse gegen Verlag Bauen und Wohnen GmbH. | |
Regeste |
Ausschliessung aus einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Art. 822 Abs. 3 OR). | |
Sachverhalt | |
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Aus den Erwägungen: | |
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4. Der Kläger wirft dem Obergericht vor, es habe ihn aus der Gesellschaft ausgeschlossen, ohne die ihm zustehende Abfindung und die Art ihrer Zahlung festzusetzen. Dadurch habe es ihn in nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt, seine berechtigten Interessen gefährdet und für beide Parteien eine in finanzieller Hinsicht ungewisse Lage geschaffen, die einen neuen Prozess erfordere und jahrelang dauern könne. Das Vorgehen des Obergerichtes verletze Art. 822 Abs. 4 OR, den Grundsatz, dass Leistung und Gegenleistung Zug um Zug zu erfolgen hätten, und elementarste Regeln der Billigkeit. Es sei unumgänglich, die Frage der Ausschliessung nur zusammen mit der Frage der Abfindung des Auszuschliessenden zu prüfen. Der deutsche Bundesgerichtshof knüpfe das auf Ausschliessung aus der Gesellschaft mit beschränkter Haftung lautende Urteil an die Bedingung, dass der betroffene Gesellschafter binnen angemessener Frist den im Urteil festzusetzenden Gegenwert für seinen Geschäftsanteil erhalte (BGHZ 9 S. 157 ff.). Es sei indessen zweckmässiger, zunächst gerichtlich die Abfindung zu bestimmen und dann der Gesellschaft Frist zu setzen für die Erklärung, ob sie unter diesen Umständen auf der Ausschliessung beharre, und ![]() | 3 |
a) Dieser Antrag scheitert an der im angefochtenen Urteil kundgegebenen Auffassung des Obergerichts, dass die vermögensrechtlichen Folgen der Ausschliessung nicht Gegenstand des Prozesses seien. Das bedeutet, die prozessualen Voraussetzungen, unter denen über diese Folgen geurteilt werden könnte, seien nicht erfüllt. Das ist eine Frage des kantonalen Prozessrechtes, die das Bundesgericht als Berufungsinstanz nicht überprüfen darf (Art. 43 und 55 Abs. 1 lit. c OG). Es hat nicht zu entscheiden, ob das Obergericht die vermögensrechtliche Auseinandersetzung als Gegenstand des Prozesses hätte betrachten sollen, weil die Beklagte in der dem Bezirksgericht eingereichten Replik zur Widerklage ausführte, das Gericht werde die Entschädigung, die der Kläger für seine Ausschliessung beanspruchen dürfe, nach pflichtgemässem Ermessen festsetzen müssen, oder weil der Kläger in der mündlichen Antwort auf die Berufung der Beklagten vor dem Obergericht erstmals erklärte, er stelle vorsorglich das Begehren, gegebenenfalls durch Sachverständige die wirtschaftliche Bilanz der Beklagten aufzustellen und dem Kläger den entsprechenden Anteil auszurichten.
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b) Fragen kann sich nur, ob das eidgenössische Recht dem Richter verbiete, ein Begehren auf Ausschliessung zu schützen, wenn nicht auch die vermögensrechtlichen Folgen dieser Massnahme, sei es von der Gesellschaft, sei es vom auszuschliessenden Gesellschafter, zum Gegenstand des Prozesses gemacht wurden. Wäre das zu bejahen, so müsste die Widerklage abgewiesen werden.
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Es ist zunächst klar, dass der Gesellschafter durch die Ausschliessung nicht um den Vermögenswert gebracht werden darf, den sein Anteil allenfalls hat. Aus Art. 822 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 800 OR ergibt sich, dass der Anteil ![]() | 6 |
Die Pflicht der Gesellschaft, den Anteil zu verwerten oder durch einen andern Gesellschafter übernehmen zu lassen oder den Ausgeschlossenen aus dem Gesellschaftsvermögen, nötigenfalls unter Herabsetzung des Stammkapitals, abzufinden, steht mit der Ausschliessung, d.h. der richterlichen Entziehung der Mitgliedschaft indessen nicht in einem synallagmatischen Verhältnis. Die Verpflichtung der Gesellschaft ist nicht die Gegenleistung für die Ausschliessung, sondern deren Rechtsfolge. Das Gesetz sieht sie vor, weil der Gesellschafter in der Form von Mitgliedschaftsrechten am Gesellschaftsvermögen virtuell Anteil hat und ihm diese Rechte durch die Ausschliessung entzogen werden. Es verhält sich ähnlich wie bei der richterlichen Ausschliessung eines Kollektivgesellschafters, die zur Folge hat, dass dem Ausgeschlossenen sein Anteil am Gesellschaftsvermögen auszurichten ist (Art. 577 OR), und zwar in der Form eines Geldbetrages, der mangels einer Einigung der Beteiligten durch den Richter festzusetzen ist ![]() | 7 |
Übrigens ergibt sich aus Art. 822 Abs. 4 OR, dass in Fällen, wo wegen der Ausschliessung eines Gesellschafters das Stammkapital herabgesetzt werden muss, die Abfindung ohnehin nicht Zug um Zug mit der gerichtlichen Ausschliessung geltend gemacht werden könnte. Es müssen nämlich vor der Auszahlung die Vorschriften über die Herabsetzung des Stammkapitals beachtet werden, wobei die Bestimmungen über die Herabsetzung des Grundkapitals von Aktiengesellschaften entsprechend anzuwenden sind (Art. 788 Abs. 2 OR), also die Art. 732-734 OR. Man mag einwenden, das Herabsetzungsverfahren, wie es in diesen Bestimmungen umschrieben ist, müsse eben schon vor der richterlichen Ausschliessung des Gesellschafters durchgeführt werden. Art. 822 Abs. 4 OR steht aber nicht auf ![]() | 8 |
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