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25. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Mai 1963 i.S. Delgrosso gegen Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich und Peyer. | |
Regeste |
Bestellung einer Beiratschaft nach Art 395 Abs 1 und 2 ZGB für betagte Witwe: Deren Absicht, ihre Liegenschaft zu gutem Preis zu verkaufen und mit dem Erlös ihre Lebensverhältnisse zu verbessern, ist nicht unvernünftig, wenn weder Unfähigkeit zur Vermögensverwaltung noch Neigung zu Verschwendung nachgewiesen ist. | |
Sachverhalt | |
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B.- Der Sohn möchte den Verkauf der Liegenschaft verhindern. Er ersuchte die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich, für die Verbeiratung der Mutter zu sorgen und den Vorkaufsvertrag anfechten zu lassen, zu dem sich Frau D. voreilig und unüberlegt habe bewegen lassen. Aus einem Verkauf des Hauses könne, wenn man noch einige Zeit zuwarte, ein erheblich grösserer Gewinn erzielt werden. Auch bestünde die Gefahr, dass Frau D., wenn sie in den Besitz eines grösseren Barvermögens gelangte, zu richtiger Verwaltung desselben unfähig wäre, in kurzer Zeit viel Geld ausgäbe und in eine Notlage geriete.
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Die Vormundschaftsbehörde hörte die Interdizendin an und liess sie durch Dr. med. O. E. Pfister, Bezirksarztadjunkt, begutachten. Gestützt auf dessen Bericht kam die Vormundschaftsbehörde zum Schluss, dass für eine Entmündigung oder für eine Verbeiständung nach Art. 392/93 ZGB keine Gründe vorlägen, wohl aber die Errichtung einer Beiratschaft nach Art. 395 Abs. 1 und 2 ZGB geboten sei. Sie stellte in diesem Sinne Antrag an den Bezirksrat Zürich, und dieser entsprach mit Beschluss vom 29. Juni 1962 dem Begehren.
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C.- Die Beklagte erhob Beschwerde an die Direktion der Justiz des Kantons Zürich. Diese bestätigte jedoch, nachdem sie noch einen ergänzenden Bericht von Dr. Pfister eingeholt hatte, mit Verfügung vom 9. Januar 1963 den Entscheid des Bezirksrates. Sie fand, das Handeln der Beklagten - Auszug aus dem ihr feindlichen Familienkreis, Wohnungsmiete in Verbindung mit der Einräumung ![]() | 4 |
D.- Gegen diesen Entscheid legte die Beklagte die vorliegende Berufung ein mit dem Antrag, die Anordnung einer Mitwirkungs- und Verwaltungsbeiratschaft sei aufzuheben; ev. sei die Sache zur Aktenergänzung und neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich trägt auf Abweisung der Berufung an, ebenso der im kantonalen Verfahren neben der Vormundschaftsbehörde als Beschwerdegegner figurierende Sohn der Beklagten Anton Peyer.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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3. Vorliegend erblicken die Vormundschaftsbehörde und die Vorinstanzen den Nachweis oder doch die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beklagte sich finanziell gefährden würde, in der Art und Weise, wie sie ihr Haus verkaufen und den Erlös verwenden will. Konkrete Tatsachen für diese Gefährdung, d.h. für eine Neigung zu leichtfertigem ![]() | 9 |
a) Die Beklagte hat offenbar nicht unvorsichtig und leichtfertig, sondern im Gegenteil recht umsichtig gehandelt, wenn sie Offerten von Fr. 380'000. - und Franken 400'000. - für das Vorkaufsrecht abgelehnt und, nach eigenen Berechnungen, es erst zu Fr. 430'000.-- eingeräumt hat. Dieser Preis erscheint nach den Akten heute als angemessen, ja als eher hoch. Die Überprüfungen von Bezirksrichter Dr. Kuster ergaben, dass zur Zeit mit einem Erlös von mindestens Fr. 400'000. - zu rechnen sei; soviel wie die "Mobag" für den Fall ihres Vorkaufs (Fr. 430.000.--) habe sonst niemand geboten. Wie die Vorinstanz zu ihrer Hypothese kam, es könnte "bei einer geschickten Verhandlungstaktik" noch mehr gelöst werden, ist nicht ersichtlich. Offenbar müsste diese Taktik vor allem in einem Zuwarten bestehen, bis die Konjunktur die Preise noch höher hinaufgetrieben hat. Es kann aber der Beklagten gewiss nicht als unvernünftiges Handeln ausgelegt werden, dass sie, bald 72-jährig, jetzt verkaufen will, um sich mit ihrem Geld ihren Lebensabend angenehmer zu gestalten. Und dass sie mit dem Vorkaufsvertrag die Möglichkeit einhandelte, sofort eine Mietwohnung zu erhalten und damit den unschönen häuslichen Verhältnissen zu entgehen, ist ebenfalls, wie die Vorinstanz selbst festhält, "nicht abwegig".
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b) Bis zu ihrem Auszug aus dem eigenen Haus hat die Beklagte, wie die Vorinstanz feststellt, ihr Vermögen, im Wesentlichen aus diesem Haus bestehend, selbst verwaltet. Dass sie dabei irgendwie verschwenderisch oder sonst unvorsichtig gehandelt hätte, ist nicht festgestellt, und warum sie nach dem Verkauf des Hauses nicht mehr zur Verwaltung des Barvermögens fähig sein sollte, ergibt sich aus den Akten nicht. Die von der Vorinstanz genannten "kleinen Widersprüche und Affektäusserungen" bilden kein ernsthaftes Indiz in dieser Richtung. Die Widersprüche beziehen sich auf die Pläne über die teilweise Verwendung des Verkaufserlöses - Kauf einer Wohnung im Tessin, ![]() | 11 |
c) Die Beklagte hat selbst einen Anwalt beigezogen und ausdrücklich erklärt, sie werde sich von ihm auch beim Hausverkauf und bei der spätern Vermögensverwaltung beraten und vertreten lassen. Dass sie das nicht ernst meine, es vielmehr nur vorschütze, um damit der Verbeiratung zu entgehen, ist nicht dargetan und ergibt sich insbesondere, nach dem bereits Gesagten, keineswegs aus den erwähnten Widersprüchen und affektbedingten Äusserungen. Somit fehlt es auch in dieser Hinsicht an der Notwendigkeit einer Einschränkung der Handlungsfreiheit.
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Es ist somit nicht erwiesen, dass die Beklagte sich bisher durch eine unvernünftige Vermögensverwaltung gefährdete, oder dass sie mit ihren derzeitigen finanziellen Plänen eine Gefährdung herbeiführen werde, falls ihr nicht ein amtlicher Beirat zur Seite steht. Die blosse Möglichkeit, dass ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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