BGE 90 II 86 | |||
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12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. März 1964 i.S. Breu gegen Oberländer's Erben. | |
Regeste |
Kauf, Haftung aus unerlaubter Handlung. |
Haftung der Kollektivgesellschaft für unerlaubte Handlung eines Gesellschafters? Art. 567 Abs. 3 OR (Erw. 3 a). |
Haftung des Geschäftsherrn für Hilfsperson? Anforderungen an den Entlastungsbeweis. Art. 55 OR (Erw. 3 b-d). | |
Sachverhalt | |
A.- Der Kläger Breu, der in Teufen ein Restaurant betreibt, kaufte im Mai 1960 bei der Beklagten, der Kollektivgesellschaft H. Oberländer's Erben, Apparatebau, Romanshorn, einen von dieser hergestellten elektrischen Backapparat "FRITOUT". Diese Apparate sind mit einem Thermostat ausgestattet, der die Wärme des Oels automatisch reguliert. Bei der Erreichung der eingestellten Temperatur wird der Strom unterbrochen, wobei eine rot leuchtende Kontroll-Lampe erlischt. Der Thermostat sorgt auch dafür, dass die zulässige Maximaltemperatur des Oels von 2000 C. nicht überschritten wird.
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Am 11. Juli 1961 brach in der Hotelküche des Klägers ein Brand aus, der an Gebäude und Mobiliar erheblichen Schaden anrichtete. Nach den polizeilichen Feststellungen war der Brandausbruch darauf zurückzuführen, dass die automatische Temperaturregelung des Backapparates nicht funktionierte, weil der Thermostat unvollständig eingebaut, nämlich der Temperaturfühler nicht in das dafür bestimmte, die Pfanne umfangende Kupferrohr eingeführt worden war.
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B.- Die vom Kläger gegen die Beklagte erhobene Klage auf Ersatz des von der Brandversicherung nicht gedeckten Schadens von ca. Fr. 20'000.-- nebst Zins wurde vom Bezirksgericht Arbon und vom Obergericht des Kantons Thurgau abgewiesen.
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C.- Gegen das obergerichtliche Urteil vom 19. November 1963 erklärte der Kläger die Berufung mit dem Antrag auf Schutz seiner im kantonalen Verfahren gestellten Begehren, eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.
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Die Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheids.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Der Kläger stützt seine Ansprüche mit Recht nicht auf die Bestimmungen über die Gewährleistung für Mängel der Kaufsache (Art. 197 ff. OR), noch auf jene über die Nichterfüllung des Vertrages (Art. 97 ff. OR). Denn der Gewährleistungsanspruch ist gemäss Art. 210 Abs. 1 OR verjährt, weil seit der Lieferung des Apparates mehr als ein Jahr verstrichen war und die Beklagte keine Haftung für längere Zeit übernommen hatte. Ob der Mangel ein geheimer war oder nicht, ist dabei nach der ausdrücklichen Regelung von Art. 210 Abs. 1 OR ohne Bedeutung. Eine absichtliche Täuschung, welche gemäss Art. 210 Abs. 3 OR den Eintritt der Verjährung zu hindern vermöchte, behauptet der Kläger nicht. Eine Haftung der Beklagten wegen Nichterfüllung des Vertrages sodann scheidet aus, weil gemäss ständiger Rechtsprechung der Schadenersatzanspruch aus Art. 97 ff. OR ebenfalls der für den Gewährleistungsanspruch geltenden Verjährung unterliegt (BGE 58 II 212, BGE 63 II 407, BGE 77 II 249).
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Gemäss ständiger Rechtsprechung stehen nun zwar dem Käufer, dem durch die Lieferung einer mit Mängeln behafteten Sache ein Schaden erwachsen ist, nicht nur die vertraglichen Ansprüche aus Art. 97 ff. und Art. 197 ff. OR zu Gebote, sondern er kann sich unter bestimmten Voraussetzungen auch auf die Vorschriften über die Haftung aus unerlaubter Handlung (Art. 41 ff. OR) berufen. Für das Bestehen einer solchen Anspruchskonkurrenz ist in erster Linie erforderlich, dass die dem Verkäufer zur Last fallende Vertragsverletzung zugleich einen Verstoss gegen ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung darstellt, indem sie Leib und Leben oder andere Rechtsgüter des Käufers oder Dritter unnötig gefährdet (BGE 64 II 258 f., BGE 67 II 136, BGE 71 II 114 Erw. 4, BGE 77 II 151). Diese erste Voraussetzung wäre hier zweifellos erfüllt: Der durch den Mangel der Kaufsache ausgelöste Brand schädigte den Kläger an seinem Eigentum und war geeignet, ihn oder Dritte persönlich zu gefährden.
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Die Vorinstanz hat jedoch eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung unter Hinweis auf BGE 67 II 132 ff. abgelehnt. Nach dem genannten Entscheid verliert der Käufer, der die Mängelrüge versäumt hat, nicht nur den vertraglichen, sondern (abgesehen von gewissen, hier nach der Ansicht der Vorinstanz nicht gegebenen Ausnahmefällen) auch den Deliktsanspruch.
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Der Kläger wendet mit der Berufung ein, der erwähnte Entscheid treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu; denn der unvollständige Einbau des Thermostaten bedeute entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht einen offenkundigen, sondern einen geheimen Mangel, und das Vorliegen eines solchen stelle einen der in BGE 67 II 132 vorbehaltenen Ausnahmefälle dar.
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Wie es sich damit verhält, kann jedoch dahingestellt bleiben, und ebenso braucht nicht geprüft zu werden, ob überhaupt an der im genannten Entscheid vertretenen Rechtsauffassung festgehalten werden könnte. Denn ein Anspruch des Klägers aus ausservertraglicher Haftung der Beklagten ist ohnehin aus den im folgenden dargelegten Gründen zu verneinen.
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b) Es könnte daher lediglich eine Haftung der Beklagten auf Grund von Art. 55 OR in Betracht kommen. Nach dieser Bestimmung haftet der Geschäftsherr für den Schaden, den seine Angestellten oder Arbeiter in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
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Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist das Nichtfunktionieren des Thermostaten, das die Ursache des Brandausbruches war, auf einen Fehler bei der Erstellung des Apparates zurückzuführen, der dem Monteur Gendle (oder einem andern Angestellten der Beklagten) unterlief. Für diesen Fehler hat die Beklagte als Geschäftsherrin gemäss Art. 55 OR grundsätzlich einzustehen, und zwar handelt es sich dabei um eine Kausalhaftung, die selbst dann eintritt, wenn weder den Geschäftsherrn noch die Hilfsperson ein Verschulden trifft (BGE 56 II 287 Erw. 2, 289).
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c) Zu prüfen bleibt somit einzig, ob die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis erbracht hat. An diesen sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Geschäftsherr hat nicht nur zu beweisen, dass ihn keinerlei Verschulden treffe, sondern er hat darzutun, dass er alle objektiv gebotenen Massnahmen vorgekehrt hat, um einen Schaden der eingetretenen Art abzuwenden (BGE 56 II 287 Erw. 2, 289). Dazu gehört insbesondere der Nachweis, dass er seine Angestellten sorgfältig ausgewählt, ihnen die nötigen Anleitungen gegeben und ihre Arbeit gehörig überwacht hat, sowie dass er seinen Betrieb zweckmässig organisiert hat.
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Die Vorinstanz hat gestützt auf die Ergebnisse des durch das Bezirksgericht durchgeführten Beweisverfahrens den Entlastungsbeweis als geleistet erachtet. Nach den vom Obergericht übernommenen Feststellungen der ersten Instanz war der Arbeiter Gendle, der den an den Kläger verkauften Apparat montiert hat, ein ausgebildeter, gut ausgewiesener Elektriker. Auf Grund seiner Beweiserhebungen ist das Bezirksgericht ferner zum Schlusse gelangt, dass es die Beklagte weder an der Anleitung noch an der Überwachung ihres Personals habe fehlen lassen, und dass auch die Organisation des Betriebes nicht zu beanstanden sei.
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Diese Ausführungen der kantonalen Instanzen betreffen weitgehend technische Fragen und beruhen, soweit es sich nicht überhaupt um das Bundesgericht bindende tatsächliche Feststellungen handelt, auf einer Würdigung der konkreten Verhältnisse, denen der Sachrichter näher steht als das Bundesgericht. Dieses hat als Berufungsinstanz - vorbehältlich offensichtlicher Ermessensüberschreitung durch den kantonalen Richter, die hier nicht vorliegt - nur zu prüfen, ob die Vorinstanz bei ihrem Entscheid vom rechtlich zutreffenden Begriff der Geschäftsherrenhaftung ausgegangen ist. Das ist hier der Fall.
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d) Der Kläger vertritt jedoch die Auffassung, Art. 55 OR sei auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar, weshalb die Beklagte nicht zum Entlastungsbeweis im Sinne der genannten Vorschrift hätte zugelassen werden dürfen. Denn Art. 55 OR komme nur in Betracht, wo der Angestellte mit dem geschädigten Dritten persönlich in Kontakt trete; daran fehle es hier. Mit der Fabrikation des Apparates sei die dienstliche Verrichtung der daran beteiligten Arbeiter abgeschlossen gewesen. Der nachherige Verkauf des Produktes sei ein selbständiger Vorgang, wobei der Käufer über den Kauf des fabrizierten Produktes mit dem Verkäufer in Beziehung trete; erst mit dem Kauf eines mit Fabrikationsmängeln behafteten Produktes beginne die mögliche Schadensverursachung.
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Diese Argumentation des Klägers ist in verschiedener Hinsicht verfehlt. Wo der Verkäufer, wie hier, zugleich Hersteller der mangelhaften Kaufsache ist, muss bei der Beurteilung seiner ausservertraglichen Haftung die Phase der Herstellung ebenfalls berücksichtigt werden. Aber selbst wenn ausschliesslich auf das Kaufgeschäft abzustellen wäre, hätte das nicht ohne weiteres die Haftung der Beklagten zur Folge. Denn auch der Verkäufer einer nicht von ihm selber hergestellten, mangelhaften Sache haftet für einen durch diese hervorgerufenen Schaden ausservertraglich nicht schlechthin, wie der Kläger anzunehmen scheint, sondern nur unter den Voraussetzungen des Art. 41 OR, also wenn ihm ein persönliches Verschulden zur Last fällt. Hat er das Geschäft nicht selber, sondern durch einen Angestellten abgeschlossen, so gelangt auch auf ihn Art. 55 OR mit der dort vorgesehenen Möglichkeit des Entlastungsbeweises zur Anwendung.
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Da die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis erbracht hat, entfällt ihre ausservertragliche Haftung.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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