BGE 90 II 461 | |||
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51. Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. November 1964 i.S. "Der Neue Gotthard-Ring" und Düringer gegen Gotthard-Bund. | |
Regeste |
Persönlichkeits- und Namenschutz zu Gunsten juristischer Personen, insbesondere von Vereinen. Art. 28 und 29, 53 und 60 ZGB. | |
Sachverhalt | |
A.- Der Gotthard-Bund wurde im Juli 1940 als schweizerische nationale Widerstandsbewegung gegen die nationalsozialistischen Gefahren gegründet. Er bezweckte "die Wahrung der eidgenössischen Ehre und Unabhängigkeit auf ursprünglicher christlicher, föderalistischer und demokratischer Grundlage durch die Stärkung der Wehrhaftigkeit und den Aufbau einer gerechten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ordnung". Dieser Vereinszweck wurde nach dem Kriege im wesentlichen beibehalten. Seit seiner Gründung gibt der Verein die "Gotthard-Briefe" heraus, die früher halbmonatlich herauskamen und seit einiger Zeit monatlich erscheinen. Auch in besonderen Veröffentlichungen warb er für schweizerisches Denken.
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B.- Walter Düringer war anfänglich Mitglied des Gotthard-Bundes. Er trat dann aus und gründete im Jahre 1956 den "Bund der Parteilosen". Dieser Name wurde 1958 geändert, und die Bewegung Düringers nannte sich von da an "Der Neue Gotthard-Bund". Dieser gab mit Düringer als Redaktor eine monatlich erscheinende Zeitung heraus mit dem Titel "Der Drachentöter", später "Neuer Gotthard-Bund".
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C.- Der bisherige Gotthard-Bund sah sich dadurch in seinen Persönlichkeits- und Namenrechten verletzt. Er erwirkte am 29. Mai 1962 gegen den "Neuen Gotthard-Bund" ein richterliches Verbot, den Namen "Gotthard-Bund" zu führen und die Zeitung gleich zu benennen. Ein Rekurs gegen dieses Verbot wurde abgewiesen, und Rechtsmittel gegen den Rekursentscheid hatten keinen Erfolg; es wurde auf sie nicht eingetreten. Schliesslich änderte Düringer den Vereinsnamen. Sein Bund nannte sich nun "Der Neue Gotthard-Ring", ebenso seine Zeitschrift. Bei den Nationalratswahlen 1963 gab er eine eigene Wahlliste unter dem gleichen Namen heraus. Die Bezeichnung "Neuer Gotthard-Bund" war noch eine Zeit lang weiter verwendet worden, was zu einer Ungehorsamsstrafe im Sinne von Art. 292 StGB führte.
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D.- Der bisherige Gotthard-Bund klagte mit Eingabe vom 31. Dezember 1963 neuerdings in Zürich beim Einzelrichter im summarischen Verfahren, und zwar (1.) gegen den neuen Gotthard-Ring wie auch (2.) gegen Walter Düringer. Er stellte folgende Begehren:
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"1. Es sei dem Beklagten 1 zu verbieten, den Namen "Neuer Gotthard-Ring" zu führen.
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2. Es sei dem Beklagten 1 zu verbieten, eine Zeitung herauszugeben, deren Titel "Neuer Gotthard-Ring" lautet.
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3. Es sei dem Beklagten 2 zu verbieten, eine Zeitung zu redigieren, deren Titel "Neuer Gotthard-Ring" lautet."
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"Dem Beklagten 1 wird verboten, in seinem Vereinsnamen den Bestandteil ,Gotthard' zu führen, sowie eine Zeitung herauszugeben, die in ihrem Titel den Bestandteil ,Gotthard' enthält, beides unter der Androhung, dass im Zuwiderhandlungsfalle die verantwortlichen Organe des Beklagten 1 wegen Ungehorsams gegen eine amtliche, von einer zuständigen Behörde erlassene Verfügung zur Bestrafung mit Haft oder Busse dem Strafrichter überwiesen würden (Art. 292 StGB).
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Dem Beklagten 2 wird unter Androhung der Überweisung an den Strafrichter zur Bestrafung mit Haft oder Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche, von einer zuständigen Behörde erlassene Verfügung im Zuwiderhandlungsfalle verboten, eine Zeitung zu redigieren, die im Titel den Bestandteil ,Gotthard' enthält."
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E.- Der Neue Gotthard-Ring und Walter Düringer haben dieses Urteil auf dem Wege der Berufung an das Bundesgericht weitergezogen und beantragen, es sei dem Neuen Gotthard-Ring zu gestatten, seinen Namen weiterhin zu verwenden.
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Der Gotthard-Bund beantragt Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Das Obergericht geht zutreffend davon aus, dass der Gotthard-Bund als Verein mit idealer Zweckbestimmung (Art. 60 Abs. 1 ZGB) wie alle juristischen Personen den Schutz der Persönlichkeit im allgemeinen (Art. 53 in Verbindung mit Art. 28 ZBG) und insbesondere auch den Namenschutz nach Art. 29 ZGB geniesst (BGE 42 II 317, BGE 44 II 86, BGE 80 II 140 und 284, BGE 83 II 255). Es ist ihm auch darin beizustimmen, dass das Namensrecht nicht nur dann verletzt ist, wenn jemand sich unbefugt den Namen eines andern unverändert beilegt, sondern auch dann, wenn er einen täuschend ähnlichen Namen annimmt und führt, der geeignet ist, Verwirrung zu stiften und erhebliche Interessen des andern zu beeinträchtigen (BGE 80 II 145 und 284/85). Eine solche Verletzung ist, wie das Obergericht näher darlegt, dem Kläger dadurch widerfahren, dass das seinen Namen kennzeichnende Wort "Gotthard" als zentraler Bestandteil des Namens des beklagten Vereins und des Titels der von diesem herausgegebenen Zeitschrift verwendet wird.
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Die Beklagten weisen demgegenüber vorerst darauf hin, dass hier das strengere Firmenrecht (Art. 944 ff. OR) nicht anwendbar sei, sondern nur analog "als Wertmesser" berücksichtigt werden dürfe. In der Tat unterstehen ideale Vereine dem Firmenrechte nicht, selbst wenn sie im Handelsregister eingetragen sind (BGE 34 II 114 ff., BGE 80 II 283 /84). Das Obergericht hat jedoch gar nicht Firmenrecht angewendet, und den besonderen Firmenschutz (vgl. BGE 79 II 310/11) hat der Kläger auch nicht angerufen. Der Namenschutz nach Art. 29 ZGB aber - der übrigens auch einer des Firmenschutzes teilhaftigen Unternehmung zu gewähren ist, soweit eine nicht firmenmässige Verwendung ihres Namens in Frage steht (vgl. BGE 40 II 605, BGE 52 II 398, BGE 66 II 263, BGE 72 II 386/87, BGE 88 II 31) - kommt dem Kläger in vollem Masse zu.
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Im übrigen erklären die Beklagten selbst: "Für uns alle war und ist der Gotthard Symbol". Dennoch halten sie für entscheidend, dass an und für sich ein geographischer Begriff, also eine Sachbezeichnung, vorliege. Diese dürfe nicht von einer einzelnen Vereinigung als ein ihr ausschliesslich zukommender Namensbestandteil in Anspruch genommen werden. Der Kläger nenne sich denn auch nicht einfach "Gotthard", was kein gültiger Name einer Vereinigung wäre, sondern "Gotthard-Bund", und in entsprechender Weise dürfe sich die neuere Vereinigung (mit deutlicher Abweichung in Wortbild und Klang) "Neuer GotthardRing" nennen. Dieser Betrachtungsweise ist nicht zu folgen. Es ist vor allem an die besondere Symbolkraft des Gotthardes in der gefahrvollen Zeit vor und nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges zu erinnern, wie sie bereits in der Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1938 über die Organisation und die Aufgaben der schweizerischen Kulturwahrung und Kulturwerbung ausgedrückt ist (Bundesblatt 1938 II 985 ff., bes. 998/99):
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"Ein Blick auf die europäische Karte zeigt uns, dass der gewaltige Wall der Alpen an einer Stelle sich zurück- und zusammenzieht auf einen massigen, aber einzigen Gebirgsblock: am St. Gotthard. Es kommt nicht von ungefähr, dass die ersten eidgenössischen Bünde sich um den Gotthardpass lagerten. Diese Tatsache war providentiell und wesentlich für den Sinn und die Sendung des eidgenössischen Staatsgedankens. Am Gotthard entspringen die drei Ströme, durch die wir den drei für die Geschichte des Abendlandes bedeutungsvollsten Lebensräumen verbunden sind: Rhein, Rhone und Tessin. Der Berg der Mitte trennt und verbindet diese drei geistigen Lebensräume. Es wäre ein naturwidriges Unterfangen, die Kultur unseres Landes von der kulturellen Gemeinschaft mit den drei Lebensräumen losreissen zu wollen, denen wir weitgehend verbunden sind. Wir dürfen nicht vom Wechselnden und Akzidentellen das Bleibende, Substanzielle überschatten lassen. Wenn der Tessiner Giuseppe Zoppi den Standpunkt vertritt, dass der Tessin desto sinnvoller seine schweizerische Mission erfülle, je reiner er seine geistige Verbundenheit mit der bleibenden Grösse italienischer Kultur zu bewahren vermöge, so gilt das gleiche sinngemäss für die welschen Miteidgenossen und für die Deutschschweizer alemannischen Blutes. .... Es ist doch etwas Grossartiges, etwas Monumentales, dass um den Gotthard, den Berg der Scheidung und den Pass der Verbindung, eine gewaltig grosse Idee ihre Menschwerdung, ihre Staatswerdung feiern durfte, eine europäische, eine universelle Idee: die Idee einer geistigen Gemeinschaft der Völker und der abendländischen Kulturen!. .... Uns auf dieses wahrhaft Monumentale, wahrhaft Wunderbare in unserem eidgenössischen Staatsgedanken zu besinnen und uns dessen in tiefster Seele bewusst zu werden, das allein schon ist ein wesentliches Element geistiger Verteidigung unseres Landes."
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Im Juli 1940, in einer Zeit höchster Gefahr, ist der Kläger gegründet worden und hat die Benennung "Gotthard" als Wahrzeichen der Verteidigungsbereitschaft gewählt. Wie der angefochtene Entscheid (mit Hinweis auf das Schweizer Lexikon Bd. III 1946 S. 1214) darlegt, ist der Kläger der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, nachdem er sich jahrelang unter dem Namen "Gotthard-Bund" für die politische Unabhängigkeit der Schweiz eingesetzt hatte. Sein Name hat daher einen kennzeichnenden originalen Charakter erlangt (vgl. BGE 42 II 318 ff., BGE 82 II 342), woraus des Obergericht mit Recht auf eine zur Individualisierung des Klägers geeignete Unterscheidungskraft des in diesem Namen enthaltenen Hauptbestandteils schliesst. Dem Kläger gebührt somit das von ihm in Anspruch genommene Vorzugsrecht.
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Dem Namensrecht hat das Gesetz nicht wie dem Firmenrecht bestimmte räumliche Grenzen gezogen. Da sich die Tätigkeit des Klägers auf das ganze Gebiet der Schweiz erstreckt, hat er ein schutzwürdiges Interesse, in der ganzen Schweiz vor Namensverletzungen bewahrt zu sem.
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Dass sich der Name des Beklagten 1 genügend von demjenigen des Klägers unterscheide, ist sodann in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil zu verneinen. Der zentrale Namensbestandteil "Gotthard" ist so einprägsam, dass weder das vorausgehende Wort "Neue" noch die nachfolgende, freilich in Bild und Klang abweichende, aber gleichbedeutende Benennung "Ring" statt "Bund" die Verwechslungsgefahr zu bannen vermögen. Der vom Beklagten 1 verwendete Name kann auch jemanden täuschen, dem der Name des Klägers genau erinnerlich ist. Er kann nämlich zur Annahme verleiten, der Kläger selbst habe wegen neuer Zielsetzung den neuen Namen angenommen, oder aber, er sei durch den Beklagten 1 abgelöst worden und bestehe nicht mehr. Zum mindesten lässt die Ähnlichkeit der beiden Namen mit dem gleichen Hauptbestandteil vermuten, die beiden Vereinigungen seien miteinander irgendwie verbunden. Wie aber mehrmals entschieden worden ist, liegt eine durch Art. 29 ZGB verpönte Namensverletzung auch darin, dass jemand als Namensträger durch Gedankenassoziationen in Beziehungen hineingestellt wird, die er füglich ablehnen darf (BGE 72 II 150, BGE 80 II 147).
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Die Einrede, der Unterlassungsanspruch des Klägers sei nach den Artikeln 2 und 30 ZGB als verwirkt zu betrachten, hält die Beklagtschaft vor Bundesgericht nicht aufrecht.
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Es erübrigt sich daher, diesen Punkt hier zu erörtern.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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