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5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1965 i.S. Adès gegen Internationale Filmvertriebsanstalt. | |
Regeste |
Der Gerichtsstand für die Arrestforderungsklage bestimmt sich unter Vorbehalt von Art. 59 BV und von Staatsverträgen nach kantonalem Recht. | |
Sachverhalt | |
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Erwägungen: | |
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2. Da der vorliegende Rechtsstreit vor schweizerischen Gerichten zwischen einer juristischen Person des liechtensteinischen Rechts mit Sitz in Vaduz und einem britischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Paris schwebt und Schadenersatzansprüche wegen Verletzung eines in Paris abgeschlossenen Vertrags über die von Paris aus zu besorgende Verwaltung eines in New Yorkliegenden Wertschrift endepots der erwähnten ![]() | 3 |
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes, die mangels einer gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Ordnung auf dem Wege der Lückenausfüllung (Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB) die hier massgebenden Regeln herausgearbeitet hat, sind die Parteien auf dem Gebiete des internationalen Vertragsrechts befugt, das anwendbare Recht zu wählen, und zwar sind nach der neuern Rechtsprechung grundsätzlich sowohl die Entstehung und die Gültigkeit als auch die Wirkungen des Vertrags nach dem gewählten Rechte zu beurteilen (BGE 78 II 85 f., BGE 79 II 297, BGE 82 II 552). Die Rechtswahl kann, wie in BGE 79 II 298 ff. dargetan, nicht bloss beim Vertragsabschluss, sondern auch später, insbesondere auch erst im Prozess erfolgen, spätestens vor dem kantonalen Sachrichter (BGE 89 II 216), und ist abänderlich. Der Verweisungsvertrag, durch den sie vorgenommen wird, unterliegt keiner besondern Form, doch ist erforderlich, dass beide Parteien im Bewusstsein, dass die Frage des anwendbaren Rechtes sich stellt, den Willen äussern, ihre Beziehungen einem bestimmten Rechte zu unterwerfen (BGE 87 II 200 f., BGE 88 II 327, BGE 89 II 216 und 267). Im vorliegenden Falle haben sich die Parteien vor der ersten kantonalen Instanz im Anschluss an die Bemerkung der Klägerin, dass an sich französisches Recht anwendbar sei, auf die Anwendung des ![]() | 5 |
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Ausführungen über die erwähnte Frage finden sich erst im Entscheide BGE 78 II 74 ff., der den Grundsatz aufstellte, dass die Entstehung und die Wirkungen eines Vertrages nach dem gleichen Rechte, nämlich nach dem von den Parteien gewählten Rechte oder in Ermangelung eines solchen nach dem Rechte des Landes zu beurteilen seien, mit welchem der Vertrag den engsten räumlichen Zusammenhang aufweist. In diesem Entscheide, der einen Fall betraf, wo eine Rechtswahl unterblieben war, hat das Bundesgericht (S. 86) unter Hinweis auf GUTZWILLER, Das Kaufrecht (in GUTZWILLER und NIEDERER, Beiträge zum Haager internationalen Privatrecht, 1951, S. 26, 44-45) erklärt, die Parteien seien in der Wahl des anwendbaren Rechtes nicht vollständig frei; nach allgemeiner Lehrmeinung (selon l'opinion commune en doctrine) sei zum mindesten erforderlich, dass ihr Vertrag natürliche Beziehungen von einiger Bedeutung (des attaches naturelles et de quelque importance) zum Lande habe, dessen Recht sie wählen, ganz abgesehen davon, dass der Richter des Gerichtsortes dieses Recht nur im Rahmen seiner eigenen öffentlichen Ordnung anwende.
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Seit diesem Entscheide hat das Bundesgericht die Frage, unter welchen Rechtsordnungen die Parteien wählen dürfen, nicht mehr behandelt, wenn man davon absieht, dass es in BGE ![]() | 8 |
Folgt man der in BGE 78 II 86 vertretenen Auffassung, so erweist sich die im vorliegenden Falle erfolgte Rechtswahl als unzulässig, weil der zu beurteilende Vertrag als solcher zur Schweiz keine Beziehung hat.
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5. Die erwähnte Auffassung war jedoch schon im Jahre 1952, als der Entscheid BGE 78 II 86 erging, nicht unangefochten. GUTZWILLER, auf den sich das Bundesgericht damals berief, bezeichnete zwar an der erstangeführten Stelle (S. 26) als "ganz selbstverständliche" Voraussetzung der Rechtswahl, "dass das von den Parteien gekürte Recht mit ihrem Vertrag irgend eine räumliche Beziehung aufweist", wies aber an der zweitgenannten Stelle zutreffend darauf hin, dass dieser Punkt sehr umstritten sei. Vor allem sprach sich damals bereits der Entwurf eines Abkommens über Gesetzeskonflikte beim Warenkauf, den der von der 6. Session der Haager Konferenz für internationales Privatrecht eingesetzte Sonderausschuss im Jahre 1931 angenommen hatte, für eine unbeschränkte Wahlbefugnis der Parteien aus (Conférence de La Haye de Droit international privé, Documents relatifs à la Septième Session tenue du 9 au 31 octobre 1951, S. 4 ff.). Art. 2 dieses Entwurfs bestimmte vorbehaltlos, der Kauf werde durch das inländische Recht des von den Parteien bezeichneten Landes geregelt (La vente est régie par la loi interne du pays désigné par les parties contractantes). JULLIOT DE LA MORANDIÈRE bemerkte in dem diesen Entwurf begleitenden Berichte, die den Parteien hinsichtlich der wählbaren Rechte eingeräumte Freiheit sei so weit (large) wie möglich; alle vorgeschlagenen Beschränkungen seien im Interesse des internationalen Handels abgelehnt worden (a.a.O. S. 22). RABEL (The conflict of laws, 2. Band 1947, S. 408, 427) lehnte eine Beschränkung der Rechtswahl auf Rechtsordnungen, zu denen der Vertrag eine Beziehung hat, ![]() | 10 |
Seit dem Erscheinen der in BGE 78 II 86 angeführten Abhandlung Gutzwillers haben sich die Stimmen zugunsten der freien Rechtswahl gemehrt. WOLFF erklärte 1954 (Das IPR Deutschlands, 3. Aufl. S. 139) in Abweichung von seiner frühern Ansicht (2. Aufl. 1949 S. 118), die Parteien seien befugt, das auf ihren Vertrag anwendbare Recht "beliebig" zu wählen; ihre Autonomie sei "unbeschränkt, wenn von etwaigen Fällen sinnloser, albern-verspielter, kurz, ungehöriger Wahl abgesehen wird." Das aus den Beratungen der 7. Session der Haager Konferenz (1951) hervorgegangene Abkommen über das auf internationale Warenkäufe anwendbare Recht (Convention sur la loi applicable aux ventes à caractère international d'objets mobiliers corporels) vom 15. Juni 1955, das am 1. September 1964 in Kraft trat (Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 1963 S. 274), für die Schweiz aber noch nicht gilt, übernahm in Art. 2 die bereits wiedergegebene Bestimmung des Entwurfs von 1931. Wie FRÉDÉRICQ darlegt, verwarf die Konferenz mehrere Anträge auf Beschränkung der Wahlfreiheit der Parteien (Académie de Droit international, Recueil des cours 1958 I 39f.; vgl. Conférence de La Haye, Actes de la Septième Session, S. 32 ff.). Unter Hinweis auf dieses Abkommen trat auch GAMILLSCHEG (Archiv für die civilist. Praxis 1958/59 S. 308 ff.) dafür ein, dass bei internationalen Verträgen die Rechtswahl unbeschränkt zuzulassen sei. Gleicher Ansicht ist VON OVERBECK (Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 1963 S. 275).
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Allgemein anerkannt ist diese Auffassung freilich nicht. Auch unter den Befürwortern einer Beschränkung der Rechtswahl herrscht jedoch heute das Bestreben vor, diese Wahl zu erleichtern. Das Erfordernis einer räumlichen Beziehung zwischen dem Vertrag und dem Lande, dessen Recht gewählt wird, tritt in den Hintergrund. So begnügt sich der Entwurf eines portugiesischen Zivilgesetzbuchs von 1951 (MAKAROV, Quellen des IPR, 2. Aufl. I 1953/54, Nr. 45 Portugal, S. 35/36) ![]() | 12 |
"Sous réserve des dispositions de police et de sûreté, les contrats sont soumis, en ce qui concerne leurs conditions de fond et leurs effets obligatoires, à la loi que les contractants ont choisie dans un intérêt légitime."
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Der Grundgedanke dieser Regelung fand zahlreiche Anhänger. GAMILLSCHEG, der schon im bereits angeführten Aufsatze (S. 311) erklärt hatte, gegen das - nach seiner Ansicht praktisch stets erfüllte - Erfordernis eines "intérêt légitime" sei nichts einzuwenden, führte 1959 (Internationales Arbeitsrecht, S. 101) aus, die Parteien seien nicht auf die Wahl eines Rechtes beschränkt, zu dem der Vertrag eine örtliche Beziehung habe, sondern ihre Wahl sei schon dann anzuerkennen, "wenn sie durch irgendein sachliches Interesse getragen wird." Im gleichen Sinne äussern sich KEGEL (IPR, 1960, S. 208: "irgendein anerkennenswertes Interesse an der Herrschaft des gewählten Rechts"), SCHÖNENBERGER/JÄGGI (Allg. Einleitung, 1961, N. 199: "jede Rechtsordnung, für deren Wahl ein vernünftiges Interesse der Parteien spricht oder die in guten Treuen gewählt wurde"), RAAPE (IPR, 5. Aufl. 1961, S. 461: "ein intérêt légitime"), und UMBRICHT (Die immanenten Schranken der Rechtswahl im internat. Schuldvertragsrecht, 1963, S. 107 ff.: "Rechte, deren Anwendbarkeit einem legitimen Interesse entspricht"). Ähnlich sind, wie UMBRICHT (S. 113-115) zutreffend ausführt, in der praktischen Auswirkung auch die Auffassungen von BATIFFOL (Les conflits de lois en matière de contrats, 1938, n. 57 ff. S. 51 ff., und Traité élémentaire de droit international privé, 3. Aufl. 1959, n. 574 S. 624 ff.) und NIEDERER (Einführung in die allg. Lehren des IPR, 1. Aufl. 1954, 3. Aufl. 1961, je S. 196); ebenso diejenige von VISCHER (Internationales Vertragsrecht, 1962, S. 51 ff.).
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Den Befürwortern der unbeschränkten Rechtswahl und den ![]() | 15 |
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