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12. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Juli 1965 i.S. W. H. Spross gegen J. H. Spross und B. Spross. | |
Regeste |
Klage auf Untersagung des Eheabschlusses (Art. 111 ZGB). |
- wenn die Brautleute während der Hängigkeit des Rechtsstreites die Ehe im Ausland eingehen (Erw. 1), |
- ebenso, wenn einer der Verlobten während der Hängigkeit des Rechtsstreites stirbt, sei es auch erst nach Einlegung der Berufung an das Bundesgericht (Erw. 4). |
2. Kann die Eheuntersagungsklage nach Art. 111 ZGB in eine Ehenichtigkeitsklage nach Art. 120 ff. ZGB umgewandelt werden? (Erw. 3). |
3. Welche Rechtsbehelfe hat der Einsprecher, um sich der Anerkennung der im Ausland geschlossenen Ehe zu widersetzen? (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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B.- Während der Hängigkeit der Klage reisten die Brautleute nach England und liessen sich am 19. Juni 1964 vor dem Zivilstandsamt von Thanet (Kent) trauen.
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C.- Infolgedessen schrieb das Bezirksgericht Zürich am 9. Oktober 1964 die auf Untersagung des Eheabschlusses gehende Klage als gegenstandslos geworden ab. Den Rekurs des Klägers hat das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 24. Februar 1965 abgewiesen. Laut der Begründung tritt das Obergericht der Auffassung des Bezirksgerichts bei. Es erklärt ferner, "dass die Klage nach ZGB 111 nicht in eine Nichtigkeitsklage nach ZGB 120 konvertiert werden kann".
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D.- Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende, am 12. März 1965 eingereichte Berufung des Klägers an das Bundesgericht mit dem Antrag, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und das Gericht anzuhalten, den Prozess an Hand zu behalten.
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E.- Der Erstbeklagte Josef Hugo Spross starb am 13. März 1965.
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Im Hinblick auf die Testamentseröffnung ermittelte das Bezirksgericht Zürich (der Einzelrichter in nichtstreitigen Rechtssachen) als gesetzliche Erben des Josef Hugo Spross die Beklagte Nr. 2 sowie die beiden Söhne aus erster Ehe, nämlich Hugo Rolf Spross, geboren 1922, und den Kläger.
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In einem Testament vom 31. Dezember 1964 hatte der Erblasser die beiden Söhne als erbunwürdig bezeichnet und zudem unter Grundangabe gemäss Art. 477 ZGB enterbt. Den dem Sohn Hugo entzogenen Pflichtteil hatte er dessen drei durch ihn vertretenen unmündigen Kindern zugewendet; die überlebende Ehefrau hatte er für den Restnachlass als Universalerbin eingesetzt. Die enterbten Söhne stellten eine Testamentsanfechtung in Aussicht, weshalb das Bezirksgericht eine amtliche Erbschaftsverwaltung anordnete und einstweilen keine Erbbescheinigung ausstellte.
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F.- Die Beklagtschaft beantragt Abweisung der Berufung.
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G.- Zur Präsidialverfügung vom 1. Juni 1965 lassen sich die Parteien in folgender Weise vernehmen: Die Klägerschaft verweist auf die vorderhand geltende testamentarische Erbfolge. Sie beabsichtigt das Testament nicht anzufechten bis zur Erledigung des vorliegenden Prozesses. Die Beklagtschaft legt als Ausweis für den ehelichen Stand der Beklagten Nr. 2 einen Familienschein vor.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Die Klage auf Untersagung des Eheabschlusses nach Art. 111 ZGB leitet eine - nicht vermögensrechtliche - Zivilrechtsstreitigkeit ein, die gemäss Art. 44 OG Gegenstand einer Berufung an das Bundesgericht bilden kann. Fraglich ist indessen, ob es hier zu einem oberinstanzlichen kantonalen Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG gekommen ist. Jedenfalls hat man es nicht mit einem materiellen Entscheide zu tun; vielmehr haben die kantonalen Gerichte die Klage ohne Prüfung ihrer Begründetheit wegen des mittlerweile in England erfolgten Eheabschlusses als gegenstandslos geworden abgeschrieben. Unter Umständen kommt zwar einem Erledigungsbeschlusse gleichfalls die Eigenschaft eines Endentscheides zu: dann nämlich, wenn er die endgültige Ablehnung eines zivilrechtlichen Anspruchs bedeutet (vgl. BGE 83 II 544 ff. Erw. 1). Hier ist ![]() | 11 |
2. Der Umstand, dass der Kläger die im Ausland geschlossene Ehe mit Hinweis auf Art. 7f Abs. 1 NAG als nichtig betrachtet, vermag daran nichts zu ändern. Grundsätzlich ist eine im Ausland geschlossene Ehe von Schweizerbürgern, wenn ihr formgültiger Abschluss amtlich bescheinigt ist, wie es hier zutrifft, als gültig anzusehen, bis sie allenfalls gerichtlich als ungültig erklärt wird (vgl. BECK, Komm. zum SchlT des ZGB, N. 99 zu Art. 7f NAG; BGE 60 II 1ff.). Eine Frage für sich ist, ob es dem Kläger gelingen wird, auf dem Weg der von ihm erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Streichung des bereits eingetragenen Eheabschlusses in schweizerischen Zivilstandsregistern zu erwirken. Wie immer jenes Beschwerdeverfahren ausgehen mag, wird die Untersagungsklage nicht wieder aufleben (was nicht etwa der Erledigungsbeschluss als solcher ausschliessen würde, denn er schafft nicht materielle Rechtskraft; vgl. LEUCH, N. 3 zu Art. 203 der bernischen ZPO). Hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde keinen Erfolg, so ist damit einer Ehenichtigkeitsklage (nach Art. 121 ZGB, allenfalls auch nach ausländischem Recht, vgl.BGE 60 II 6/7 Erw. 1c) nicht vorgegriffen. Ob dem Kläger ausserdem eine Registerberichtigungsklage ![]() | 12 |
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4. Vollends müsste die Eheuntersagungsklage, wenn es nicht schon vorher geschehen wäre, durch ein erst seit dem angefochtenen Beschluss des Obergerichts eingetretenes Ereignis gegenstandslos geworden sein: durch den Tod des Bräutigams, also des Beklagten Nr. 1. Wäre es nämlich nicht zum Eheabschluss im Auslande gekommen, und wäre die Untersagungsklage in kantonaler Instanz durch materielles Urteil abgewiesen worden, so hätte sie seither durch jenes neue Ereignis ihren Sinn und Zweck verloren (übrigens ebenso, wenn ein die Klage gutheissendes Urteil des Obergerichts von den Brautleuten weitergezogen worden wäre). Denn infolge des Todes des Bräutigams liesse sich das Ehevorhaben nun ohnehin keineswegs mehr verwirklichen. So wenig wie eine während der Hängigkeit der Scheidungsklage durch den Tod eines Ehegatten aufgelöste Ehe noch geschieden werden kann (BGE 46 II 178,BGE 51 II 539,BGE 76 II 254; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. A., S. 328 N. 108), so wenig kann es nach dem Tod eines Verlobten noch zum Eheabschluss kommen; bei einer solchen Sachlage ist daher auch einer auf Untersagung dieses Rechtsaktes gehenden Klage keine weitere Folge zu geben. Solche Tatumstände, welche das Prozessrechtsverhältnis selbst berühren, sind, selbst wenn sie ![]() | 14 |
Da indessen die vorliegende Klage wegen des im Ausland erfolgten, amtlich bescheinigten Eheabschlusses schon in kantonaler Instanz gegenstandslos geworden war, hat es beim Nichteintreten auf die Berufung sein Bewenden. Auf die mit und nach dem Tode des Beklagten Nr. 1 komplex gewordene Rechtslage und die unabgeklärte endgültige Erbfolge ist immerhin durch Zustellung des gegenwärtigen Urteils auch an alle ausser den verbliebenen Prozesspareiten noch in Betracht fallenden Interessenten Rücksicht zu nehmen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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