![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
47. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. November 1965 i.S. R. gegen R.-Z. | |
Regeste |
Gerichtsstand der Ehescheidungsklage. Art. 144 ZGB. |
Das kantonale Recht bestimmt, welcher prozessuale Akt die Rechts hängigkeit herbeiführt; dagegen steht es ihm nicht zu, dem klagen den Ehegatten ausser dem in diesem Zeitpunkt bestehenden Wohn sitz noch einen andern (frühern) Wohnsitz als Gerichtsstand zur Wahl zu stellen. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
![]() | 2 |
C.- Gegen diesen Beschluss hat der Ehemann Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag, es sei das Bezirksgericht Pfäffikon zur Beurteilung der am 3. November 1964 rechtshängig gemachten Scheidungsklage und des Begehrens der Klägerin und Berufungsbeklagten um Erlass vorsorglicher Massnahmen während der Dauer des Scheidungsprozesses als unzuständig zu erklären.
| 3 |
Der Antrag der Ehefrau geht auf Abweisung der Berufung.
| 4 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
5 | |
6 | |
7 | |
Das Obergericht hält indessen diese Zuständigkeitsregel auf Grund des kantonalen Zivilprozessrechts nicht für zwingend: Bei einer am Wohnsitz des Beklagten anzubringenden Klage kann, wenn er nach der Vorladung zum Sühneversuch den Wohnsitz ändert, der Kläger ihn nach § 19 der Zürcher Zivilprozessordnung ![]() | 8 |
a) Schon der Wortlaut des Art. 144 ZGB weist auf einen einzigen Gerichtsstand hin; er befindet sich an dem (im massgebenden Zeitpunkt bestehenden) Wohnsitz des Klägers. Nur sagt das Gesetz nicht, welches der massgebende Zeitpunkt sei. Aus guten Gründen wird hiebei auf den Eintritt der Rechtshängigkeit abgestellt und somit aus Art. 144 ZGB die Regel abgeleitet, dass der die Rechtshängigkeit der Scheidungsklage begründende prozessuale Akt am Wohnsitz des Klägers stattzufinden hat, und dass alsdann die gerichtliche Zuständigkeit ohne Rücksicht auf spätere Wohnsitzverlegungen bestehen bleibt, während einem vor der Begründung der Rechtshängigkeit bestehenden Wohnsitz diese Bedeutung nicht zukommt. Diese Unterscheidung steht mit andern für die Scheidungsklage wesentlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit im Einklang. Vor allem schafft die zuerst rechtshängig gewordene Scheidungsklage einen einheitlichen Gerichtsstand auch für allfällige Gegenbegehren des andern Ehegatten. Klagt dieser nachher selbständig bei einem andern Richter auf Scheidung oder Trennung der Ehe, so steht diesem Vorgehen eine Einrede des unlösbaren Sachzusammenhanges mit der zuerst hängig gewordenen Klage entgegen. Diese Wirkung der zeitlichen Priorität der einen Klage ![]() | 9 |
b) Das Obergericht des Kantons Zürich erwog in einem frühern Entscheid, Art. 144 ZGB lasse die Frage offen, ob der Wohnsitz des Klägers zur Zeit der Einleitung der Klage beim Friedensrichter oder zur Zeit der Litiskontestation massgebend sei. Deshalb bleibe dem kantonalen Recht anheimgestellt, auf den Wohnsitz im einen oder andern Zeitpunkt abzustellen (BlZR 51 Nr. 147). Das ist freilich in dem Sinne richtig, dass das kantonale Prozessrecht schon mit der Einleitung, Durchführung oder Beendigung des Sühneverfahrens die Wirkung der Rechtshängigkeit verbinden kann (was denn auch in mehreren Kantonen geltendes Recht ist; vgl. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. A., S. 240/41). Doch gerät die kantonale Ordnung dann mit jener des Bundes in Widerspruch, wenn das kantonale Recht für die Scheidungsklage einen andern Richter als ausschliesslich zuständig erklärt als denjenigen des Wohnsitzes des Klägers zur Zeit des Eintrittes der Rechtshängigkeit, ![]() | 10 |
c) Gründe der Zweckmässigkeit vermögen ein Abgehen von der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nicht zu rechtfertigen. Man könnte vermuten, die zürcherische Rechtsprechung wende den § 19 der Zivilprozessordnung vor allem deshalb analog auf die Scheidungsklage an, weil es unpraktisch wäre, wenn der Kläger bei Wohnsitzwechsel nach Klageeinleitung nun ein zweites Sühneverfahren an seinem neuen Wohnsitz einleiten müsste. Eine solche (nicht schwerwiegende) Unzukömmlichkeit wäre nicht als Grund zur Zubilligung eines wahlweisen zweiten Gerichtsstandes anzuerkennen. Offenbar stellt sich übrigens die Schwierigkeit im zürcherischen Gerichtswesen gar nicht ein, denn nach der Praxis der Zürcher Gerichte besteht keine Vorschrift, wonach ein Friedensrichter die Weisung nur an das Gericht seines Bezirks ausstellen dürfte (BlZR 57 Nr. 74, Komm. STRÄULI/HAUSER, 2. A., 1939, N. 2 zu § 19, N. 4 Abs. 2 zu § 114 ZPO und dort erwähnter Entscheid). Es kann daher wohl auch im Fall einer Wohnsitzverlegung bei einmaliger Klageeinleitung sein Bewenden haben. Ob freilich bei Wohnsitznahme in einem andern Kanton, der in gleichem Sinn einen Sühneversuch als Klagevoraussetzung vorschreibt, neuerdings ein solches Vorverfahren einzuleiten sei, hängt vom Prozessrecht dieses Kantons ab.
| 11 |
d) Es mag noch bemerkt werden, dass die Zubilligung zweier Wahlgerichtsstände von vornherein auf das Bedenken stösst, es läge darin eine übermässige Begünstigung des klagenden Ehegatten. Dieser geniesst im Scheidungsprozess bereits dadurch einen Vorzug, dass er entgegen allgemeiner Regel die beklagte Partei nicht an deren Wohnsitz ansuchen muss, sondern an seinem eigenen Wohnsitze klagen kann. Es erschiene als unangebracht, ihm ohne klare gesetzliche Grundlage nun noch einen weitern Vorteil des Inhalts einzuräumen, dass er im Fall eines Wohnsitzwechsels unter zwei Gerichten auswählen könnte und der Beklagte sich einer solchen Wahl fügen müsste. Auch aus diesem Gesichtspunkt erscheint di e Auslegung des Art. 144 ZGB, woran nach dem Gesagten festzuhalten ist, als sinnvoll.
| 12 |
4. Während die Eheleute R. jedenfalls bis zum Abschluss des Sühneverfahrens vor dem Friedensrichter ihren gemeinsamen Wohnsitz in Bauma hatten, sind ihre Wohnsitzverhältnisse ![]() | 13 |
Frau R. lebte seit anfangs August 1964 in Degersheim, wo sie eine Stelle versah, ohne eine eigene Wohnung zu beziehen. Das Obergericht stellt fest, sie habe nicht beabsichtigt, dauernd in Degersheim zu bleiben. Das ist eine den innern Willen betreffende tatsächliche Feststellung, welche für das Bundesgericht verbindlich ist (Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 90 II 217 mit Hinweis auf frühere Entscheide). Wenn das Obergericht daraus den Schluss zieht, die Klägerin habe bis zur Einreichung der Klage beim Gericht den frühern Wohnsitz Bauma beibehalten, so ist ihm jedoch nicht ohne weiteres beizustimmen. Hatte die Klägerin nicht die Absicht, einen selbständigen Wohnsitz zu nehmen - gesetzt auch, sie sei zum Getrenntleben berechtigt gewesen (was sie selber offen gelassen hat) -, so blieb es bei der Regel, wonach die Ehefrau den Wohnsitz des Ehemannes teilt. Entscheidend ist daher, wo sich zur Zeit der Einreichung der Klage der Wohnsitz des Ehemannes befand.
| 14 |
In dieser Beziehung hat das Obergericht den Sachverhalt verständlicherweise nicht näher geprüft, weil ihm dies bei der von ihm getroffenen, nun als unrichtig erkannten Auslegung des Art. 144 ZGB (in Verbindung mit § 19 ZPO) nicht nötig schien. Das Bezirksgericht Pfäffikon führte in seinem Entscheid aus, der Wohnsitz des Beklagten habe sich im November 1964 noch in Bauma befunden, obschon er angeblich bereits im September seine dortige Wohnung aufgegeben habe. Eine solche Annahme mag nahe liegen, da mangels eines gegenteiligen Nachweises das letzte gemeinsame eheliche Domizil als fortbestehendes Domizil des Klägers im Zeitpunkt der Klageeinreichung zu gelten hat (BGE 77 II 17/18). Da es jedoch in der Begründung des angefochtenen Entscheides an jeglicher Feststellung ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 16 |
17 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |