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49. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Oktober 1965 i.S. Ernst Göhner AG gegen Sparkasse des Wahlkreises Thalwil. | |
Regeste |
1. Passivlegitimation bei der Dienstbarkeitsklage des Dienstbarkeitsberechtigten (Erw. 2). |
3. Änderung in der Zweckbestimmung des belasteten Grundstücks (Erw. 4 b). | |
Sachverhalt | |
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"Der jeweilige Eigentümer des Grundsstückes Kat. Nr. 6336 hat für sich und seine Rechtsnachfolger gegenüber dem jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft Kat. Nr. 6335 verpflichtet, auf seinem Grundstück niemals eine Fabrik, ein Haus mit lärmendem Getriebe oder eine Mietskaserne zu erstellen oder in einer der auf seinem Lande erstellten Gebäulichkeiten nie eine Wirtschaft zu betreiben oder betreiben zu lassen. Die gleiche Verpflichtung geht der jeweilige Eigentümer von Kat. Nr. 6335 gegenüber dem Eigentümer von Kat. Nr. 6336 ein."
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Das Grundstück von Dr. Jucker ist mit einer herrschaftlichen Villa überbaut. Die Ernst Göhner AG beabsichtigt, die Villa ![]() | 3 |
Am 2. April 1964 erteilte der Gemeinderat von Thalwil der Ernst Göhner AG die Baubewilligung. Die Sparkasse des Wahlkreises Thalwil erhob beim Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen Baueinsprache. Diese wurde mit Verfügung vom 23. April 1964 geschützt und der Sparkasse Frist zur Einreichung der Klage beim ordentlichen Richter angesetzt.
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B.- Am 10. Juni 1964 reichte die Sparkasse des Wahlkreises Thalwil gegen die Ernst Göhner AG beim Obergericht des Kantons Zürich eine Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei der Beklagten die Ausführung des auf dem Grundstück Kat. Nr. 6335 an der Gotthardstrasse 12 in Thalwil projektierten Bauvorhabens gemäss Ausschreibung im Amtsblatt Nr. 18 vom 3. März 1964, nämlich eines Wohnhauses mit Laden, definitiv zu verbieten.
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Zur Begründung berief sich die Klägerin auf den Wortlaut der zugunsten ihres und zulasten des Grundstückes Dr. Juckers eingetragenen Dienstbarkeit und machte geltend, der geplante Bau verletze diese Dienstbarkeit, weil er eine "Mietskaserne" und ein "Haus mit lärmendem Getriebe" sein werde. Ausserdem widerspreche das Bauvorhaben den baupolizeilichen Vorschriften, da die gesetzlichen Grenzabstände nicht eingehalten seien.
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C.- Am 19. November 1964 hiess das Obergericht des Kantons Zürich die Klage gut und verbot der Beklagten die Ausführung des geplanten Baues. Zwar erfülle er nicht den Begriff der "Mietskaserne", wohl aber den eines "Hauses mit ![]() | 7 |
D.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und - sinngemäss - die Klage abzuweisen; allenfalls sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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E.- Die Berufungsbeklagte beantragt, auf die Berufung sei nicht einzutreten, eventuell, sie sei abzuweisen und subeventuell, die Sache sei zur Entscheidung über die Verletzung der Grenzabstände an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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3. Das Verbot, eine "Mietskaserne" auf dem belasteten Grundstück zu erstellen, stellt eine Baubeschränkung dar. Fraglich könnte sein, ob dem weiteren Verbot, ein "Haus mit lärmendem Getriebe" zu erstellen, ebenfalls diese Bedeutung zukomme oder ob es sich um eine Gewerbebeschränkung handle. Im letztern Falle könnte sich der Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht gegen die geplante Baute als solche, sondern nur gegen den Gewerbebetrieb richten; denn so wenig als das blosse Vorhandensein einer Baute Einwirkungen im Sinne von Art. 684 ZGB zu erzeugen vermag (BGE 88 II 264), kann es eine Gewerbebeschränkung verletzen (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtes vom 24. März 1965 i.S. Weber c. AG für Immobilien und Handelswerte). Der Ausdruck "Haus mit lärmendem Getriebe" wird indessen im Zusammenhang mit dem Verbot, eine Fabrik oder eine "Mietskaserne" zu erstellen, ![]() | 12 |
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a) Die Ernst Göhner AG führt aus, die Anzahl der Abstellplätze für Motorfahrzeuge sei von der Baupolizeibehörde gestützt auf § 60 lit. a des kantonalen Baugesetzes vorgeschrieben worden, sie sei also nur einer gesetzlichen Pflicht nachgekommen, als sie die verlangten 30 Abstellplätze vorgesehen habe. Der Hinweis ist unbehelflich, da öffentlich-rechtliche Bauvorschriften privatrechtliche Baubeschränkungen nicht ausser Kraft setzen können.
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b) Im vorliegenden Fall kann auch die Überlegung nicht angestellt werden, ähnlich wie der aus einer affirmativen, ungemessenen Dienstbarkeit Belastete, habe auch der aus einer negativen Dienstbarkeit Berechtigte sich mit der Entwicklung der Technik abzufinden und z.B. die Verwendung von Motorfahrzeugen statt Pferdefuhrwerken hinzunehmen. Bei einer affirmativen, ungemessenen Dienstbarkeit wird dem Dienstbarkeitsbelasteten die Mehrbelastung nur zugemutet, wenn sie nicht auf einer willkürlichen Änderung der Zweckbestimmung des berechtigten Grundstücks beruht und wenn sie die zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks nicht ![]() | 15 |
c) Die Beklagte hält die Berufung auf die Dienstbarkeit für rechtsmissbräuchlich, weil die Klägerin selber auf der berechtigten Liegenschaft ein Bankgeschäft betreibe und auch Abstellplätze für die Motorfahrzeuge ihrer Kunden erstellt habe. Allein, es handelt sich bei der von der Klägerin betriebenen Sparkasse um einen ruhigen Betrieb sowie um drei bis vier Abstellplätze auf dem Vorplatz zum Bankgebäude, die nicht mit einem nur durch eine Rampe von 15% Gefälle zu erreichenden Abstellraum für 30 Motorfahrzeuge verglichen werden können.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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