BGE 92 II 77 | |||
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13. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. Juni 1966 i.S. A. gegen St., Mutter und Kind. | |
Regeste |
Vaterschaftsklage. Anthropologisch-erbbiologische Untersuchung in bezug auf einen Dritten. a) Zulässiges Beweisthema; b) Voraussetzungen einer solchen Beweisführung. Art. 8, 307, 314 ZGB. |
Die vom Beklagten beantragte anthropologisch-erbbiologische Untersuchung in bezug auf den Dritten ist jedenfalls dann abzulehnen, wenn das über den Beklagten selbst eingeholte Gutachten dieser Art die Schlussfolgerung erlaubt, es sei unmöglich, eine allfällige Vaterschaft des Dritten mit genügender Sicherheit nachzuweisen. | |
Sachverhalt | |
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A.- R. St. gebar am 24. Mai 1961 ausserehelich die Tochter I. Sie bezeichnete als Vater des Kindes den Beklagten A. und behauptete, sie habe mit ihm am 2. und 7. September 1960. also innerhalb der vom 28. Juli bis 25. November 1960 laufenden kritischen Zeit, geschlechtlich verkehrt. Nach den medizinischen Feststellungen wurde das Kind mit allen Zeichen der Reife geboren (Gewicht 3150 Gramm, Länge 50 cm). Es ist also eine normale Tragzeit anzunehmen, so dass als wahrscheinlichster Empfängnistermin die Zeit von Ende August/Anfang September 1960 in Frage kommt. Nach den Ergebnissen der Blutgruppenuntersuchung kann der Beklagte nicht als Vater ausgeschlossen werden, ebensowenig nach dem vom Obergericht eingeholten anthropologisch-erbbiologischen Gutachten, das sogar zum Schlusse kommt, seine Vaterschaft sei wahrscheinlich.
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Obwohl der Beklagte bereit gewesen wäre, der Kindsmutter vor Einleitung des Prozesses eine Abfindung von Fr. 4 000.-- zu bezahlen, bestritt er in erster Linie überhaupt, mit ihr in der kritischen Zeit geschlechtlich verkehrt zu haben. Ausserdem erhob er verschiedene Einreden.
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B.- Die kantonalen Gerichte beider Instanzen schützten die Klage von Mutter und Kind und verurteilten den Beklagten zu den gesetzlichen Vaterschaftsleistungen.
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C.- Gegen das obergerichtliche Urteil hat der Beklagte die vorliegende Berufung eingereicht mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Klägerinnen beantragen die Abweisung der Berufung.
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Aus den Erwägungen: | |
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3. Mit der Behauptung, das Obergericht habe seinem Antrag auf Einbeziehung des X. in die erbbiologische Untersuchung zu Unrecht nicht stattgegeben, will der Beklagte offenbar geltend machen, der angefochtene Entscheid verletze Art. 8 ZGB, weil ihm die Führung eines ihm neben der Mehrverkehrseinrede zustehenden Gegenbeweises abgeschnitten worden sei. Wenn er jedoch nach dem Scheitern des auf seine eigene Person bezogenen Ausschlussbeweises durch die serologische wie auch durch die erbbiologische Untersuchung und nach erfolglos gebliebener Mehrverkehrseinrede eine Ergänzung der erbbiologischen Begutachtung in dem Sinne verlangt, dass zu prüfen sei, "ob nicht auf Grund der Ähnlichkeit X. als wahrscheinlicher Vater des Kindes I. St. zu betrachten sei", so übersieht er, dass eine blosse Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des genannten Dritten nicht genügen würde, um die ihm selbst gegenüber bestehende Vaterschaftsvermutung unwirksam zu machen. Wie für alle andern naturwissenschaftlichen Methoden zur Feststellung bzw. zum Ausschluss der Abstammung, so gilt auch für das anthropologisch-erbbiologische Gutachten (AEG), dass nicht schon eine mit einiger Wahrscheinlichkeit, sondern nur eine mit voller Sicherheit oder doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sich ergebende Feststellung als rechtserheblich in Betracht fällt (vgl. BGE 90 II 273 /74, BGE 91 II 164 Mitte).
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Aber gesetzt auch, der Beklagte wolle den positiven Beweis der Vaterschaft des genannten Dritten auf dem Wege des AEG mit dem erforderlichen Grade der Wahrscheinlichkeit erbringen, so wäre seinem Antrage dennoch nicht zu entsprechen. Das Bundesgericht hat allerdings einen Beklagten, der weder die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB zerstören noch den negativen Beweis seiner Vaterschaft (d.h. den Beweis des Ausschlusses seiner Vaterschaft) erbringen konnte, als berechtigt erklärt, den positiven Beweis der Vaterschaft eines bestimmten Dritten auf dem Wege des AEG zu führen, sofern auch nur Anhaltspunkte für Verkehr der Kindsmutter mit diesem Dritten in der kritischen Zeit gegeben seien (BGE 90 II 219 ff.). Und nach einer neueren Entscheidung braucht der Beklagte nicht einmal irgendwelche Indizien für Mehrverkehr der Kindsmutter darzutun, um die Einholung eines AEG zum Beweis dafür zu verlangen, dass er selber als Vater des Kindes auszuschliessen sei, nachdem alle andern zu solchem Ausschluss geeigneten Beweismittel versagten (BGE 91 II 159 ff., namentlich S. 165 oben). Es erscheint als fraglich, ob ihm ein so uneingeschränktes Recht auf Einholung eines AEG grundsätzlich auch dann einzuräumen sei, wenn es nicht darum geht, ihn selbst als Vater auszuschliessen, sondern die Vaterschaft eines bestimmten Dritten positiv feststellen zu lassen. Denn während der vom Beklagten zu führende Ausschlussbeweis durch AEG gemäss der erwähnten neueren Rechtsprechung nach Erschöpfung der übrigen Beweismittel ebensowenig verweigert werden kann wie zunächst der Ausschlussbeweis durch Blutuntersuchung, so dass in beiden Fällen eine Ablehnung der Beweismassnahme "mangels Indizien für Mehrverkehr" als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung erschiene (was in BGE 90 II 151 /52 für den serologischen Ausschlussbeweis ausgesprochen wurde), erweckt es Bedenken, einen beliebigen Dritten, der intime Beziehungen mit der Kindsmutter ebenso wie diese selbst verneint, auf Antrag des Beklagten einem positiven Vaterschaftsbeweis durch AEG zu unterwerfen, ohne dass wenigstens entfernte Anhaltspunkte für solche Beziehungen bestehen. Geht man hievon aus, so wäre im vorliegenden Falle zu prüfen, ob gegenüber X. der Vorfall vom 21. August 1960, so wie er sich nach den vorinstanzlichen Feststellungen abspielte, in Verbindung mit seiner Bekanntschaft mit der Kindsmutter hiefür ausreichen könne. Jedenfalls stünde es der Klägerschaft zu, dem in Frage stehenden Beweisantrag des Beklagten entgegenzuhalten, vorerst müsste der Dritte in die serologische Untersuchung einbezogen werden, da das AEG nur in letzter Linie einzuholen ist (BGE 90 II 225). Wenn der Dritte durch das Ergebnis jener Untersuchung als Vater ausgeschlossen würde, erübrigte sich die erbbiologische Begutachtung auf jeden Fall.
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Wie es sich nun aber mit dem vom Beklagten in Anspruch genommenen AEG-beweis grundsätzlich auch verhalten mag, stehen seiner Anordnung die Ergebnisse des bereits eingeholten AEG entgegen. Dieses befasst sich zwar nur mit der Frage der Abstammung des Kindes vom Beklagten selbst. Seine Feststellungen erlauben aber die Schlussfolgerung, es sei unmöglich, eine allfällige Vaterschaft des X. mit genügender Sicherheit nachzuweisen. Nach den Darlegungen des Gutachtens weist das Kind überwiegend Merkmale der Mutter auf. In den wenigen Merkmalen, die es nicht von seiner Mutter geerbt haben kann, gleicht es dem Beklagten. Gleichwohl war die Expertin nicht in der Lage, zu erklären, der Beklagte sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Vater, sondern sie musste sich angesichts der Spärlichkeit des Materials mit der Feststellung begnügen, er könne nicht ausgeschlossen werden, seine Vaterschaft sei vielmehr durchaus wahrscheinlich. Diese Ungewissheit ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass der Beklagte in vielen Merkmalen der Kindsmutter sehr ähnlich ist. Wäre nun X. ein ähnlicher Typ, dann könnte die Expertin ebensowenig wie beim Beklagten zu einem sichern positiven Nachweis kommen. Sollte jedoch X. ein Mensch mit ganz andern Merkmalen sein, dann fehlten sie nach den Feststellungen der Expertin dem Kinde. Wie sich aus deren Darlegungen im einzelnen ergibt, weist das Kind keine wesentlichen Merkmale auf, die es nicht entweder von der Mutter oder vom Beklagten geerbt hat. Bei dieser Sachlage wäre der Einbezug des X. in die anthropologisch-erbbiologische Begutachtung - auch wenn er nach einer vorher durchgeführten Blutgruppenuntersuchung nicht ausgeschlossen werden könnte - zum vornherein nicht dazu geeignet, den sichern Beweis seiner Vaterschaft zu erbringen und dadurch mittelbar den Beklagten als Vater auszuschliessen.
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