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16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Juni 1966 i.S. Pavag AG gegen Bavag Bau- und Verwaltungs-AG | |
Regeste |
Firmenrecht. | |
Sachverhalt | |
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Am 28. Oktober 1964 gründete Georges Theiler die Bavag Bau- und Verwaltungs-AG mit dem Zweck "Bau und Verwaltung von Liegenschaften und Tätigung aller damit zusammenhängenden Geschäfte". Ihr Sitz befindet sich in seinem Architekturbüro in Zürich. Theiler ist Hauptaktionär dieser Gesellschaft.
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B.- Im Juli 1965 klagte die Pavag AG gegen die Bavag Bau- und Verwaltungs-AG beim Handelsgericht des Kantons Zürich mit den Begehren:
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"1. Es sei der Beklagten - unter der Androhung der gerichtlichen Bestrafung ihrer Organe im Widerhandlungsfall - gerichtlich zu verbieten, das Wort ,BAVAG' in irgendeinem Zusammenhang mit ihrer geschäftlichen Tätigkeit zu verwenden.
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2. Es sei die Beklagte - unter der Androhung der gerichtlichen Bestrafung ihrer Organe im Unterlassungsfalle - gerichtlich zu verurteilen, den Bestandteil ,BAVAG' aus ihrer Firma zu entfernen."
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Das Handelsgericht wies am 15. Dezember 1965 die Klage ab.
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C.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, die Klage gutzuheissen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Die Firma der Aktiengesellschaft muss sich von jeder in der Schweiz bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheiden (Art. 951 Abs. 2 OR), ansonst der Inhaber der älteren Firma auf Unterlassung des Gebrauchs der neueren klagen kann (Art. 956 Abs. 2 OR). Dieses Klagerecht besteht selbst dann, wenn die beiden Gesellschaften nicht am gleichen Orte niedergelassen sind (BGE 24 II 894Erw. 3) und nicht miteinander im Wettbewerb stehen (BGE 54 II 127Erw. 3,BGE 59 II 161,BGE 63 II 25,BGE 73 II 115). Das Gebot deutlicher Unterscheidbarkeit der Firmen dient nicht der Ordnung des Wettbewerbes, sondern will das Publikum vor Irreführung schützen und den Inhaber der älteren Firma um seiner Persönlichkeit und seiner gesamten Geschäftsinteressen willen vor Verwechslungen bewahren. Der Besserberechtigte braucht sich nicht einmal den durch die Ähnlichkeit der Firma hervorgerufenen Eindruck gefallen zu lassen, ![]() | 8 |
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Ob diesem Erfordernis Genüge geleistet sei, beurteilt sich grundsätzlich unter Berücksichtigung der ganzen Firma. Bestandteilen, die durch ihren Klang oder Sinn hervorstechen, kommt jedoch bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr erhöhte Bedeutung zu, da sie in der Erinnerung besser haften bleiben und im Verkehr, sei es von der Gesellschaft selber, sei es von Dritten, oft allein verwendet werden, besonders im Gespräch. Daher kann schon der Gebrauch oder die Nachahmung des Hauptbestandteiles einer Firma die Unterscheidung so erschweren, dass Verwechslungen möglich werden (BGE 25 II 37f. Erw. 4,BGE 36 II 70Erw. 2,BGE 38 II 644Erw. 2,BGE 53 II 34,BGE 59 II 158,BGE 61 II 123,BGE 72 II 185,BGE 73 II 112,BGE 77 II 324, BGE 82 II 154, 341, BGE 88 II 36, BGE 90 II 319).
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An die Unterscheidbarkeit von Phantasiebezeichnungen stellt die Rechtsprechung strengere Anforderungen als an die Unterscheidbarkeit von Firmen, die ganz oder teilweise aus Sachbezeichnungen, Ortsangaben oder ähnlichen zum gemeinsamen Sprachgebrauch gehörenden Ausdrücken bestehen (BGE 37 II 538,BGE 40 II 603ff. Erw. 3,BGE 54 II 128,BGE 72 II 186,BGE 77 II 325, BGE 82 II 154, 341, BGE 90 II 319).
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Das Bundesgericht hat ferner wiederholt hervorgehoben, dass die Verwechselbarkeit zweier Firmen von der Aufmerksamkeit ![]() | 12 |
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Beiden Firmen ist ferner die Angabe der Gesellschaftsform durch die Buchstaben AG gemeinsam.
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Wenn die Beklagte, sei es von ihr selbst, sei es von Dritten, als Bavag AG oder auch bloss als Bavag bezeichnet wird. ist die Gefahr der Verwechslung mit der Klägerin so gross, dass selbst bei weitester Nachsicht von einer deutlichen Unterscheidbarkeit im Sinne des Gesetzes nicht die Rede sein kann.
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4. Der Entscheid darüber, ob die Firma der Beklagten sich von jener der Klägerin deutlich unterscheide, hängt unter diesen Umständen davon ab, ob die Bezeichnung "Bau- und ![]() | 17 |
Das ist zu verneinen. "Bau- und Verwaltungs-AG" ist ein schwacher Bestandteil der Firma, weil er die geschäftliche Tätigkeit der Beklagten umschreibt und insofern sprachliches Gemeingut ist. Dritte werden dazu neigen, ihn wegzulassen, weil sie ihn als überflüssig erachten oder nur das Wort Bavag als eigentlichen Namen der Beklagten ansehen. Das Bestreben nach Kürzung wird sich besonders in Anschriften auf Postsendungen und im mündlichen Verkehr durchsetzen. Auch die Beklagte selber wird in Gesprächen ihrer Organe und Angestellten, besonders am Telephon, kaum jemals mit ihrem vollen Namen auftreten. Lange Firmen pflegen mit Vorliebe abgekürzt zu werden (BGE 82 II 156). Beibehalten werden dabei nur die charakteristischen Bestandteile, während man Zusätze, welche den Geschäftszweck, den Sitz und dgl. bezeichnen, als nebensächlich weglässt. Charakteristisch aber ist in der Firma der Beklagten das Wort Bavag. Es ist eine Abkürzung von "Bau- und Verwaltungs-AG". Die Beklagte hat es nicht in die Firma aufgenommen, um diese zu verlängern, sondern um ihr ein auffallendes Gepräge zu verleihen und sie in abgekürzter Form gebrauchen zu können. In zahlreichen Inseraten und auf ihrer Geschäftskarte hebt sie "Bavag" denn auch in besonders grosser und eigenartiger Schrift von dem nur klein geschriebenen übrigen Teil der Firma ab. Dieses Wort eignet sich um so besser, für sich allein zur Bezeichnung der Beklagten verwendet zu werden, als es ein reines Phantasiewort ist.
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Der Beklagten hilft auch der Einwand nicht, die Firma der Klägerin sei bereits durch andere Firmen, die ihr glichen, abgeschwächt worden, weshalb auch der Name der Beklagten sich ihr nähern dürfe. Gewiss kommen die Wörter Bawag, Bewag, Buwag, Bevag und Bauvag als Hauptbestandteil der Firmen von sechs Aktiengesellschaften vor, die an verschiedenen schweizerischen Orten niedergelassen sind. Es war jedoch Sache der Klägerin, sich schlüssig zu werden, ob sie ihre Verwendung untersagen lassen wolle oder nicht. Indem sie davon absah, den Richter anzurufen, begab sie sich des Klagerechtes gegenüber der heutigen Beklagten nicht. Es kann auch nicht gesagt werden, das Wort Pavag habe durch die wenigen nachgewiesenen Annäherungen seine Unterscheidungskraft verloren und gehöre fortan einem Wortschatz an, der Gemeingut sei. Es ist nach wie vor eine reine Phantasiebezeichnung, die der Klägerin nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes zu ausschliesslichem Gebrauche zusteht.
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Ein unbefugter Gebrauch liegt unter anderem darin, dass das Wort als Teil der Firma der Beklagten im Handelsregister steht (vgl.BGE 79 II 191, BGE 88 II 178 Erw. 1). Die Klägerin hat Anspruch auf Beseitigung dieses Eintrages. Das zweite Rechtsbegehren ist daher ebenfalls begründet. Immerhin ist der Beklagten, wie es in solchen Fällen üblich ist, eine angemessene Frist zu setzen, um das Wort Bavag aus dem Eintrag entfernen zu lassen.
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Sowohl das Verbot gemäss Rechtsbegehren 1 als auch das Gebot gemäss Rechtsbegehren 2 sind, wie die Klägerin beantragt, mit der Androhung zu verbinden, dass Widerhandlungen für die Organe der Beklagten die in Art. 292 StGB vorgesehenen Strafen nach sich zögen.
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Das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 15. Dezember 1965 wird aufgehoben und die Klage wie folgt gutgeheissen:
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1. Der Beklagten wird verboten, das Wort Bavag in irgend einem Zusammenhang als Firma oder Bestandteil einer solchen zu verwenden.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, das Handelsregisteramt des Kantons Zürich binnen dreissig Tagen um Entfernung des Wortes Bavag aus ihrer Firma zu ersuchen.
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