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18. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Juni 1966 i.S. Meier gegen Konkursmasse der Früchtekonserven A.-G. | |
Regeste |
Feststellungsklage. | |
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Das Kantonsgericht St. Gallen wies die Klage ab, wobei es offen liess, ob die Voraussetzungen für eine blosse Feststellungsklage gegeben seien.
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2. Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die allgemeine Feststellungsklage kraft eidgenössischen Rechts überall dort zulässig, wo sie zur Durchsetzung des materiellen Bundesprivatrechts erforderlich ist (BGE 77 II 344,BGE 79 II 394, BGE 80 II 121, BGE 81 II 464, BGE 82 II 319, BGE 84 III 19). In BGE 84 II 495 (bestätigt durch BGE 84 II 691) wurde diese Rechtsprechung dahin ergänzt und verdeutlicht, dass - entgegen der von KUMMER (Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, S. 57 ff., S. 61) vertretenen Ansicht - die Kantone nicht daran gehindert seien, über die vom eidgenössischen Recht geforderten Feststellungsansprüche hinaus noch weitere zuzulassen, sofern das eidgenössische Recht nicht ausdrücklich oder sinngemäss einen solchen Anspruch ausschliesst; ein Kanton dürfe daher auch weniger strenge Anforderungen an das Feststellungsinteresse stellen als das eidgenössische Recht; diese Zurückhaltung sei geboten, weil Eingriffe in das kantonale Prozessrecht nur dort erfolgen dürften, wo sie für die Durchsetzung des eidgenössischen Privatrechts unerlässlich sind. In BGE 85 II 75 endlich wurde aus dieser Rechtslage gefolgert, dass die Frage, ob eine von den kantonalen Gerichten auf Grund des kantonalen Prozessrechts zugelassene und durch das Bundesrecht nicht ausgeschlossene Feststellungsklage materiell begründet sei oder nicht, vom Bundesgericht auf Berufung hin zu überprüfen ![]() | 4 |
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Gerade der vorliegende Fall, wo sich die Feststellungsklage höchstens mit der Begründung versagen liesse, es fehle ein Rechtsschutzinteresse, weil der Kläger hätte auf Leistung klagen können, zeigt deutlich, dass es eine Frage des Verfahrens, nicht des materiellen Rechtes ist, ob die Feststellung der umstrittenen Rechtslage in einem besonderen Prozess vorweggenommen werden dürfe oder ob der Kläger gezwungen sei, im gleichen Prozess auch das Leistungsbegehren anzubringen. Die Verwirklichung des materiellen Bundesrechts verlangt nicht, dass über die Nichtigkeit des Kaufvertrages und über die Folgen dieser Nichtigkeit in ein und demselben Prozess entschieden werde. Es besteht daher vom Gesichtspunkt des Bundesrechtes aus kein Anlass einzuschreiten, wenn der kantonale Prozessgesetzgeber dem Kläger erlauben will, schrittweise vorzugehen und zunächst nur auf Feststellung und erst später gegebenenfalls auch noch auf Leistung zu klagen.
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Gewiss hat der Beklagte ein Interesse, sich nicht ohne begründeten Anlass vor Gericht verantworten zu müssen; er mag auch ein Interesse daran haben, dass alle Streitfragen in einem Zuge statt in zwei Prozessen entschieden werden. Dieses Interesse hat er aber nicht nur, wenn er auf Feststellung, sondern auch wenn er auf Leistung verklagt wird. Gleichwohl wird nirgends die Auffassung vertreten, das eidgenössische Recht verlange, dass der Richter auf Leistungsklagen unter bestimmten Voraussetzungen nicht eintrete, z.B. dann nicht wenn der Beklagte seine Leistungspflicht nicht bestreitet und daher dem Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der Beschreitung ![]() | 7 |
Ein im Interesse des materiellen eidgenössischen Rechts gebotener Eingriffin das kantonale Prozessrecht wurde gemacht, als das Bundesgericht entschied, die Feststellungsklage müsse von Bundesrechts wegen zugelassen werden, wenn der Kläger daran ein schutzwürdiges Interesse habe. Daraus folgt aber keineswegs, dass das eidgenössische Recht die Feststellungklage beim Fehlen eines solchen Rechtsschutzinteresses verbiete. Das eidgenössische Recht verlangt, dass der Anspruchsberechtigte Rechtsschutz finde, sei es in Form eines Leistungsurteils, sei es unter Umständen auch bloss in Form eines Feststellungsurteils. Es verlangt dagegen nicht, dass der Rechtsschutz in bestimmten Fällen unterbleibe, z.B. wenn er überflüssig ist, weil der Beklagte den Standpunkt des Gegners gar nicht bestritten hat oder weil dem Kläger sonstwie das Interesse am Rechtsschutz fehlt. Das Interesse des Beklagten, sich nicht unnötigerweise vor dem Richter verantworten zu müssen, ist bloss prozessualer Art. Das materielle Recht leidet nicht darunter, wenn jemand ohne begründetes Interesse des Gegners in einen Prozess verwickelt wird. Das verkennen GULDENER und VOYAME (a.a.O.), wenn sie glauben, am Beispiel der negativen Feststellungsklage dartun zu können, das eidgenössische Recht bestimme, wann eine Feststellungsklage verboten sei. Zur Begründung dieser Auffassung bringen sie vor, durch die negative Feststellungsklage werde der Berechtigte genötigt, sein Recht geltend zu machen, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, dass der Richter es ihm aberkenne; dieser Zwang zur Geltendmachung aber widerspreche dem Bundesprivatrecht, ![]() | 8 |
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