BGE 93 II 387 | |||
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51. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. November 1967 i.S. Rimensberger gegen Erben des Ernst Kuhn. | |
Regeste |
Art. 48 Abs. 1 OG. Ein Entscheid, der im Hinblick auf die Liquidation einer einfachen Gesellschaft die Versilberung von Grundstücken anordnet, ist ein berufungsfähiger Endentscheid (Erw. 2). |
Öffentliche Versteigerung von Grundstücken, die im Eigentum der einfachen Gesellschaft stehen. Richterliches Ermessen? (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
A.- Die Eheleute Ernst und Frieda Kuhn-Römer, Dübendorf, kauften am 17. Februar 1962 zusammen mit Walter Rimensberger die Liegenschaft "Landhus" in Rehetobel, Parzelle Nr. 412. Diese Liegenschaft umfasst ein Wohnhaus mit Wirtschaft, angebautem Stall, Hofraum, Garten und Wiese im Halte von 1,44 ha 86 m2. Im Kaufvertrag wurde darauf hingewiesen, dass die Käufer eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR bildeten.
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An den Kaufpreis von Fr. 226'000.-- bezahlten die Eheleute Kuhn Fr. 136'000.-- und Rimensberger Fr. 10'000.--. Die Differenz von Fr. 80'000.-- wurde von den Gesellschaftern mittels eines grundpfändlich sichergestellten Darlehens getilgt.
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Am 15. März 1962 kauften die Eheleute Kuhn ein weiteres benachbartes Grundstück (Parzelle Nr. 413) im Halte von 127.86 a zum Preise von Fr. 93'000.-- auf den Namen der einfachen Gesellschaft.
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Im Mai und November 1962 veräusserten die Gesellschafter kleinere Landstücke. Da sie sich über die Verteilung und Verwendung des Erlöses nicht einigen konnten, hinterlegten sie diesen auf der Gemeindekanzlei Rehetobel.
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Die Gesellschafter unterliessen es, eine Regelung über die Führung der Wirtschaft und die Verteilung des Risikos zu treffen. Sie suchten zunächst einen Pächter für die Wirtschaft, konnten aber niemanden finden. Am 3. April 1962 übernahmen die Eheleute Kuhn die Wirtschaft selbst, teilweise unter Mithilfe von Frau Rimensberger und des Sohnes Max Kuhn. Bereits am 4. Juni 1962 wurde die Auflösung der einfachen Gesellschaft geplant; dabei wirkten auf beiden Seiten Rechtsberater mit. Am 18. Juni 1963 kündigten die Eheleute Kuhn dem Mitgesellschafter Rimensberger die einfache Gesellschaft auf den 31. Januar 1964. Rimensberger stellte am 24. Juli 1963 beim Einzelrichter des Bezirkes Uster ein Begehren um Rechnungsstellung, wurde aber damit am 20. August 1963 abgewiesen.
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B.- Am 3. Juni 1964 reichten die Eheleute Kuhn beim Bezirksgericht Vorderland folgende Klage ein:
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"a) Es sei das Gesamteigentum der Parteien an den Liegenschaften Grundbuchparzelle 412, Wohnhaus mit Wirtschaft, Stall, Garten, Wiese etc. im Ausmass von 1 ha 44 a 86 m2 in Midegg, Rehetobel und an der Grundbuchparzelle 413, Wiese, Wald etc. im Ausmass von 127.86 a in Midegg, Rehetobel aufzuheben; die durch Kündigung aufgelöste einfache Gesellschaft der Parteien sei gerichtlich zu liquidieren bzw. die Durchführung der Liquidation und Ernennung eines Liquidators gerichtlich anzuordnen und die Abrechnung und finanzielle Auseinandersetzung zwischen den Parteien gerichtlich zu beurteilen.
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b) Es sei der Beklagte zu verpflichten, den Klägern seinen aus der Liquidation sich ergebenden Anteil am Verlustsaldo zu bezahlen..."
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Auf Appellation des Beklagten hin hat das Obergericht von Appenzell A.Rh. am 28. März 1966 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur Behandlung und Beurteilung aller Klagebegehren an das Bezirksgericht Vorderland zurückgewiesen.
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Der Kläger Ernst Kuhn ist am 23. Oktober 1965 gestorben. An seine Stelle sind die gesetzlichen Erben in den Prozess eingetreten.
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Das Bezirksgericht Vorderland hat am 5. Dezember 1966 für die Durchführung der Liquidation verschiedene "Richtlinien" erlassen.
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Auf Appellation des Beklagten hin fällte das Obergericht am 27. Juni 1967 folgenden Entscheid:
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"1. Es wird die öffentliche Versteigerung der beiden Parzellen Rehetobel Nr. 412 und 413 angeordnet.
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2. Als Liquidator wird bestimmt: Hans Bösch, Konkursbeamter, Heiden, mit Ablehnungsfrist von 10 Tagen.
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3. Es wird eine gerichtliche Kommission im Sinne von Art. 128 ZPO bestellt, die in Zusammenarbeit mit dem Liquidator die Versteigerungsbedingungen festsetzt und nach Durchführung der Versteigerung die endgültige Abrechnung veranlasst.
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4. Die Kläger haben bis spätestens zum Tag der Versteigerung eine Betriebsabrechnung vorzulegen.
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5. Die Parteien werden zu gegebener Zeit aufgefordert, je zu 1/3 den erforderlichen Kostenvorschuss für die öffentliche Versteigerung zu leisten. Im übrigen bleiben die Kosten bei der Hauptsache."
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C.- Der Beklagte hat gegen den Entscheid des Obergerichts die Berufung an das Bundesgericht erklärt.
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Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Auflage, die Realteilung der im Gesamteigentum der Parteien stehenden Liegenschaften anzuordnen. Für den Fall, dass das Bundesgericht auf die Berufung nicht eintreten sollte, beantragt der Beklagte, "den angefochtenen Entscheid insoweit aufzuheben, als er den sofortigen Vollzug des Entscheides anordnet, und es sei das Obergericht Appenzell A.Rh. anzuweisen, die Veräusserung der Parzellen Nr. 412 und 413 Midegg-Rehetobel bis zur Rechtskraft des den Prozess gesamthaft erledigenden Urteils aufzuschieben".
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Endentscheid im Sinne der zitierten Bestimmung ist jeder Entscheid, durch den entweder über den materiellen Anspruch geurteilt oder dessen Beurteilung aus einem Grunde abgelehnt wird, der endgültig verbietet, dass der gleiche Anspruch zwischen den gleichen Parteien nochmals geltend gemacht werde (vgl.BGE 72 II 57,BGE 74 II 178,BGE 77 II 281,BGE 78 II 297, BGE 84 II 229 und 398, BGE 86 II 123). Der behauptete Anspruch des Beklagten leitet sich aus dem Gesellschaftsverhältnis der Parteien ab und ist daher materiell-rechtlicher Natur. Bei Durchführung der im angefochtenen Urteil getroffenen Anordnungen würde die vom Beklagten beanspruchte Realteilung der beiden Parzellen ausgeschlossen und könnte nicht mehr geltend gemacht werden. Auf die Berufung ist daher einzutreten.
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3. Der Beklagte bestreitet im Berufungsverfahren nicht mehr, dass die einfache Gesellschaft der Parteien aufgelöst ist. Dagegen erhebt er, wie dargetan, Anspruch auf körperliche Teilung der erwähnten Parzellen in Rehetobel. Obwohl diese Vermögensobjekte noch im Gesamteigentum der Parteien stünden, seien nach Art. 654 Abs. 2 ZGB für dessen Aufhebung die Vorschriften über das Miteigentum massgebend. Art. 651 Abs. 2 ZGB sehe vor, dass bei Uneinigkeit der Miteigentümer über die Art der Aufhebung des Miteigentums die Sache körperlich geteilt oder, wenn dies ohne wesentliche Verminderung ihres Wertes nicht möglich sei, öffentlich oder unter den Miteigentümern versteigert werde. Damit stehe fest, dass grundsätzlich eine Realteilung durchzuführen sei und nur dann eine Versteigerung angeordnet werden dürfe, wenn sonst eine "wesentliche Wertverminderung" der Sache eintrete. Im vorliegenden Fall habe die Vorinstanz diesen Begriff unrichtig ausgelegt und daher Art. 651 Abs. 2 ZGB verletzt.
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Mit dieser Betrachtungsweise übersieht der Beklagte, dass der Rechtsstreit der Parteien sich nicht in der Aufhebung des Gesamteigentums an den streitigen Parzellen erschöpft, sondern die gesamte Liquidation der Gesellschaft zum Gegenstand hat. Die Aufhebung des Gesamteigentums ist somit nicht Selbstzweck.
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Die Liquidation der einfachen Gesellschaft richtet sich grundsätzlich nach den Art. 548-550 OR. Bei der Kollektivgesellschaft ist die Liquidation nicht wesentlich verschieden, sondern bloss ausführlicher geregelt. Die in Art. 582-590 OR vorgesehene Ordnung kann daher auf die einfache Gesellschaft von ähnlichem Bestand sinngemäss angewendet werden (vgl. SIEGWART, N. 24 zu Art. 548-550 OR). Im vorliegenden Fall verfolgten die Parteien nach den Vorbringen des Beklagten mit der einfachen Gesellschaft den Zweck, die erworbenen Grundstücke parzellenweise zu überbauen und nachher zu verkaufen oder Teilstücke unüberbaut weiter zu veräussern. Der von den Parteien vorgesehene Zweck stimmt daher mit dem in Art. 552 OR für die Kollektivgesellschaft vorgesehenen Zweck (Betrieb eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes) weitgehend überein. Demnach steht nichts entgegen, die Liquidationsordnung der Kollektivgesellschaft analog anzuwenden.
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Die Liquidation der einfachen Gesellschaft wird vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Liquidation beherrscht. Sie umfasst alle liquidationsbedürftigen Verhältnisse (vgl. SIEGWART, N. 4 zu Art. 548-550 OR). Dabei entspricht es dem Gesamthandprinzip, dass der Gesellschafter keinen Anspruch auf Naturalteilung hat, sondern nur auf Wert- oder Reinvermögensteilung, mithin auf einen seinem Anteil entsprechenden Betrag in Geld (vgl. WIELAND, Handelsrecht I, S. 647, SIEGWART, a.a.O.). Das Begehren des Beklagten ist daher unzulässig.
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Da eine abweichende Vereinbarung der Parteien nicht vorliegt, sind die streitigen Vermögenswerte nach Art. 549 OR zur Tilgung der gemeinschaftlichen Schulden, zur Ersetzung der Auslagen und Verwendungen und zur Rückerstattung der von den Parteien verwendeten Vermögensbeiträge zu verwenden. Dabei sind die fraglichen Aktiven, soweit es die Auseinandersetzung erfordert, in analoger Anwendung von Art. 585 Abs. 1 OR zu versilbern. Die Versilberung kann aber auch Platz greifen, wenn dadurch die Teilung unter den Gesellschaftern erleichtert wird (vgl. SIEGWART, N. 26 zu Art. 548-550 und 9 ff. zu Art. 585 OR).
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Die sich aus der gesellschaftsrechtlichen Liquidationsordnung ergebenden Rechtsfolgen werden nicht etwa durch die Vorschriften des Sachenrechts über die Aufhebung von Mit- und Gesamteigentum vereitelt. Die Aufhebung des Gesamteigentums erfolgt nach Art. 654 Abs. 2 ZGB nur dort nach den Vorschriften über das Miteigentum, "wo es nicht anders bestimmt ist". Nach dem Gesagten wird die Aufhebung von Gesamteigentum in der gesetzlichen Liquidationsordnung der einfachen Gesellschaft abweichend geregelt. Eine besondere Ordnung ist dort schon deshalb unerlässlich, weil die im Sachenrecht vorgesehene Realteilung bei Uneinigkeit der Gesellschafter die Durchführung der Liquidation häufig erschweren, wenn nicht gar verunmöglichen würde.
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Dass die Vorinstanz den vom Beklagten erhobenen Anspruch unter dem Gesichtspunkt von Art. 651 Abs. 2 ZGB prüfte, schadet weiter nichts. Ob sie dabei vom richtigen Rechtsbegriff der "wesentlichen Wertverminderung" ausging, ist schon deshalb unerheblich, weil dem Beklagten ein Anspruch auf körperliche Teilung der Parzellen überhaupt nicht zusteht. Entscheidend ist dagegen die verbindliche Feststellung im angefochtenen Urteil, dass die körperliche Teilung "komplizierte, umstrittene Bewertungs- und Zuweisungsfragen" aufwerfen würde. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz - ohne das ihr zustehende Ermessen zu verletzen - die öffentliche Versteigerung der Parzellen anordnen. Diese Massnahme ist umso mehr zu vertreten, als damit die Auseinandersetzung der Gesellschafter erheblich erleichtert werden kann.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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