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Informationen zum Dokument  BGE 94 II 151  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Die Beklagte bestreitet mit Recht nicht, dass die Freileitung  ...
3. Ob ein Werk im Sinne des Art. 58 OR fehlerhaft angelegt oder m ...
4. Die Beklagte macht geltend, der Mast, auf dem der Kläger  ...
5. Das Kantonsgericht sieht den für den Unfall kausalen Mang ...
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27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. November 1968 i.S. Gemeinde Eisten gegen Gillioz.
 
 
Regeste
 
Der Abschluss eines Werkvertrages führt nicht zur (stillschweigenden) Haftungsbefreiung des Eigentümers gegenüber Hilfspersonen des Unternehmers (Erw. 2).  
 
Sachverhalt
 
BGE 94 II, 151 (151)A.- Die Gemeinde Eisten ist Eigentümerin einer elektrischen Freileitung, die auf einfachen Holzmasten mit etwa 60% Steigung rechtwinklig zum Abhang des Saastales von Eie nach Leidbach hinauf führt. Im Jahre 1958 beschloss sie, diese Leitung durch Abänderung und Ersetzung von Drähten und Auswechseln schadhafter Maste verbessern zu lassen. Einige Mitglieder der Gemeindeverwaltung begingen mit dem Unternehmer Zurbriggen die Strecke, um die ungefähre Zahl der auszuwechselnden Maste zu ermitteln. Man legte bei diesem Anlass die Stangen nicht frei, sondern beschränkte sich darauf, die äussere Schicht auf Fäulnis hin zu prüfen und, wenn solche BGE 94 II, 151 (152)festgestellt wurde, mit einem Beil zu kontrollieren, ob der Kern des Mastes dennoch gesund sei. Zurbriggen verband sich hierauf zwecks gemeinsamer Erstellung des Kostenvoranschlages und Ausführung der Arbeit mit der Electricité SA zum Konsortium "Saaselectric". Dessen Voranschlag vom 1. Oktober 1958 in der Höhe von Fr. 10'610.-- sah für das Auswechseln von fünf Masten einen Betrag von Fr. 200.-- vor. Bei einer späteren Kontrolle und beim Beginn der Arbeiten ergab sich aber, dass noch zusätzliche Maste ausgewechselt werden sollten. Die Gemeinde, die vom Filialleiter Faoro der Electricité SA darauf aufmerksam gemacht wurde, erklärte sich nach weiteren Verhandlungen damit einverstanden, wobei die Vertragsparteien der Meinung waren, das Konsortium habe die auszuwechselnden Maste selber zu bestimmen.
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In der Nähe von Eie befand sich ein Mast, der abgefault, aber im Jahre 1954 in der Weise instandgestellt worden war, dass man einen etwa 1 m über den Boden hinaus ragenden nicht imprägnierten hölzernen Maststumpf als Sockel etwa 1,3 m tief eingegraben und den Mast mit Bolzen daran angeschraubt hatte. Sockel und Mast standen in aufgefülltem Boden unmittelbar bergseits einer der am betreffenden Talhang vorkommenden Trockenmauern (Mauern aus unbehauenen und ohne Mörtel verlegten Natursteinen), die bestimmt sind, die Ackererde zurückzuhalten. Die Mauer war zum Teil verfallen.
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Am 10. Dezember 1958 bestieg Hilfsmonteur Gillioz in Anwesenheit des Chefmonteurs Jacquier und eines weiteren Arbeiters, Donnet, die wie Gillioz im Dienste der Electricité SA standen, den erwähnten Leitungsmast, um die Stromleiter abzuschneiden. Da der Mast durch die Jahrzahl 1954 gekennzeichnet war, liess Jacquier ihn nicht entsprechend den Richtlinien der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt zur Verhütung von Unfällen bei Arbeiten auf hölzernen Freileitungsstangen auf Fäulnis hin untersuchen. Dagegen prüfte Gillioz die Standfestigkeit des Mastes, indem er, als er auf halber Höhe angekommen war, ihn durch Rütteln zum Schwingen brachte. Da er dabei nichts Besonderes feststellte, stieg er weiter und schnitt zwei Leiter ab, worauf der Mast samt dem Sockel talwärts umfiel. Gillioz wurde weggeschleudert und verletzt.
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B.- Am 1. September 1966 klagte Gillioz gegen die Gemeinde Eisten unter Berufung auf Art. 58 OR auf Ersatz des durch die SUVA nicht gedeckten Schadens und auf Leistung BGE 94 II, 151 (153)einer Genugtuung. In der Schlussverhandlung vor dem Kantonsgericht Wallis verlangte er insgesamt Fr. 30'920.25 nebst Zins.
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Das Kantonsgericht sprach ihm am 17. Januar 1968 Fr. 6262.-- für Lohnausfall, Fr. 14'000.-- für bleibende teilweise Arbeitsunfähigkeit und Fr. 5000.-- als Genugtuung zu, alle drei Beträge nebst Zins.
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C.- Die Beklagte beantragt mit der Berufung, die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Aus den Erwägungen:
 
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Diese Auffassung hilft der Beklagten jedoch schon deshalb nicht, weil die angebliche stillschweigende Abmachung nicht mit dem Kläger getroffen wurde. Dieser ist Dritter. Das Konsortium konnte die Beklagte der Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kläger nicht entheben. Es bleibt ihr dagegen vorbehalten, auf das Konsortium zurückzugreifen, wenn es seine vertraglichen Verpflichtungen, namentlich das Versprechen, die schadhaften Stangen festzustellen und zu ersetzen, nicht fachgerecht erfüllt oder stillschweigend die Verantwortung für die Folgen von Werkmängeln übernommen haben sollte (Art. 58 Abs. 2 OR).
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Die Stange, auf welcher der Kläger verunfallte, fiel erst um, nachdem der Kläger im Rahmen der geplanten Umgestaltung und Instandstellung der Freileitung zwei Leiter abgeschnitten hatte. Dennoch kann nicht gesagt werden, der Unfall sei durch einen bestimmungswidrigen Gebrauch der Stange verursacht BGE 94 II, 151 (154)worden. Die Maste elektrischer Freileitungen haben nicht nur die Aufgabe, die Leiter zu tragen, sondern sie müssen zwecks Erstellung, Instandstellung, Umbaus oder Abbruchs der Leitung auch bestiegen werden können. Es ist üblich, zu diesen Zwecken auf hölzerne Maste zu steigen. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt hat denn auch "Richtlinien zur Verhütung von Unfällen bei Arbeiten auf hölzernen Freileitungsstangen" erlassen und verlangt darin nur, dass die Stange vor dem Besteigen auf Mängel hin untersucht und, wenn solche bestehen, nach allen Seiten gut verankert oder verstrebt werde. Auch macht die Beklagte nicht etwa geltend, durch das Abschneiden zweier Leiter habe der Kläger der Stange eine Standfestigkeit zugemutet, die man selbst von einem fehlerfreien Mast nicht habe erwarten dürfen. Deshalb kann offen bleiben, ob das Kantonsgericht mit dem Satz, nicht das Abschneiden der schon entspannten Leitungsdrähte habe den gefährlichen Zustand geschaffen, sagen will, die Stange wäre unter der Last des Klägers ohnedies umgefallen, oder ob der Satz bedeutet, die einzige Ursache des Sturzes liege in der Mangelhaftigkeit der Stange, weil eine mängelfreie Stange auch beim Abschneiden von Drähten standgehalten hätte.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes stellt Art. 58 OR an ein Werk, das noch nicht fertig ist oder das umgebaut oder instandgestellt wird, nicht notwendigerweise die gleichen Anforderungen wie an ein fertiges oder fertig repariertes Werk. Für Schäden, die wegen seiner Unfertigkeit entstehen, hat der Eigentümer nur dann nach Art. 58 OR einzustehen, wenn er erlaubte, dass der Geschädigte es ungeachtet der durch sie bedingten Gefahren wie ein fertiges Werk gebrauche (BGE 38 II 73Erw. 2,BGE 41 II 697Erw. 3, 705 Erw. 3,BGE 46 II 257Erw. 2,BGE 63 II 146Erw. 2). Grund und daher auch Voraussetzung dieser Einschränkung der Kausalhaftung ist, dass jedermann die Unfertigkeit mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit äusserlich erkennen kann und den sich aus ihr ergebenden besonderen BGE 94 II, 151 (155)Gefahren, wenn ihm das Werk nicht zum ordentlichen Gebrauche überlassen ist, aus dem Wege gehen soll (BGE 41 II 706,BGE 46 II 257,BGE 63 II 147). Der Eigentümer entgeht daher der Haftung aus Art. 58 OR nicht schon, wenn er jemanden mit der Instandstellung des Werkes betraut hat, sondern erst dann, wenn der tatsächliche Beginn der Reparatur den Mangel offenkundig gemacht hat und das Werk der ordentlichen Benützung entzogen worden ist.
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Diese Voraussetzung wäre im vorliegenden Falle z.B. erfüllt gewesen, wenn das Erdreich um den Mast zur Feststellung des Zustandes oder zum Auswechseln der Stange schon weitgehend entfernt und damit deren Standfestigkeit entscheidend beeinträchtigt worden wäre. Das traf indessen nicht zu. Die Standhaftigkeit des Mastes hatte nicht durch Arbeiten, die dem Besteigen vorausgegangen wären, gelitten, sondern sie war nur deshalb zu gering, weil der im Jahre 1954 angebrachte Holzsockel zufolge Fäulnis oder auch abgesehen hievon hinter der teilweise verfallenen Trockenmauer nicht genügend Halt fand. Die Beklagte behauptet nicht einmal, dieser Mast sei durch die Gemeindeverwaltung oder durch das Konsortium Saaselectric vor dem Unfall als auswechslungsbedürftig bezeichnet worden. Selbst wenn man die an der Freileitung vorzunehmenden Umgestaltungs- und Instandstellungsarbeiten als Ganzes betrachtet, kann nicht gesagt werden, der Mast sei seiner ordentlichen Bestimmung, von Arbeitern bestiegen zu werden, durch einen begonnenen Reparaturzustand entzogen gewesen. Das Besteigen der Maste kam ja normalerweise gerade auch dann in Frage, wenn die Freileitung als Ganzes umgebaut oder instandgestellt werden sollte. Die nicht auswechslungsbedürftigen Stangen mussten zum Auswechseln der Drähte bestiegen werden, und auch die anderen waren hievon nicht ausgenommen, soweit sie zum Besteigen und zum Arbeiten an den Drähten und Isolatoren noch standfest genug waren. Welche Stangen bestiegen werden durften und welche nicht, war aber nicht ohne weiteres infolge des begonnenen Reparaturzustandes, in dem sich die Freileitung als Ganzes befand, erkennbar. Ob das Konsortium Saaselectric zweckmässigerweise zuerst die auswechslungsbedürftigen Maste hätte feststellen, kennzeichnen und ersetzen sollen, ehe es die Arbeiten an den Leitern begann, ist unerheblich. Massgebend ist, dass es das tatsächlich nicht tat, jedenfalls, wie die Beklagte zugibt, nicht am Unfallmast, und BGE 94 II, 151 (156)dass keine äusseren durch die Reparaturarbeiten an der Freileitung bewirkten Erscheinungen dem Kläger sagten, er dürfe den Mast nicht besteigen.
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Die Beklagte macht geltend, die Beschränkung der Unfallursache auf die in 1 m Tiefe vorhandene Fäulnis und den Bruch bedeute "eine willkürliche Beweiswürdigung und damit eine Rechtsverletzung". Sie schreibt den Sturz auch dem Umstande zu, dass der Mast hinter der verfallenen Trockenmauer nicht richtig eingegraben und verankert gewesen sei.
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Tatsächliche Feststellungen können mit der Berufung nicht wegen angeblich willkürlicher Beweiswürdigung angefochten werden. Nur wenn sie offensichtlich aufeinem Versehen beruhen oder in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen sind, binden sie die Berufungsinstanz nicht (Art. 43 Abs. 3, Art. 55 Abs. 1 lit. c und d, Art. 63 Abs. 2 OG). Die Annahme, der Fuss des Sockels sei faul gewesen und 1 m unter der Erdoberfläche abgebrochen, beruht indessen nicht offensichtlich auf einem Versehen, und die Behauptung, der Mast habe ausserdem hinter der Trockenmauer zu wenig Halt gehabt, ist durch keine Aktenstelle so zwingend belegt, dass gesagt werden könnte, das Kantonsgericht habe offensichtlich versehentlich die behauptete Tatsache nicht als Mitursache des Sturzes betrachtet. Das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung sodann ist nicht eine bundesrechtliche Beweisvorschrift im Sinne der Art. 43 Abs. 3 und 63 Abs. 2 OG. Willkürliche Beweiswürdigung kann als Verletzung von Art. 4 BV nur mit der staatsrechtlichen Beschwerde gerügt werden.
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Die Behauptung der Beklagten ist übrigens rechtlich unerheblich. Ein ungenügend eingegrabener Freileitungsmast ist fehlerhaft angelegt. Die Beklagte haftet für die Folgen dieses angeblichen Fehlers in gleicher Weise aus Art. 58 OR wie für die Folgen der festgestellten Fäulnis, die das Werk zu einem mangelhaft unterhaltenen machte. Auch kann nicht gesagt werden, der Kläger habe den Unfall selbst verschuldet, weil er aus dem BGE 94 II, 151 (157)Standort des Mastes und dem Verfall der Trockenmauer nicht auf ungenügende Standfestigkeit schloss. Er konnte nicht wissen, dass der Sockel, von der Oberfläche des hinter der Trockenmauer aufgefüllten Bodens aus gemessen, nur 1,3 m tief reichte. Wäre der Mast genügend in den festen Hang eingegraben worden, so hätte die Schwäche der Trockenmauer seinen Halt nicht beeinträchtigt.
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Bleibt es demnach dabei, dass der Kläger durch die vorgeschriebenen Kontrollmassnahmen die 1 m unter dem Boden eingetretene Fäulnis der Stange nicht hätte entdecken können. so trifft ihn kein für den Unfall kausales Verschulden, das gemäss Art. 44 Abs. 1 OR zur Herabsetzung oder Verneinung der Ersatzpflicht führen könnte. Auch den anderen beim Unfall anwesenden Arbeitern, welche die Kontrollmassnahmen unterliessen, besonders Chefmonteur Jacquier, kann ein solches Verschulden nicht vorgeworfen werden. Es würde übrigens die Beklagte ihrer Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kläger weder ganz noch teilweise entbinden (BGE 60 II 224Erw. 2).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 17. Januar 1968 bestätigt.
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