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Informationen zum Dokument  BGE 95 II 309  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. - Verträge auf Uebertragung von Grundeigentum bedürf ...
4. - Da der Vertrag gültig ist, ist die Forderung des Kl&aum ...
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42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. September 1969 i.S. Stoffel und Casty gegen Peiti.
 
 
Regeste
 
Kauf oder Tausch von Grundstücken.  
 
Sachverhalt
 
BGE 95 II, 309 (309)A.- Luigi Costa sen. versprach Christian Stoffel und Roman Casty durch öffentlich beurkundeten "Kauf- und Tauschvertrag" vom 14. Dezember 1962, ihnen von seiner Parzelle Nr. 317, Grundbuch Pontresina, ein bestimmtes Stück Wiesland, dessen Fläche mit ca. 380 m2 angegeben wurde, zu übereignen. Der Vertrag bestimmte unter anderem:
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"Kauf- bzw. Tauschpreis: Die Herren Stoffel Chr. und Casty Roman verpflichten sich, Herrn Luigi Costa sen. innert sechs Monaten nach Unterzeichnung dieses Vertrages ein gleichwertiges Stück Boden abzutauschen.
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Allgemeine Vertragsbestimmungen:
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3. Sollte später ein voller Bodenersatz nicht möglich sein und ein Aufgeld bzw. Kaufpreis vereinbart werden, gehen die Handänderungssteuer und alle event. weiteren Gebühren zu Lasten der Herren Stoffel und Casty."
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Stoffel und Casty liessen den erworbenen Boden, wie im Vertrag vorgesehen, mit der Parzelle Nr. 2171 des Arthur Merz vereinigen und überbauten diese. Sie bemühten sich verschiedentlich, an andere Parzellen Costas angrenzendes Bauland als Tauschgegenstand zu erwerben, doch gelang ihnen das nicht. Nachdem Costa am 19. August 1964 verstorben war, liess daher dessen Willensvollstrecker Dr. Peiti am 23. September 1966 Stoffel und Casty zur Vermittlung vorladen und klagte am 3. Februar 1967 gegen sie auf solidarische Zahlung von Fr. 30 400.-- nebst Zins. Die Beklagten beantragten, auf die BGE 95 II, 309 (310)Klage nicht einzutreten, eventuell sie nur im Betrage von Fr. 5700.-- gutzuheissen.
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B.- Das Kantonsgericht von Graubünden verpflichtete mit Urteil vom 14. März 1969 die Beklagten solidarisch, dem Kläger zuhanden des Nachlasses des Luigi Costa Fr. 19 000.-- nebst 5% Zins seit dem 15. Juni 1963 zu zahlen.
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C.- Die Beklagten haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, dieses Urteil aufzuheben und die Klage nur im Betrage von Fr. 5700.-- gutzuheissen. Sie machen geltend, die eingeklagte Forderung sei verjährt, weil sie wegen Formmangels des Vertrages vom 14. Dezember 1962 nur auf ungerechtfertigter Bereicherung beruhen könne.
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Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
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Die öffentliche Urkunde hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes alle wesentlichen Punkte des Vertrages zu decken (BGE 84 IV 164, BGE 86 II 36 f., 231, 260, 400, BGE 87 II 30, BGE 88 II 160, BGE 90 II 24, 37, 156, 296, BGE 92 II 324, BGE 93 II 104). Insbesondere muss aus ihr hervorgehen, welches Grundstück Gegenstand des Vertrages ist (BGE 90 II 24; BGE 95 II 42, Erw. 1). Diese Anforderung ist jedoch nur dann zu stellen, wenn die Vertragschliessenden die Verpflichtung zur Uebertragung eines ganz bestimmten Grundstückes begründen wollen, wie es in den in BGE 90 II 21 ff. und BGE 95 II 42 veröffentlichten Fällen zutraf. Wenn die Kauf- oder Tauschsache nach dem Sinne des Vertrages noch nicht bestimmt ist, sondern von der einen oder anderen Partei aus einer Mehrheit von Grundstücken soll ausgewählt werden können, kann die öffentliche Urkunde die Sache nicht bezeichnen. Es genügt dann, wenn aus der Urkunde oder dem Gesetz hervorgeht, welcher Partei die Wahl zusteht und wie das Grundstück beschaffen sein muss. Von dieser Auffassung ging das Bundesgericht auch in BGE 95 II 42 aus, wo es hervorhob, Form und Lage der gekauften Parzelle seien nicht der Auswahl durch einen der Vertragschliessenden vorbehalten worden (Erw. 1 Abs. 4).
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BGE 95 II, 309 (311)3. - Im vorliegenden Falle ergibt sich aus der unter der Ueberschrift "Kauf- bzw. Tauschpreis" stehenden Vertragsbestimmung, dass die Beklagten dem Luigi Costa als Gegenleistung für das von ihm veräusserte Wiesland von ca. 380 m2 nicht ein bestimmtes anderes Grundstück, sondern nur "ein gleichwertiges Stück Boden" versprachen. Das folgt auch aus Ziffer 3 der "allgemeinen Vertragsbestimmungen", die dem Falle Rechnung trägt, dass "ein voller Bodenersatz nicht möglich sein und ein Aufgeld bzw. Kaufpreis vereinbart werden sollte". Das Kantonsgericht stellt denn auch verbindlich fest, Costa habe "gleichwertiges, d.h. überbaubares Land, und zwar angrenzend an eine seiner Parzellen" erwartet. Die Beklagten ihrerseits geben zu, dass sie Costa einfach ein Ersatzgrundstück versprachen, wobei sie die Auffassung vertreten, es habe irgendwo im Oberengadin liegen dürfen.
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Das Recht, den Tauschgegenstand auszuwählen, stand nach Art. 72 OR den Beklagten als Schuldnern zu, gleichgültig ob sie die Wahl aus allem im Oberengadin liegenden Boden oder nur aus den an die Grundstücke Costas angrenzenden Parzellen treffen durften. Die wahlberechtigte Partei brauchte in der öffentlichen Urkunde somit nicht genannt zu werden.
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Fragen kann sich nur, ob diese Urkunde nähere Angaben über die Lage des Tauschgegenstandes hätte enthalten müssen. Das ist zu verneinen. Die Vereinbarung, die Beklagten schuldeten "ein gleichwertiges Stück Boden", genügte vollauf. Wie das Kantonsgericht zutreffend annimmt, heisst "gleichwertig" in vergleichbarer Lage und von vergleichbarem Mass, so dass der Tauschgegenstand den gleichen Wert habe wie das von Costa veräusserte Stück Wiesland. Ausserhalb des Oberengadins durfte das Ersatzgrundstück auch nach der Auffassung der Beklagten nicht liegen. Sie haben denn auch zugegebenermassen einige Male versucht, Costa eine Parzelle zu verschaffen, die an eines seiner Grundstücke angrenzte. Die Umschreibung des Tauschgegenstandes als "gleichwertiges Stück Boden" machte nach den Umständen und den Grundsätzen von Treu und Glauben die geschuldete Leistung für die Vertragschliessenden und gegebenenfalls für den Richter bestimmbar.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten leidet daher der Vertrag vom 14. Dezember 1962 nicht an einem Formmangel.
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4. - Da der Vertrag gültig ist, ist die Forderung des Klägers, wie das Kantonsgericht zutreffend ausführt, eine Schadenersatzforderung BGE 95 II, 309 (312)aus Vertrag. Als solche unterliegt sie der zehnjährigen Verjährung (Art. 127 OR) und ist sie daher nicht ver jährt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 14. März 1969 bestätigt.
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