BGE 95 II 379 | |||
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52. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Dezember 1969 i.S. Putzi gegen Wilhelm und Mathis. | |
Regeste |
BG vom 20. Dezember 1968 über die Änderung des OG; Übergangsrecht (Ziffer III Abs. 2 und 3 dieses BG). |
Die Frist für die Berufung gegen einen solchen Entscheid beträgt also 20 Tage (Art. 54 Abs. 1 OG in der Fassung vom 16. Dezember 1943). | |
Sachverhalt | |
Das Kantonsgericht von Graubünden verpflichtete Putzi mit Urteil vom 28. August 1969 in Gutheissung einer auf Vermögensleistungen gerichteten Vaterschaftsklage, die Mutter gemäss Art. 317 ZGB mit Fr. 1000.-- zu entschädigen und für das Kind gemäss Art. 319 ZGB monatliche Unterhaltsbeiträge von zunächst Fr. 130.--, später Fr. 150.-- zu zahlen.
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Gegen diesen - seinem Vertreter am 16. Oktober 1969 mitgeteilten - Entscheid hat der Beklagte am 17. November 1969 (Montag) die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Sache zur Einholung einer Blutgruppenexpertise und eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
Das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (OG) bestimmte in Art. 54 Abs. 1, die Berufung sei binnen 20 Tagen vom Eingang der schriftlichen Mitteilung des Entscheides (Art. 51 lit. d) an einzulegen. Das Bundesgesetz über die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, vom 20. Dezember 1968, das am 1. Oktober 1969 in Kraft trat, hat die Berufungsfrist (wie auch die Frist für die Berufungsantwort und für die Nichtigkeitsbeschwerde, Art. 61 Abs. 1 und Art. 69 OG) auf 30 Tage verlängert. Ziffer III dieses Gesetzes bestimmt in Absatz 2, dieses Gesetz finde keine Anwendung auf die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens vor dem Bundesgericht oder dem Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten und auf Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen (aux recours ou autres moyens de droit introduits contre des décisions rendues avant son entrée en vigueur, ai ricorsi o altri rimedi giuridici presentati contro decisioni anteriori alla sua entrata in vigore), und fügt in Absatz 3 bei: "Im Falle von Absatz 2 bleiben die früheren Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen anwendbar."
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Der in Ziffer III Abs. 2 verwendete Ausdruck "Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen" umfasst, wie durch die französische und die italienische Fassung dieser Bestimmung klar bestätigt wird, alle in den Bereich der eidgenössischen Gerichtsbarkeit fallenden Rechtsmittel gegen Entscheide, die vor dem Inkrafttreten des genannten Bundesgesetzes, also vor dem 1. Oktober 1969, ergangen sind, ohne Rücksicht darauf, wann sie den Parteien mitgeteilt wurden. Auf die Rechtsmittel gegen solche Entscheide findet also das Gesetz vom 20. Dezember 1968 nach Ziffer III Abs. 2 keine Anwendung. Vielmehr bleiben darauf nach Ziffer III Abs. 3 die frühern Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen anwendbar. Die Vorschriften über die Rechtsmittelfristen sind Verfahrensbestimmungen. Für die Frist zur Berufung gegen ein vor dem 1. Oktober 1969 gefälltes kantonales Urteil gilt also, auch wenn es den Parteien erst nach diesem Zeitpunkte schriftlich mitgeteilt wurde, gemäss Ziffer III Abs. 2 und 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 1968 Art. 54 OG in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 16. Dezember 1943, was bedeutet, dass die Frist für die Berufung gegen ein solches Urteil 20 Tage von der schriftlichen Mitteilung an beträgt. Die vorliegende, erst nach Ablauf dieser Frist eingelegte Berufung ist daher verspätet.
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Es mag allerdings auffallen, dass ein Gesetz, welches u.a. die Frist für die Berufung an das Bundesgericht, das wichtigste eidgenössische Rechtsmittel im Bereich der Zivilrechtspflege, neu regelt, dieses Rechtsmittel in der deutschen Fassung seiner Übergangsbestimmung nicht besonders erwähnt, sondern es nur mit dem farblosen Ausdruck "andere Rechtsmittel" erfasst (während die romanischen Bezeichnungen für die Berufung, recours en réforme und ricorso per riforma, ohne weiteres unter die Ausdrücke "recours", "ricorsi" fallen, mit denen diese Fassungen den für die Berufung nicht passenden Ausdruck "Beschwerden" wiedergeben). Ausserdem ist die Bezeichnung "Verfügungen" für die mit der Berufung an das Bundesgericht anfechtbaren Entscheide ungebräuchlich (wogegen diese Entscheide von den romanischen Bezeichnungen "décisions", "decisioni" ohne weiteres erfasst werden). Die deutsche Fassung von Ziffer III Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 ist also sprachlich nicht geglückt. Dass sie in ihrer Ausdrucksweise auf die zivilprozessualen Rechtsmittel nicht besser Rücksicht nimmt, erklärt sich daraus, dass zunächst nur die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbarkeit neu geregelt werden sollte (vgl. BBl 1965 II 1265 ff.: Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 24. September 1965 über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde) und dass erst in einem späten Stadium des Gesetzgebungsverfahrens auf einen Vorstoss des Schweizerischen Anwaltsverbandes hin auch die Bestimmungen des OG über die Gerichtsferien bezw. den Stillstand der Fristen (Art. 34) und über die Fristen für die Berufung, die Berufungsantwort und die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen (Art. 54, 61 und 69 OG) in die Revision einbezogen wurden (vgl. die vom Ständerat am 12. Dezember 1967 behandelten, durch den Vorstoss des Anwaltsverbandes veranlassten Anträge der ständerätlichen Kommission, Sten.Bull. 1967, StR, S. 347/48, die unverändert Gesetz wurden). Man begnügte sich deshalb damit, in der ursprünglich allein für die Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden und in ihrem Wortlaut hierauf zugeschnittenen Übergangsbestimmung (Ziffer V des Entwurfs) bei der Umschreibung der dem neuen Gesetz nicht unterliegenden Prozesshandlungen den vom Nationalrat gewählten Ausdruck "Anfechtung der vor jenem Zeitpunkt [vor dem Inkrafttreten des Gesetzes] getroffenen Verfügungen" (Sten. Bull. 1967, NR, S. 46) durch die Wendung "Beschwerden oder andere Rechtsmittel gegen vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen" zu ersetzen (Sten. Bull. 1967, StR, S. 363). Die Absätze 2 und 3 von Ziffer III des Bundesgesetzes über die Änderung des OG, vom 20. Dezember 1968, lassen aber trotz der wenig geschickten Redaktion von Absatz 2 der deutschen Fassung mit genügender Klarheit erkennen, dass diese Bestimmungen nicht nur für verwaltungsrechtliche Streitigkeiten und die Anfechtung von Verwaltungsverfügungen gelten, sondern auch für die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde gegen kantonale Entscheide in Zivilsachen. Ziffer III des BG vom 20. Dezember 1968 will die Frage der zeitlichen Geltung des neuen Gesetzes unzweifelhaft abschliessend regeln, so dass sich allein schon aus der deutschen Fassung unausweichlich der Schluss ergibt, dass nicht bloss die Weiterziehung der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes getroffenen Verwaltungsverfügungen, sondern auch die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde gegen vor diesem Zeitpunkt gefällte Zivilentscheide ausnahmslos dem frühern Recht unterliegen.
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Ziffer III des Bundesgesetzes von 1968 unterscheidet sich inhaltlich von der Übergangsbestimmung des am 1. Januar 1945 in Kraft getretenen OG von 1943. Nach Art. 171 Abs. 1 dieses Gesetzes fanden auf diejenigen Fälle, welche vor dem 1. Januar 1945 beim Bundesgericht anhängig gemacht wurden oder "für deren Weiterziehung die Frist vor dem 1. Januar 1945 zu laufen begonnen hat", noch die bisherigen Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften Anwendung. Da die Frist für die Berufung an das Bundesgericht schon nach dem OG von 1893 von der schriftlichen Mitteilung des angefochtenen Entscheides an lief (Art. 65), richtete sich die Berufung gegen einen vor dem 1. Januar 1945 gefällten Entscheid nach Art. 171 des OG von 1943 nur dann nach dem alten Recht, wenn der Entscheid den Parteien noch vor diesem Zeitpunkte schriftlich mitgeteilt worden war. Bei Mitteilung nach diesem Zeitpunkte galten stets die neuen Bestimmungen. Entsprechend bestimmte der bundesrätliche Entwurf des Gesetzes über die Änderung des OG in Ziffer V Abs. 2 (BBl 1965 II 1347), dieses Gesetz finde Anwendung auf die Beschwerdefälle, in denen die Beschwerdefrist nach seinem Inkrafttreten zu laufen beginnt. Auch Art. 76 Abs. 2 des gleichzeitig vorgelegten Entwurfs des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren sah vor, dieses Gesetz finde Anwendung ... "auf die Beschwerdesachen, in denen die Beschwerdefrist nach seinem Inkrafttreten zu laufen beginnt" (BBl 1965 II 1395). Aus welchen Gründen die (einander angepassten) Übergangsbestimmungen der beiden am 20. Dezember 1968 erlassenen Bundesgesetze (Ziff. III Abs. 2 des BG über die Änderung des OG, Art. 81 des BG über das Verwaltungsverfahren) in Abweichung von den Entwürfen des Bundesrats nicht mehr darauf abstellen, ob die Weiterziehungsfrist vor oder nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetze zu laufen begann, m.a.W. ob der angefochtene Entscheid vor oder nach diesem Zeitpunkt mitgeteilt wurde, sondern darauf, ob er vor oder nach diesem Zeitpunkt ergangen ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. (Die Abänderung der Entwürfe, die auf einen vom Nationalrat am 1. März 1967 diskussionslos angenommenen Antrag der nationalrätlichen Kommission zu Ziff. V Abs. 2 des Entwurfs des BG über die Änderung des OG, Sten.Bull. 1967, NR, S. 46, bzw. auf einen dieser Kommission vorgelegten Text zurückgeht, scheint irrtümlich als rein redaktionell angesehen worden zu sein; vgl. das Protokoll der nationalrätlichen Kommission, 5. Sitzung vom 8./9. November 1966, S. 52, zu Ziff. V, sowie das Protokoll der ständerätlichen Kommission, 4. Sitzung vom 13./14. September 1967, S. 18 zu Art. 76, und das Protokoll der nationalrätlichen Kommission, Sitzung vom 1./2. Februar 1968, S. 29 zu Art. 76/76 bis.) Der Wortlaut der endgültigen Fassung der fraglichen Übergangsbestimmungen lässt aber keinen Zweifel darüber aufkommen, dass für die Weiterziehung von vor dem Inkrafttreten der beiden neuen Gesetze (1. Oktober 1969) gefällten Entscheiden in keinem Falle das neue, sondern stets das frühere Recht gilt; denn diese Bestimmungen ordnen vorbehaltlos an, das neue Recht gelte nicht für Rechtsmittel gegen "vor diesem Zeitpunkt getroffene Verfügungen", "décisions rendues avant son entrée en vigueur", "decisioni anteriori alla sua entrata in vigore" (Ziff. III Abs. 2 des BG betr. Änderung des OG) bezw. "decisioni emanate prima della sua entrata in vigore" (Art. 81 des BG über das Verwaltungsverfahren).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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