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55. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Mai 1969 i.S. Meyer gegen Dätwyler und Mitbeteiligte | |
Regeste |
Erbteilung. Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes. | |
Sachverhalt | |
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Im Nachlass der am 17. März 1965 verstorbenen Maria Meyer geb. Kleinjenni befinden sich zwei landwirtschaftliche Grundstücke. Das eine liegt in Aeschi, umfasst 366,12 Aren und enthält ein Wohnhaus, eine Scheune, einen Speicher, einen Holz- und einen Wagenschopf. Das andere, in Kandergrund liegende Grundstück im Halte von 117, 27 Aren weist ein Wohnhaus und eine Scheune auf; dazu gehören noch zwei Bäuertrechte. Beide Grundstücke sind seit vielen Jahren ver pachtet.
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Der älteste Sohn der Erblasserin, Walter Meyer, geb. 1909, Gefreiter bei der Kantonspolizei, beansprucht für sich die ungeteilte Zuweisung der beiden Grundstücke samt den Gerätschaften zum Ertragswert. Die übrigen Erben, drei verheiratete Töchter der Erblasserin und die beiden minderjährigen Kinder eines vorverstorbenen Sohnes, widersetzen sich diesem Begehren.
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Während das Amtsgericht Frutigen das Zuweisungsbegehren des Walter Meyer guthiess, wies der Appellationshof des Kantons Bern die Klage ab.
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Das Bundesgericht bestätigt dieses Urteil.
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Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die vom Kläger verlangte Integralzuweisung der beiden Heimwesen den Zwecken des bäuerlichen Erbrechtes, namentlich der Art. 620 ff. ZGB, stracks zuwiderliefe. Diese Bestimmungen sollen in erster Linie dazu dienen, einen gesunden und leistungsfähigen Bauernstand zu erhalten und bestehende landwirtschaftliche Betriebe vor der Zersplitterung zu bewahren (BGE 92 II 224 mit Verweisungen; TUOR/PICENONI, Kommentar, N. 12 der Vorbem. zu Art. 620 ff. ZGB). Die gleichen Ziele werden auch in Art. 1 des EGG umschrieben. Wenn in dieser Bestimmung noch weiter ![]() | 7 |
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass das Begehren des Klägers um ungeteilte Zuweisung der beiden Grundstücke in Aeschi und Kandergrund nicht geschützt werden kann, weil es im Widerspruch steht zu dem durch Auslegung ermittelten objektiven Zweckgedanken des bäuerlichen Erbrechts. Da es sich in erster Linie um eine Auslegungsfrage handelt, erübrigt sich ein Hinweis auf Art. 2 Abs. 1 ZGB, wonach jedermann in der Ausübung seiner Rechte nach Treu und Glauben zu handeln hat (vgl. TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 14 der Vorbem. zu Art. 620 ff. ZGB; MERZ, Kommentar, N. 285 ff. zu Art. 2 ZGB). Das bäuerliche Erbrecht ist als Sonderrecht nicht ausdehnend auszulegen (BGE 92 II 320). Es geht dem gemeinenErbrecht nur vor, wenn seine Voraussetzungen klar gegeben sind. Nachdem dies im vorliegenden Fall nicht zutrifft, hat die Teilung des Nachlasses der Maria Meyer nach den gewöhnlichen erbrechtlichen Regeln zu erfolgen, und das Begehren des Klägers ist abzuweisen.
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